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"Ban The Scan": Amnesty fordert Verbot von Gesichtserkennungstechnologie
Wer einen öffentlichen Platz betritt, dessen Gesicht wird in immer mehr Ländern automatisch erfasst, gescannt und von einem Algorithmus verarbeitet. Dies verletzt das Recht auf Privatsphäre. Außerdem wird Gesichtserkennungstechnologie vor allem gegen marginalisierte Bevölkerungsgruppen eingesetzt. Daher fordert Amnesty International mit der internationalen Kampagne "Ban the Scan" ein Verbot dieser Technologie.
Eine steigende Anzahl von Ländern setzt Gesichtserkennungstechnologie zur Überwachung des öffentlichen Raumes ein. Auch in Deutschland gab es wiederholt entsprechende Vorhaben, etwa für die Überwachung deutscher Flughäfen und Bahnhöfe und im Rahmen der aktuellen Reform des Bundespolizeigesetzes. Diese wurden - nach viel Kritik - bis auf weiteres eingestellt.
"Wir leben bereits in einer Zeit potentiell vollständiger Überwachung der elektronischen Kommunikation. In manchen Ländern müssen Menschenrechtsverteidiger_innen zusätzlich etwa mit verwanzten Wohnungen und dem gezielten Ausspähen ihrer elektronischen Geräte rechnen. Gesichtserkennung schließt den für viele Menschen letzten überwachungsfreien Rückzugsraum - die öffentlichen Straßen und Plätze", erklärt Lena Rohrbach, Expertin für Menschenrechte und Digitalisierung bei Amnesty in Deutschland. "In Kombination mit Informationen aus der Kommunikationsüberwachung kann dies ein vollständiges Bild unseres gesamten Alltags ergeben."
Obwohl Gesichtserkennungstechnologie zu Identifikationszwecken für legitime Ziele eingesetzt werden kann - etwa dafür, Straftäter_innen oder vermisste Kinder zu finden - kann sie im öffentlichen Raum nach Auffassung von Amnesty nicht verhältnismäßig eingesetzt werden, da sie alle vorbeikommenden Menschen erfasst und analysiert, ohne einen individualisierten begründeten Verdacht. Dies verletzt das Recht auf Privatsphäre. Es gefährdet die Rechte auf Versammlungsfreiheit und freie Meinungsäußerung, da es Menschen davon abhalten kann, an Protesten teilzunehmen.
Der Einsatz von Gesichtserkennung leistet zudem strukturellem Rassismus Vorschub, da People of Colour häufig am stärksten von ihrem Einsatz betroffen sind. Schwarze Menschen laufen darüber hinaus am stärksten Gefahr, von Gesichtserkennungssystemen fehlerhaft "identifiziert" zu werden und unschuldig ins Visier von Strafverfolgungsbehörden zu geraten. Auch Frauen sind häufiger von Fehlidentifizierungen betroffen.
"Es besteht die Gefahr, dass Gesichtserkennungstechnologie von Strafverfolgungsbehörden auf der ganzen Welt gegen marginalisierte Gemeinschaften eingesetzt wird. Von Neu-Delhi bis New York setzt diese invasive Technologie unsere eigene Identität gegen uns ein und untergräbt unsere Menschenrechte", so Matt Mahmoudi, Experte für künstliche Intelligenz und Menschenrechte bei Amnesty International.
Kampagne gegen den Einsatz von Gesichtserkennung gestartet
Für die neue Kampagne "Ban the Scan" hat Amnesty eine Internetseite eingerichtet, die Betroffenen und Aktivist_innen die Ressourcen an die Hand gibt, um gegen den Einsatz von Gesichtserkennung aktiv zu werden. In einem ersten Schritt konzentriert sich die Kampagne auf die Stadt New York. Bewohner_innen von New York können auf der Internetseite nach dem Public Oversight of Surveillance Technologies (POST) Act Kommentare über den polizeilichen Einsatz von Gesichtserkennungstechnologie hinterlassen. Später können zudem Anträge unter dem Informationsfreiheitsgesetz gestellt werden, um zu erfahren, wo die Gesichtserkennung vor Ort eingesetzt wird.
Während andere Städte in den USA wie zum Beispiel Boston, Portland und San Francisco den Einsatz von Gesichtserkennung bei der Polizeiarbeit bereits verboten haben, setzt die Polizei in New York diese Technologie nach wie vor ein, um Menschen, die keinen Gesetzesverstoß begangen haben, einzuschüchtern und zu schikanieren – wie beispielsweise 2020 während der Proteste der Black-Lives-Matter-Bewegung.
"Die Menschen in New York sollten in der Lage sein dürfen, ihrem Alltagsgeschäft nachzugehen, ohne von Gesichtserkennungssystemen beobachtet zu werden. Andere US-amerikanische Großstädte haben die Gesichtserkennung bereits verboten, und New York muss diesem Beispiel folgen", sagt Matt Mahmoudu.
Für die Entwicklung von Gesichtserkennungstechnologie werden Millionen Bilder ohne die Einwilligung der Betroffenen aus Social-Media-Profilen zusammengetragen, in den USA auch aus Ausweisdokumenten wie etwa Führerscheinen.
Der diskriminierende Einsatz von Gesichtserkennungstechnologie beschränkt sich nicht nur auf die behördliche Verwendung gegen friedliche Protestierende. In New York besteht zudem die Gefahr, dass Vermieter_innen die Technik einsetzen, um Menschen auszuspionieren.
Im Jahr 2019 wollte beispielsweise die Hausverwaltung eines Hochhauskomplexes in Brooklyn Gesichtserkennungstechnologie im Gebäude installieren. Bewohner_innen, die sich dagegen wehrten, wurde mit der Wohnungskündigung gedroht und sie wurden aufgefordert, ihre Aktivitäten gegen das Vorhaben der Hausverwaltung einzustellen.
Außerdem drohte die Vermietungsgesellschaft damit, die Fotos von Gesichtern aus den Überwachungskameras auszudrucken. Die Bewohner_innen gaben jedoch nicht auf und gingen gerichtlich gegen die Verletzung ihres Rechts auf Privatsphäre vor. Erst dann ließ die Hausverwaltung von dem Plan ab, Gesichtserkennungstechnik in dem Gebäude zu installieren.