Aktuell 17. März 2025

Pride & Protest: Wie LGBTI+ für ihre Rechte kämpfen

Das Foto zeigt mehrere Personen bei einer Demonstration, die ein großes Banner mit Amnesty-Logo vor sich hertragen mit der Aufschrift "Human Rights are my pride".

Für LGBTI-Rechte und gegen Diskriminierung: Amnesty-Mitglieder nehmen an der "Transgender Pride Parade" teil in Taiwans Hauptstadt Taipeh (Oktober 2024).

Wir sollten nicht verstecken müssen, wer wir sind oder wen wir lieben. Oder deshalb gar Angst vor Verfolgung oder Gewalt haben müssen. Alle haben das Recht auf "Leben, Freiheit und Sicherheit", unabhängig von sexueller Orientierung und geschlechtlicher Identität. So ist es in Artikel 3 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte festgehalten. 

Weltweit stehen Menschen, die sich als lesbisch, schwul, bisexuell, trans, oder intergeschlechtlich (LGBTI+) identifizieren, noch immer vor großen Herausforderungen. Diskriminierung, Ausgrenzung und sogar Gewalt sind für viele alltägliche Erfahrungen. Manche Staaten haben deutliche Fortschritte bei der rechtlichen Gleichstellung gemacht und beispielsweise die gleichgeschlechtliche Ehe legalisiert, Antidiskriminierungsgesetze eingeführt und den Rechtsschutz für trans und intergeschlechtliche Menschen gestärkt. In allen Regionen der Welt kämpfen LGBTI+ allerdings noch immer gegen gesellschaftliche Ausgrenzung. 

Amnesty International setzt sich dafür ein, dass LGBTI+ ein Leben in Würde und Sicherheit führen können. Auf dieser Seite erfährst du mehr über LGBTI-Rechte, mutige LGBTI-Aktivist*innen und Möglichkeiten, wie du dich engagieren kannst.

1. Was bedeutetet LGBTI+?

LGBTI+ ist eine Abkürzung, die verschiedene sexuelle Orientierungen, Geschlechter und Geschlechtsidentitäten beschreibt. Der Begriff "LGBTI+" schließt Menschen ein, die sich als lesbisch, schwul, bisexuell, trans oder intergeschlechtlich identifizieren:

  • L steht für lesbisch,
  • steht für gay/schwul
  • steht für bisexuell
  • T steht für trans
  • I steht für intergeschlechtlich
  • Das Plus (+) steht für weitere Identitäten und Orientierungen wie pansexuell, asexuell, nicht-binär, queer und weitere Ausprägungen von Geschlecht, Identität und Sexualität. 

LGBTI, LSBTI oder LGBTQ: Wieso gibt es unterschiedliche Abkürzungen?

Je nach Kontext oder Land werden verschiedene Abkürzungen benutzt. Sie spiegeln die Entwicklung und kulturelle Vielfalt der jeweiligen Community wider. LSBTI ist die deutsche Variante (lesbisch, schwul, bisexuell, trans, inter), während LGBTI die internationale englische Version beschreibt (Lesbian, Gay, Bisexual, Trans, Inter). LGBTQ fügt "Queer" oder "Questioning" hinzu, ein Begriff, der als positive Selbstbezeichnung und als Sammelbegriff für verschiedene nicht-heteronormative Identitäten verwendet wird. Manchmal finden sich auch weitere Buchstaben wie A für asexuell/aromantisch oder P für pansexuell, was zur Abkürzung LGBTQIA+ oder ähnlichen Varianten führt. Die unterschiedlichen Schreibweisen sind Ausdruck des Wunsches, möglichst inklusiv zu sein und die Vielfalt der Community sichtbar zu machen – während gleichzeitig eine praktikable Abkürzung beibehalten wird.
  

Was ist der Unterschied zwischen Geschlechtsidentität und sexueller Orientierung?

Sexuelle Orientierung oder romantische Orientierung beschreibt, zu welchen Menschen sich eine Person hingezogen fühlt, um emotionale, intime oder sexuelle Beziehungen einzugehen. Menschen erleben sexuelle und romantische Anziehung unterschiedlich. Sie können sich zu Personen eines anderen oder des gleichen Geschlechts hingezogen fühlen. Manche Menschen beschreiben sich selbst als asexuell, das heißt sie empfinden wenig oder gar keine sexuelle Anziehung.

Geschlechtsidentität beschreibt das individuelle Geschlechtsempfinden eines jeden Menschen. Es kann mit dem bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht übereinstimmen oder auch nicht. Das eigene Empfinden kann männlich, weiblich oder auch außerhalb der binären Kategorien von Mann und Frau liegen. Die eigene Geschlechtsidentität kann auch mehr als ein Geschlecht beinhalten oder fließend zwischen den Geschlechtern sein. Manche Menschen empfinden sich als geschlechtslos oder -neutral.

Weitere Definitionen und Begriffserklärungen findest du hier!

2. Zwischen Ausgrenzung und Gleichstellung: Die Situation von LGBTI+ weltweit

Das Bild zeigt das Porträtbild einer Person mit Megafon auf einer Demonstration

Liebe ist ein Menschenrecht: Pride-Demonstration in der niederländischen Hauptstadt Amsterdam am 22. Juli 2023.

 

Viele LGBTI+ sind weltweit von systemischer Diskriminierung, Ausgrenzung und Gewalt betroffen. Ihnen wird der Zugang zu grundlegenden Rechten und Dienstleistungen verwehrt. Dies betrifft insbesondere den Zugang zu Gesundheitsversorgung, Wohnraum, Arbeit, Bildung und Ausbildung. 

LGBTI+ sind häufig Opfer von Gewalt und Verfolgung. Diese Gewalt reicht von Belästigungen und Übergriffen durch Privatpersonen bis hin zu staatlicher Repression. In vielen Fällen gehen die Täter*innen straffrei aus, was Unsicherheit und Angst in der LGBTI-Gemeinschaft verstärkt. 

Es gibt viele Länder, in denen LGBTI+ von Behörden verfolgt und kriminalisiert werden. In 64 Ländern weltweit (Stand: Dezember 2024) sind gleichgeschlechtliche Beziehungen nach wie vor strafbar. In einigen Ländern droht LBGTI+ sogar die Todesstrafe. Dazu gehören zum Beispiel Brunei, Iran, Saudi-Arabien, Jemen, Uganda oder die Nordstaaten Nigerias. 

