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Zehntausende Tote, zerstörte Städte: Drei Jahre russischer Angriffskrieg gegen die Ukraine

Eine Frau trauert in der ukrainischen Stadt Charkiw um einen geliebten Menschen, der bei einem russischen Drohnen-Angriff getötet wurde (12. Februar 2024).
© IMAGO / Ukrinform
Am 24. Februar 2025 jährt sich der russische Angriff auf die gesamte Ukraine zum dritten Mal. Das Grauen und die Gewalt gegen die ukrainische Zivilbevölkerung nehmen nach wie vor kein Ende. Russische Kriegsverbrechen sind in sehr hoher Zahl dokumentiert, doch die Verantwortlichen blieben bisher straffrei. Die USA unter Präsident Donald Trump verhandeln inzwischen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin um die Zukunft der Ukraine. Ein Frieden, der die Zivilbevölkerung schützt, ist zwar notwendiger denn je. Aber die Grundlage dafür darf nicht sein, dass begangene Kriegsverbrechen ungestraft bleiben und die Prinzipien des Völkerrechts und die Souveränität der Ukraine missachtet werden.
In der Nacht des 24. Februar 2022 machte Maria Guryeva kein Auge zu. Sie verfolgte nervös die Nachrichten auf Twitter. Guryeva ist Amnesty-Campaignerin für Belarus, die Ukraine und Moldau. "Plötzlich erschienen Videos von Überwachungskameras, auf denen zu sehen war, wie russische Panzer über einen der Grenzposten in die Ukraine einfuhren", erinnert sie sich. Die Botschaft in den Nachrichten: "Es hat angefangen". Gemeint ist damit die russische Invasion der Ukraine. Noch in der Nacht des Angriffs hatte UN-Generalsekretär António Guterres in einer Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrat vergeblich dazu aufgerufen, die Invasion zu stoppen: "Präsident Putin, halten Sie Ihre Truppen davon ab, die Ukraine anzugreifen, geben Sie dem Frieden eine Chance. Zu viele Menschen sind bereits gestorben."

Nach russischen Raketenangriffen auf die ukrainische Hauptstadt Kyjiw am 10. Oktober 2022 bilden sich Rauchschwaden über der Stadt.
© IMAGO / Ukrinform
Dass Russland einen Krieg gegen die gesamte Ukraine beginnen würde, war auch für Maria Guryeva schwer vorstellbar: "Obwohl eine mögliche Invasion Russlands schon seit Monaten diskutiert worden war, dachten die Menschen in der Ukraine nicht, dass dies tatsächlich jemals passieren würde", sagt sie. "Und das glaubten nicht bloß die Ukrainer*innen. Denn ein solcher Akt der Aggression hätte nicht nur für die Ukraine undenkbare Konsequenzen, sondern auch für Russland und viele andere Länder auf der Welt."

Menschen räumen in der ukrainischen Hauptstadt Kyjiw nach einem russischen Raketenangriff Trümmer beiseite (3. Januar 2024).
© IMAGO / ABACAPRESS
Folter, Hinrichtungen und Bomben auf Schulen
Was dann in den Wochen und Monaten folgte, hat Amnesty International in zahlreichen Berichten festgehalten. Sie dokumentieren das Leid der ukrainischen Zivilbevölkerung: Bomben auf Schulen und Kindergärten, der Einsatz von Streumunition in Wohngebieten ohne Rücksicht auf die Zivilbevölkerung, die gezielten Angriffe auf das Ohmatdyt-Kinderkrankenhaus in Kyjiw, Folter und außergerichtliche Hinrichtungen, Angriffe auf Getreidelager in Odesa oder Unterdrückung von Familien und Lehrkräften in den durch Russland besetzten Gebieten im Osten des Landes. Das Ausmaß der Verbrechen und Menschenrechtsverletzungen sind eindeutige Beweise dafür, dass die ukrainische Zivilbevölkerung systematisch Ziel der russischen Angriffe war und weiterhin ist.

