Die Todesstrafe: Fakten, Fälle und Hintergründe

Mehrere Personen, die Fackel in den Händen halten, stehen neben einem Banner, auf dem steht: "Für eine Welt ohne Todesstrafe".

Amnesty-Mahnwache gegen die Todesstrafe in den USA vor der US-Botschaft in Berlin (Archivaufnahme)

Ob durch Erhängen, Erschießen, Enthaupten oder Vergiften: Jahr für Jahr werden weltweit Tausende Menschen von staatlicher Seite aus hingerichtet. Besonders oft betrifft die Todesstrafe Menschen aus finanziell benachteiligten Verhältnissen oder aus marginalisierten Gruppen. Dieser Beitrag liefert aktuelle Statistiken und grundlegende Antworten zum Thema Todesstrafe: Welche Staaten wenden sie noch an? Was spricht gegen den Einsatz der Todesstrafe und wie kannst du dich aktiv für die weltweite Abschaffung dieser grausamen Strafe stark machen?

1. Einführung

Amnesty International lehnt die Todesstrafe in jeder Form und ausnahmslos ab – unabhängig von der Art oder Schwere des Verbrechens und ohne Rücksicht auf Schuld oder Unschuld des Täters oder der Täterin oder der angewandten Hinrichtungsmethode.

Verbrechen müssen zweifellos bestraft werden – die Todesstrafe verstößt jedoch gegen grundlegende Menschenrechte. Sie verletzt das Recht auf Leben und stellt eine grausame, unmenschliche und erniedrigende Bestrafung dar. Das Recht auf Leben und die Würde des Menschen dürfen niemals durch Strafe verletzt werden. Es gibt keinen Beweis dafür, dass die Todesstrafe eine größere abschreckende Wirkung hat als eine langjährige Haftstrafe. Die Todesstrafe ist endgültig und unumkehrbar und wird von Justizsystemen verhängt, die nicht gegen Diskriminierung und Irrtümer gefeit sind. Staatliches Hinrichten ist keine angemessene Antwort auf Mord und andere schwere Verbrechen. Wenn der Staat über Leben und Tod entscheidet, geht es nicht um Gerechtigkeit, sondern um Rache. Zuverlässige Statistiken dokumentieren, dass kein Staat plötzliche und drastische Steigerungen der Kriminalitätsrate befürchten muss, wenn er die Todesstrafe außer Kraft setzt.

Aus diesen Gründen setzt sich Amnesty International dafür ein, Menschen vor der Hinrichtung zu bewahren. Zusammen mit vielen anderen zivilgesellschaftlichen Organisationen arbeiten wir weltweit für ein Ende der Todesstrafe und fordern ihre Abschaffung in der Praxis und schlussendlich in der Gesetzgebung.

Das Foto zeigt mehrere Personen mit Augenbinden, die sich einen Strick um den Hals gehängt haben.

Amnesty-Demonstration in Mexiko gegen die Hinrichtung von Minderjährigen im Iran (Archivaufnahme)

2. Was ist die Todesstrafe? Welche Arten der Hinrichtung gibt es?

Die Todesstrafe ist eine vorsätzliche Tötung von Menschen durch den Staat. Sie verstößt gegen das Recht auf Leben und gegen das Verbot der Folter. Die gängigsten Hinrichtungsmethoden sind Erhängen, Erschießen, tödliche Injektion per Giftspritze, Enthaupten oder in jüngster Vergangenheit die Hinrichtung mit Stickstoff.

Seit 1996 hat eine wachsende Mehrheit von Ländern die Todesstrafe gesetzlich oder in der Praxis abgeschafft, und dieser weltweite Trend setzt sich fort. Angesichts tausender Todesurteile und Hinrichtungen jedes Jahr besteht jedoch weiterhin dringender Handlungsbedarf.

Vier Personen halten während einer Demonstration ein Banner vor sich, auf dem unter anderem steht: "Fight Uganda's Anti-Homosexuality Death Penalty Law".

Protestaktion gegen das Anti-LGBTI-Gesetz vor der ugandischen Botschaft in London während der Pride-Parade am 1. Juli 2023

3. Argumente gegen die Todesstrafe

Seit die Todesstrafe existiert, wird versucht, ihre "Notwendigkeit" zu rechtfertigen. Die Vorstellung, dass die Todesstrafe eine stärkere abschreckende Wirkung als andere Strafen besitzt, ist bis heute nirgends auch nur ansatzweise bewiesen worden. Doch es gibt noch weitere Argumente, die gegen den Einsatz der Todesstrafe sprechen. 

1) Die Todesstrafe ist ungerecht

Laut der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte hat jeder Mensch das Recht auf Leben und darf weder gefoltert noch grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe ausgesetzt werden. Die Todesstrafe verletzt diese fundamentalen Rechte. Staatlich angeordnetes Töten kann niemals gerecht sein. Ein Staat kann nicht per Gesetz das Töten verbieten und gleichzeitig selbst darauf zurückgreifen. Internationale Menschenrechtsstandards, die das Leben jedes Menschen schützen, haben Vorrang vor nationalem Recht.

2) Die Todesstrafe ist unmenschlich

Es existiert keine "humane" Art und Weise die Todesstrafe zu vollstrecken. Jede Hinrichtungsmethode zielt nur darauf ab, ein Leben zu beenden. Die Todesstrafe verwehrt dem Verurteilten die Möglichkeit zur Wiedergutmachung, Reue oder Besserung.

3) Die Todesstrafe verhindert keine Straftaten

Von der Todesstrafe geht keine besondere abschreckende Wirkung auf Verbrechen aus, wie wissenschaftliche Studien gezeigt haben. In Kanada ist die Mordrate seit der Abschaffung der Todesstrafe gesunken. In den USA hingegen ist die Mordrate in Staaten mit Todesstrafe oftmals höher als in solchen ohne. Effektive Verbrechensverhütung erfordert hohe Aufklärungsquoten bei Straftaten sowie ein faires und zügig arbeitendes Justizsystem

4) Die Todesstrafe ist unwiderruflich

Justizirrtümer und Fehlurteile lassen sich nie vollständig ausschließen. Ein einmal vollstrecktes Todesurteil ist endgültig und kann im Falle eines Fehlurteils – anders als eine Haftstrafe – nicht korrigiert werden. Die Zahl der Justizirrtümer und Hinrichtungen Unschuldiger ist schwer zu beziffern. Falsche Geständnisse, fehlerhafte Aussagen von Zeug*innen und Gutachten können zur Fehlverurteilung führen. In einigen Ländern haben Angeklagte, denen die Todesstrafe droht, keinen Anspruch auf eine gründliche Verteidigung und kein Berufungsrecht, was das Risiko, das ein Fehlurteil ergeht, deutlich erhöht.

5) Die Todesstrafe ist willkürlich

Die Todesstrafe wird oft unverhältnismäßig gegen Menschen aus marginalisierten Gruppen oder Angehörige von Minderheiten angewendet. In den USA ist der Anteil der zum Tode verurteilten Afro-Amerikaner*innen überproportional höher. In Saudi-Arabien sind häufig Arbeitsmigrant*innen betroffen. Staaten befriedigen mit der Todesstrafe nicht selten populistische Rachegelüste und führen öffentliche Schauprozesse und Massenhinrichtungen durch, wie im Iran oder in China. Die meisten Hinrichtungen erfolgen nicht wegen Gewaltverbrechen, sondern aus politischen Gründen. Die Todesstrafe erleichtert es Regierungen, sich Personen zu entledigen, die der Regierung ein Dorn im Auge sind. Todesurteile ergehen darüberhinaus wegen Drogendelikten (Indonesien, Malaysia) oder wegen Diebstahls, Korruption oder Steuervergehen (China). In Länder wie Nigeria, Saudi-Arabien und Uganda müssen außerdem homosexuellen Menschen die Todesstrafe befürchten.