Was ist intersektionale Diskriminierung?

LGBTI+ sind außerdem regelmäßig von intersektionaler Diskriminierung betroffen. Intersektionale Diskriminierung bedeutet, dass verschiedene Formen von Diskriminierung sich verschränken und gegenseitig verstärken, sodass Menschen aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu unterschiedlichen Gruppen eigene Diskriminierungserfahrungen machen. So kann beispielsweise eine Schwarze trans Frau eine Form von Sexismus und Transfeindlichkeit erleben, die durch Rassismus geprägt ist. Die Diskriminierungserfahrungen unterscheiden sich dabei von denen weißer trans Frauen oder Schwarzer cis Männer. Um intersektionale Diskriminierung zu bekämpfen, müssen verschiedene Formen der Benachteiligung zusammen betrachtet und gezielt dagegen vorgegangen werden. Dazu gehören ebenso Rassismus und Sexismus oder Diskriminierung aufgrund der Religionszugehörigkeit und einer Behinderung.

Welche Länder gingen in der Vergangenheit besonders repressiv gegen LGBTI+ vor?

Russland

Das Bild zeigt einer Person, die eine große Regenbogenfahne trägt

Demonstration für die Rechte von LGBTI+ in der russischen Stadt St. Petersburg (Archivaufnahme)

 

In Russland hat sich die Situation für LGBTI+ in den vergangenen Jahren erheblich verschlechtert, was sich in einer Reihe von Gesetzen und Maßnahmen widerspiegelt. Eine Studie aus dem Jahr 2022 zeigt, dass ein Viertel der LGBTI+ in Russland am Rande des Existenzminimums lebt. Viele haben Schwierigkeiten, Arbeit zu finden, und erleben Diskriminierung am Arbeitsplatz. Trans Personen sind besonders betroffen und haben es schwerer, ein stabiles Einkommen zu erzielen und werden häufiger diskriminiert. Zudem erleben sie Diskriminierung im Gesundheitswesen. Die russische Regierung hat außerdem ein Gesetz erlassen, das die "Geschlechtsumwandlungen" verbietet und die Adoption von Kindern durch trans Personen untersagt. Zusätzlich werden LGBTI-freundliche Einrichtungen von der Polizei durchsucht, und es gibt Strafverfahren gegen LGBTI+ im Rahmen von "Anti-Extremismus"-Gesetzen. Die Angst vor Verfolgung und Gewalt hat viele LGBTI+ dazu gezwungen, Russland zu verlassen.

Iran

Im Iran werden einvernehmliche gleichgeschlechtliche sexuelle Handlungen kriminalisiert und mit Strafen bis hin zur Todesstrafe geahndet. Diese Gesetze schaffen ein Klima der Straflosigkeit für homo- und transfeindliche Hassverbrechen. Der Mord an dem 20- jährigen Alireza Fazeli Monfared im Jahr 2021, der sich als nicht-binärer schwuler Mann identifizierte, zeigt die tödlichen Folgen dieses staatlich geförderten Hasses auf LGBTI+. Alireza Fazeli Monfared war jahrelang Belästigungen und Morddrohungen ausgesetzt, bevor er von seinen Verwandten ermordet wurde.

Amnesty-Posting auf X (ehemals Twitter):

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Irak

Im Irak hat sich die Situation für LGBTI+ ebenfalls dramatisch verschlechtert. Die Behörden haben im April 2024 ein Gesetz verabschiedet, das gleichgeschlechtliche Beziehungen mit bis zu 15 Jahren Gefängnis bestraft. Dieses Gesetz kriminalisiert auch die "Förderung" gleichgeschlechtlicher Beziehungen und ahndet Männer, die "absichtlich" "verweichlicht" handeln. LGBTI+ sind im Irak unerbittlicher Einschüchterung und Gewalt durch bewaffnete Gruppen ausgesetzt, die oft ungestraft Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung verfolgen, verstümmeln und töten. Politische Gruppierungen schüren zusätzlich Hass, indem sie Homosexualität mit der Verbreitung von Krankheiten in Verbindung bringen und Medien dazu zwingen, den Begriff "Homosexualität" durch "sexuelle Abweichung" zu ersetzen.

Uganda, Ghana, Malawi, Kenia

Vier Personen halten während einer Demonstration ein Banner vor sich, auf dem unter anderem steht: "Fight Uganda's Anti-Homosexuality Death Penalty Law".

Protestaktion gegen das Anti-LGBTI-Gesetz vor der ugandischen Botschaft in London während der Pride-Parade am 1. Juli 2023

 

In verschiedenen afrikanischen Ländern werden Gesetze verstärkt als Unterdrückungsinstrumente gegen LGBTI+ eingesetzt. In 31 afrikanischen Ländern werden einvernehmliche gleichgeschlechtliche sexuelle Handlungen kriminalisiert, was im Widerspruch zu regionalen und internationalen Menschenrechtsstandards steht. Viele dieser Gesetze wurden in der Kolonialzeit etabliert, in einem Versuch die geschlechtliche und sexuelle Vielfalt in den kolonialisierten Ländern auszulöschen. In Uganda wurde 2023 ein Anti-Homosexualitätsgesetz verabschiedet, das die Todesstrafe für "schwerwiegende Homosexualität" vorsieht und die Unterstützung von Homosexualität unter Strafe stellt. In Ghana leben LGBTI+ bereits in einer gefährlichen Situation, die sich durch weitere Gesetzentwürfe verschärfen könnte. In Malawi schaffen diskriminierende Gesetze und Menschenrechtsverletzungen ein Umfeld der Angst und Unterdrückung. Auch in Kenia gibt es Bestrebungen, einvernehmliche gleichgeschlechtliche sexuelle Handlungen zu verbieten. 

