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Honduras 2022
Eine durch das steigende Wasser zerstörte Garnelen-Produktionsstätte an der honduranischen Cedeño Beach (Oktober 2022)
© David Estrada/Amnesty International
Berichtszeitraum: 1. Januar 2022 bis 31. Dezember 2022
Menschenrechtsverteidiger*innen waren auch 2022 in hohem Maße gewaltsamen Angriffen ausgesetzt. Die staatlichen Mittel für das Gesundheitssystem waren bei Weitem nicht ausreichend. Illegaler Holzeinschlag stellte nach wie vor eine Bedrohung für die Umwelt dar. Angehörige der Sicherheitskräfte, die mutmaßlich für exzessive Gewaltanwendung gegen Protestierende im Jahr 2017 verantwortlich waren, wurden auch 2022 nicht zur Rechenschaft gezogen.
Hintergrund
Tausende Menschen verließen 2022 das Land, um Gewalt, Straflosigkeit, Klimawandel, Armut und Ungleichheit zu entkommen. Im April wurde der frühere Staatschef Juan Orlando Hernández an die USA ausgeliefert, wo er u. a. wegen Drogenhandel angeklagt war.
Der Kongress zog ein Gesetz zur Einrichtung von Sonderwirtschaftszonen (Zonas de Empleo y Desarrollo Económico) zurück, nachdem Bedenken bezüglich der Einhaltung der Menschenrechte in diesen Zonen laut geworden waren.
Menschenrechtsverteidiger*innen
Menschenrechtsverteidiger*innen waren in hohem Maße gewaltsamen Angriffen ausgesetzt, die in den meisten Fällen nicht geahndet wurden.
Im Februar 2022 wurden acht Aktivisten freigelassen, die mehr als zwei Jahre lang willkürlich inhaftiert waren, weil sie sich für den Schutz des Flusses Guapinol eingesetzt hatten, der durch ein Bergbauprojekt verschmutzt zu werden drohte. Zuvor hatte der Oberste Gerichtshof entschieden, dass in ihrem Fall gegen das Recht auf ein ordnungsgemäßes Verfahren verstoßen worden war. In einer separaten Entscheidung ordnete der Gerichtshof an, ähnlich unbegründete Strafverfahren gegen fünf weitere Umweltschützer aus der betreffenden Region einzustellen.
Im Juni 2022 verurteilte ein Gericht David Castillo wegen Mittäterschaft an der Ermordung der Umweltschützerin Berta Cáceres im Jahr 2016 zu 22 Jahren Haft. Allerdings gab es keine Fortschritte bei der Strafverfolgung der Personen, die hinter der Tötung der Aktivistin standen, die sich für die Rechte der indigenen Lenca eingesetzt hatte.
Mitglieder der Garífuna-Organisation Ofraneh sowie ihre Koordinatorin Miriam Miranda berichteten 2022 über mehrere Angriffe und einige neue Strafverfahren, die auf der Grundlage haltloser Vorwürfe gegen die Organisation eingeleitet worden seien.
Ende 2022 hatte Honduras das Regionale Abkommen über den Zugang zu Informationen, Teilhabe und Gerechtigkeit in Umweltangelegenheiten in Lateinamerika und der Karibik (Escazú-Abkommen) noch nicht unterzeichnet.
Umweltzerstörung
Es gab Befürchtungen, dass indigene Gemeinschaften nicht um ihre freie, vorherige und informierte Zustimmung zu geplanten Projekten gebeten wurden, wie dies Honduras und die EU im Aktionsplan über Rechtsdurchsetzung, Politikgestaltung und Handel im Forstsektor (Forest Law Enforcement, Governance and Trade) vereinbart hatten, um illegalen Holzeinschlag einzudämmen.
Straflosigkeit und Recht auf Versammlungsfreiheit
Von den Angehörigen der Sicherheitskräfte, die Proteste im Jahr 2017 mit unverhältnismäßiger Gewalt niedergeschlagen hatten, wurde auch 2022 niemand zur Verantwortung gezogen.
Im Februar 2022 verabschiedete der Kongress ein weitreichendes Amnestiegesetz, das u. a. Personen betraf, die kriminalisiert worden waren, weil sie nach dem Putsch von 2009 an Protesten teilgenommen oder sich für Landrechte und Umweltschutz eingesetzt hatten. Es gab jedoch Befürchtungen, dass von der Amnestie auch Menschen profitieren könnten, denen Korruption zur Last gelegt wurde.
Recht auf Gesundheit
Das Gesundheitssystem des Landes war nach wie vor überlastet. Auch 2022 erreichten die staatlichen Gesundheitsausgaben bei Weitem nicht den von der Weltgesundheitsorganisation empfohlenen Anteil von 6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.
Schwangerschaftsabbrüche blieben weiterhin unter allen Umständen verboten. Im Dezember 2022 bewilligten die Behörden Notfallverhütungsmittel ("Pille danach") für Überlebende von sexualisierter Gewalt.
Sexualisierte und geschlechtsspezifische Diskriminierung und Gewalt
Die gleichgeschlechtliche Ehe war weiterhin nicht zugelassen, und lesbische, schwule, bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche Menschen (LGBTI+) wurden häufig Opfer von Gewalt.
Im Fall von Vicky Hernández, einer trans Frau, Sexarbeiterin und Aktivistin, die während des Putschs 2009 getötet worden war, übernahmen die Behörden im Mai 2022 die Verantwortung für die ihr zugefügten Menschenrechtsverletzungen. Vorausgegangen war ein Urteil des Interamerikanischen Gerichtshofs für Menschenrechte, der 2021 festgestellt hatte, dass Honduras das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit von Vicky Hernández verletzt habe.