Iran: Kurdin droht Hinrichtung

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Das Bild zeigt das Porträtbild einer Frau

Die kurdische Dissidentin Verisheh Moradi wurde im November 2024 im Iran zum Tode verurteilt (Archivaufnahme).

Der Kurdin Verisheh Moradi droht im Iran die Hinrichtung. Ein Revolutionsgericht in Teheran verurteilte die Aktivistin in einem grob unfairen Verfahren wegen mutmaßlicher "bewaffneter Rebellion gegen den Staat" (baghi) zum Tode. Verisheh Moradi erhebt Foltervorwürfe, die bisher nicht untersucht worden sind. Sie hat vor dem Obersten Gerichtshof Rechtsmittel eingelegt. 

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Dein Appell

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Sehr geehrter Herr Ejei,

die 39-jährige Verisheh Moradi gehört der kurdischen Minderheit im Iran an und ist Mitglied des Verbands "Gemeinschaft der freien Frauen Ostkurdistans" (KJAR). Ihr droht die Hinrichtung, nachdem sie Anfang November 2024 vor der Abteilung 15 des Teheraner Revolutionsgerichts in einem grob unfairen Verfahren zum Tode verurteilt wurde. Aufgrund mutmaßlicher Verbindungen zu kurdischen Oppositionsgruppen wurde sie der "bewaffneten Rebellion gegen den Staat" (baghi) für schuldig befunden. Ihr Rechtsmittel gegen das Todesurteil ist derzeit vor dem Obersten Gerichtshof anhängig. 

Ich bitte Sie eindringlich, unverzüglich alle Pläne zur Hinrichtung von Verisheh Moradi zu stoppen, ihren Schuldspruch und ihr Todesurteil aufzuheben und sie unverzüglich freizulassen, da ihre Inhaftierung aufgrund der schwerwiegenden Missachtung ihrer Rechte auf ein faires Verfahren willkürlich ist. 

Gewähren Sie ihr bis zu ihrer Freilassung bitte Zugang zu angemessener Gesundheitsversorgung, wenn nötig auch außerhalb des Gefängnisses. Gewähren Sie ihr regelmäßige Besuche von ihrer Familie und ihrem Rechtsbeistand, und schützen Sie sie vor weiterer Folter und Misshandlung.

Sorgen Sie zudem dafür, dass ihre Foltervorwürfe unabhängig, zielführend und unparteiisch untersucht und die mutmaßlich Verantwortlichen in fairen Verfahren ohne Rückgriff auf die Todesstrafe vor Gericht gestellt werden. 

Bitte verhängen Sie umgehend ein offizielles Hinrichtungsmoratorium als ersten Schritt hin zur vollständigen Abschaffung der Todesstrafe.

Hochachtungsvoll

 

Dear Mr Gholamhossein Mohseni Ejei,

Verisheh (Wrishe) Moradi, 39, from Iran’s oppressed Kurdish ethnic minority and a member of the group East Kurdistan Free Woman Society (known by the acronym KJAR), is at risk of execution after Branch 15 of the Revolutionary Court of Tehran sentenced her to death in early November 2024 following a grossly unfair trial. She was convicted of "armed rebellion against the state" (baghi) in relation to allegations of her affiliation with Kurdish opposition groups. Her appeal is pending before the Supreme Court.

On 1 August 2023, Ministry of Intelligence agents violently arrested Verisheh Moradi in Sanandaj, Kurdistan province, and subjected her to enforced disappearance for nearly four months by refusing to disclose her whereabouts to her family. In an August 2024 open letter from prison, Verisheh Moradi revealed that agents subjected her to torture and other ill-treatment during arrest. She wrote that she was held in a Ministry of Intelligence detention facility in Sanandaj for 13 days in solitary confinement, where according to an informed source, agents subjected her to gender-based violence before transferring her in August 2023 to section 209 of Tehran’s Evin prison. She wrote that there, agents held her in prolonged solitary confinement for over four months and interrogated her without a lawyer. She added that agents subjected her to torture and other ill-treatment, including execution threats, to compel her to make forced "confessions" about taking up arms with Kurdish groups against the Islamic Republic of Iran, which she has repeatedly denied. In late December 2023, she was transferred to the women’s ward of Evin prison. 

Verisheh Moradi’s trial, which consisted of two sessions on 16 June and 5 October 2024, was grossly unfair. During both trial sessions, the court barred both her and her lawyer from presenting a defence; and her lawyer was permitted to review her casefile only after the second session concluded. Since her arrest, the authorities prosecuted her in a separate case and carried out further reprisals against her for her peaceful activism in prison, including protests against the escalated use of the death penalty in Iran. After a three-week long hunger strike in October 2024, her pre-existing intestinal issues were exacerbated, but the authorities continue to deny her access to adequate health care. For most of her detention, authorities have denied and/or severely limited her contact with family, including since May 2024 when they barred her from family visits.