Ungarn

In Ungarn hat das sogenannte "Propaganda-Gesetz" aus dem Jahr 2021 ein Klima der Angst geschaffen und die LGBTI-Gemeinschaft ins Abseits gedrängt. Das Gesetz schränkt Diskussionen und Darstellungen von LGBTI+ in Schulen und Medien ein und trägt zu negativen Stereotypen und diskriminierenden Haltungen bei. Viele Medienunternehmen, Buchhandlungen und Autor*innen üben Selbstzensur, um rechtliche Sanktionen zu vermeiden. Das Gesetz sieht außerdem vor, dass Fernsehsendungen und Filme, in denen LGBTI+ vorkommen, nur im Erwachsenenprogramm gezeigt werden dürfen. Infolgedessen mussten die Medien ihre Programme und Streaming-Inhalte anpassen, um mögliche Strafen zu vermeiden. Einige Buchhandlungen wurden mit Geldstrafen belegt, weil sie Bücher mit LGBTI-Inhalten führten.

Das Foto zeigt eine Menschenmenge, die gemeinsam eine große und leicht transparente Regenbogenflagge noch oben über ihren Köpfen halten.

"Pride Parade" für LGBTI-Rechte in der ungarischen Hauptstadt Budapest im Juli 2022

 

Türkei

In der Türkei wurden Pride-Demonstrationen 2023 von den Behörden verboten und Teilnehmer*innen mit Gewalt angegriffen. Die Behörden setzten unnötige und willkürliche Gewalt gegen friedliche Demonstrant*innen ein, was in einigen Fällen als Folter zu werten war. Mindestens 224 Personen wurden willkürlich festgenommen. Politiker*innen haben zunehmend diskriminierende und stigmatisierende Rhetorik gegen LGBTI+ verwendet, die vor allem vor den Präsidentschaftswahlen 2023 eskalierte. 

Ein Jahr der Hoffnung: Positive Entwicklungen für die LGBTI-Community im Jahr 2024

Das Bild zeigt viele Menschen mit Regenbogen-Plakaten

Einsatz für LGBTI-Rechte: Pride-Demonstration in der belgischen Hauptstadt Brüssel am 18. Mai 2019.

 

Trotz vieler besorgniserregender Entwicklungen waren im Jahr 2024 auch Erfolge im Kampf für die LGBTI-Rechte zu verzeichnen. Weltweit wurden bedeutende rechtliche Siege durch LGBTI-Menschenrechtsverteidiger*innen vor Ort errungen, die nicht nur Hoffnung, sondern auch konkrete Verbesserungen im Leben vieler Menschen bedeuten. Hier ein Blick auf einige der wichtigsten Entwicklungen:

Namibia 

Das namibische Hohe Gericht hat im Juni 2024 Gesetze aufgehoben, die einvernehmliche gleichgeschlechtliche sexuelle Handlungen kriminalisierten. Diese Entscheidung wird als ein Sieg für die Liebe, die Gleichberechtigung und die Menschenrechte gefeiert. Es wird erwartet, dass dieses Urteil auch den gleichberechtigten Zugang zur Gesundheitsversorgung und anderen sozialen Diensten verbessern wird. Diese Entwicklung steht im Einklang mit der Verfassung Namibias, der Afrikanischen Charta und internationalen Menschenrechtsnormen. 

Das Bild zeigt viele Menschen mit Regenbogenflaggen

Demonstration für LGBTI-Rechte im Rahmen der "Pride Parade" in Namibias Hauptstadt Windhoek (Archivaufnahme)

 

Griechenland

Griechenland hat im Februar 2024 die gleichgeschlechtliche Ehe anerkannt und ermöglicht gleichgeschlechtlichen Paaren die Adoption. Obwohl das Gesetz bedeutende Fortschritte bringt, gibt es noch immer Einschränkungen hinsichtlich der vollständigen Gleichstellung nicht-biologischer Eltern und der Anerkennung von Identitäten jenseits der binären Geschlechtereinteilung.

Japan 

In Japan haben das Oberste Gericht von Sapporo und das Bezirksgericht von Tokio im März 2024 entschieden, dass das Verbot der gleichgeschlechtlichen Ehe verfassungswidrig ist. Diese Urteile sind ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Gleichstellung der Ehe in Japan. Die Entscheidungen verdeutlichen, dass Diskriminierung in der japanischen Gesellschaft keinen Platz hat. 

Argentinien 

In Argentinien wurde die LGBTI-Aktivistin Pierina Nochetti im Oktober 2024 freigesprochen. Sie war zuvor wegen eines Graffitis angeklagt worden, das Gerechtigkeit für einen verschwundenen trans Mann forderte. Dieser Erfolg ist ein Beweis für die Wirksamkeit des internationalen Engagements für die Rechte von LGBTI+. Amnesty International hat sich mit einer Urgent Action für Pierina Nochetti eingesetzt.

Das Bild zeigt das Porträtfoto einer lächelnden Frau. Sie trägt ein T-Shirt, auf dem steht: "Amigas".

Die Aktivistin Pierina Nochetti setzt sich in Argentinien für LGBTI-Rechte ein (Archivaufnahme).


Taiwan 

Der Rat für Festlandangelegenheiten (MAC) in Taiwan hat im September 2024 angekündigt, Ehen zwischen gleichgeschlechtlichen chinesischen und taiwanesischen Paaren, die in einem Drittland registriert sind, anzuerkennen. Diese Entscheidung wird als Durchbruch gewertet, nachdem die Anerkennung der gleichgeschlechtlichen Ehe vor fünf Jahren gesetzlich verankert wurde. Die Regierung muss jedoch noch weitere Schritte unternehmen, um eine vollständige Gleichstellung zu erreichen.

Thailand 

Thailand hat im Juni 2024 als erstes Land in Südostasien die Ehe für LGBTI-Paare legalisiert. Das Gesetz zur Gleichstellung der Ehe gewährt LGBTI-Paaren die gleichen Rechte wie heterosexuellen Paaren, unter anderem in Bezug auf Eheschließung, Adoption von Kindern, Zustimmung zur medizinischen Versorgung und Erbschaft. 

Amnesty-Posting auf Instagram:

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Südkorea 

Der Oberste Gerichtshof von Südkorea hat im Juli 2024 entschieden, dass gleichgeschlechtliche Paare Anspruch auf die gleichen Krankenversicherungsleistungen haben wie heterosexuelle Paare. Diese Entscheidung ist ein historischer Sieg für die Gleichheit und Menschenrechte in Südkorea. Das Gericht argumentierte, dass die unterschiedliche Behandlung von gleichgeschlechtlichen Paaren eine Diskriminierung darstellt, die die Menschenwürde verletzt.

