Amnesty Report Israel und besetzte Gebiete 07. April 2021

Israel 2020

Bauruine inmitten von Rauch, Staub und Schutt

Ein Haus im palästinensischen Dorf Sur Baher in Ost-Jerusalem wird am 22. Juli 2019 von den israelischen Behörden mit der Begründung abgerissen, es sei illegal.

Berichtszeitraum: 1. Januar 2020 bis 31. Dezember 2020

Israel setzte die institutionalisierte Diskriminierung von Palästinenser_innen in Israel und in den besetzten palästinensischen Gebieten 2020 fort. Hunderte Palästinenser_innen in Israel und im besetzten Westjordanland einschließlich Ost-Jerusalem wurden durch die Zerstörung ihrer Häuser und andere Zwangsmaßnahmen zu Vertriebenen. Israelische Sicherheitskräfte setzten bei Strafverfolgungsmaßnahmen in Israel und den besetzten Gebieten weiterhin exzessive Gewalt ein. Sie töteten in den besetzten Gebieten mindestens 31 Palästinenser, darunter neun Minderjährige. In vielen Fällen handelte es sich um rechtswidrige Tötungen, da von den Opfern keine unmittelbare Gefahr für Leib und Leben anderer Personen ausging. Israel hielt weiterhin die widerrechtliche Blockade des Gazastreifens aufrecht. Für die Bewohner_innen des Gebiets stellte dies eine Kollektivstrafe dar und verschärfte die humanitäre Krise dort weiter. Die israelischen Behörden schränkten die Bewegungsfreiheit der Palästinenser_innen in den besetzten Gebieten durch Kontrollpunkte und Straßensperren weiterhin ein. Tausende Palästinenser_innen aus den besetzten Gebieten befanden sich in Israel in willkürlicher Haft, Hunderte von ihnen in Verwaltungshaft ohne Anklage oder Gerichtsverfahren. Folter und andere Misshandlungen von Inhaftierten, auch von Minderjährigen, wurden nicht geahndet. Die Behörden gingen mit einer Reihe von Maßnahmen gegen Menschenrechtsverteidiger_innen, Journalist_innen und andere Personen vor, die Israels anhaltende Besetzung des Westjordanlandes, des Gazastreifens und der syrischen Golanhöhen kritisierten. Es gab erneut Berichte über Gewalt gegen Frauen, wobei in Israel lebende Palästinenserinnen besonders betroffen waren. Die Behörden verweigerten Asylsuchenden nach wie vor den Zugang zu einem fairen und zügigen Verfahren, um ihren Flüchtlingsstatus feststellen zu lassen. Militärdienstverweiger_innen aus Gewissensgründen wurden inhaftiert.

 

Hintergrund

Israel hielt im März 2020 Parlamentswahlen ab, die dritten in gut einem Jahr. Im Mai einigten sich die beiden stärksten Parteien im Parlament, der Likud und das Bündnis Blau-Weiß, auf eine Koalition. Die Koalitionsvereinbarung enthielt die Absichtserklärung, ab Juli 2020 weitere Gebiete im besetzten Westjordanland annektieren zu wollen. Zuvor hatte US-Präsident Donald Trump einen "Jahrhundertdeal" angekündigt, der vorsah, die Souveränität Israels formell über das Jordantal und den Großteil der illegalen Siedlungen in anderen Teilen des besetzten Westjordanlands auszudehnen und als Kompensation Gebiete in Israel abzugeben. Israel verschob die Annexionspläne, nachdem es im September mit den Vereinigten Arabischen Emiraten und Bahrain diplomatische Beziehungen aufgenommen hatte. Im Dezember 2020 löste sich das Parlament erneut auf, wodurch eine weitere Wahl innerhalb von drei Monaten erforderlich wurde.

Als Reaktion auf die Corona-Pandemie verhängte Israel im März und im September einen Lockdown, was zu einer Welle von Protesten führte, bei denen der Rücktritt von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu gefordert wurde. Die Maßnahmen gegen das Coronavirus erlaubten dem Sicherheitsdienst (Israel Security Agency – ISA), Überwachungsmöglichkeiten zu nutzen, die normalerweise nur bei Palästinenser_innen zur Anwendung kommen, um Infektionen aufzuspüren. Im Mai 2020 begann ein Prozess gegen Ministerpräsident Netanjahu wegen Korruptionsvorwürfen.