I urge you to immediately halt any plans to execute Verisheh Moradi, quash her conviction and death sentence, and release her as her detention is arbitrary due to severe non-observance of her fair trial rights. Pending her release, provide her with adequate healthcare, including outside prison if necessary, and regular visits from family and lawyers; protect her from further torture and other ill-treatment, and order an independent, effective and impartial investigation into her torture allegation, bringing anyone suspected of criminal responsibility to justice in fair trials without recourse to the death penalty. Also, immediately establish an official moratorium on executions with a view to fully abolishing the death penalty. 

Yours sincerely,

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Appell an

Oberste Justizautorität
Head of judiciary
Gholamhossein Mohseni Ejei
c/o Embassy of Iran to the European Union
Avenue Franklin Roosevelt No. 15
1050 Bruxelles
BELGIEN

Sende eine Kopie an

Botschaft der Islamischen Republik Iran
Herrn Habibollah Valiollahi Malekshah Gesandter (Geschäftsträger a.i.)
Podbielskiallee 67
14195 Berlin

Fax: 030–843 53 133
E-Mail: info@iranbotschaft.de


 

Amnesty fordert:

  • Ich fordere Sie auf, unverzüglich alle Pläne zur Hinrichtung von Verisheh Moradi zu stoppen, ihre Verurteilung und ihr Todesurteil aufzuheben und sie unverzüglich freizulassen, da ihre Inhaftierung aufgrund der schwerwiegenden Missachtung ihrer Rechte auf ein faires Verfahren willkürlich ist. 
  • Gewähren Sie ihr bis zu ihrer Freilassung bitte Zugang zu angemessener Gesundheitsversorgung, wenn nötig auch außerhalb des Gefängnisses. Gewähren Sie ihr regelmäßige Besuche von ihrer Familie und ihrem Rechtsbeistand, und schützen Sie sie vor weiterer Folter und Misshandlung.
  • Sorgen Sie zudem dafür, dass ihre Foltervorwürfe unabhängig, zielführend und unparteiisch untersucht und die mutmaßlich Verantwortlichen in fairen Verfahren ohne Rückgriff auf die Todesstrafe vor Gericht gestellt werden. 
  • Bitte verhängen Sie umgehend ein offizielles Hinrichtungsmoratorium als ersten Schritt hin zur vollständigen Abschaffung der Todesstrafe.

Sachlage

Die 39-jährige Verisheh Moradi gehört der unterdrückten kurdischen Minderheit im Iran an und ist Mitglied des Verbands "Gemeinschaft der freien Frauen Ostkurdistans" (KJAR). Ihr droht die Hinrichtung, nachdem sie Anfang November 2024 vor der Abteilung 15 des Teheraner Revolutionsgerichts in einem grob unfairen Verfahren zum Tode verurteilt wurde. Aufgrund mutmaßlicher Verbindungen zu kurdischen Oppositionsgruppen wurde sie der "bewaffneten Rebellion gegen den Staat" (baghi) für schuldig befunden. Ihr Rechtsmittel gegen das Todesurteil ist derzeit vor dem Obersten Gerichtshof anhängig.

Am 1. August 2023 nahmen Angehörige des Geheimdienstministeriums Verisheh Moradi gewaltsam bei sich zuhause in der Stadt Sanandaj (Provinz Kurdistan) fest. Daraufhin fiel sie fast vier Monate lang dem Verschwindenlassen zum Opfer. In dieser Zeit hatte ihre Familie keinerlei Informationen über ihren Aufenthaltsort. In einem Offenen Brief aus dem Gefängnis vom August 2024 berichtet Verisheh Moradi, dass sie bei ihrer Festnahme von Sicherheitskräften gefoltert und anderweitig misshandelt wurde. Ihren Angaben zufolge wurde sie in einer Haftanstalt des Geheimdienstministeriums in Sanandaj 13 Tage lang in Einzelhaft gehalten. Dort wurde sie laut einer gut informierten Quelle geschlechtsspezifischer Gewalt ausgesetzt, bevor sie etwas später im August 2023 in die Abteilung 209 des Teheraner Evin-Gefängnisses verlegt wurde. In ihrem Offenen Brief gab Verisheh Moradi an, dass sie dort mehr als vier Monate lang in Einzelhaft festgehalten und ohne Rechtsbeistand verhört worden war. Sie berichtete außerdem, dass sie gefoltert und in anderer Weise misshandelt sowie mit der Hinrichtung bedroht wurde. Damit sollte sie dazu gebracht werden, zu "gestehen", mit Waffengewalt für kurdische Gruppen gegen die Islamische Republik Iran gekämpft zu haben – ein Vorwurf, den Verisheh Moradi bestreitet. Ende Dezember 2023 wurde sie in den Frauentrakt des Evin-Gefängnisses verlegt. 