4. Aktuelle Statistiken aus dem Amnesty-Bericht zur weltweiten Anwendung der Todesstrafe

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Im Jahr 2023 führten – soweit bekannt – nur noch 16 Länder Hinrichtungen durch, die niedrigste Zahl, die je von Amnesty International verzeichnet wurde. In Belarus, Japan, Myanmar und Südsudan, die 2022 noch Todesurteile vollstreckt hatten, wurden 2023 keine Exekutionen mehr registriert. Dennoch weist der aktuelle Todesstrafenbericht von Amnesty International auch auf eine dramatisch Entwicklung hin: Die Anzahl der Hinrichtungen stieg 2023 auf den höchsten Stand seit 2015.

Dokumentierte Hinrichtungen und Todesurteile weltweit (2014-2023)
 

Interaktive Grafik:

Amnesty International hat 2023 weltweit mindestens 1.153 vollzogene Todesurteile dokumentiert. Dieser signifikante Anstieg geht auf das Konto einiger Länder. Iran war für fast drei Viertel aller registrierten Hinrichtungen verantwortlich, während Saudi-Arabien 15 Prozent ausmachte. Auch in Somalia und den USA stieg die Zahl der vollstreckten Todesurteile. Die Anzahl der weltweit neu verhängten Todesstrafen lag 2023 bei mindestens 2.428, was einem Anstieg von 20 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. 

Im Jahr 2023 zeigten sich allerdings auch in mehreren Ländern erste Erfolge bei den Bestrebungen, die Todesstrafe abzuschaffen. Pakistan führte im Juli neue Regelungen ein, die die Todesstrafe für Drogendelikte beendeten. Gleichzeitig verabschiedete Malaysia Gesetze, die die zwingende Todesstrafe abschafften. Auch in Ghana gab es bedeutende Entwicklungen: Das ghanaische Parlament befürwortete zwei Gesetzesentwürfe, die darauf abzielen, die Todesstrafe aus dem Strafgesetzbuch sowie dem Militärgesetzbuch zu entfernen. Solche gesetzlichen Änderungen könnten entscheidende Wegbereiter für weitere Schritte in Richtung einer weltweiten Abschaffung dieser Strafe sein.

Im Jahr 2023 erlebte Somalia hingegen einen alarmierenden Anstieg bei der Vollstreckung der Todesstrafe. Die Zahl der Hinrichtungen erhöhte sich um mehr als das Sechsfache von 6 im Vorjahr auf 38. Diese besorgniserregende Entwicklung spiegelte sich auch in der gesamten Region Subsahara-Afrika wider, wo die dokumentierten Todesurteile einen drastischen Zuwachs von 66% verzeichneten - von 298 im Jahr 2022 auf 494 im darauffolgenden Jahr. In Subsahara-Afrika haben bislang 24 Länder die Todesstrafe für alle Straftaten abgeschafft. In Kenia und Simbabwe liegen derzeit Gesetzesentwürfe vor, um die Todesstrafe ebenso für alle Straftaten abzuschaffen. Gambia, das seit 2017 stetige Fortschritte gegen diese grausame Strafe gemacht hat, hat einen Prozess zur Verfassungsänderung eingeleitet, der auch zur Abschaffung der Todesstrafe führen soll. 

Todesurteile im Jahr 2023

Interaktive Grafik zu Afrika und Asien:

Länder und Regionen im Fokus: 

Iran 

Im Iran setzen die Behörden die Todesstrafe im Jahr 2023 vermehrt ein, um die Bevölkerung einzuschüchtern und ihre Herrschaft zu sichern. Es wurden mindestens 853 Personen hingerichtet, was einen Anstieg um 48 Prozent im Vergleich zu den 576 Hinrichtungen des Vorjahrs bedeutet. Die Todesurteile ergingen außerdem oftmals nach unfairen Gerichtsverfahren und beispielsweise durch Folter erzwungene Geständnissen. Hierbei war die ethnische Minderheit der Belutsch*innen überdurchschnittlich stark betroffen. Sie stellten 20 Prozent der Hingerichteten, obwohl sie nur etwa fünf Prozent der iranischen Bevölkerung ausmachen. Über 60 Prozent der dokumentierten Exekutionen betrafen Vergehen, die nach internationalem Recht nicht mit der Todesstrafe geahndet werden dürfen – vor allem Straftaten in Zusammenhang mit Drogendelikten. Iran ist damit ein Beispiel für Staaten, die die Todesstrafe für Verbrechen verhängen, die nicht mit einer vorsätzlichen Tötung einhergingen und die daher nicht die Schwelle der "schwersten Verbrechen" erreichen – eine Grenze, die das internationale Recht setzt. Im April 2024 veröffentlichte Amnesty International zudem einen Bericht, der den dramatischen Anstieg der Hinrichtungen im Iran beleuchtet. 

Das Bild zeigt eine Frau, die ein Plakat mit einer Foto-Collage in der Hand hält

Amnesty-Kundgebung vor dem Bundestag in Berlin in Solidarität mit den Protestierenden im Iran (23. November 2022)

Saudi-Arabien 

In Saudi-Arabien sank im Jahr 2023 die Zahl der durchgeführten Hinrichtungen leicht um zwölf Prozent auf 172. Unter den Exekutierten befanden sich auch sechs Frauen. Saudi-Arabien ist das einzige Land, das im vergangenen Jahr weiterhin Hinrichtungen durch Enthauptung vornahm. Todesurteile wurden nach fragwürdigen Verfahren gefällt, bei denen Geständnisse oftmals durch Folter erzwungen wurden. In Saudi-Arabien wurden zudem Todesurteile für Straftaten wie Entführung und Vergewaltigung verhängt, die nach internationalem Recht nicht mit der Todesstrafe belegt werden dürfen. Im Juli 2023 wurde Mohammad al-Ghamdi für regierungskritische Beiträge in sozialen Medien zum Tode verurteilt.

USA

Zwar hatte US-Präsident Joe Biden in seiner Amtszeit versprochen, Hinrichtungen auf Bundesebene abzuschaffen. Dennoch hielten einige US-Bundesstaaten im Jahr 2023 an der Todesstrafe fest und richteten immer wieder Menschen hin. In den USA stieg die Anzahl der Hinrichtungen 2023 von 18 im Vorjahr auf 24. In den US-Bundesstaaten Idaho und Tennessee wurden Gesetzesvorschläge eingebracht, die Hinrichtungen durch Erschießungskommandos ermöglichen sollen. Im Bundesstaat South Carolina geschah dies bereits im Jahr 2021. Das Parlament des Bundesstaates Montana erörterte die Erweiterung der Liste der für tödliche Injektionen verwendbaren Substanzen.

