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Korea (Süd)

© Amnesty International
- Hintergrund
- Recht auf eine gesunde Umwelt
- Rechte auf Meinungs-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit
- Arbeitnehmer*innenrechte
- Diskriminierung
- Rechte von Flüchtlingen und Migrant*innen
- Kinderrechte
- Sexualisierte und geschlechtsspezifische Gewalt
- Todesstrafe
- Veröffentlichungen von Amnesty International
Berichtszeitraum: 1. Januar 2023 bis 31. Dezember 2023
Die Regierung bewilligte Pläne zur Senkung der Treibhausgasemissionen der Industrie, versäumte es jedoch, auch ein Gesetz zum Kohleausstieg in der Energieerzeugung zu verabschieden. Der Bau eines neuen Kohlekraftwerks wurde fortgesetzt. Die Frauenrechte wurden weiter untergraben, da die Regierung an ihren umstrittenen Plänen festhielt, das Ministerium für Geschlechtergleichstellung und Familie abzuschaffen und die Haushaltsmittel für die Verhinderung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen zu kürzen. Gegen friedlich Protestierende, darunter Personen, die sich für die Rechte von Arbeitnehmer*innen und Menschen mit Behinderungen einsetzten, verfolgten die Behörden eine zunehmend harte Linie. Die unbefristete Inhaftierung von Flüchtlingen und Migrant*innen wurde als verfassungswidrig eingestuft.
Hintergrund
Im August 2023 protestierten Zehntausende Menschen in der Hauptstadt Seoul friedlich gegen die Einleitung von nuklearem Abwasser aus dem japanischen Atomkraftwerk Fukushima in den Pazifischen Ozean. Im September nahmen rund 30.000 Demonstrierende an einem Marsch für Klimagerechtigkeit in Seoul teil.
Recht auf eine gesunde Umwelt
Im April 2023 verabschiedete die Regierung den ersten nationalen Plan für Kohlenstoffneutralität und grünes Wachstum (National Basic Plan for Carbon Neutrality and Green Growth), der eine Senkung der Treibhausgasemissionen und eine Aufstockung der Energieerzeugungskapazitäten durch andere Technologien wie z. B. Kernkraft vorsieht.
Im Juni 2023 legte die Nationale Menschenrechtskommission Koreas dem Verfassungsgericht eine Stellungnahme vor, mit der sie Stimmen unterstützte, die die Verfassungsmäßigkeit des von der Regierung erlassenen Gesetzes über Kohlenstoffneutralität anzweifelten. In der Stellungnahme wird die Ansicht vertreten, dass die Ziele für die Reduzierung der Treibhausgasemissionen zu niedrig angesetzt seien und die Last der Emissionsreduzierung ungerechterweise auf künftige Generationen abgewälzt werde.
Das erstmals im Jahr 2022 vorgeschlagene Gesetz über den Kohleausstieg war Ende 2023 noch nicht verabschiedet worden. Es enthielt Bestimmungen zur Einstellung von im Bau befindlichen Kohlekraftwerken und zum Verbot der Vergabe neuer Genehmigungen. Währenddessen wurde der Bau eines neuen Kohlekraftwerks in Samcheok in der Provinz Gangwon fortgesetzt.
Rechte auf Meinungs-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit
Die Untergrabung der Rechte auf freie Meinungsäußerung, Vereinigungsfreiheit und friedliche Versammlung setzte sich 2023 fort und die Regierung ging scharf gegen "illegale" Proteste vor.
Im Januar 2023 strengte das städtische Verkehrsunternehmen Seoul Metro eine Klage gegen die Organisation Solidarity Against Disability Discrimination (SADD) an, die sich für die Rechte von Menschen mit Behinderungen stark macht. Seoul Metro forderte mehr als 601 Mio. Südkoreanische Won (etwa 424.000 Euro) Schadenersatz für Zugverspätungen und Verluste, die seit 2021 durch Proteste der SADD gegen den fehlenden Zugang von Menschen mit Behinderungen zu Zügen verursacht wurden. Im Rahmen der SADD-Kampagne für einen besseren Zugang zu öffentlichen Verkehrsmitteln für Menschen mit Behinderungen begaben sich Rollstuhlfahrende wiederholt in Züge und verließen sie wieder, um damit auf ihre Forderungen nach höheren Investitionen in Rollstuhlrampen, Aufzüge in U-Bahn-Stationen und andere Maßnahmen zur Verbesserung der Mobilität von Menschen mit Behinderungen aufmerksam zu machen.