Deutschland 

Das Bild zeigt mehrere Menschen mit Protestplakaten

"Trans Lives Matter": Pride-Demonstration am 22. Juni 2024 in Fulda.

 

In Deutschland wurde im April 2024 das Selbstbestimmungsgesetz verabschiedet, das einen wichtigen Schritt für die Rechte von trans, intergeschlechtlichen und nicht-binären Menschen darstellt. Es ersetzt das diskriminierende Transsexuellengesetz von 1981. Obwohl das neue Gesetz ein Meilenstein ist, bleibt es hinter den menschenrechtlichen Anforderungen zurück.

3. Mutige Aktivist*innen und ihr Einsatz für LGBTI-Rechte

Iran: Zahra Sedighi-Hamadani

Das Bild zeigt das Porträtbild einer Frau

Die iranische LGBTI-Aktivistin Zahra Sedighi-Hamadani


Zahra Sedighi-Hamadani ist eine iranische Menschenrechtsaktivistin, die sich unerschrocken für die LGBTI-Gemeinschaft einsetzt. Trotz drohender Verfolgung teilte sie ihre Überzeugungen in sozialen Medien und kämpfte für Gleichberechtigung. Ende 2021 wurde sie im Iran verhaftet und zum Tode verurteilt, doch dank internationaler Unterstützung, insbesondere durch Amnesty International, wurde sie im März 2023 freigelassen. Heute lebt sie in Deutschland. Sie ist ein beeindruckendes Beispiel dafür, dass beharrlicher Einsatz für Menschenrechte erfolgreich sein kann.

Kamerun: Alice Nkom

Das Bild zeigt das Porträtbild einer Frau

Die kamerunische Menschenrechtsanwältin Alice Nkom ist sich sicher, dass die LGBTI-Gesetzeslage im Land nicht mit den Menschenrechten vereinbar ist. 


Alice Nkom ist eine kamerunische Menschenrechtsaktivistin und Vorreiterin für LGBTI-Rechte in Kamerun. Als erste Schwarze Anwältin Kameruns machte sie sich einen Namen und setzt sich seit über 20 Jahren unermüdlich für die Rechte von LGBTI+ ein. 2003 gründete sie die Organisation ADEFHO zur Verteidigung der Rechte Homosexueller. Trotz widriger Umstände und finanzieller Herausforderungen kämpft sie weiter für Gerechtigkeit und gegen Diskriminierung – trotz anhaltender Schikanen. Im Januar 2025 erhielt sie mehrere Vorladungen der kamerunischen Sicherheitsbehörden. Für ihr mutiges Engagement wurde sie bereits 2014 mit dem Menschenrechtspreis von Amnesty International Deutschland ausgezeichnet. 

Bangladesch: Xulhaz Mannan

Das Bild zeigt das Porträtfoto eines Mannes

Der LGBTI-Aktivist Xulhaz Mannan wurde 2016 in Bangladesch getötet (Archivbild).


Xulhaz Mannan setzte sich lange für die Rechte der LGBTI-Community in Bangladesch ein. Als Journalist und Aktivist hatte er 2014 mit "Rupban" das erste LGBTI-Magazin des Landes gegründet – ein Meilenstein für die Sichtbarkeit und Rechte der Community. Trotz schwieriger Bedingungen und Widerstände kämpfte er beharrlich für Gleichberechtigung und Akzeptanz. 2016 wurden er und ein Freund in Dhaka getötet. Obwohl es eindeutige Beweise der Tat gibt, wurde bis heute niemand vor Gericht gestellt. Der Innenminister von Bangladesch verschärfte die Situation sogar noch, indem er die Opfer indirekt beschuldigte und darauf verwies, dass die Förderung von "unnatürlichem Sex" im Land verboten sei. Hunderttausende Menschen forderten beim Amnesty-Briefmarathon 2017, dass der Tod von Xulhaz Mannan endlich aufgeklärt werden muss. Mannans Vermächtnis als Pionier der LGBTI-Bewegung in Bangladesch inspiriert bis heute Menschen auf der ganzen Welt im Kampf für Gleichberechtigung.

Tonga: Joey Joleen Mataele

Das Bild zeigt das Porträtfoto einer Person

Die tongaische LGBTI-Aktivistin Joey Joleen Mataele (Archivbild)


Joey Joleen Mataele ist eine Aktivistin aus Tonga, die sich mutig für die Rechte von LGBTI-Menschen einsetzt. Als Gründerin der Tonga Leitis Association kämpft sie seit 1992 unermüdlich für Akzeptanz und rechtliche Anerkennung von trans Frauen. Joey Mataele musste viele traumatische Erfahrungen in ihre Jugend machen. Daraus zog sie die Energie für ihren Aktivismus: "Ich habe beschlossen, nichts mehr zu tolerieren", sagt sie. Sie will anderen LGBTI+ sichere Räume schaffen, ohne Diskriminierung und Angst vor Gewalt. In Tonga sind homosexuelle Handlungen weiterhin mit hohen Haftstrafen belegt. Joey Joleen Mataele und ihre Mitstreiter*innen kämpfen dafür, dass diese Kriminalisierung bald ein Ende hat. 

Brasilien: Marielle Franco

Die Afrobrasilianerin Marielle Franco, eine brasilianische Politikerin, in einer Gasse in Rio de Janeiro.

Die brasilianische Aktivistin Marielle Franco wurde 2018 ermordet (Archivaufnahme aus dem Sommer 2016).


Marielle Franco war eine inspirierende Persönlichkeit, die als Schwarze, bisexuelle Frau aus einer Favela den Mut hatte, ihre Stimme gegen soziale Ausgrenzung und Gewalt zu erheben. Als Stadträtin setzte sie sich unermüdlich für Minderheiten ein und kritisierte den Einsatz des Militärs auf den Straßen Rios. Insbesondere setzte sie sich für die Rechte von LGBTI+ ein. Am 14. März 2018 wurde Marielle Franco von Unbekannten erschossen. Im November 2024 wurden zwei Täter für den Mord an Marielle Franco zu hohen Haftstrafen verurteilt. Marielles Einsatz für Gerechtigkeit und Gleichberechtigung hat bleibende Spuren hinterlassen und inspiriert bis heute viele Menschen im Kampf für LGBTI-Rechte.