Nachdem israelische Sicherheitskräfte im Februar 2020 ein Mitglied der bewaffneten palästinensischen Gruppe Islamischer Dschihad getötet hatten, feuerte die Gruppe rund 80 Raketen und Mörsergranaten aus dem Gazastreifen auf Israel ab und verletzte dabei mehr als 20 Menschen leicht (vgl. Palästina-Kapitel: mindestens 27 Israelis). Die israelische Armee flog mehrere Luftangriffe auf den Gazastreifen, bei denen nach Angaben des palästinensischen Gesundheitsministeriums im Gazastreifen zwölf Palästinenser verletzt wurden.

Im August und September 2020 startete Israel Artillerie- und Luftangriffe auf Ziele im Gazastreifen als Vergeltung für mit Brandsätzen ausgestattete Drachen und Ballons, die aus dem Gazastreifen nach Israel geflogen waren. Bewaffnete palästinensische Gruppen feuerten daraufhin wahllos Raketen auf Israel ab.

Im August griff die israelische Armee Stellungen der Hisbollah im Libanon aus der Luft an, nachdem israelischen Angaben zufolge von libanesischer Seite Schüsse nach Israel abgefeuert worden waren. Israel flog außerdem mehrere Luftangriffe auf iranische Kräfte und Stellungen der Hisbollah in Syrien.

Im Juli 2020 entschied ein Bezirksgericht, dass der Überwachungssoftware-Anbieter NSO Group seine Exportlizenz behält. Es wies eine Klage ab, mit der das Verteidigungsministerium gezwungen werden sollte, diese Lizenz zu entziehen. Das Urteil war ein herber Schlag für die Opfer von rechtswidriger und gezielter Überwachung weltweit.

Recht auf Wohnen – Zwangsräumungen und Zerstörung von Wohnraum

Nach Angaben des UN-Büros für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (UNOCHA) ließ Israel 2020 im besetzten Westjordanland einschließlich Ost-Jerusalem 848 palästinensische Wohnhäuser und andere Gebäude abreißen und machte damit 996 Menschen zu Binnenvertriebenen. Die israelischen Behörden erklärten, viele der zerstörten Gebäude seien ohne israelische Genehmigung errichtet worden oder würden sich in militärischen Sperrgebieten befinden. Baugenehmigungen wurden Palästinenser_innen jedoch faktisch nicht erteilt. Das Besatzungsrecht verbietet die Zerstörung von Wohnraum, es sei denn, sie ist im Zuge militärischer Aktionen absolut unumgänglich.

In anderen Fällen konfiszierte Israel Wohnhäuser und andere Gebäude, darunter solche, die humanitären Zwecken dienten und mit Spenden finanziert worden waren. Die israelische Menschenrechtsorganisation B'Tselem berichtete, dass israelische Sicherheitskräfte mindestens sechs palästinensische Wohnhäuser als Strafmaßnahme abrissen, wodurch 22 Menschen obdachlos wurden, unter ihnen sieben Minderjährige. Der Abriss von Gebäuden als Strafmaßnahme stellt eine Kollektivstrafe dar und ist laut Völkerrecht verboten.

Am 5. März zerstörten israelische Sicherheitskräfte die Häuser von Walid Hanatsheh in Ramallah und Yazan Mughamis in Birzeit und vertrieben damit sechs Palästinenser_innen, nachdem ein israelisches Gericht einen Einspruch der Familien gegen den Abriss als Strafmaßnahme abgelehnt hatte. Am 11. März wurde das Haus von Qassam Barghouti im Dorf Kobar bei Ramallah als Strafmaßnahme abgerissen. Die drei Männer sitzen in Israel im Gefängnis, weil sie an einem Anschlag im August 2019 beteiligt gewesen sein sollen, bei dem in der Nähe von Ramallah im besetzten Westjordanland eine israelische Zivilperson getötet und zwei weitere verletzt worden waren.

In Ost-Jerusalem wurden Palästinenser_innen von israelischen Siedlerorganisationen mit Unterstützung israelischer Behörden rechtswidrig aus ihren Häusern vertrieben.

UNOCHA schätzte im Dezember, dass rund 200 palästinensischen Haushalten im besetzten Westjordanland einschließlich Ost-Jerusalem die Räumung drohte, was die Vertreibung von etwa 800 Erwachsenen und Kindern bedeuten würde.

Nach Angaben der israelischen Nichtregierungsorganisation Negev Coexistence Forum rissen die israelischen Behörden mindestens 29 Wohnhäuser und andere Gebäude von Beduinen ab, die in "nichtanerkannten" Dörfern in der Wüste Negev/Naqab lebten.