Das Bild zeigt mehrere Menschen mit Protestschildern

Amnesty-Protestaktion in Montgomery im US-Bundesstaat Alabama für die Abschaffung der Todesstrafe am 21. März 2024

Somalia

Somalia verzeichnete einen drastischen Anstieg von Hinrichtungen: Diese vervielfachten sich von sechs im Jahr 2022 auf 38 im Jahr 2023. In der Region Subsahara-Afrika stieg die Anzahl der registrierten Todesurteile um 66 Prozent (von 298 in 2022 auf 494 in 2023). Kein Land in dieser Region schaffte 2023 die Todesstrafe ab.

China

Amnesty International geht davon aus, dass China weltweit die meisten Hinrichtungen durchführt. Wegen staatlicher Geheimhaltung enthält der Amnesty-Bericht jedoch keine Zahlen über die mutmaßlich jährlich tausenden Exekutionen in der Volksrepublik. Aus ähnlichen Gründen sind auch keine Zahlen zu Nordkorea und Vietnam verfügbar – beides Länder, von denen angenommen wird, dass sie ebenfalls zahlreiche Hinrichtungen vornehmen.

In China wurden 2023 Berichte in staatlichen Medien über Hinrichtungen genutzt, um die Bevölkerung an die Todesstrafe für Delikte wie Drogenhandel und Bestechung zu erinnern. Hinrichtungsmethoden in China sind unter anderem Giftinjektionen sowie Erschießen. Nordkorea führte ein neues Gesetz ein, das die Todesstrafe für jene vorsieht, die nicht Koreanisch sprechen. Myanmar verhängte weiterhin in geheimen und unfairen Verfahren vor Militärgerichten Todesurteile. 

Das Foto zeigt mehrere Personen bei einer Demonstration. Sie halten Banner vor sich oder Schilder und Fotos einer Frau in die Höhe.

Amnesty-Mitglieder protestieren im Februar 2013 in Hongkong gegen die geplante Hinrichtung von Li Yan, die in China zum Tode verurteilt wurde. Im September 2019 wurde das Todesurteil gegen Li Yan aufgehoben.

Hinrichtungsmethoden im Jahr 2023: 

Im Jahr 2023 wurden weltweit Menschen mit verschiedenen Methoden exekutiert: Enthauptung, Erhängen, Giftinjektionen und Erschießungen kamen zur Anwendung. Im Gegensatz dazu gab es erneut – ähnlich wie in den Jahren zuvor – keine Berichte über Steinigungen als Mittel gerichtlich angeordneter Exekutionen. 

  • Enthauptung: Saudi-Arabien
  • Erhängen: Ägypten, Bangladesch, Irak, Iran, Kuwait, Singapur, Syrien 
  • Giftinjekton: China, USA, Vietnam
  • Erschießen: Afghanistan, China, Jemen, Nordkorea, Palästina, Somalia

Amnesty-Mitglieder demonstrieren in Simbabwes Hauptstadt Harare für die Abschaffung der Todesstrafe (Archivaufnahme)

5. Der Einsatz von Amnesty International für die weltweite Abschaffung der Todesstrafe

Seit 1973 ist die Abschaffung der Todesstrafe eines der wichtigsten Anliegen von Amnesty. Seither haben unzählige Menschen Millionen von Briefen geschrieben und dadurch in vielen Fällen Todesurteile verhindert, für eine Strafumwandlung gesorgt oder Staaten dazu gedrängt, die Todesstrafe abzuschaffen.

Amnesty International lehnt die Todesstrafe uneingeschränkt ab, weil sie einen Angriff auf die menschliche Würde darstellt. Sie verletzt das Menschenrecht auf Leben und das Recht, keiner grausamen und unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Strafe unterworfen zu werden.

Im September 1973 beschloss die in Wien tagende Internationale Ratstagung von Amnesty, dass sich die Organisation in Zukunft in jedem Fall gegen die Vollstreckung von Todesurteilen und für die weltweite Abschaffung der Todesstrafe einsetzen werde. Bis dahin war Amnesty nur dann gegen Todesurteile aktiv geworden, wenn gewaltlose politische Gefangene davon betroffen waren.

Im Dezember 1977 veranstaltete Amnesty International eine "Konferenz zur Abschaffung der Todesstrafe" in Stockholm, an der über 200 Personen aus fast allen Teilen der Welt teilnahmen, darunter Vertreter*innen aus den Bereichen Rechtswissenschaft, Politik, Polizei und Strafvollzug. Die Konferenz verabschiedete die "Deklaration von Stockholm". Die Teilnehmer*innen erklärten darin, "die Todesstrafe uneingeschränkt abzulehnen, jede Form der Hinrichtung – ob auf Anordnung oder mit Duldung von Regierungen – zu verurteilen und ihre Entschlossenheit, für die weltweite Abschaffung der Todesstrafe zu arbeiten". Dieses "Grundsatzprogramm" markierte den Beginn einer Reihe von weltweiten Aktivitäten von Amnesty zur Bekämpfung dieser Strafe.

Das Bild zeigt mehrere Personen auf einem Podium

Konferenz über die Abschaffung der Todesstrafe in der schwedischen Hauptstadt Stockholm im Dezember 1977

Am 26. September 1979 erschien der erste von Amnesty vorgelegte globale Todesstrafenbericht. Er beschrieb die juristische Situation und Praxis in 134 Staaten und Territorien, die zu der Zeit noch an der Todesstrafe festhielten. Eine so umfassende Darstellung hatte es bis dahin nicht gegeben. Die Veröffentlichung dieses Berichts war zugleich Auftakt zur ersten weltweiten Kampagne von Amnesty gegen die Todesstrafe. Damals gab es gerade einmal 24 Staaten, die sie vollständig abgeschafft hatten. Das sollte sich grundlegend ändern.

Noch Ende der siebziger Jahre bezeichneten die Vereinten Nationen die Abschaffung der Todesstrafe lediglich als "wünschenswert". Mehr als dreißig Jahre später ist ihre weltweite Ächtung greifbarer als je zuvor: Am 18. Dezember 2007 rief die Generalversammlung der Vereinten Nationen erstmals zu einem weltweiten Hinrichtungsstopp als Vorstufe zur vollständigen Abschaffung der Todesstrafe auf. Das Abstimmungsergebnis war überwältigend: 104 Ja-Stimmen standen 54 Nein-Stimmen und 29 Enthaltungen gegenüber.

Zum Zeitpunkt des ersten von Amnesty vorgelegten globalen Todesstrafenberichts im Jahr 1979 gab es gerade einmal 24 Staaten, die die Todesstrafe vollständig abgeschafft hatten. Ganz anders sieht die Situation heute aus: Bis heute (Stand: Mai 2024) haben weltweit 144 Länder die Todesstrafe per Gesetz (112 Länder) oder in der Praxis (23 Länder) abgeschafft. Hinzu kommen weitere neun Staaten, die die Todesstrafe nur noch für außergewöhnliche Straftaten vorsehen.

Mehrere Personen halten Protestschilder hoch.

Delegierte der "Taiwan Alliance to end the Death Penalty" beim vierten Weltkongress gegen die Todesstrafe in Genf in der Schweiz (Februar 2010)

6. Einsatz mit Erfolg: Einzelfälle, bei denen die Todesstrafe abgewendet werden konnte

Amnesty setzt sich seit den 1970er Jahren für die weltweite Abschaffung der Todesstrafe ein. In vielen Fällen macht sich Amnesty auch für einzelne Personen stark, denen die Hinrichtung droht – mithilfe von Appell-Aktionen, Eilaktionen (Urgent Actions) und Petitionen. Hier findest du eine Auswahl von Einzelfällen, für die sich Amnesty in der Vergangenheit mit Erfolg eingesetzt hat.

