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Global: Strafverfolgungsbehörden missbrauchen Elektroschockgeräte

Ein Polizist richtet seinen Taser auf den Teilnehmer einer Demonstration gegen Polizeigewalt in der US-Stadt Baltimore (Archivbild).
© Chip Somodevilla/Getty Images
Staaten und Unternehmen produzieren, bewerben und verkaufen Elektroschockgeräte, die für Folter und andere Misshandlungen eingesetzt werden, so Amnesty International in einem neuen Bericht. Die Menschenrechtsorganisation fordert ein weltweites rechtsverbindliches Abkommen, um die unkontrollierte Produktion und den Handel mit Polizeiausrüstung zu regulieren. Auch in Deutschland verkaufen eine Reihe von Unternehmen Elektroschocker für den deutschen oder europäischen Markt. In der Bundesrepublik gibt es seit 2021 mindestens zehn Todesfälle im Zusammenhang mit dem Einsatz von Tasern durch die Polizei.
Der Bericht "I Still Can't Sleep at Night – The Global Abuse of Electric Shock Equipment" dokumentiert, wie Strafverfolgungsbehörden weltweit Elektroschocker und elektrische Schlagstöcke einsetzen und damit schwere Menschenrechtsverletzungen begehen. Amnesty International hat dafür Untersuchungen im Zeitraum 2014 bis 2024 in über 40 Ländern in allen Regionen der Welt durchgeführt. Der Bericht dokumentiert Fälle von Folter und anderen Misshandlungen mit Elektroschockgeräten. So kommen die Waffen auf Demonstrationen zum Einsatz sowie bei der Grenzsicherung, in Auffanglagern für Migrant*innen und Geflüchtete, in psychiatrischen Kliniken, im polizeilichen Streifendienst, auf Polizeistationen und in Gefängnissen.
Elektroschockgeräte für den Direktkontakt, die auf Knopfdruck schmerzhafte Stromschläge abgeben, werden weltweit gegen Demonstrant*innen, Student*innen, politische Gegner*innen und Menschenrechtsverteidiger*innen eingesetzt. Die Verwendung kann zum Tode führen oder schweres Leid verursachen, wie langanhaltende körperliche Behinderungen und psychische Belastungen. Die Betroffenen erleiden Verbrennungen, Taubheitsgefühle, Fehlgeburten, Harnstörungen, Schlaflosigkeit, Erschöpfung oder schwere Traumata.
Der Bericht befasst sich auch mit dem Einsatz von sogenannten Distanzelektroimpulsgeräten (DEIG), allgemein als "Taser" bekannt. Diese werden nach Recherchen von Amnesty International oft missbräuchlich und zu Unrecht eingesetzt.
Mathias John, Rüstungsexperte bei Amnesty International in Deutschland, sagt: "Taser werden gegen Personen eingesetzt, von denen keine Gewalt ausgeht – zum Beispiel, um zu erzwingen, dass sie den Anweisungen der Behörden Folge leisten. Sie werden oft unnötigerweise gegen besonders verletzliche Personen eingesetzt, zum Beispiel gegen Personen mit möglichen somatischen Vorerkrankungen oder psychischen Erkrankungen. Das führt zu schweren Verletzungen und in einigen Fällen sogar zum Tod – auch hier in Deutschland. Zumindest die aufgesetzte Verwendung dieser Waffen – der sogenannte Kontaktmodus – sollte verboten werden."
Gefährdete Gruppen, die von Elektroschockwaffen betroffen sind
Die von Amnesty International gesammelten Zeugenaussagen umfassen minderjährige Betroffene aus der Protestbewegung "Frau, Leben, Freiheit" in Iran sowie Häftlinge aus Subsahara-Afrika in einem Gefängnis in Litauen. Der Bericht deckt Muster des Einsatzes von Elektroschockwaffen gegen rassistisch diskriminierte und marginalisierte Gruppen auf, wie junge Schwarze Männer in den USA.
In Deutschland, wo immer mehr Bundesländer unter anderem durch novellierte Polizeigesetze Rechtsgrundlagen für den Einsatz von Tasern schaffen, wurden seit 2021 mindestens zehn Todesfälle im Zusammenhang mit dem Einsatz von DEIG dokumentiert. Die meisten Fälle betrafen Menschen in psychischen Krisen oder unter Drogeneinfluss, aber auch Personen mit Herz-Kreislauf-Vorerkrankungen.
John sagt: "Die Schwelle für den Einsatz von Tasern muss angesichts des hohen Risikos von Primär- und Sekundärverletzungen sehr hoch angesetzt werden. Sie sollten nur dann eingesetzt werden, wenn Lebensgefahr besteht oder schwere Verletzungen drohen, die nicht durch weniger drastische Maßnahmen abgewehrt werden können."
Dringende Verbote und Handelsbeschränkungen
Zwischen 2018 und 2023 stellten mindestens 197 Unternehmen aus aller Welt Elektroschockgeräte für Strafverfolgungsbehörden her oder bewarben diese – die meisten davon in Ländern wie China, Indien und den USA. Laut dem US-Unternehmen Axon Enterprise, Inc. werden die Modelle der Marke TASER derzeit von über 18'000 Strafverfolgungsbehörden in mehr als 80 Ländern eingesetzt. Auch in Deutschland verkaufen eine Reihe von Unternehmen Elektroschockgeräte – allerdings nur an den deutschen und den europäischen Markt.
John sagt: "Trotz der eindeutigen Menschenrechtsrisiken gibt es keine globalen Vorschriften zur Kontrolle der Herstellung und des Handels von Elektroschockgeräten. Wir brauchen dringend ein globales rechtsverbindliches Abkommen, das Elektroschockgeräte verbietet und den Handel mit Elektroschockgeräten streng kontrolliert. Unternehmen sollten strikte Maßnahmen zur Einhaltung der Menschenrechte und zur Schadensbegrenzung ergreifen. Sie müssen sicherstellen, dass ihre Produkte und Dienstleistungen nicht systematisch für Folter und andere Misshandlungen missbraucht werden. Elektroschockgeräte, die nur im Kontaktmodus verwendet werden können, sollten nicht mehr produziert werden."
Amnesty International setzt sich gemeinsam mit einem globalen zivilgesellschaftlichen Netzwerk von über 80 Organisationen weltweit für die Aushandlung eines Abkommens für einen Handel ohne Folter ein, das weltweite Verbote und Kontrollen für eine Vielzahl von Polizeiausrüstungen, darunter Elektroschockwaffen, einführen würde.