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China: UN muss Menschenrechtsverletzungen in Xinjiang stoppen
Amnesty-Aktion in Paris am 8. August 2021 für das sofortige Ende der Verfolgung von muslimischen Minderheiten in der chinesischen Region Xinjiang
© Benjamin Girette
In der Region Xinjiang in China werden Angehörige muslimischer Minderheiten zu Tausenden verfolgt, inhaftiert und gefoltert. Eine Amnesty-Petition zur Freilassung von Hunderttausenden Muslim_innen in China wurde von 323.832 Menschen aus 148 Ländern und Regionen unterzeichnet. Sie fordern, dass die systematische Verfolgung von muslimischen Minderheiten in China sofort beendet wird.
Amnesty International hat am 11. Oktober 2021 die UN-Mitgliedstaaten in einem offenen Brief aufgefordert, die anhaltenden schweren Menschenrechtsverletzungen in Chinas Uigurischen Autonomen Region Xinjiang aufs Schärfste zu verurteilen und den Weg für Gerechtigkeit und Rechenschaftspflicht zu ebnen.
323.832 Menschen aus 148 Ländern und Regionen haben Amnestys Petition zur Freilassung von Hunderttausenden Muslim_innen in China unterschrieben. Angehörige der muslimischen Minderheit werden in Xinjiang zu Tausenden verfolgt, inhaftiert und gefoltert.
"Weltweit haben überwältigend viele Menschen unsere Petition unterzeichnet, um ihre Empörung über die Verbrechen gegen die Menschlichkeit und andere schwere Menschenrechtsverletzungen an Muslim_innen in Xinjiang zum Ausdruck zu bringen", sagte Agnès Callamard, internationale Generalsekretärin von Amnesty International.
"Das zeigt, dass die Menschen auf der ganzen Welt Chinas Bemühungen, kritische Stimmen zum Schweigen zu bringen durchschauen und sehen, dass China auf glaubwürdige Berichte über die Gräueltaten in Xinjiang nur mit noch mehr Gewalt und Repression reagiert. Jede Unterschrift ist eine direkte Aufforderung an China, diese systematische Verfolgung sofort zu beenden. China muss umgehend die Internierungslager schließen und alle willkürlich inhaftierten Menschen freilassen – auch diejenigen, die in Gefängnissen inhaftiert sind. Die systematischen Angriffe gegen vornehmlich muslimische ethnische Minderheiten in Xinjiang müssen aufhören."
Amnesty-Protest für ein Ende der Repression gegenüber muslimischen Minderheiten in der chinesischen Region Xinjiang und Übergabe der Petition vor der chinesischen Botschaft in London am 7. August 2021
© Amnesty International
Übergabe von Petitionen an chinesische Botschaften
Amnesty International Unterstützer_innen aus zehn Städten weltweit haben in den vergangenen Tagen öffentliche Veranstaltungen organisiert, um ihre Petitionen zur Freilassung der Inhaftierten in Xinjiang an die chinesischen Botschaften zu übergeben.
Am 7. Oktober versammelten sich Aktivist_innen vor der chinesischen Botschaft in London, um ihre Petition zu übergeben. Dabei trugen sie die charakteristischen blauen Uniformen, die die Häftlinge in den Internierungslagern tragen müssen. Ähnliche Veranstaltungen sind vor den chinesischen Botschaften der folgenden Städte geplant: Dakar, Senegal; Helsinki, Finnland; Lima, Peru; Lissabon, Portugal; Madrid, Spanien; Paris, Frankreich; Den Haag, Niederlande; und Washington DC, USA. Amnesty International Indonesien veranstaltete ein Online-Seminar und führte eine digitale Aktion durch, bei der sich Aktivist_innen in blaue Uniformen kleideten und Selfies machten.
Die weltweite Petition ist Teil einer aktuellen Kampagne von Amnesty International, die im Juni 2021 gestartet wurde, um die willkürlichen Inhaftierungen und andere schwere Menschenrechtsverletzungen zu stoppen, von denen überwiegend muslimische ethnische Gruppen in Xinjiang betroffen sind.
Die Kampagne greift mehr als 60 Einzelfälle von Menschen auf, die in Internierungslagern oder sogenannten "Einrichtungen für Transformation durch Erziehung" gefangen sind oder zu jahrelangen Gefängnisstrafen verurteilt wurden. Diese Fälle sind nur ein Bruchteil der Hunderttausenden, womöglich sogar bis zu mehr als einer Million Menschen, die die chinesischen Behörden unter dem Vorwand der "Terrorismusbekämpfung" gefangen halten.