Russland: Yulia Tsvetkova

Das Bild zeigt eine junge Frau mit kurzen Haaren und Sonnenbrille, vor einer Wand mit Grafitti

Die russische Frauenrechte- und LGBTI-Aktivistin Yulia Tsvetkova (undatiertes Foto)


Die russische Künstlerin und Aktivistin Yulia Tsvetkova steht beispielhaft für den Kampf um Meinungsfreiheit und Gleichberechtigung in Russland. Mit ihren künstlerischen Darstellungen des weiblichen Körpers und ihrem Engagement in LGBTI-Online-Communities setzte sie ein Zeichen für Menschenrechte, Respekt und Akzeptanz. Dadurch wurde sie zur Zielscheibe einer offen LGBTI-feindlichen Kampagne in Russland: Die Behörden verhafteten sie am 20. November 2019 und stellten sie unter Hausarrest. Trotz staatlicher Repression und drohender Haftstrafe blieb sie ihrer Überzeugung treu. Im Juli 2022 sprach ein russisches Gericht sie von den Vorwürfen frei. 

4. LGBTI+ in Deutschland: Von Verfolgung bis zur rechtlichen Gleichstellung

Die Geschichte der LGBTI-Community in Deutschland ist geprägt von Diskriminierung, Verfolgung und einem langen Kampf um Anerkennung und Gleichberechtigung. Heute müssen Menschen, die nicht dem heteronormativen Gesellschaftsbild entsprechen, immer noch gegen Vorurteile und Diskriminierung kämpfen, doch die rechtliche Situation hat sich verbessert. Weiterhin gibt es vorurteilsmotivierte Beleidigungen und Gewalttaten gegenüber LGBTI+. Auch haben Angriffe auf Pride-Veranstaltungen in einigen Städten in den vergangenen Jahren zugenommen.

Amnesty-Posting auf Instagram:

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Paragraf 175: Die Verfolgung und Diskriminierung homosexueller Männer in Deutschland

Das Bild zeigt einen Gedenkstein, in einem Park

Das "Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen", das sich in Berlin befindet, erinnert an die Brutalität des NS-Regimes gegenüber Homosexuellen (Archivbild).


Die systematische Diskriminierung begann 1871 im Deutschen Kaiserreich mit der Einführung des Paragrafen 175. Dieser stellte sexuelle Handlungen zwischen Männern unter Strafe. Homosexualität wurde damals als Krankheit bzw. psychische Störung eingestuft.

Die systematische Diskriminierung begann 1871 im Deutschen Kaiserreich mit der Einführung des Paragrafen 175. Dieser stellte sexuelle Handlungen zwischen Männern unter Strafe. Homosexualität wurde damals als Krankheit bzw. psychische Störung eingestuft.

Besonders dramatisch war die Situation während der NS-Zeit ab 1935. Der Paragraf 175 wurde massiv verschärft und der Geltungsbereich ausgeweitet, sodass bereits ein Verdacht für eine Verhaftung ausreichte. Homosexuelle Handlungen wurden deutlich schärfer bestraft als im Kaiserreich. Bis 1945 gab es rund 50.000 Verurteilungen. Homosexuelle Männer wurden in Konzentrationslager deportiert und dort mit dem "Rosa Winkel" gekennzeichnet – viele überlebten die Lager nicht. Die "Rosa Listen" zur systematischen Erfassung homosexueller Menschen wurden eingeführt. Einige lesbische Frauen wurden unter dem diskriminierenden Sammelbegriff "Asozial" verfolgt und inhaftiert.

Nach 1949 ging die Verfolgung in der BRD weiter, während die DDR zur ursprünglichen Version des Paragrafen 175 aus dem Kaiserreich zurückkehrte. In dieser Version des Paragrafen wurden homosexuelle Handlungen von Männern zwar weiterhin geahndet – jedoch bei weitem nicht so hart bestraft und verfolgt wie unter der NS-Herrschaft. "Rosa Listen" wurden in beiden deutschen Staaten bis in die 1980er Jahre fortgeführt. Überlebende der Konzentrationslager wurden in der BRD erneut inhaftiert.

In der Bundesrepublik wurden zwischen 1949 und 1969 etwa nochmals 50.000 Männer nach diesem Paragrafen verurteilt. Die DDR schaffte den Paragrafen im Jahr schließ 1968 komplett ab.

Wer war Magnus Hirschfeld?

Das Bild zeigt das Porträtbild eine Mannes

Der deutsche Arzt und Sexualforscher Magnus Hirschfeld (Archivaufnahme aus dem Jahr 1929)


Ein wichtiger Meilenstein für LGBTI-Rechte war die Gründung des Wissenschaftlich-humanitären Komitees (WhK) 1897 durch den deutschen Arzt und Sexualforscher Magnus Hirschfeld. Magnus Hirschfeld (1868-1935) war ein deutsch-jüdischer Arzt, Sexualforscher und wichtiger Vorkämpfer für die Rechte von LGBTI+. Das von ihm gegründete Wissenschaftlich-humanitäre Komitee in Berlin war weltweit die erste Organisation, die sich für die Entkriminalisierung homosexueller Handlungen einsetzte. 1919 eröffnete er das Institut für Sexualwissenschaft in Berlin, das zugleich Forschungseinrichtung, Beratungsstelle und Zufluchtsort für Homosexuelle war. 

Die Nationalsozialisten zerstörten 1933 sein Lebenswerk: Das Institut wurde verwüstet, die umfangreiche Bibliothek verbrannt. Hirschfeld, der sich zu dieser Zeit nicht in Deutschland befand, kehrte nicht mehr zurück und starb 1935 im französischen Exil. Sein Engagement legte den Grundstein für die LGBTI-Bewegung. Ausgehend von den Stonewall-Aufständen 1969 in New York entstanden in den 1970er Jahren erste Studierendengruppen und Protestbewegungen, die sich für die Rechte von LGBTI+ einsetzten.

Gesetzesänderungen, die in Deutschland zum Schutz von LGBTI+ beigetragen haben

Im Laufe der Jahre hat Deutschland durch eine Reihe wichtiger Gesetzesänderungen dafür gesorgt, dass die Rechte von LBGTI+ besser geschützt werden. Dazu gehören zum Beispiel:

1980: Verabschiedung Transexuellengesetz

Das Transsexuellengesetz (TSG) wurde in Deutschland 1980 verabschiedet und trat am 1. Januar 1981 in Kraft. Es ermöglichte Menschen erstmals, deren Geschlechtsidentität nicht mit ihrem biologischen Geschlecht übereinstimmt, ihren Vornamen und ihren rechtlichen Geschlechtseintrag zu ändern. Dies war ein erster Schritt, um die Rechte und Anerkennung von trans Personen zu stärken. 