USA: Glynn Simmons

Das Bild zeigt ein Foto, ein Mann lacht in die Kamera, er umarmt eine Frau

Verbrachte 48 Jahre in den USA unschuldig in Haft: Der ehemalige Todesstrafenkandidat Glynn Simmons umarmt seine Cousine nach seinem Freispruch (September 2023).


Nach 48 Jahren in Haft wurde der im US­-Bundesstaat Oklahoma zum Tode verurteilte Glynn Simmons im September 2023 im Berufungsverfahren freigesprochen. Er war 1975 für den Mord an einer Frau und die Verwundung einer weiteren Frau verurteilt worden. Die Staatsanwaltschaft hatte Simmons als einzigen Tatverdächtigen präsentiert, obwohl die Überlebende weitere Männer als verdächtig identifiziert hatte. Simmons ist kein Einzelfall. Seit 1973 mussten 30 US­-Bundesstaaten 200 Menschen wegen erwiesener Unschuld oder erheblicher Zweifel an ihrer Schuld aus den Todestrakten entlassen. Einige Gefangene standen nach jahrzehntelanger Haft kurz vor ihrer Hinrichtung. Nicht wenige dieser Fehlurteile gehen auf eine mangelhafte Verteidigung und Verfehlungen von Polizei und Staatsanwaltschaft zurück.

Sudan: Meriam Yehya Ibrahim

Amnesty-Beitrag auf X (ehemals Twitter):

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Die Freilassung von Meriam Yehya Ibrahim im Juni 2014 war ein erster Schritt zur Wiedergutmachung der grausamen Ungerechtigkeit, die der jungen Frau angetan wurde. Die Christin war im Sudan wegen ihres Glaubens zum Tode verurteilt worden. Zusätzlich waren wegen außerehelichen Geschlechtsverkehrs 100 Peitschenhiebe gegen sie verhängt worden.

Meriam Yehya Ibrahim wurde im August 2013 festgenommen und angeklagt. Ein Familienangehöriger soll behauptet haben, dass sie sich mit der Heirat eines südsudanesischen Christen des außerehelichen Geschlechtsverkehrs schuldig gemacht habe. Nach dem im Sudan geltenden Recht der Scharia darf eine Muslimin keinen nicht-muslimischen Mann heiraten. Das Gericht fügte im Februar 2014 eine Anklage wegen Apostasie (Abfall vom Glauben) hinzu, nachdem Meriam Yehya Ibrahim versichert hatte, dass sie Christin und keine Muslimin sei. 

Sie war schwanger als sie inhaftiert wurde. Ihr damals 20 Monate alter Sohn befand sich ebenfalls mit ihr in Haft. Nachdem ein Berufungsgericht ihre Freilassung und die Aufhebung der Urteile verfügt hatte, konnte Meriam das Gefängnis im Juni 2014 verlassen. Über eine Million Menschen hatten sich mit Amnesty International für die Freilassung von Meriam eingesetzt.

Japan: Iwao Hakamada

Iwao Hakamada hält ein Schild in die Kamera mit der Aufschrift "Thank you, Amnesty!"

Iwao Hakamada wurde 1968 in Japan zum Tode verurteilt. Das Foto zeigt ihn im Mai 2014 nach seiner Freilassung aus dem Gefängnis. Im September 2024 wurde er in einem Wiederaufnahmeverfahren freigesprochen.


Am 26. September 2024 fällte das Bezirksgericht Shizuoka in Japan ein lang erwartete Urteil und sprach Hakamada Iwao endlich frei. Iwao Hakamada gilt als Häftling, der weltweit am längsten in einer Todeszelle saß:

Hakamada wurde 1968 wegen Mordes zum Tode verurteilt. Er verbrachte über 40 Jahre in Einzelhaft im Todestrakt und musste jeden Tag damit rechnen, dass ein Hinrichtungsbefehl gegen ihn erlassen wird. Nach jahrelangem Rechtsstreit entschied der Oberste Gerichtshof 2023, dem mittlerweile 88-Jährigen ein Wiederaufnahmeverfahren zu gewähren. Hakamada hatte ursprünglich nach 20-tägigem Polizeiverhör ein Geständnis abgelegt, das er später widerrief und als durch Folter erpresst bezeichnete. Trotz Zweifeln an den Beweisen wurde er verurteilt. Amnesty International hat sich jahrelang für ihn eingesetzt.

Der Fall Hakamada verdeutlicht die Problematik der Todesstrafe, insbesondere angesichts möglicher Justizirrtümer und unfairer Gerichtsverfahren. Er zeigt auch die Bedeutung von DNA-Beweisen und die Notwendigkeit, Geständnisse kritisch zu hinterfragen. 

Nigeria: Moses Akatugba

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Im Mai 2015 hatte die lange Leidenszeit von Moses Akatugba endlich ein Ende. Der Gouverneur des nigerianischen Bundesstaates Delta hatte ihn begnadigt. Moses Akatugba war zuvor gefoltert und zum Tod durch Erhängen verurteilt worden, weil er angeblich Handys gestohlen haben soll. Amnesty International hatte sich mit Aktionen weltweit für ihn eingesetzt. In Deutschland kamen über 141.000 Unterschriften und Appelle zusammen.

Moses Akatugba bedankte sich bei allen Unterstützer*innen für ihren Einsatz: "Ich bin überwältigt. Ich danke Amnesty International und ihren Aktivistinnen und Aktivisten für die große Unterstützung, die mir geholfen hat, aus dieser Situation gestärkt hervorzugehen. In meinen Augen sind die Mitglieder und Aktivistinnen und Aktivisten von Amnesty International Heldinnen und Helden. Ich verspreche, dass ich mich für die Menschenrechte einsetzen und anderen helfen werde." Sein Fall war Teil der Amnesty-Kampagne "Stop Folter" und des Briefmarathons 2014. Während seiner Haft wurde er schwer misshandelt, um ein Geständnis zu erzwingen.

Iran: Zahra Sedighi-Hamadani (Sareh) und Elham Choubdar

Porträtfoto von Zahra Sedighi Hamadani

Die iranische LGBTI-Aktivistin Zahra Sedighi Hamadani

Zahra Sedighi-Hamadani ist eine mutige iranische Aktivistin, die auch unter dem Namen Sareh bekannt ist. Sie und Elham Choubdar, eine weitere junge Frau, sahen sich aufgrund ihres Einsatzes für die Rechte von LGBTIQ-Personen mit einer erschütternden Realität konfrontiert: Die iranischen Behörden verurteilten beide zum Tode. Doch im März 2023 kam endlich die erlösende Nachricht – Zahra und Elham wurden aus der Haft entlassen. Zahra Sedighi-Hamadani lebt mit ihren Kindern inzwischen in Köln.

Die Verhaftung von Zahra Sedighi-Hamadani erfolgte Ende 2021 durch die berüchtigten iranischen Revolutionsgarden, als sie versuchte, nahe der Grenze zur Türkei Asyl zu beantragen. Kurze Zeit später wurde auch Elham Choubdar festgenommen. Nach einem unfairen Verfahren vor dem Revolutionsgericht in Urmia, einer Stadt in der Provinz West-Aserbaidschan, wurden beide Anfang August 2022 der "Verdorbenheit auf Erden" schuldig gesprochen und zum Tode verurteilt. Offizielle Stellungnahmen und staatliche Medienberichte legten den Schluss nahe, dass die Verfolgung auf diskriminierenden Motiven basierte. Diese standen im Zusammenhang mit Zahras tatsächlicher oder vermeintlichen sexuellen Orientierung und/oder Geschlechtsidentität, ihrem friedlichen Engagement für die Rechte von LGBTIQ-Personen und ihren Verbindungen zu LGBTIQ-Asylsuchenden aus Irak.