Berichte von Familienangehörigen
Amnesty International hat Dutzende Familienangehörige der willkürlich in Xinjiang Inhaftierten befragt und kürzlich Videos veröffentlicht, um einige ihrer Erfahrungen zu teilen.
Memetelis Schwester Hayrigul Niyaz wurde festgenommen, als sie von ihrem Studium im Ausland zurückkehrte. Amnesty Deutschland setzt sich im Rahmen der 60-Jahre-Amnesty-Kampagne für die Freilassung von Hayrigul Niyaz ein. Memeteli hat keine Informationen über ihren Verbleib in Xinjiang. Er erzählte Amnesty International: "Falls ich sie wiedersehe, werde ich ihr sagen: Es tut mir leid, meine Schwester, dass ich dich nicht vor der Lagerhaft schützen konnte".
Adilas Vater Sadir Ali war 2018 zu 20 Jahren Haft verurteilt worden. Berichten zufolge war der Grund, dass er während des Ramadan fastete. Adila sagte: "Tief in meinem Herzen werde ich niemals glücklich sein, denn mein Vater ist im Gefängnis oder in einem Lager inhaftiert. Wieso tut uns die chinesische Regierung das an?" Sie erzählte, sie habe ihre Heimatstadt seit elf Jahren nicht mehr besuchen können und habe den Kontakt zu ihren Verwandten in Xinjiang verloren.
Abduweli Ayup, ein bekannter uigurischer Aktivist, der jetzt in Norwegen lebt, erzählte Amnesty International von seiner Schwester Sajidugul Ayup und seinem Bruder Erkin Ayup, die in Xinjiang wegen "Anstiftung zum Terrorismus" zu zwölf beziehungsweise 14 Jahren Haft verurteilt wurden. Er sagte: "Bei allem, was ich tue, befürchte ich, dass es für meine Familie gefährlich sein könnte. Niemand kann meine Familienmitglieder beschützen. Ich weiß, dass meine Worte die chinesische Regierung vielleicht sehr wütend machen werden, aber zumindest werde ich sie wissen lassen, dass ich nicht einfach zusehen werde, wie sie meine Schwester foltern. Ich fürchte mich nicht mehr davor, meine Meinung kundzutun".
Rechenschaftspflicht für Menschenrechtsverletzungen in Xinjiang
Uigur_innen, Kasach_innen und andere vornehmlich muslimische ethnische Minderheiten in der Uigurischen Autonomen Region Xinjiang in China werden systematisch und massenhaft verfolgt, inhaftiert und gefoltert. Dieses Vorgehen der chinesischen Regierung stellt ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit dar. Dies geht aus einem Amnesty-Bericht von Juni 2021 hervor.
Die chinesische Regierung hat keinerlei Bereitschaft gezeigt, die Realität in Xinjiang anzuerkennen, den Menschenrechtsverletzungen Einhalt zu gebieten, unparteiische und gründliche Untersuchungen durchzuführen und die mutmaßlichen Verantwortlichen in fairen Verfahren ohne Rückgriff auf die Todesstrafe vor Gericht zu stellen.
Die UN-Gremien und die Mitgliedstaaten reagieren zu langsam auf die Menschenrechtsverletzungen. Vergangene Woche ging eine weitere Sitzung des UN-Menschenrechtsrates zu Ende, ohne dass Maßnahmen gegen das Unrecht in Xinjiang ergriffen wurden.
Amnesty International fordert die UN-Mitgliedstaaten auf, gemeinsam die schweren Menschenrechtsverletzungen Chinas in Xinjiang aufs Schärfste zu verurteilen und einen robusten, unabhängigen, internationalen Untersuchungsmechanismus einzurichten, um die Rechenschaftspflicht sicherzustellen.
Illustration eines Internierungslagers in der Autonomen Uigurischen Region Xinjiang in China: Gefangenen werden von bewaffneten Wachen umringt.
© Molly Crabapple
"Trotz erdrückender Beweise für die schweren Menschenrechtsverletzungen und völkerrechtlichen Verbrechen in den vergangenen vier Jahren sind die Vereinten Nationen und ihre Mitgliedstaaten bis jetzt nicht ihrer Pflicht nachgekommen, Rechenschaft von China einzufordern", sagte Agnès Callamard.
"Die internationalen Gemeinschaft darf nicht mehr so tun, als würde sich die grauenhafte Realität für Muslim_innen in Xinjiang irgendwie von selbst verbessern. Es wurde bereits zu viel Zeit verschwendet. Die UN-Mitgliedstaaten haben jetzt mehr denn je die Pflicht, die Rechte aller Menschen in Xinjiang zu schützen, eine Untersuchung der mutmaßlichen völkerrechtlichen Verbrechen einzuleiten und die Rechenschaftspflicht sicherzustellen."