1994: Abschaffung des Paragrafen 175

Der Paragraf 175 hatte seit 1871 homosexuelle Handlungen zwischen Männern unter Strafe gestellt. Mit seiner kompletten Abschaffung im Jahr 1994 wurde Homosexualität in ganz Deutschland endlich straffrei. Dies war ein historischer Wendepunkt für die Rechte von homosexuellen Männern.

2001: Einführung des Lebenspartnerschaftsgesetzes

Das Gesetz ermöglichte gleichgeschlechtlichen Paaren erstmals eine rechtliche Absicherung ihrer Beziehung durch eine "Eingetragene Lebenspartnerschaft" – ein wichtiger Schritt in Richtung Gleichstellung. Das Gesetz war in manchen Aspekten der Ehe jedoch rechtlich untergeordnet, zum Beispiel bei der Adoption oder im Steuerrecht.

2017: Einführung der "Ehe für alle"

Mit diesem Gesetz wurde die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare geöffnet. Schwule und lesbische Paare können seitdem genauso heiraten wie heterosexuelle Paare und haben fast die gleichen Rechte, auch bei der Adoption von Kindern.

2018: Aufnahme des dritten Geschlechts in das Personenstandsrecht

Das deutsche Personenstandsrecht wurde 2018 nach Kritik grundlegend erweitert. Seitdem ist es für Menschen mit Varianten der Geschlechtsentwicklung möglich, bei der Eintragung ihres Geschlechts nicht mehr nur zwischen "männlich" oder "weiblich" zu wählen. Sie können beim Standesamt auch "divers" als Geschlechtseintrag wählen oder den Eintrag ganz offenlassen. Diese Neuregelung war ein wichtiger Schritt zur rechtlichen Anerkennung geschlechtlicher Vielfalt in Deutschland. Sie ist allerdings an ein ärztliches Attest gebunden und ermöglicht keine selbstbestimmte Angleichung.

2020: Verbot von Konversionstherapien

Diese angeblichen "Therapien" sollten die sexuelle Orientierung oder geschlechtliche Identität von Menschen ändern. Solche schädlichen Behandlungen wurden 2020 bei Minderjährigen komplett verboten und bei Erwachsenen stark eingeschränkt, da sie schwere psychische Schäden verursachen können.

2021: Gesetz zum Schutz von Kindern mit Varianten der Geschlechtsentwicklung

Dieses Gesetz verbietet medizinisch nicht notwendige Operationen an den Geschlechtsmerkmalen von intergeschlechtlichen Kindern. Damit sollen Kinder vor frühen geschlechtszuweisenden Eingriffen geschützt werden, bis sie selbst über ihren Körper entscheiden können.

2024: Selbstbestimmungsgesetz

Das Selbstbestimmungsgesetz ermöglicht es trans*, intergeschlechtlichen und nicht-binären Menschen, ihren Geschlechtseintrag und Vornamen durch eine Erklärung beim Standesamt zu ändern. Das alte "Transsexuellengesetz", das erniedrigende Gutachten und Gerichtsverfahren vorschrieb, wird damit abgeschafft.

Die Bundesregierung setzt sich heute aktiv für die Rechte von LGBTI+ ein. Der 2022 verabschiedete Aktionsplan "Queer leben" umfasst zahlreiche Maßnahmen zum Schutz und zur Gleichstellung. Auch wird die Verfolgung aufgrund sexueller Orientierung und Geschlechtsidentität als Asylgrund anerkannt. Seit einer Änderung im Prüfverfahren für Asylgesuche im Jahr 2022 müssen queere Schutzsuchende nicht mehr "diskret" leben, um Abschiebungen zu vermeiden. In der Praxis sieht das häufig anders aus. Weitere Herausforderungen bleiben für LGBTI+ in Deutschland: Vorurteile und Ressentiments sind nach wie vor in der Gesellschaft verankert. Deutschland steht daher weiterhin in der Verantwortung, sich aktiv für die Rechte der LGBTI-Communities einzusetzen.

5. Stonewall und Pride-Proteste: Vom Aufstand zur globalen Bewegung

Gebäude

Die Bar "Stonewall Inn" in der Christopher Street im Stadtteil Greenwich Village in New York City in den USA (Archivbild)

 

Die Regenbogenfahne ist eines der bekanntesten Erkennungszeichen der Pride-Bewegung: Weltweit setzen sich Menschen für LGBTI-Rechte, Vielfalt und Gleichberechtigung ein. Der Name "Pride" ist bewusst gewählt, denn er steht im direkten Gegensatz zur gesellschaftlichen Abwertung, die die Bewegung oft erfährt. Er steht für Würde statt Diskriminierung, für Sichtbarkeit statt Verstecken, für Stolz statt Scham. 

Die Wurzeln der Pride-Bewegung reichen bis ins frühe 20. Jahrhundert: Der deutsche Arzt Dr. Magnus Hirschfeld kämpfte in Deutschland erstmals dafür, dass homosexuelle Handlungen entkriminalisiert wurden und nicht mehr als Krankheit galten. 

Der Stonewall-Aufstand 1969 in New York verhalf der Bewegung schließlich zu weltweiter Aufmerksamkeit: Am 28. Juni 1969 wehrten sich LGBTI+ im New Yorker Stadtteil Greenwich Village gegen eine Polizeirazzia in der Bar Stonewall Inn, darunter viele Schwarze Menschen, Personen lateinamerikanischen Ursprungs und trans Personen. Diese Bar war damals einer der wenigen sicheren Orte für die LGBTI-Community, da Homosexualität in den meisten US-Bundesstaaten noch illegal war.

Der Protest dauerte mehrere Tage und legte den Grundstein für die moderne Pride-Bewegung. Ein Jahr später, am 28. Juni 1970, fand der erste "Christopher Street Liberation Day" statt - die erste Pride-Demonstration überhaupt. Seitdem hat sich der Juni weltweit als offizieller Pride-Monat etabliert.