Diskriminierung

Israel diskriminierte 2020 weiterhin seine palästinensischen Bürger_innen, was Planung, Investitionen, polizeiliche Maßnahmen und politische Mitwirkung anging. Nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Adalah – The Legal Center for Arab Minority Rights in Israel gab es 2020 weiterhin mehr als 65 Gesetze, die Palästinenser_innen diskriminieren.

Palästinensische Gemeinderäte in Israel traten in den Streik, um dagegen zu protestieren, dass sie bei der Vergabe öffentlicher Mittel benachteiligt wurden. Palästinenser_innen stellten mehr als 20 % der israelischen Gesamtbevölkerung und lebten mehrheitlich in etwa 139 Städten und Dörfern. Ihr Anteil am staatlichen Budget für Gemeinderäte betrug jedoch lediglich 1,7 %.

Im August wandten sich Adalah und das Arabische Zentrum für alternative Planung im Namen von zehn palästinensischen Gemeinderäten und zahlreichen weiteren palästinensischen Bürger_innen Israels wegen der diskriminierenden Regierungspolitik an den Obersten Gerichtshof des Landes. Sie machten geltend, dass arabische Gemeinden weniger finanzielle Unterstützung für Wohnraum, Baumaßnahmen und Entwicklung der Infrastruktur erhielten als benachbarte jüdische Gemeinden. Diese seien wohlhabender, weil sie von staatlichen Zuwendungen profitierten.

Israel verweigerte Palästinenser_innen aus dem Westjordanland und dem Gazastreifen, die mit palästinensischen Bürger_innen Israels verheiratet waren, weiterhin das Recht auf Staatsbürgerschaft. Grundlage war das diskriminierende Gesetz über die Einreise nach Israel.

Im Dezember 2020 lehnte es das Amtsgericht in Krayot in der Nähe von Haifa ab, palästinensischen Schüler_innen in Karmiel den Zugang zu Bildung zu erleichtern. Unter Berufung auf das diskriminierende Nationalstaatsgesetz untersagte es sowohl die Einrichtung einer arabischen Schule vor Ort als auch die Finanzierung eines Schulbusses, der palästinensische Kinder und Jugendliche in arabische Schulen in der Umgebung hätte bringen können, weil diese Maßnahmen den "jüdischen Charakter" der Stadt untergraben würden.

Ebenfalls im Dezember begann das israelische Gesundheitsministerium damit, Impfstoffe gegen das Coronavirus zu verteilen. Die ungefähr 5 Mio. Palästinenser_innen, die unter israelischer Militärbesatzung im Westjordanland und im Gazastreifen lebten, gingen jedoch leer aus.

Rechtswidrige Tötungen und exzessive Gewaltanwendung

Die israelische Armee und Polizei wendeten bei Durchsuchungen, Festnahmen und anderen Strafverfolgungsmaßnahmen sowie bei Demonstrationen unnötige und exzessive Gewalt an.

Nach Angaben von UNOCHA töteten die Sicherheitskräfte im Gazastreifen und im Westjordanland 2020 mindestens 31 Palästinenser, darunter neun Minderjährige. Viele von ihnen wurden rechtswidrig mit scharfer Munition oder durch andere übermäßige Gewaltanwendung getötet, obwohl von ihnen keine unmittelbare Gefahr für Leib und Leben anderer Personen ausging. Einige dieser rechtswidrigen Tötungen schienen vorsätzlich verübt worden zu sein, was einem Kriegsverbrechen gleichkäme.

In Kufr Qadum gingen die israelischen Sicherheitskräfte regelmäßig mit unverhältnismäßiger Gewalt gegen Demonstrierende vor, die ihre wöchentlichen Proteste gegen die jüdischen Siedlungen und den Siedlungsausbau fortsetzten. Nach Angaben von UNOCHA wurden im Laufe des Jahres 214 Demonstrierende und unbeteiligte Passant_innen verletzt.

Am 15. Februar 2020 schossen israelische Sicherheitskräfte dem neunjährigen Malek Issa im Ost-Jerusalemer Stadtteil Issawiya ins Auge, als er auf dem Heimweg von der Schule war. UNOCHA zufolge gab es zu diesem Zeitpunkt keine Zusammenstöße. Die Behörden hielten die gewaltsamen und intensiven Polizeieinsätze in Issawiya als eine Art Kollektivstrafe aufrecht.