Ein verletzter Klinik-Mitarbeiter schlägt schockiert die Hände über dem Kopf zusammen, als er das Ausmaß des russischen Angriffs auf das Ohmatdyt-Kinderkrankenhaus in der ukrainischen Hauptstadt Kyjiw erkennt (8. Juli 2024).
© IMAGO / ZUMA Press Wire
"Der russische Angriffskrieg hat verheerende Folgen für Millionen Menschen in der Ukraine. Wir sehen systematische Angriffe auf die Zivilbevölkerung, zerstörte Infrastruktur sowie Massenvertreibungen", sagt Carmen Traute, Expertin für Europa und Zentralasien bei Amnesty International in Deutschland. "Die Missachtung des humanitären Völkerrechts und grundlegender Menschenrechte durch russische Streitkräfte hat ein erschreckendes Ausmaß angenommen."

Rettungsaktion in der ukrainischen Stadt Cherson, die nach der Zerstörung des Kachowka-Staudamms überschwemmt wurde (8. Juni 2023).
© IMAGO / ZUMA Wire
Ob in Butscha, Isjum oder Mariupol: Die Liste der ukrainischen Städte, in denen russische Truppen unbeschreibliches menschliches Leid über die Zivilbevölkerung gebracht haben, ist lang. Seit mehr als drei Jahren dauert der völkerrechtswidrige Angriffskrieg gegen Ukraine an. Seit mehr als drei Jahren ist niemand für diese Verbrechen zur Rechenschaft gezogen worden.

Zerstörung nach Kämpfen in der ukrainischen Stadt Butscha am 3. April 2022
© IMAGO / ZUMA Wire
Russlands Angriff: Annexion der Krim als Ausgangspunkt
Russlands Angriff auf die Ukraine begann bereits 2014 mit der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim-Halbinsel. Russland provozierte gleichzeitig Kämpfe im Osten der Ukraine, indem es bewaffnete Gruppen unterstütze, die in Donezk und Luhansk "Volksrepubliken" ausriefen. Verschleppungen, Folter und in vielen Fällen die Tötung von Zivilpersonen waren an der Tagesordnung. Zwischen 2014 und 2021 wurden durch diesen Konflikt mehr als 10.000 ukrainische Zivilpersonen getötet oder verletzt.

Amnesty hat seit der russischen Annexion der Krim 2014 diese systematischen Menschenrechtsverletzungen dokumentiert. "Es ist wichtig, bereits während der andauernden Kampfhandlungen jedes einzelne Kriegsverbrechen sorgfältig zu dokumentieren", so Traute. "Die juristische Verfolgung der Verantwortlichen für diese völkerrechtlichen Verstöße muss – auch wenn es Jahre oder Jahrzehnte dauert – konsequent durchgeführt werden. Denn bei diesen schweren Verbrechen gibt es keine zeitliche Begrenzung für die Strafverfolgung."
Auch zahlreiche andere Menschenrechtsverletzungen bis hin zu möglichen Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die Russland seit der Invasion im Februar 2022 begangen hat, hat Amnesty dokumentiert. Dazu gehört zum Beispiel die gewaltsame Verbringung ukrainischer Zivilpersonen, darunter auch Kinder, nach Russland oder tiefer in die von Russland besetzte Ukraine.

Am Morgen des 24. Februar 2022 verkündete der russische Präsident Wladimir Putin den Beginn des Angriffs auf die Ukraine.
© IMAGO / ITAR-TASS
Gerechtigkeit durch Aufarbeitung der Verbrechen
Russland setzt bei seinen Angriffen in der Ukraine außerdem eine Reihe von Waffen und Munition ein, die völkerrechtlich umstritten sind. Dazu gehören zum Beispiel Antipersonenminen und Streumunition, die ihrer Natur nach unterschiedslos Zivilist*innen und Kombatant*innen treffen und daher international weitgehend geächtet werden. Beides hat zu Opfern unter der ukrainischen Zivilbevölkerung geführt und ist als Kriegsverbrechen zu werten. In einem weiteren Bericht hat Amnesty auf die Situation älterer Menschen mit Behinderungen während des Krieges beleuchtet. Viele leiden unter Isolation und Vernachlässigung.