 

Von New York bis Prag: Bekannte Pride-Proteste

Das Bild zeigt viele Menschen mit Protestschildern

Pride-Demonstration für LGBTI-Rechte in Istanbul in der Türkei am 25. Juni 2023

 

Die Pride-Bewegung hat sich seitdem stetig weiterentwickelt und ist in vielen Ländern zu einer wichtigen gesellschaftlichen Kraft geworden. Heute setzen sich Menschen verschiedener sexueller Orientierungen und Geschlechtsidentitäten gemeinsam für ihre Ziele ein: rechtliche Gleichstellung, gesellschaftliche Akzeptanz und ein Leben frei von Diskriminierung.

In Europa fanden nach den Stonewall-Protesten die ersten Pride-Demonstrationen in London, Dublin und Oslo statt. 2019 erreichte die Warschauer Pride mit über 50.000 Teilnehmenden einen historischen Höhepunkt als größte Pride-Parade Osteuropas. Auch die Prague Pride verzeichnete 2024 mit etwa 60.000 Teilnehmenden einen bedeutenden Erfolg. In Moldau fand 2022 trotz Androhungen des Bürgermeisters die bisher größte Pride-Parade in der Hauptstadt Chișinău statt. 

In Deutschland werden zwischen April und September zahlreiche Christopher Street Days (CSDs) organisiert, wobei die größten Events in Köln und Berlin stattfinden. Nach Angaben der NGO Outright International wurden im Jahr 2023 in 101 der 193 Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen (UN) LGBTI-Pride-Demonstrationen organisiert – darunter in Ecuador, Südafrika, Thailand, Indien und den Philippinen. In 92 Ländern waren offizielle Pride-Veranstaltungen aufgrund staatlicher Repression nicht möglich. 

In vielen Ländern sehen sich Pride-Veranstaltungen nach wie vor massiver staatlicher Repression ausgesetzt. In Russland wurde 2022 ein Gesetz verabschiedet, das die "Propaganda von nicht-traditionellen sexuellen Beziehungen" für alle Altersgruppen verbietet – und damit Pride-Veranstaltungen. In der Türkei wurden 2022 insgesamt zehn Pride-Veranstaltungen verboten. In Deutschland werden Pride-Veranstaltungen immer wieder Ziel von gewalttätigen Übergriffen – wie beim CSD in Bautzen im Jahr 2024 durch rechtsextreme Gruppen. Im Rahmen des CSD in Münster im Jahr 2022 wurde ein trans Mann sogar tödlich verletzt. 

6. Wie kannst du dich für LGTBI-Rechte stark machen?

Das Bild zeigt zwei Personen an einem Stand

Amnesty-Aktion im Rahmen der "Transgender Pride Parade" in Taiwans Hauptstadt Taipeh am 25. Oktober 2024

 

Weltweit setzen sich Menschen für die vollständige Gleichstellung von LGBTI+ ein. Moderne Gesetzgebungen schaffen bereits vielerorts diskriminierende Strafgesetze ab und etablieren wirksamen rechtlichen Schutz. Und immer mehr Länder erkennen verschiedene Geschlechtsidentitäten an und ebnen damit den Weg für eine gerechtere Gesellschaft. An diese Erfolge wollen wir anknüpfen! Unser gemeinsames Engagement schafft Tag für Tag mehr Fortschritte auf dem Weg zu einer Welt, in der alle Menschen – unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität – selbstbestimmt und sicher leben können. 

  1. Unterschreibe Petitionen und Urgent Actions für betroffene Personen:

    Beteilige dich an aktuellen Amnesty-Petitionen und Urgent Actions für LGBTI-Aktivist*innen weltweit! Sorge so dafür, dass Regierungen für ihr Handeln zur Rechenschaft gezogen und LGBTI+ besser geschützt werden!

  2. Engagiere dich bei Queeramnesty für LGBTI-Rechte!

    Engagiere dich bei Queeramnesty! Queeramnesty ist eine wichtige Themengruppe innerhalb von Amnesty International in Deutschland, die sich seit 1995 gezielt für die Menschenrechte von LGBTI+ weltweit einsetzt. Die Koordinationsgruppe startete ursprünglich als "Aktionsgruppe Homosexualität" und ist seit 2011 unter dem Namen Queeramnesty bekannt. Interessierte können sich bei lokalen Queeramnesty-Gruppen beteiligen und an vielfältigen Aktionen mitmachen, etwa bei Christopher-Street-Day-Paraden, dem Internationalen Tag gegen Homo-, Bi- und Transfeindlichkeit (IDAHOBIT) oder bei schwul-lesbischen Straßenfesten. Queeramnesty organisiert regelmäßig Veranstaltungen mit lokalen LGBTI- und Menschenrechtsorganisationen und bietet LGBTI-Aktivist*innen aus der ganzen Welt eine Plattform. Mehr Informationen findest du hier: https://www.queeramnesty.de/

  3. Unterstütze die aktuelle Amnesty-Kampagne "Protect the Protest":

    Sei dabei und unterstütze die aktuelle Amnesty-Kampagne "Protect the Protest": Amnesty richtet sich mit der Kampagne gegen die Unterdrückung von friedlichem Protest, solidarisiert sich mit den Betroffenen und unterstützt die Anliegen sozialer Bewegungen, wie beispielsweise der LGBTI-Community.

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7. Weitere Definitionen und Begriffserklärungen

Lesbisch, schwul, bisexuell und pansexuell

Lesbisch, schwul und bisexuell sind wie Heterosexualität sexuelle Orientierungen und beschreiben, zu welchem Geschlecht beziehungsweise welchen Geschlechtern sich eine Person romantisch und/oder sexuell hingezogen fühlt. Homosexuell bedeutet hier, dass sich eine Person zum gleichen Geschlecht hingezogen fühlt. Eine bi+sexuelle Person fühlt sich romantisch und/oder sexuell zu Personen zweier, mehrerer oder aller Geschlechter hingezogen. Das "+" wird manchmal genutzt, um den vielen unterschiedlichen und auch umstrittenen Definitionen von Bisexualität gerecht zu werden. 

