Pressemitteilung Aktuell 26. Juli 2024

Ukraine/Russland: Einsatz von russischen Antipersonenminen als Kriegsverbrechen untersuchen

Das Foto zeigt ein Warnschild mit Totenkopfschädel vor einer Wiese. Im Hintergrund stehen vereinzelte beschädigte Gebäude.

Warnhinweis vor Antipersonenminen, die von russischen Streikräften in und um zivile Gebäude ausgelegt wurden in Bezimmine in der ukrainischen Oblast Cherson (Mai 2024).

Von russischen Streitkräften platzierte Antipersonenminen haben in den besetzten Gebieten der Ukraine Zivilpersonen getötet, wie Amnesty International dokumentiert. Die Menschenrechtsorganisation fordert, diese Vorfälle als Kriegsverbrechen zu untersuchen.

Der Einsatz und Verbleib von Antipersonenminen, mit denen die von russischen Streitkräften aktuell und ehemals besetzten Gebiete in der Ukraine übersät sind, muss unverzüglich unabhängig und unparteiisch untersucht werden, so Amnesty International.

Dem Landminen-Monitor 2023 zufolge sind in der Ukraine 2022 insgesamt 608 Menschen aufgrund von Landminen gestorben, mehr als in jedem anderen Land der Welt mit Ausnahme von Syrien. Die meisten Todesopfer sind dabei auf Antipersonenminen zurückzuführen. Es handelt sich dabei um unterschiedslos wirkende Waffen, die als solche im humanitären Völkerrecht verboten sind.

Menschen sollen verstümmelt und getötet werden

Das Foto zeigt einen zerfetzten Schuh, von dem nur noch die hintere Hälte übrig geblieben ist.

Diesen Schuh trug ein ukrainischer Zivilist, als er in seinem Garten im ukrainischen Dorf Nova Hnylytsya auf eine russische PFM-1-Antipersonenmine trat (Aufnahme vom Mai 2024).

Christian Mihr, stellvertretender Generalsekretär von Amnesty International in Deutschland, sagt: "Antipersonenminen stellen eine andauernde tödliche Bedrohung für die Zivilbevölkerung dar. In jeder ehemals von Russland besetzten Region der Ukraine haben wir Beweise dafür gefunden, dass Zivilpersonen durch Antipersonenminen der russischen Streitkräfte getötet und verletzt wurden. Einige wurden absichtlich in Wohnhäusern platziert, um Menschen zu verstümmeln und zu töten. Bei allen Vorfällen muss untersucht werden, ob ein Kriegsverbrechen vorliegt. In der Ukraine leisten Minenräumer*innen jeden Tag mühsame und gefährliche Arbeit, um die Gefahr durch Landminen zu beseitigen. Das größte Hindernis dabei ist die anhaltende Aggression Russlands."

Antipersonenminen werden in der Ukraine seit Beginn des russischen Angriffskriegs 2022 und in geringerem Umfang seit 2014 regelmäßig eingesetzt. Als die Menschen nach dem russischen Rückzug aus den Oblasten Mykolajiw, Cherson und Charkiw Ende 2022 in ihre Häuser zurückgekehrt sind, ist die Zahl der zivilen Opfer von Antipersonenminen deutlich angestiegen.

Antipersonenminen in Wohngebieten

Das Foto zeigt einen Mann und eine Frau auf einer Parkbank. Die Frau zeigt dem Mann etwas auf ihrem Handy.

Beweise sammeln: Amnesty-Researcher Patrick Thompson interviewt in der ukrainischen Stadt Snihuriwka eine Mutter, deren Sohn durch eine russische Mine schwer verletzt wurde (Aufnahme vom Mai 2024). Das Gesicht der Mutter wurde zum Schutz ihrer Identität unkenntlich gemacht.

Im März 2022 haben die russischen Streitkräfte Oleksandr* (Name geändert) und seine Mutter aus ihrer Wohnung in Snihuriwka in der Region Mykolajiw vertrieben. Eine russische Militäreinheit hatte den gesamten Wohnblock übernommen, bis sie nach heftigen Kämpfen im November 2022 zum Rückzug gezwungen wurde.

Oleksandr ist in den Wohnblock zurückgekehrt, um zu prüfen, wie stark er beschädigt wurde. Im Keller trat er auf eine getarnte PFM-1-Antipersonenmine, die unter Holzdielen platziert wurde. Die Mine explodierte, Oleksandr ist gestürzt und dabei auf weitere getarnte Minen gefallen. Dabei hat er sein linkes Bein und seinen linken Arm verloren.

Seine Geschichte ist kein Einzelfall. Expert*innen von Amnesty International haben weitere Vorfälle dokumentiert, bei denen russische Streitkräfte Antipersonenminen in Wohngebieten der Verwaltungsregionen Cherson und Charkiw platziert haben.

Langfristige Gefahren für die Zivilbevölkerung

Die Ukraine hat sich verpflichtet, den Einsatz von Antipersonenminen durch die eigenen Streitkräfte zu untersuchen, doch ist nicht klar, ob eine solche Untersuchung eingeleitet wurde.

Antipersonenminen, die heute platziert werden, werden langfristig Leben und Lebensgrundlage der Zivilbevölkerung in der Ukraine zerstören. Die internationale Gemeinschaft muss nachhaltige finanzielle und technische Hilfe zusagen, um diese Gefahr zu beseitigen.

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