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Deutschland: Das "Bundesaufnahmeprogramm Afghanistan" darf nicht eingestellt werden
Afghanische Frauen demonstrieren in Kabul gegen die Einschränkung ihrer Rechte durch die Taliban (13. August 2024).
© IMAGO / ABACAPRESS
Die deutsche Bundesregierung will nach Angaben des Bundesinnenministeriums die Finanzierung des Bundesaufnahmeprogramms Afghanistan (BAP) ab 2025 einstellen, obwohl die Taliban auch drei Jahre nach ihrer Machtübernahme Menschenrechtsverletzungen und Völkerrechtsverbrechen insbesondere an Frauen und Mädchen begehen. Gleichzeitig werden die Menschen im Land allein gelassen – das bestätigt eine breit angelegte Befragung von Amnesty International.
Amnesty International hat anlässlich des dritten Jahrestags der gewaltsamen Machtübernahme durch die Taliban mit mehr als 150 Akteur*innen in Afghanistan sowie im Exil gesprochen – darunter afghanische Menschenrechtsverteidiger*innen, Akademiker*innen, Demonstrant*innen und Journalist*innen. Die breit angelegte Befragung dokumentiert die Frustration und Enttäuschung der Afghan*innen über die unzureichende Reaktion der internationalen Gemeinschaft.
Amnesty-Video auf YouTube:
Theresa Bergmann, Asien-Expertin bei Amnesty International in Deutschland, sagt: "Das Bundesaufnahmeprogramm für Afghanistan war eigentlich ein Hoffnungsschimmer. Wenn es nach Innenministerin Nancy Faeser geht, soll das Programm ab nächstem Jahr nicht weiter finanziert werden. Das ist beschämend. Die Bundesregierung bricht so nicht nur den Koalitionsvertrag, in dem das Programm verbrieft ist, sondern ebenso ihr eigens geäußertes Versprechen gegenüber afghanischen Menschenrechtsaktivist*innen, Journalist*innen und Anwält*innen, die von den Taliban bedroht sind.
Tausenden hat die Bundesregierung mit der Ankündigung des Programmes Hoffnung auf eine sichere Ausreise nach Deutschland gemacht – nicht zuletzt alleinstehenden Frauen, die unter den Taliban besonderen Gefahren ausgesetzt sind und die Außenministerin Annalena Baerbock im Sinne einer feministischen Außenpolitik besonders priorisieren wollte. Erst 581 Menschen sind über das Programm nach Deutschland gekommen – zugesagt hatte die Bundesregierung bis heute die Aufnahme von 22.000 Personen. Das Mindeste, was die Ministerinnen Faeser und Baerbock machen können, ist das Fortlaufen des Programms finanziell zu sichern."
Frauen in Afghanistan haben das Gefühl "niemand" zu sein
Mehr als zwanzig afghanische Menschenrechtsverteidigerinnen berichteten Amnesty International, dass sie in jedem Aspekt ihres Lebens ihre Handlungsfähigkeit verloren haben. Die Frauen, mit denen wir gesprochen haben, waren früher in verschiedenen Bereichen wie Justiz, Politik, Journalismus, Bildung und Sport tätig. Nach drei Jahren unter der Herrschaft der Taliban haben sie alle das Gefühl, "niemand" mehr zu sein. Sie haben kaum Möglichkeiten der Beschäftigung und können kaum einen wirtschaftlichen oder kulturellen Beitrag leisten. Es sind Menschen wie sie, denen über das BAP eine humanitäre Aufnahme in Deutschland ermöglicht werden sollte.
Die Befragten berichteten auch über die Wiedereinführung von Körperstrafen in Afghanistan, darunter öffentliche Auspeitschungen, öffentliche Hinrichtungen, Zwangsamputationen von Gliedmaßen, Steinigung und andere Formen von Misshandlung und Folter, die alle gegen internationales Recht verstoßen.
Viele Menschen sind gezwungen, das Land zu verlassen
In Afghanistan verschwindet die Zivilgesellschaft. Die Taliban betrachten Menschenrechtsverteidiger*innen, darunter demonstrierende Frauen, Journalist*innen oder politische Aktivist*innen als Feinde. Wer protestiert, fällt dem Verschwindenlassen zum Opfer, wird willkürlich festgenommen, inhaftiert, gefoltert oder in anderer Weise misshandelt. Seit dem Machtwechsel sind viele Menschen gezwungen, aus Angst vor Repressalien das Land zu verlassen. Hunderte von ihnen sitzen nach wie vor im Iran, in Pakistan und in der Türkei fest. Dort sind sie mit rechtlichen und finanziellen Problemen konfrontiert und ihnen droht die Abschiebung nach Afghanistan.
Die Befragungen wurden mit Personen in 21 Provinzen Afghanistans und mit Afghan*innen im Exil in zehn Ländern durchgeführt, darunter die USA, Großbritannien, Deutschland, Frankreich, Belgien, Spanien, die Schweiz, Italien, Kanada und Pakistan.