Um auszudrücken, dass sich Personen zu allen Geschlechtern hingezogen fühlen, oder das Geschlecht keine Rolle spielt, gibt es die Bezeichnung "pansexuell". Das Wort setzt sich aus dem griechischen "pan" (alles, gesamt) und "sexuell" zusammen. Für Pansexuelle steht die individuelle Persönlichkeit im Vordergrund, nicht das Geschlecht oder die Geschlechtsidentität eines Menschen. Pansexualität schließt explizit auch non-binäre, transgender und andere geschlechtliche Identitäten ein.

Intergeschlechtlich

Intergeschlechtliche Menschen haben hormonelle, chromosomale oder andere körperliche Merkmale, die nicht eindeutig als männlich oder weiblich klassifiziert werden können. Diese Variationen der Geschlechtsmerkmale sind vielfältig: Einige Menschen haben zum Beispiel Genitalien, die nicht den stereotypischen Normen für männliche und weibliche Körper entsprechen, andere haben eine Vulva, aber XY (männliche) Chromosomen. Diese Merkmale können von Geburt an vorhanden sein oder während oder nach der Pubertät deutlicher hervortreten.

Cisgender

Der Begriff cis(gender) beschreibt Personen, deren Geschlechtsidentität den konventionellen Erwartungen entspricht, die auf dem bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht basieren. Zum Beispiel: Wurde in die Geburtsurkunde der Person "männlich" eingetragen und die Person findet diese Zuschreibung passend, ist sie ein cis Mann.

Queer

Menschen, die sich als queer bezeichnen, sehen Geschlecht und Sexualität nicht als fest definierte Schubladen. Das bedeutet, dass sie sich nicht in Kategorien wie "männlich" oder "weiblich", "heterosexuell" oder "homosexuell" beziehungsweise "cis" oder "trans" einordnen lassen möchten. Es handelt sich um einen offenen Begriff, mit dem Menschen betonen, dass sie ihr Leben mit vielfältigen Formen von sexuellen Orientierungen und Geschlechtsidentitäten frei von Normen leben wollen. Der Begriff hat eine ähnliche Bedeutung wie "geschlechtlich nicht-konform". "Queer" hat sich in den Medien inzwischen als Oberbegriff für LGBTI+ oder LGBTQIA+ etabliert, da er eingängiger ist.

Was bedeutet es nicht-binär zu sein?

Nicht-binäre Menschen haben eine Geschlechtsidentität, die zwischen oder außerhalb der Kategorien Mann und Frau liegt. Einige nicht-binäre Menschen können sich als trans* identifizieren, andere nutzen den Begriff nicht.

Trans*, transgeschlechtlich oder transgender

Als trans, transgeschlechtlich oder transgender bezeichnen sich Menschen, die sich nicht dem Geschlecht zugehörig fühlen, das ihnen bei der Geburt zugewiesen wurde. Einige möchten ihr Geschlecht angleichen, andere lehnen die Zugehörigkeit zum vorherrschenden Geschlechtersystem gänzlich ab oder verorten sich jenseits der Kategorien Mann/Frau (zum Beispiel: nicht-binär, agender oder genderfluid). Der häufig verwendete Begriff Transsexualität ist irreführend und wird von vielen trans Personen abgelehnt, da es sich nicht um eine sexuelle Orientierung, sondern um eine Geschlechtsidentität handelt.

Geschlechtsangleichung

Eine Geschlechtsangleichung (auch Geschlechtsanpassung oder Transition genannt) bezeichnet den Prozess, bei dem Menschen ihr Erscheinungsbild und/oder ihren Namen an ihr Geschlecht anpassen. Dieser Prozess kann verschiedene Bereiche umfassen: Die soziale Transition beinhaltet den Wunsch, die eigene Geschlechtsidentität nach außen hin sichtbar zu machen. Dazu kann der Wunsch gehören, mit passenden Namen und Pronomen angesprochen zu werden oder die Anpassung von Kleidung und Erscheinungsbild. Im Rahmen der medizinischen Transition können eine Hormontherapie, operative Eingriffe wie geschlechtsangleichende Operationen und andere medizinische Behandlungen durchgeführt werden. Die rechtliche Transition umfasst die Personenstandsänderung und die Angleichung offizieller Dokumente. Die Art und der Umfang der Geschlechtsangleichung können individuell sehr unterschiedlich sein. 

Rechtliche Anerkennung und Selbstbestimmung

Die rechtliche Anerkennung bezeichnet den Prozess, durch den eine Person ihr Geschlecht und ihren Namen in offiziellen Dokumenten und im Personenstandsregister ändern lassen kann. In Deutschland wurde dieser Prozess lange Zeit durch das Transsexuellengesetz geregelt, das im November 2024 durch das Selbstbestimmungsgesetz ersetzt wurde. Die rechtliche Anerkennung beinhaltet die Möglichkeit, Ausweisdokumente, Geburtsurkunden und andere offizielle Papiere entsprechend anzupassen. Sie ist ein wichtiger Schritt zur Gewährleistung der Menschenrechte und der gesellschaftlichen Teilhabe von trans und intergeschlechtlichen Personen.

Geschlechtsausdruck

Geschlechtsausdruck bezieht sich auf die Art und Weise, wie die eigene Geschlechtsidentität, zum Beispiel durch Kleidung, Sprache, Bewegung und Auftreten zum Ausdruck gebracht wird.

Geschlechtsmerkmale

Mit Geschlechtsmerkmalen sind die genetischen, anatomischen und hormonellen Merkmale einer Person gemeint, die mit ihrem Geschlecht zusammenhängen. Diese Merkmale sind nicht immer binär, das heißt sie fallen nicht immer in die Kategorien "männlich" oder "weiblich".

Geschlechtlich nicht-konform (engl. „gender non-conforming“)

Als geschlechtlich nicht-konform bezeichnen sich Menschen, die sich zwar als Teil der LGBTI-Gemeinschaft identifizieren. Sie lehnen es aber ab, spezifische Kategorien zur Beschreibung ihrer sexuellen Orientierung, Geschlechtsidentität und/oder des Geschlechtsausdrucks sowie der Geschlechtsmerkmale zu verwenden.

SOGIESC

Der Begriff SOGIESC steht für Sexual Orientation (sexuelle Orientierung), Gender Identity (Geschlechtsidentität), Gender Expression (Geschlechtsausdruck), Sex Characteristics (Geschlechtsmerkmale). SOGIESC wird häufiger in formalen und juristischen Kontexten verwendet, um geschlechtliche und sexuelle Vielfalt zu beschreiben. 

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