Südsudan: Magai Matiop Ngong

Das Bild zeigt einen jungen Mann in einem Büro, der lacht und die Faust hebt

Endlich in Freiheit: Magai Matiop Ngong aus dem Südsudan im Amnesty-Büro in der kenianischen Hauptstadt Nairobi am 5. April 2022.

 

Magai Matiop Ngong, ein junger Mann aus Südsudan, war gerade einmal 15 Jahre alt und besuchte die Sekundarschule, als sein Leben eine tragische Wendung nahm. Am 14. November 2017 wurde er wegen eines Mordes, den er als Unfall bezeichnete, zum Tode durch den Strang verurteilt. Zwei Jahre und acht lange Monate verbrachte Magai im Todestrakt, davon zwei Jahre und einen Monat als Minderjähriger – eine klare Verletzung der Verpflichtungen Südsudans gemäß nationalem Recht und internationalen Menschenrechtsnormen.

Doch es gab Hoffnung: Das südsudanesische Berufungsgericht erkannte am 14. Juli 2020 die Unrechtmäßigkeit des Todesurteils an, da Magai zum Zeitpunkt der Tat noch ein Kind war. Der Fall wurde an den Hohen Gerichtshof zurückverwiesen, um ein angemessenes Urteil zu fällen. Endlich, am 29. Juli 2020, wurde Magai aus dem Todestrakt entlassen, und seit dem 22. März 2022 kann er wieder in Freiheit leben. Amnesty International hatte sich mit dringenden Appellen nachdrücklich für seine Freilassung eingesetzt und somit einen wichtigen Beitrag zu diesem positiven Ausgang geleistet.

Leider ist Magais Fall kein Einzelfall in Südsudan. Im Jahr 2017 wurden zwei Menschen hingerichtet, die ihre Verbrechen im Alter von unter 18 Jahren begangen hatten, und 2018 wurde mindestens eine Person, die zum Tatzeitpunkt noch minderjährig war, im Zentralgefängnis von Wau erhängt.

7. Wie kannst du dich für die Abschaffung der Todesstrafe einsetzen?

  • Beteilige dich an Appellaktionen von Amnesty International und setze dich für Menschen ein, denen unmittelbar die Hinrichtung droht: www.amnesty.de/urgent-actions
  • Unterzeichne Petitionen an Regierungen, die Todesurteile vollstrecken lassen, und fordere die vollständige Abschaffung der Todesstrafe: www.amnesty.de/mitmachen/petitionen
  • Engagiere dich bei der ehrenamtlichen Amnesty-Koordinationsgruppe gegen die Todesstrafe: amnesty-todesstrafe.de
  • Mit dem Amnesty­-Newsletter bleibst du immer über aktuelle Online­-Petitionen gegen die Todesstrafe und über andere Themen auf dem Laufenden. Jetzt anmelden: amnesty.de/newsletter
  • Oder unterstütze die Arbeit von Amnesty International mit einer Spende, damit wir uns weiterhin für eine Welt ohne Todesstrafe einsetzen können: helfen.amnesty.de/

8. Aktuelle Urgent Actions: Setze dich für zum Tode Verurteilte ein!

Das Bild zeigt das Porträtfoto einer Frau

Iran:  Pakhshan Azizi droht die Hinrichtung

Der Kurdin Pakhshan Azizi droht im Iran die Hinrichtung, nachdem sie im Juli 2024 in Verbindung mit friedlichen humanitären und menschenrechtlichen Aktivitäten zum Tode verurteilt worden war.

Setz dich für sie ihn!

Das Bild zeigt das Porträtbild einer Frau

Iran: Sharifeh Mohammadi droht die Hinrichtung

Der Menschenrechtlerin Sharifeh Mohammadi droht die Hinrichtung, nachdem sie im Juni 2024 in Verbindung mit friedlichen Menschenrechtsaktivitäten zum Tode verurteilt worden war.

Setz dich für sie ein!

9. Die Grausamkeit der Todesstrafe: Ausgelöschte Leben

Iran: Jamshid Sharmahd

Das Bild zeigt das Porträtbild eine Mannes

Der deutsche Staatsbürger Jamshid Sharmahd wurde am 28. Oktober 2024 im Iran hingerichtet.

 

Es ist eine schreckliche Nachricht für seine Famile und für alle, die sich für die Freilassung von Jamshid Sharmahd eingesetzt haben: Der deutsche Staatsbürger wurde am 28. Oktober 2024 im Iran hingerichtet. Amnesty verurteilt diese unmenschliche Hinrichtung aufs Schärfste und fordert Konsequenzen für die Verantwortlichen.

Sharmahd, der sich für Menschenrechte und gegen das iranische Regime einsetzte, wurde 2020 verhaftet und unter fragwürdigen Umständen der "Verdorbenheit auf Erden" angeklagt. In der Haft wurde er gefoltert und zu falschen Geständnissen gezwungen. Trotz diplomatischer Bemühungen und internationaler Proteste vollstreckte das iranische Regime das Todesurteil.

Seine Tochter Gazelle kämpfte unermüdlich für ihren Vater und erstattete mit Unterstützung des ECCHR sogar Strafanzeige gegen die iranische Justiz. Die erschütternde Hinrichtung zeigt die systematische Missachtung grundlegender Menschenrechte im Iran. Sharmahds Tod darf nicht ungesühnt bleiben. Sein Schicksal mahnt uns, weiter für die Menschenrechte einzutreten.

USA: Kenneth Smith

Das Bild zeigt das Porträtfoto eines Mannes

Kenneth Eugene Smith wurde am 25. Januar 2024 im US-Bundesstaat Alabama hingerichtet (Archivaufnahme).

 

Am 25. Januar 2024 wurde Kenneth Smith im US-Bundesstaat Alabama auf besonders grausame Weise hingerichtet - durch den Einsatz von Stickstoff. Amnesty International verurteilt diese unmenschliche Praxis aufs Schärfste, da sie das grundlegende Menschenrecht auf Leben verletzt.

Obwohl die Geschworenen 1996 für eine lebenslange Haftstrafe ohne die Möglichkeit einer vorzeitigen Entlassung auf Bewährung gestimmt hatten, überstimmte der Richter die Geschworenen und verhängte das Todesurteil. Die Behörden des US-Bundesstaates Alabama hatten bereits im Jahr 2022 versucht, Kenneth Smith durch die Giftspritze hinzurichten, was jedoch misslang.

Die Hinrichtung von Kenneth Smith markiert einen dunklen Meilenstein in der Geschichte der Todesstrafe. Es war die 1583. Hinrichtung in den USA seit 1976.

USA: Troy Davis 

Porträtfoto von Troy Davis. Er trägt eine Brille mit runden Gläsern.

Troy Anthony Davis wurde 1991 in den USA zum Tode verurteilt worden. Am 21. September 2011 wurde er hingerichtet.

 

Am 21. September 2011 wurde Troy Davis im US-Bundesstaat Georgia mittels Giftspritze hingerichtet - trotz erheblicher Zweifel an seiner Schuld und weltweiter Proteste. Fast eine Million Menschen hatten sich für seine Freilassung eingesetzt.