Im Gazastreifen eröffneten israelische Sicherheitskräfte häufig das Feuer auf Fischer und Bauern. Nach Angaben des Al Mezan Center for Human Rights wurden 2020 zwölf Fischer und fünf Bauern verletzt. 

Recht auf Bewegungsfreiheit

Israel hielt die seit 13 Jahren andauernde rechtswidrige Luft-, Land- und Seeblockade des Gazastreifens 2020 weiter aufrecht. Die Ein- und Ausreise von Personen sowie die Ein- und Ausfuhr von Waren unterlagen starken Beschränkungen, was sich verheerend auf die Menschenrechte der rund 2 Mio. Einwohner_innen des Gazastreifens auswirkte. Weil die israelischen Behörden wiederholt die Einfuhr von Baumaterialien und Kraftstoff in das Gebiet stoppten, musste das einzige Kraftwerk im Gazastreifen abgeschaltet werden. Die Stromversorgung, die bereits zuvor nur etwa vier Stunden pro Tag zur Verfügung gestanden hatte, reduzierte sich dadurch noch stärker. Israel setzte eine vollständige Schließung des Seewegs durch und beschränkte die Wareneinfuhr mehrfach auf Lebensmittel und Medikamente. Die Maßnahmen kamen einer Kollektivstrafe gleich, just zu einem Zeitpunkt, als die Corona-Infektionen im Gazastreifen zunahmen.

Nach bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen der israelischen Armee und bewaffneten palästinensischen Gruppen entzog Israel am 2. Februar 500 Händler_innen aus dem Gazastreifen die Erlaubnis, aus geschäftlichen Gründen nach Israel und ins Westjordanland zu reisen. Die Genehmigungen wurden am 18. Februar wieder erteilt.

Am 18. Juni starb das herzkranke Baby Omar Yaghi im Gazastreifen, nachdem die israelischen Behörden der Familie nicht erlaubt hatten, für eine geplante Operation am 24. Mai im Sheba Medical Center in Ramat Gan nach Israel einzureisen.

Im Westjordanland schränkten mindestens 593 israelische Kontrollpunkte und Straßensperren die Bewegungsfreiheit der Palästinenser_innen weiterhin massiv ein. Auch die Ausübung ihrer Rechte auf Gesundheit, Bildung und Arbeit wurde dadurch behindert. Wer einen palästinensischen Ausweis besaß, durfte weiterhin keine Straßen nutzen, die für israelische Siedler gebaut worden waren.

Die israelischen Maßnahmen zur Einschränkung der Bewegungsfreiheit der Palästinenser_innen verhinderten auch deren Zugang zur Gesundheitsversorgung, was für gefährdete Bevölkerungsgruppen während der Corona-Pandemie ein zusätzliches Risiko bedeutete. So hatten zum Beispiel palästinensische Bewohner_innen des Ost-Jerusalemer Stadtteils Kufr Aqab und des Flüchtlingslagers Shu'fat während der Pandemie kaum Zugang zu Krankenhäusern und Spezialkliniken, weil sie durch militärische Anlagen wie Checkpoints und den Zaun, bzw. die Mauer vom Rest der Stadt getrennt waren. 

Willkürliche Inhaftierungen

Die israelischen Behörden nahmen 2020 im gesamten Westjordanland Hunderte Razzien vor, um Palästinenser_innen – meist nachts zu Hause – festzunehmen. Sie wurden in israelischen Gefängnissen inhaftiert, zusammen mit Tausenden anderen Palästinenser_innen aus den besetzten Gebieten, die in den vergangenen Jahren festgenommen worden waren. Dieses Vorgehen verstieß gegen das humanitäre Völkerrecht, das die Verlegung von Inhaftierten in das Staatsgebiet der Besatzungsmacht verbietet.

Die israelischen Behörden nutzten Verwaltungshaftanordnungen, die beliebig oft verlängert werden konnten, um Palästinenser_innen ohne Anklage oder Gerichtsverfahren in Haft zu halten. Nach Angaben der israelischen Justizvollzugsbehörde saßen im Dezember 2020 etwa 4.300 Palästinenser_innen aus den besetzten Gebieten in israelischen Gefängnissen, 397 von ihnen in Verwaltungshaft. Viele Familien palästinensischer Gefangener, vor allem aus dem Gazastreifen, erhielten keine Einreiseerlaubnis nach Israel, um ihre Angehörigen zu besuchen.

