Aktuell Afghanistan 24. November 2022

Afghanistan: Taliban wenden wieder brutale Körperstrafen an

Das Bild zeigt viele Männer mit Waffen in der Hand

Taliban-Parade am 15. August 2022 in der afghanischen Hauptstadt Kabul anlässlich des Jahrestages der Machtergreifung

Am 23. November 2022 wurden in der afghanischen Provinz Logar drei Frauen und elf Männer öffentlich mit Peitschenhieben bestraft. Zuvor hatte ein Gericht der Taliban sie des Diebstahls und verschiedener "sittenwidriger Verbrechen" für schuldig befunden.

Am 14. November 2022 ordnete der Religionsführer der Taliban an, dass die Scharia in Afghanistan obligatorisch und in vollem Umfang umzusetzen sei. Seither haben die Taliban in verschiedenen Provinzen Afghanistans mehrere öffentliche Auspeitschungen vorgenommen. Betroffen waren Frauen und Männer, denen "Ehebruch", Diebstahl, gleichgeschlechtliche sexuelle Handlungen oder Entführung vorgeworfen wurden.

Als Reaktion darauf sagte Samira Hamidi, Expertin für Südasien bei Amnesty International: "Die öffentliche Auspeitschung von Frauen und Männern ist eine grausame und schockierende Rückkehr der Taliban zu ihrem kompromisslosen harten Vorgehen. Diese Art der Bestrafung verstößt gegen das absolute Verbot von Folter und anderen Misshandlungen unter dem Völkerrecht und darf unter keinen Umständen angewandt werden."

Die Taliban setzen sich weiterhin über Kritik hinweg und verstoßen gegen grundlegende Menschenrechtsprinzipien. "Damit scheinen sie auf alarmierende Weise zu den brutalen Praktiken von vor dreißig Jahren zurückzukehren", so Samira Hamidi. "Diese grausamen Strafen sind ein weiterer Schritt hin zur Legalisierung unmenschlicher Praktiken durch das Justizsystem der Taliban und machen die Geringschätzung der De-facto-Behörden gegenüber internationalen Menschenrechtsnormen deutlich."

Öffentliche Auspeitschung und alle anderen Formen der Körperstrafe sind kriminelle Praktiken, die umgehend und bedingungslos eingestellt werden müssen. Stattdessen ist ein formaler Justizmechanismus mit fairen Gerichtsverfahren und Zugang zu Rechtsmitteln einzurichten.

"Die internationale Gemeinschaft muss umgehend größere Anstrengungen unternehmen, um die De-facto-Behörden in Afghanistan dazu zu bewegen, alle grausamen, unmenschlichen und erniedrigenden Formen der Bestrafung abzuschaffen", sagt Hamidi weiter.

Tweet von Amnesty International:

Twitter freischalten

Wir respektieren deine Privatsphäre und stellen deshalb ohne dein Einverständnis keine Verbindung zu Twitter her. Hier kannst du deine Einstellungen verwalten, um eine Verbindung zu den Social-Media-Kanälen herzustellen.
Datenschutzeinstellungen verwalten

Hintergrund

Die Auslegung der islamischen Gesetze der Scharia durch die Taliban sieht auch öffentliche Hinrichtungen, Zwangsamputationen und Steinigungen vor – gängige Praktiken unter der ersten Herrschaft der Taliban, die 2001 endete. Die erneute Machtergreifung der Taliban im August 2021 war mit dem Versprechen einhergegangen, gemäßigter zu regieren und unter anderem die Frauenrechte zu achten. 

Allerdings dokumentiert Amnesty International seit der Machtergreifung der Taliban eine zunehmende Anzahl an Menschenrechtsverletzungen. Hierzu zählen außergerichtliche Hinrichtungen, willkürliche Festnahmen, Folter, Verschwindenlassen, Unterdrückung von Frauen und Mädchen sowie die Zensur der Medien und andere Einschränkungen der Meinungsfreiheit.

Weitere Artikel