Sein Fall zeigt das tragische Versagen des amerikanischen Justizsystems. Davis wurde 1991 wegen eines Mordes an einem Polizisten für schuldig befunden. Er wurde verurteilt, obwohl sieben der neun Hauptzeugen ihre Aussagen später zurückzogen oder änderten. Einige berichteten sogar, von der Polizei unter Druck gesetzt worden zu sein.

Seine letzten Worte waren ein bewegender Appell, den Kampf gegen die Todesstrafe fortzusetzen: "Dieser Kampf endet nicht mit mir". Seit Davis' Verurteilung wurden in den USA mehr als 90 zum Tode Verurteilte als unschuldig freigelassen.

Iran: Delara Darabi 
 

Das Foto zeigt ein an einen Zaun gelehntes Foto von Delara Darabi, die ein Kopftuch trägt und ernst vor sich blickt. Vor dem Foto liegen Blumen und steht eine Kerze.

Amnesty-Mahnwache in Bern in der Schweiz am 6. Mai 2009 für Delara Darabi, nachdem sie wenige Tage zuvor im Iran hingerichtet wurde.

 

Weder ihre Eltern noch ihre Anwälte wurden über die bevorstehende Hinrichtung informiert: Am 1. Mai 2009 wurde die 22-jährige Delara Darabi im Iran hingerichtet. Noch einen Tag zuvor hatte Darabi bei einem Besuch ihrer Mutter gesagt: "Ich möchte frei sein. Einer der Richter hat mir versprochen, dass ich begnadigt werde. Mutter, ich bin unschuldig." 

Im September 2003 war die damals 17-Jährige mit ihrem Freund Amir Hossein Sotoudeh in das Haus der Cousine ihres Vaters eingebrochen, um sie auszurauben. Amir Hossein soll die Frau getötet haben. Darabi "gestand" zunächst den Mord. Ihr Freund hatte sie darum gebeten, um ihn vor der Hinrichtung zu retten. In der Annahme, dass ihr als Minderjährige nicht die Todesstrafe drohe, willigte sie ein. Später widerrief sie jedoch ihr Geständnis. Trotzdem wurde sie im Februar 2005 zum Tod durch den Strang verurteilt. Amnesty setzte sich mit Petitionen für ihre Begnadigung ein. Nach der Hinrichtung hielten Amnesty-Mitglieder weltweit Mahnwachen ab.

10. Hintergrundinformationen: Historische Entwicklung der Todesstrafe

Die historische Entwicklung der Todesstrafe geht viele Jahrhunderte zurück: In frühen Gesellschaften erlaubte das ungeschriebene Sippenrecht den Angehörigen eines Mordopfers, Rache an Täter*innen und deren Familien zu nehmen. Viele antike Kulturen kannten Geldstrafen, Versklavung und öffentliche Hinrichtungen; eine moderne Rechtsstaatlichkeit existierte nicht. Im Römischen Reich diente die Todesstrafe zur Unterdrückung von Staatsfeinden. Im Mittelalter nahm die Grausamkeit der Hinrichtungen zu. Im 18. Jahrhundert formierte sich mit der Aufklärung eine Opposition gegen die Todesstrafe. Die Französische Revolution "humanisierte" Hinrichtungen, ohne die Todesstrafe abzuschaffen. Im 19. und 20. Jahrhundert kämpften Persönlichkeiten wie Rosa Luxemburg und Albert Camus für ihre Abschaffung. Die nun folgenden Beispiele Deutschland, Frankreich, Japan und USA zeigen, wie sich Staaten in ihrer Historie von der Todesstrafe verabschiedet haben – und andere bis heute daran festhalten.

Ein Galgenstrick wirft einen Schatten auf eine Wand

Die Todesstrafe in Deutschland

Bis zur deutschen Reichsgründung im Jahr 1871 wurde die Todesstrafe angewandt, die rechtliche Handhabung war allerdings uneinheitlich. Ab 1871 schrieb das Reichsstrafgesetzbuch die Todesstrafe für Mord und Mordversuch an Kaiser oder Landesfürsten vor. In der Weimarer Republik nahmen Hinrichtungen ab, obwohl ein Antrag, die Todesstrafe abzuschaffen, im Jahr 1927 abgelehnt worden war. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten im Jahr 1933 wurde das "Reichsgesetz über Verhängung und Vollzug der Todesstrafe" erlassen. In der NS-Zeit zwischen 1933 und 1945 wurden 16.560 Todesurteile ausgesprochen, davon rund 12.000 vollstreckt. Besonders nach dem gescheiterten Hitler-Attentat kam es zu vielen Hinrichtungen. Im Rahmen der Nürnberger Prozesse ergingen Todesurteile wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit (Holocaust). Die US-Armee vollstreckte bis 1951 Todesurteile in Deutschland.

In den 1940er und 1950er Jahren führte die sowjetische Besatzungsmacht mehrere hundert Hinrichtungen durch. In der DDR wurde die Todesstrafe für Mord, Kriegsverbrechen, Spionage und konterrevolutionäre Verbrechen verhängt. Diese Urteile wurden oft in Schauprozessen verkündet und unter strikter Geheimhaltung vollstreckt. Die DDR schaffte die Todesstrafe offiziell 1987 ab.

Mit der Gründung der BRD und dem Inkrafttreten des Grundgesetzes 1949 wurde die Todesstrafe abgeschafft. Das Verbot der Todesstrafe ist absolut und ist nach Art. 1 Abs.1 Grundgesetz nicht wieder einführbar.

Die letzte Hinrichtung in Westdeutschland fand am 18. Februar 1949 in Tübingen statt. In West-Berlin wurde am 11. Mai desselben Jahres das letzte Todesurteil in der dortigen Untersuchungshaftanstalt Moabit vollzogen. Unter alliierter Rechtsprechung wurden am 7. Juni 1951 im amerikanischen Militärgefängnis Landsberg am Lech die letzten Exekutionen aus den Nürnberger Nachfolgeprozessen durchgeführt. In der DDR soll die mutmaßlich letzte Hinrichtung wegen "vollendeter Spionage" am 26. Juni 1981 in Leipzig stattgefunden haben.

Protestierende mit Banner bei Aktion gegen die Todesstrafe

Amnesty-Unterstützer*innen protestieren am 9. Oktober 2007 in Berlin gegen die Todesstrafe

Die Todesstrafe in Japan

Japan ist eines der wenigen hochindustrialisierten Länder, in denen nach wie vor die Todesstrafe vollzogen wird – neben den Vereinigten Staaten das einzige unter den führenden Wirtschaftsnationen. Obwohl die Zahl der jährlichen Hinrichtungen gering ist, bleibt die Praxis bestehen. Nur in den Jahren 2011, 2020 und 2023 wurden keine Exekutionen durchgeführt. Die Haftbedingungen in den Todestrakten sind von extremer Isolation und strikter Disziplin geprägt, was eine enorme psychische Belastung für die Insassen darstellt. Hinrichtungen finden im Geheimen statt, die Todeskandidaten erfahren erst am Morgen desselben Tages von ihrer bevorstehenden Exekution.