Der Astrophysiker Iyad Barghouti kam in Verwaltungskraft, nachdem israelische Sicherheitskräfte ihn an einem Kontrollpunkt in der Nähe von Jerusalem festgenommen hatten. Der Professor an der Al-Quds-Universität in Jerusalem hatte sich bereits 2014 und 2016 in Verwaltungshaft befunden.

Im Oktober 2020 hielt Israel 157 palästinensische Kinder und Jugendliche in Gefängnissen fest, zwei davon in Verwaltungshaft. Die Organisation Defense for Children International – Palestine berichtete, dass man die Minderjährigen ohne Anwesenheit ihrer Eltern verhört habe und dass sie gemeinsam mit Erwachsenen inhaftiert seien. Das Völkerrecht sieht die Inhaftierung von Kindern nur als letztes Mittel und nur für die kürzeste angemessene Zeit vor.

Unfaire Gerichtsverfahren

Palästinensische Zivilpersonen aus den besetzten Gebieten wurden vor israelische Militärgerichte gestellt, unter ihnen auch Minderjährige. Die Prozesse erfüllten nicht die internationalen Standards für faire Gerichtsverfahren.

Folter und andere Misshandlungen

Angehörige der israelischen Armee, der Polizei und des Geheimdienstes ISA folterten und misshandelten 2020 weiterhin palästinensische Gefangene, darunter auch Kinder, ohne dafür strafrechtlich belangt zu werden. Die Methoden umfassten Schläge, Ohrfeigen, schmerzhafte Fesselungen, Schlafentzug, Verharren in schmerzhaften Positionen und Drohungen, man werde Familienmitgliedern Gewalt antun. Als Strafmaßnahme kamen die Inhaftierten für lange Zeit in Einzelhaft, manchmal monatelang.

Die israelischen Sicherheitskräfte verweigerten Palästinenser_innen, die bei der Festnahme verletzt worden waren, in einigen Fällen medizinische Hilfe.

Rechte auf Meinungs- und Vereinigungsfreiheit

Die Behörden griffen 2020 auf verschiedene Maßnahmen zurück, um Menschenrechtsverteidiger_innen unter Druck zu setzen, die Israels anhaltende militärische Besetzung palästinensischer und syrischer Gebiete kritisierten, wie zum Beispiel Razzien, Hetzkampagnen, Einschränkungen der Bewegungsfreiheit und gerichtliche Schikanen.

Israel verweigerte Mitgliedern von Menschenrechtsorganisationen weiterhin die Einreise in die besetzten Gebiete. Dies betraf auch den UN-Sonderberichterstatter über die Menschenrechtssituation in den besetzten palästinensischen Gebieten.

Am 30. Juli nahmen israelische Sicherheitskräfte den Menschenrechtsverteidiger Mahmoud Nawajaa in seinem Haus in Ramallah fest. Er koordiniert auch die Bewegung Boykott, Desinvestition und Sanktionen (Boycott, Divestment and Sanctions – BDS) im besetzten Westjordanland. Am 17. August wurde der gewaltlose politische Gefangene ohne Anklageerhebung freigelassen.

Am 13. November wies das Jerusalemer Bezirksgericht eine Klage von Amnesty International ab, die sich gegen das Reiseverbot richtete, das willkürlich und als Strafmaßnahme gegen den Menschenrechtsverteidiger und Amnesty-Mitarbeiter Laith Abu Zeyad verhängt worden war. Aus nicht genannten Gründen untersagten ihm die israelischen Sicherheitskräfte weiterhin die Einreise in das besetzte Ost-Jerusalem und die Ausreise über Jordanien.

Rechte von Flüchtlingen, Asylsuchenden und Migrant_innen

Die israelischen Behörden verweigerten Asylsuchenden 2020 weiterhin den Zugang zu einem fairen und zügigen Verfahren, um ihren Flüchtlingsstatus feststellen zu lassen. Viele Asylsuchende hatten keinen Zugang zu grundlegenden staatlichen Leistungen. In Israel lebten etwa 31.000 Asylsuchende.

Gewalt gegen Frauen

Es gab erneut Berichte über Gewalt gegen Frauen, besonders betroffen waren in Israel lebende Palästinenser_innen.

Mindestens 21 Frauen wurden durch geschlechtsspezifische Gewalt getötet.

Militärdienstverweigerer_innen

Mindestens vier Militärdienstverweiger_innen aus Gewissensgründen wurden inhaftiert. Hillel Rabin verbrachte 56 Tage im Militärgefängnis, weil sie den Dienst in der Armee unter Berufung auf Israels repressive Politik gegenüber den Palästinenser_innen verweigert hatte.

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