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Todesstrafe im Iran: Bereits mehr als 1.000 Menschen im Jahr 2025 hingerichtet
Protest in der italienischen Hauptstadt Rom gegen die Todesstrafe im Iran. Das linke Plakat zeigt den 22-jährigen Majidreza Rahnavard, der am 12. Dezember 2022 im Iran hingerichtet wurde.
© IMAGO / Stefano Montesi
Die Behörden der Islamischen Republik Iran haben im Jahr 2025 bisher mehr als 1.000 Menschen hingerichtet. Laut Recherchen von Amnesty International ist dies die höchste dokumentierte Zahl seit mindestens 15 Jahren. Die iranischen Behörden müssen sofort ein Hinrichtungsmoratorium verhängen. Andere Staaten sind aufgefordert, Druck auf die iranische Regierung auszuüben, alle geplanten Hinrichtungen zu stoppen.
"Zusammenarbeit mit feindlichen Regierungen", "bewaffnete Rebellion gegen den Staat" oder "Verdorbenheit auf Erden": So lauten die Anschuldigungen, mit denen die iranischen Behörden hundertfach die Todesstrafe verhängen. Sie treffen vor allem politische Dissident*innen, Angehörige unterdrückter ethnischer Gruppen und der Protestbewegung.
Zu ihnen gehören die kurdische Aktivistin Pakhshan Azizi – die für eine Hilfsorganisation tätig war – und die Dissidentin Verisheh Moradi. Sie sind in großer Gefahr hingerichtet zu werden, nur aufgrund ihrer Arbeit und ihres Einsatzes für die Rechte anderer. Viele andere sind bereits der Todesstrafe zum Opfer gefallen.
Wie viele Menschen wurden im Iran im Jahr 2025 hingerichtet?Aktuelle Amnesty-Recherchen zeigen: Iranischen Behörden haben von Januar bis September 2025 bereits mehr als 1000 Menschen hingerichtet. Damit wurden in weniger als neun Monaten bereits mehr Menschen exekutiert als im gesamten Jahr 2024. Im vergangenen Jahr waren es insgesamt 972 Menschen. |
Seit den Protesten unter dem Motto "Frau, Leben, Freiheit" im Jahr 2022 wenden die iranischen Behörden die Todesstrafe verstärkt an, um staatliche Repression durchzusetzen und kritische Stimmen zum Schweigen zu bringen. Auch nimmt derzeit die Zahl der Hinrichtungen wegen Drogendelikten stetig zu.
Seit Israel den Iran im Juni 2025 militärisch angegriffen hat und die Kampfhandlungen zwischen den beiden Ländern eskaliert sind, werden im Iran unter dem Deckmantel der "nationalen Sicherheit" vermehrt Todesurteile vollstreckt.
"Die Zahl der Hinrichtungen im Iran hat ein entsetzliches Ausmaß angenommen. Die iranischen Behörden wenden die Todesstrafe systematisch an, um Menschen zu unterdrücken und jeglichen Dissens auszumerzen. Dies ist ein erschreckender Angriff auf das Recht auf Leben", so Heba Morayef, Direktorin für die Region Naher Osten und Nordafrika bei Amnesty International.
"Die Todesstrafe ist unter allen Umständen verabscheuenswert, doch ihre massenhafte Anwendung nach routinemäßig grob unfairen Gerichtsverfahren verstärkt das Unrecht noch um ein Vielfaches. Unter anderem werden politisch Andersdenkende, Angehörige von unterdrückten ethnischen Minderheiten, Demonstrierende sowie Menschen, denen Drogendelikte vorgeworfen werden, völlig straffrei ins Visier genommen und willkürlich zum Tode verurteilt."
Solidaritätsaktion für die Protestierenden im Iran vor dem Berliner Reichstag im November 2022.
© Amnesty International / Foto: Stéphane Lelarge
Was fordert Amnesty International?
- Die internationale Gemeinschaft muss Maßnahmen ergreifen und Druck auf die iranischen Behörden ausüben, um alle geplanten Hinrichtungen sofort zu stoppen.
- Alle Todesurteile müssen aufgehoben und ein offizielles Moratorium für alle Hinrichtungen verhängt werden. Das Ziel muss sein, die Todesstrafe vollständig abzuschaffen.
- Angesichts der systematischen Straflosigkeit für diese willkürlichen Hinrichtungen müssen Staaten weltweit wirkungsvolle Mittel finden, um iranische Staatsbedienstete zur Rechenschaft zu ziehen.