Im September 2023 entschied das Verfassungsgericht, dass die Bestimmungen des Gesetzes über die nationale Sicherheit, die "staatsfeindliche", "feindbegünstigende" und "Spionage"-Aktivitäten verbieten, verfassungsgemäß seien. Das Gesetz, das bereits mehrfach gerichtlich angefochten worden war, wurde benutzt, um kritische Stimmen zum Schweigen zu bringen und willkürlich Personen zu verfolgen, die friedlich ihre Rechte auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit wahrgenommen hatten.
Gleichfalls im September hob das Verfassungsgericht ein Gesetz auf, das bis zu drei Jahre Haft für Personen vorsah, die versuchten, gegen die Regierung in Pjöngjang gerichtete Botschaften nach Nordkorea zu senden (z. B. Flugblätter, die per Ballon oder über grenzüberschreitende Flüsse transportiert werden). Nach Ansicht des Verfassungsgerichts war das Gesetz mit den verfassungsmäßigen Garantien der freien Meinungsäußerung unvereinbar.
Arbeitnehmer*innenrechte
Im Kontext der gewerkschaftsfeindlichen Rhetorik von Präsident Yoon wurden 2023 die Schikanen gegen Menschen verschärft, die sich für Arbeitsrechte einsetzten. Die Polizei leitete im Laufe des Jahres strafrechtliche Ermittlungen im Zusammenhang mit den Aktivitäten zahlreicher Gewerkschaftsmitglieder ein und führte Razzien in Gewerkschaftsbüros durch. Am 1. Mai durchsuchte die Polizei das Büro der Koreanischen Gewerkschaft der Bauarbeiter*innen (KCWU) und beschlagnahmte Dokumente und andere Materialien. Am selben Tag zündete sich der KCWU-Funktionär Yang Hoe-dong vor der Gangneung-Filiale des Bezirksgerichts Chuncheon an. Er starb am Tag darauf. Gegen ihn wurde im Zusammenhang mit seiner Gewerkschaftsarbeit ermittelt, u. a. wegen des Vorwurfs, er habe Bauunternehmen "erpresst", damit sie Gewerkschaftsbeiträge zahlen und gewerkschaftlich organisierte Arbeiter*innen einstellen.
Am 31. Mai zerstörten Polizeikräfte einen Gedenkaltar für Yang Hoe-dong, wobei vier Personen verletzt wurden. Sie drohten auch mit dem Einsatz von Pfefferspray, um eine vom Koreanischen Gewerkschaftsbund organisierte friedliche Kundgebung aufzulösen.
Diskriminierung
Frauen und Mädchen
Die Regierung hielt 2023 an ihrem umstrittenen Plan fest, das Ministerium für Geschlechtergleichstellung und Familie aufzulösen, hatte dieses Vorhaben aber bis zum Jahresende noch nicht in die Tat umgesetzt. Im Oktober kündigte die Regierung erhebliche Kürzungen des für 2024 vorgesehenen Budgets für die Verhinderung von Gewalt gegen Frauen und die Unterstützung Betroffener an. Hunderte Frauenrechtsorganisationen reagierten darauf mit heftiger Kritik. Nachdem Anfang August 2023 eine Frau im Sillim-dong-Park im Seouler Stadtteil Gwanak-gu getötet worden war, fanden am 24. August in Seoul Proteste statt, bei denen die Behörden aufgefordert wurden, mehr zur Beendigung von Gewalt gegen Frauen zu unternehmen.
Ebenfalls im August reichten Unterstützer*innen einer Kampagne für sichere Schwangerschaftsabbrüche bei der Nationalen Menschenrechtskommission eine Petition ein, in der der Regierung vorgeworfen wurde, das Recht von Frauen auf Gesundheit zu verletzen, solange das Recht auf Schwangerschaftsabbrüche nicht gesetzlich verankert sei. Im November forderte der UN-Menschenrechtsausschuss die Regierung auf, den wirksamen Zugang zu sicheren Abbrüchen zu gewährleisten und hierzu geeignete gesetzliche und andere Maßnahmen zu ergreifen, um eine Entscheidung des Verfassungsgerichts aus dem Jahr 2019 umzusetzen, mit der Schwangerschaftsabbrüche entkriminalisiert wurden.