Eine ältere Frau wird in der ukrainischen Region Charkiw evakuiert, um sie vor den Angriffen der russischen Armee in Sicherheit zu bringen (Oktober 2022).
© Amnesty International
"Die juristische Aufarbeitung der Kriegsverbrechen durch unabhängige Gerichte ist unerlässlich. Die Ukraine und ihre Bevölkerung haben ein Recht darauf, dass die Täter*innen zur Verantwortung gezogen werden. Die Opfer brauchen nicht nur eine lückenlose Aufklärung aller Verbrechen, sondern auch Gerechtigkeit und Wiedergutmachung für die erlittenen Schäden", so Traute.
© Amnesty International
Haftbefehle für Putin, Schoigu und Gerassimow
Es ist daher ein Schritt in die richtige Richtung, dass der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) im März 2023 Haftbefehle gegen Wladimir Putin, den Präsidenten der Russischen Föderation, und Marija Alexejewna Lwowa-Belowa, die Kinderrechtsbeauftragte des Präsidenten, erlassen hat. Die Haftbefehle stützen sich auf das Kriegsverbrechen der Verschleppung von Kindern. Auch gegen den ehemaligen russischen Verteidigungsminister Sergej Schoigu und Armeechef Waleri Gerassimow hat der Internationale Strafgerichtshof Haftbefehle wegen zahlreicher Kriegsverbrechen erlassen.

Der damalige russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu (links) und der russische Armeechef Waleri Gerassimow im Dezember 2022
© IMAGO / ITAR-TASS
Im Februar 2025 hat US-Präsident Donald Trump nach einem Telefonat mit Wladimir Putin "unverzügliche" Verhandlungen über die Zukunft der Ukraine angekündigt. Erste Gespräche zwischen den USA und Russland fanden bereits in Saudi-Arabien statt – allerdings ohne Beteiligung der Ukraine und des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj sowie der europäischen Staaten.
"Ohne Gerechtigkeit und Wiedergutmachung für die von der russischen Aggression betroffene ukrainische Zivilbevölkerung ist ein nachhaltiger Frieden in der Ukraine schwer vorstellbar. Die Verantwortlichen für mögliche Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in der Ukraine müssen zur Rechenschaft gezogen werden. Die Rechte der Betroffenen müssen dabei an vorderster Stelle stehen", so Traute.

Ein Ermittlungsteam der Staatsanwaltschaft untersucht Fragmente von Raketen und Geschossen, die von der russischen Armee auf die ukrainische Stadt Charkiw abgefeuert wurden (7. Dezember 2022).
© OLEKSII FILIPPOV/AFP via Getty Images
Eine große Herausforderung bleibt, wie die internationale Gemeinschaft die Durchsetzung des Völkerrechts gewährleisten kann. Die Beweise für Kriegsverbrechen müssen weiter gesichert, die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen und die Rechtsstaatlichkeit auf internationaler Ebene wiederhergestellt werden. Nur so kann es Gerechtigkeit für die Menschen in der Ukraine geben.
Die internationale Gemeinschaft steht vor der Aufgabe, geschlossen gegen diese Völkerrechtsverletzungen vorzugehen und gleichzeitig realistische Wege zu einem gerechten Frieden zu finden – ohne die Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit und die Souveränität der Ukraine zu gefährden. Wie die vergangenen Jahre gezeigt haben, sind ein nachhaltiger Frieden und die Beendigung der Straffreiheit untrennbar miteinander verbunden.

Kundgebung am 27. Februar 2022 in Berlin wenige Tage nachdem Russland den Angriffskrieg gegen die Ukraine begann.
© Amnesty International, Foto: Clara Sölch