- Unter anderem müssen sie im Rahmen des Weltrechtsprinzips gegen Staatsbedienstete vorgehen, gegen die der begründete Verdacht strafrechtlicher Verantwortung für völkerrechtliche Verbrechen und andere schwere Menschenrechtsverletzungen besteht.
Die Gefahr der willkürlichen Hinrichtung besteht besonders für Personen, die wegen Drogendelikten oder übermäßig breit und vage definierten Anklagen wie "Feindschaft zu Gott" (moharebeh), "Verdorbenheit auf Erden (ifsad fil-arz) oder "bewaffneter Rebellion gegen den Staat" (baghi) nach unfairen Gerichtsverfahren vor Revolutionsgerichten zum Tode verurteilt wurden.
Unfaire Verfahren, harte Strafen
Recherchen von Amnesty International haben gezeigt, dass die für Belange der nationalen Sicherheit und für Drogendelikte zuständigen Revolutionsgerichte nicht unabhängig sind. Sie verhängen nach Verfahren, die bei Weitem nicht den internationalen Standards entsprechen, harte Strafen.
Den Angeklagten werden systematisch ihre Verfahrensrechte vorenthalten. Am 17. September 2025 exekutierten die iranischen Behörden willkürlich Babak Shahbazi, der im Mai nach einem unfairen Verfahren vor einem Revolutionsgericht zum Tode verurteilt worden war. Die von ihm erhobenen Folter- und Misshandlungsvorwürfe wurden von den Behörden nie untersucht.
Von der Anwendung der Todesstrafe besonders stark betroffen sind marginalisierte Gruppen, insbesondere Angehörige der afghanischen, belutschischen und kurdischen Gemeinschaften.
Die Zahl der hingerichteten Afghan*innen im Iran hat sich mehr als verdreifacht
Die Zahl der hingerichteten Afghan*innen hat sich mehr als verdreifacht: von 25 im Jahr 2023 auf 80 im Jahr 2024. Dieser alarmierende Trend geht mit zunehmend rassistischen Äußerungen seitens iranischer Funktionäre einher, die sich auch im Jahr 2025 fortgesetzt haben. Zudem wurden so viele Afghan*innen wie noch nie in Massenabschiebungen aus dem Iran nach Afghanistan abgeschoben – auch Menschen, die im Iran geboren sind beziehungsweise bereits seit Jahrzehnten dort lebten.
Seit 2021 steigt die Zahl der Hinrichtungen für Drogendelikte stetig an, obwohl das Völkerrecht und internationale Standards die Anwendung der Todesstrafe auf Drogendelikte streng verbieten.
Konflikt zwischen Israel und Iran führt zu mehr Hinrichtungen
Seit der Eskalation der Kampfhandlungen zwischen Israel und dem Iran im Juni 2025 hat sich die Situation nochmals verschärft: Hochrangige Regierungsvertreter – darunter der Oberste Justizvorsitzende Gholamhossein Mohseni Eje’i – haben dazu aufgerufen, Personen, denen die "Unterstützung" oder "Zusammenarbeit" mit feindlichen Staaten wie Israel vorgeworfen wird, beschleunigt vor Gericht zu stellen und hinzurichten.
In diesem Kontext hat das iranische Parlament Gesetze verabschiedet, die im Fall einer Bestätigung durch den Wächterrat die Anwendung der Todesstrafe noch stärker ausweiten würden. Es könnten dann Todesurteile für vage formulierte Anklagen wie "Zusammenarbeit mit feindlichen Regierungen" und "Spionage" verhängt werden.
Amnesty hat das Schicksal vieler Menschen dokumentiert, denen im Iran die Hinrichtung droht
Seit dem 13. Juni 2025 sind mindestens zehn Männer wegen politisch motivierter Vorwürfe hingerichtet worden; mindestens acht von ihnen wurden der Spionage für Israel beschuldigt. Amnesty International hat das Schicksal vieler weiterer Menschen dokumentiert, denen wegen ähnlicher politisch motivierter Anschuldigungen die Hinrichtung droht. Unter ihnen befinden sich der schwedisch-iranische Wissenschaftler Ahmadreza Djalali und die Menschenrechtlerin Sharifeh Mohammadi, deren Schuldspruch und Todesurteil im August 2025 von der Abteilung 39 des Obersten Gerichtshofs bestätigt wurde.
Amnesty International wendet sich in allen Fällen, weltweit und ausnahmslos gegen die Todesstrafe, da sie das in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte festgeschriebene Recht auf Leben verletzt und die grausamste, unmenschlichste und erniedrigendste aller Strafen darstellt.