Zwischen 1945 und Ende 2021 wurden in Japan 717 Menschen durch den Strang hingerichtet, davon 151 Personen im Zeitraum von 1980 bis 2020. Nach einem De-facto-Hinrichtungsmoratorium von über drei Jahren endete dieses im März 1993. Obwohl die Zahl der Tötungsdelikte rückläufig war und den niedrigsten Stand seit dem Zweiten Weltkrieg erreichte, nahmen die jährlichen Hinrichtungen seit 2005 wieder zu.

Das japanische Rechtssystem sieht die Todesstrafe für 18 verschiedene Straftatbestände vor, darunter 13 im Strafgesetzbuch definierte Verbrechen wie Mord, Raubmord, Vergewaltigung mit Todesfolge, Brandstiftung mit Todesfolge sowie Delikte gegen den Staat. Lediglich für den Tatbestand der Unterstützung einer feindlichen Invasion ist die Todesstrafe zwingend vorgeschrieben. In allen anderen Fällen können die Gerichte bei Vorliegen mildernder Umstände auch lebenslange oder befristete Freiheitsstrafen verhängen. Seit 1967 wurde die Todesstrafe ausschließlich für Mord, Raubmord und Sprengstoffanschläge mit Todesfolge ausgesprochen. 1987 formulierte der Oberste Gerichtshof Kriterien für die Verhängung der Todesstrafe, darunter die Anzahl der Opfer, die Grausamkeit der Tat, Reue der Täter*innen und die Vergebung durch die Opferfamilie. 

Das Bild zeigt eine Menschenmenge mit Protestschildern

Unterstützer*innen der japanischen Amnesty-Sektion protestieren in Tokio gegen die Todesstrafe (11. Oktober 2008). 

Die Todesstrafe in Frankreich

Die Praxis der Todesstrafe zieht sich wie ein dunkler Faden durch die französische Geschichte. In den Jahren der Revolution zwischen September 1793 und August 1794 fielen mehr als 16.000 Menschen der Guillotine zum Opfer - eine industrielle anmutende Massenhinrichtung. Neben dem enthaupteten Königspaar Ludwig XVI. und Marie Antoinette ereilte dieses Schicksal auch Revolutionäre wie Georges Danton und Maximilien de Robespierre. In den folgenden zwei Jahrhunderten ließen unzählige weitere Menschen auf dem Schafott ihr Leben. Das Parlament in Paris widersetzte sich über Jahrzehnte einer Abschaffung der Todesstrafe. Für zahlreiche Delikte aus dem zivilen wie militärischen Bereich blieb die Verhängung von Todesurteilen weiterhin möglich. Es sollte bis 1981 dauern, bis dieser finstere Abschnitt endlich ein Ende fand und Frankreich zu einem zivilisierteren Rechtssystem fand.

Nachdem François Mitterrand 1981 die Präsidentschaftswahl gewonnen hatte, ernannte er Robert Badinter zum Justizminister. Dieser legte umgehend einen Gesetzentwurf zur Abschaffung der Todesstrafe vor. In einer denkwürdigen Rede vor der Nationalversammlung am 17. September 1981 bekräftigte Badinter: "Wir werden eine humanere Justiz haben, die nicht mehr unter dem Zeichen der Guillotine stehen wird." Einen Tag später nahm die Nationalversammlung den Entwurf mit überwältigender Mehrheit an. Auch der Senat stimmte am 30. September 1981 zu. Am 10. Oktober 1981 trat schließlich das Gesetz 81-908 in Kraft, das in Artikel 1 festhält: "Die Todesstrafe ist abgeschafft." 

Mehrere Personen tragen während einer Demonstration ein Banner vor sich her.

"Im Namen der Opfer sagen wir Nein zur Todesstrafe": Familienangehörige von Mordopfern nehmen in Paris an einer Demonstration teil während des dritten Weltkongresses gegen die Todesstrafe (Februar 2007).

Die Todesstrafe in den USA

Die Todesstrafe hat in den USA eine lange und kontroverse Geschichte. Seit der Kolonialzeit wurde sie als Strafe für schwere Verbrechen wie Mord angewandt. Im 19. Jahrhundert begannen Reformbewegungen, die Abschaffung der Todesstrafe zu fordern, was zu einem vorübergehenden Rückgang der Hinrichtungen führte. 1972 erklärte der Oberste Gerichtshof die Todesstrafe für verfassungswidrig, hob dieses Urteil aber 1976 wieder auf und erlaubte die Wiederaufnahme von Hinrichtungen unter strengeren Richtlinien.

Seitdem wurden in den USA fast 1.600 Menschen hingerichtet, die meisten davon in Bundesstaaten im Südosten der USA wie Texas. Die Zahl der jährlichen Hinrichtungen erreichte in den 1990er Jahren mit 98 Exekutionen im Jahr 1999 ihren traurigen Höhepunkt und ist bewegt sich aktuell auf einem niedrigeren Niveau. 2022 wurden in den USA 18 Menschen hingerichtet, eine Steigerung von 64 Prozent gegenüber 2021. 2023 wurden 24 Exekutionen registriert, das heißt ein Anstieg um 33 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Damit sind die USA weiterhin das einzige Land in der Region, das die Todesstrafe vollstreckt.

Trotz des Rückgangs der Hinrichtungen bleibt die Todesstrafe in vielen US-Bundesstaaten legal. 27 der 50 US-Bundesstaaten und das Militär sehen die Todesstrafe für Mord und andere schwere Verbrechen vor. Die Methoden zu ihrer Vollstreckung umfassen die tödliche Injektion, den elektrischen Stuhl, die Gaskammer, das Erschießungskommando und den Strang. Die Biden-Administration hat im Juli 2021 ein Hinrichtungsmoratorium für Personen verfügt, gegen die nach Bundesrecht ein Todesurteil ergangen ist

Hinrichtungskammer mit gekachelten Wänden, im Vordergrund steht eine Liege mit Gurten zum Fixieren

Hinrichtungskammer in Huntsville im US-Bundesstaat Texas (Archivaufnahme)

 

Bemühungen zur Abschaffung der Todesstrafe haben in einigen Staaten Erfolg gehabt. Bis Ende 2023 hatten 23 US-Bundesstaaten diese Strafe für alle Verbrechen abgeschafft, davon elf

bereits seit Beginn des Jahrtausends. Vier weitere Bundesstaaten haben ein Moratorium für Hinrichtungen verfügt. Von den 27 verbleibenden Staaten, die an der Todesstrafe festhalten, haben 14 Bundesstaaten (52 Prozent) seit mindestens 10 Jahren keine Hinrichtungen mehr durchgeführt. Das sind Idaho, Indiana, Kalifornien, Kansas, Kentucky, Louisiana, Montana, Nevada, North Carolina, Oregon, Pennsylvania, South Carolina, Utah und Wyoming. Kalifornien, Oregon und Pennsylvania halten ein jeweils vom Gouverneur angeordnetes Hinrichtungsmoratorium ein.

Trotz Verfahrensreformen bestehen weiterhin ernsthafte Bedenken hinsichtlich der fairen und fehlerfreien Anwendung der Todesstrafe. Seit 1973 mussten 200 zum Tode Verurteilte aufgrund von Beweisen für ihre Unschuld freigelassen werden. Zu den prominenten Fällen gehört der später freigesprochene Gefangene Anthony Ray Hinton, der 30 Jahre lang zu Unrecht in der Todeszelle saß.

Eine von hinten fotografierte Frau umarmt eine weinende Frau und tröstet sie.