LGBTI+
Im Februar 2023 ordnete das Hohe Gericht von Seoul an, dass der Nationale Krankenversicherungsdienst (NHIS) Kim Yong-min als Familienmitglied seines gleichgeschlechtlichen Partners wieder mitversichern müsse; ihm war zuvor der Versicherungsschutz aberkannt worden. Dies war das erste Gerichtsurteil in Südkorea, das gleichgeschlechtliche Partner*innen rechtlich anerkannte. In dem Urteil wurde festgestellt, dass das System der Ehegattenversicherung des NHIS diskriminierend war, da es Menschen in gleichgeschlechtlichen Beziehungen nicht die gleichen Leistungen gewährte wie heterosexuellen Paaren. Der NHIS legte gegen das Urteil Rechtsmittel ein.
Im Mai 2023 brachte eine parteiübergreifende Gruppe von Parlamentsmitgliedern den Entwurf eines Gesetzes zur Ehe für alle (Marriage Equality Bill) ein, der eine Änderung des Zivilgesetzbuchs vorsah, um die gleichgeschlechtliche Ehe zu ermöglichen. Zwar wurde nicht erwartet, dass der Gesetzentwurf angenommen würde, doch wurde er als ein wichtiger symbolischer Schritt angesehen, um den Druck auf die Regierung zu erhöhen, die Definition von "Familie" zu erweitern.
Ebenfalls im Mai gab die Nationale Menschenrechtskommission dem Obersten Gerichtshof Empfehlungen zur Überarbeitung seiner Vorschriften zur Anerkennung der Geschlechtsidentität von trans Menschen im Einklang mit den Menschenrechtsstandards. Diese Empfehlungen waren bis Ende 2023 noch nicht umgesetzt worden.
Am 26. Oktober 2023 bestätigte das Verfassungsgericht zum vierten Mal Paragraf 92-6 des Militärstrafgesetzes, der einvernehmliche gleichgeschlechtliche sexuelle Handlungen innerhalb des koreanischen Militärs unter Strafe stellt.
Rechte von Flüchtlingen und Migrant*innen
Eine Entscheidung des Verfassungsgerichts eröffnete die Aussicht auf besseren Schutz für Flüchtlinge und Migrant*innen in Südkorea. Am 23. März 2023 stellte das Gericht fest, dass einige Bestimmungen des Einwanderungskontrollgesetzes (Immigration Control Act) verfassungswidrig seien und gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und das Rechtsstaatsprinzip verstießen. Hierzu zählten die unbefristete Inhaftierung von ausländischen Staatsangehörigen, die abgeschoben werden sollen, sowie das Fehlen einer unabhängigen Überprüfung von Inhaftierungsentscheidungen.
Kinderrechte
Am 23. März 2023 urteilte das Verfassungsgericht, dass die Bestimmungen des Familienstandsgesetzes (Act on Registration of Family Relations), die es dem leiblichen Vater eines Kindes aus einer nichtehelichen Beziehung nahezu unmöglich machen, die Geburt des Kindes registrieren zu lassen, gegen die Verfassung verstoßen. Das Gericht bestätigte, dass das Recht auf Geburtenregistrierung für alle Kinder im Land – unabhängig von ihrer Nationalität oder ihrem Status – garantiert sein müsse.
Sexualisierte und geschlechtsspezifische Gewalt
Am 26. Januar 2023 lehnte das Justizministerium die am selben Tag vom Ministerium für Gleichstellung und Familie angekündigten Pläne ab, die im Strafgesetzbuch enthaltene rechtliche Definition von Vergewaltigung dahingehend zu ändern, dass sie auch Geschlechtsverkehr ohne ausdrückliche Zustimmung umfasst. Die derzeit geltende Definition erfordert den Nachweis von "Gewalt oder Einschüchterung" und ist damit nicht mit internationalen Standards vereinbar, denen zufolge das Fehlen der Zustimmung ein grundlegendes Element der Vergewaltigung ist.
Todesstrafe
Mehrere Entwicklungen gaben Anlass zu der Sorge, dass Südkorea die Wiederaufnahme von Hinrichtungen in Erwägung ziehen könnte. Im April 2023 kündigte die Oberste Staatsanwaltschaft Pläne zur Einführung der Todesstrafe für Kindermord und Straftaten im Zusammenhang mit dem Verkauf und der Verteilung von Drogen an Kinder an. Im August wies der Justizminister die Justizvollzugsanstalten an, ihre Einrichtungen für Exekutionen zu inspizieren und die erforderlichen Wartungsarbeiten durchzuführen.