Zwei Amnesty-Mitglieder trauern bei einer Mahnwache um Troy Davis, nachdem der Afroamerikaner am 22. September 2011 trotz massiver Zweifel an seiner Schuld im US-Bundesstaat Georgia wegen Mordes hingerichtet wurde.

11. Hintergrundinformationen: Internationale Abkommen und Gesetze zur Todesstrafe

Eine Reihe von internationalen Abkommen und Gesetzen haben in den vergangen Jahrzehnten dazu beigetragen, die weltweite Anwendung der Todesstrafe zurückzudrängen. Gleichzeitig wurden Schutzmaßnahmen für zum Tode Verurteilte geschaffen. Hier ein Überblick über die wichtigsten Abkommen: 

Allgemeine Erklärung der Menschenrechte

Seit der Verabschiedung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte im Dezember 1948 haben mehr als 144 Mitgliedsländer die Todesstrafe entweder gesetzlich oder praktisch abgeschafft (Stand Mai 2024). 174 Staaten (Stand März 2024) haben mittlerweile den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte ratifiziert. Das zweite Fakultativprotokoll zu diesem sogenannten Zivilpakt, das am 11. Juli 1991 in Kraft trat, verpflichtet die Staaten zur Abschaffung der Todesstrafe – mit Stand September 2024 haben 91 Staaten dieses Zusatzprotokoll unterzeichnet. Das Zusatzprotokoll sagt außerdem aus, dass die Todesstrafe nach Artikel 6 Absatz 2 nur in engen Grenzen zulässig ist. Sie darf demnach nur für schwerste Verbrechen verhängt werden, bei denen es sich um vorsätzliche Tötungsdelikte handeln muss.

Allgemeine Erklärung der Menschenrechte als Broschüre: weißer Hintergrund mit Schattenwurf.

Schutzmaßnahmen der Vereinten Nationen für zum Tode Verurteilte

1984 verabschiedete der Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen in New York zusätzliche Richtlinien zum Schutz der Rechte von Todeskandidaten. Diese Richtlinien begrenzten die Todesstrafe auf schwerste Straftaten mit tödlichen oder äußerst schwerwiegenden Folgen und beinhalteten weitere Einschränkungen, wie etwa:

  • Die Todesstrafe muss zum Zeitpunkt der Tat in den Gesetzen verankert sein; Gesetzesänderungen dürfen nur zugunsten eines Angeklagten berücksichtigt werden.
  • Gegen Personen, die zur Tatzeit unter 18 Jahre alt waren, darf die Todesstrafe nicht verhängt werden. Das gleiche gilt für Schwangere, Mütter von Neugeborenen und Menschen mit schwerwiegenden geistigen Behinderungen.
  • Die Schuld muss zweifelsfrei und auf Grundlage klarer Beweise nachgewiesen sein. Das Urteil muss von einem zuständigen Gericht in einem fairen Verfahren unter ausreichender rechtlicher Vertretung gefällt worden sein. Die Verurteilten haben das Recht, höhere Instanzen anzurufen und ihr Todesurteil überprüfen zu lassen sowie Gnadengesuche oder Anträge auf Strafumwandlung zu stellen.
  • Der Vollzug eines Todesurteils darf nicht erfolgen, solange das Gerichtsverfahren noch anhängig ist. Zudem muss die Vollstreckung so durchgeführt werden, dass unnötiges Leiden vermieden wird.

1989 entschied die Generalversammlung der Vereinten Nationen über ein weiteres fakultatives Protokoll zum Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte, das die vollständige Abschaffung der Todesstrafe vorsieht und lediglich die Todesstrafe als Ausnahme für schwerste militärische Verbrechen in Kriegszeiten erlaubt.

Das Bild zeigt eine große Konferenzhalle

Ein historischer Moment: Am 17. Dezember 2007 hat die Generalversammlung der Vereinten Nationen eine Resolution verabschiedet, die ein weltweites Moratorium für Hinrichtungen fordert.

Verbot der Todesstrafe in der Kinderrechtskonvention

Gemäß der Kinderrechtskonvention von 1989 ist die Todesstrafe für Straftaten, die Personen vor ihrem 18. Lebensjahr begangen hatten, ausgeschlossen. Dieses Abkommen wurde von 196 Staaten ratifiziert (Stand März 2024) – die USA und Somalia haben jedoch noch nicht unterzeichnet. Im März 2005 erklärte das US-amerikanische Oberste Gericht die Todesstrafe für Jugendliche als verfassungswidrig.

Die Europäische Menschenrechtskonvention

Die Abschaffung der Todesstrafe in der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) erfolgte schrittweise. Ursprünglich enthielt Artikel 2 der EMRK noch eine Ausnahme für die Todesstrafe. Der erste bedeutende Schritt war das Protokoll Nr. 6 von 1983, das die Todesstrafe in Friedenszeiten abschaffte. Artikel 1 dieses Protokolls besagt: "Die Todesstrafe ist abgeschafft. Niemand darf zu dieser Strafe verurteilt oder hingerichtet werden."

Allerdings erlaubte Artikel 2 des Protokolls Nr. 6 noch die Todesstrafe für Taten in Kriegszeiten oder bei unmittelbarer Kriegsgefahr. Der entscheidende Schritt zur vollständigen Abschaffung erfolgte mit dem Protokoll Nr. 13 im Jahr 2002. Dieses Protokoll schaffte die Todesstrafe unter allen Umständen ab, auch in Kriegszeiten.

Artikel 1 des Protokolls Nr. 13 wiederholt die Formulierung aus Protokoll Nr. 6, aber ohne Ausnahmen. Mit dem Inkrafttreten des Protokolls Nr. 13 hat der Europarat damit den letzten Schritt zur vollständigen Abschaffung der Todesstrafe getan und so den Schutz des in Artikel 2 Abs. 1 Satz 1 der EMRK garantierten Rechts auf Leben gestärkt. Die meisten Mitgliedstaaten des Europarats haben das Protokoll Nr. 13 ratifiziert, was die starke europäische Haltung gegen die Todesstrafe unterstreicht.

Deutschland hat sich durch das 2. Fakultativprotokoll zum Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte sowie durch die Protokolle zur EMRK Nr. 6 und Nr. 13 jeweils zur Abschaffung der Todesstrafe insoweit völkerrechtlich verpflichtet.

Auch anderen Staaten der Europäischen Union und die EU selbst haben sich für die Abschaffung der Todesstrafe eingesetzt. Das Europäische Parlament bezeichnete die Todesstrafe als unmenschliche und archaische Strafe, die einer modernen Gesellschaft unwürdig sei.

Das Foto zeigt eine Person auf einem Bürgersteig mit schwarzem Umhang. Sie trägt eine Maske und hält eine Sense in den Händen. Hinter ihr gegen mehrere Personen, die ein Amnesty-Banner vor sich hertragen.

Protestaktion der Schweizer Amnesty-Sektion in Bern gegen Hinrichtungen von Minderjährigen im Iran im Mai 2009

Auch Auslieferungsverträge können die Todesstrafe verhindern

Auch Internationale Auslieferungsabkommen können drohenden Hinrichtungen zuvorkommen. Diese Abkommen beinhalten oft Bestimmungen, die eine Auslieferung verweigern, sollten die Grundsätze der EMRK nicht eingehalten werden. Das europäische Auslieferungsübereinkommen von 1957 sieht vor, dass die Auslieferung verweigert werden kann oder Zusicherungen für den Verzicht auf die Vollstreckung der Todesstrafe gefordert werden können. 

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