Der Prozess gegen Verisheh Moradi, der in zwei Sitzungen am 16. Juni und 5. Oktober 2024 stattfand, entsprach bei Weitem nicht den internationalen Standards für faire Gerichtsverfahren. Während der beiden Verhandlungstermine hinderte das Gericht sowohl sie als auch ihren Rechtsbeistand an einer Verteidigung. Erst nach Abschluss der zweiten Anhörung durfte ihr Rechtsbeistand die Fallakte von Verisheh Moradi einsehen. Seit ihrer Festnahme haben die Behörden ein zweites Verfahren gegen Verisheh Moradi eröffnet. Wegen ihres friedlichen Aktivismus im Gefängnis, darunter Proteste gegen die eskalierende Anwendung der Todesstrafe im Iran, ist sie zudem zum Ziel weiterer Vergeltungsmaßnahmen geworden. Nach einem dreiwöchigen Hungerstreik im Oktober 2024 haben sich ihre bereits existierenden Darmprobleme verschlimmert. Der Zugang zu angemessener Gesundheitsversorgung wird ihr jedoch nach wie vor verwehrt. Verisheh Moradi darf seit ihrer Inhaftierung nur sehr begrenzt Kontakt mit ihrer Familie aufnehmen. Seit Mai 2024 darf sie keinerlei Familienbesuch mehr empfangen.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Seit den Protesten unter dem Motto "Frau, Leben, Freiheit" Ende 2022 machen die iranischen Behörden verstärkt von der Todesstrafe Gebrauch, um die Bevölkerung in Angst und Schrecken zu versetzen und ihre Macht zu festigen. Unter anderem werden vermehrt Todesurteile gegen Angehörige ethnischer Minderheiten verhängt, z. B. gegen Belutsch*innen und Kurd*innen. Am 29. Januar 2024 richteten die iranischen Behörden willkürlich Pejman Fatehi, Vafa Azarbar, Mohammad (Hazhir) Faramarzi und Mohsen Mazloum hin. Bei ihnen handelte es sich um kurdische Dissidenten, die nach einem grob unfairen Verfahren Ende 2023 zum Tode verurteilt worden waren. Auch Frauen werden im Iran derzeit vermehrt auf der Grundlage politisch motivierter Anschuldigungen zum Tode verurteilt. Im Juli 2024 war die Kurdin Pakhshan Azizi in Verbindung mit friedlichen humanitären und menschenrechtlichen Aktivitäten zum Tode verurteilt worden. Sie hatte vertriebenen Frauen und Kindern im Nordosten Syriens geholfen. Ihr wird ebenfalls "bewaffnete Rebellion gegen den Staat" (baghi) vorgeworfen. Im Jahr 2023 vollstreckten die Behörden mindestens 853 Todesurteile. Angehörige der verfolgten belutschischen Minderheit, die etwa 5 % der iranischen Bevölkerung ausmachen, sind von der Anwendung der Todesstrafe unverhältnismäßig stark betroffen: 20 % aller Hinrichtungen im Jahr 2023 entfielen auf sie. Die iranischen Behörden haben die Exekutionen auch 2024 fortgesetzt und dabei u. a. Angehörige ethnischer Minderheiten und Andersdenkende ins Visier genommen. Amnesty International wendet sich in allen Fällen, weltweit und ausnahmslos gegen die Todesstrafe, da sie das in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte festgeschriebene Recht auf Leben verletzt und die grausamste, unmenschlichste und erniedrigendste aller Strafen darstellt. 

Im Iran werden ethnische Minderheiten, darunter kurdische Bevölkerungsgruppen, nach wie vor diskriminiert, was Bildung, Beschäftigung, angemessenen Wohnraum und politische Teilhabe betrifft. Regionen, in denen ethnische Minderheiten leben, erhalten nicht genügend staatliche Mittel, was die Armut und Ausgrenzung der dortigen Bevölkerung noch verstärkt. Sicherheitskräfte töteten 2023 rechtswidrig zahlreiche unbewaffnete kurdische Kuriere (kulbar), die Güter zwischen den kurdischen Regionen des Irans und Iraks hin- und hertransportierten. Diese Tötungen gingen straflos aus. Amnesty International hat zudem dokumentiert, dass die iranischen Behörden routinemäßig Angehörige der kurdischen Minderheit willkürlich festnehmen und inhaftieren, nur weil sie tatsächlich oder vermeintlich kurdische Parteien unterstützen oder diesen nahestehen. Die Behörden legen nur selten ausreichende Beweise vor, die auf eine direkte oder indirekte Beteiligung an einer international als Straftat anerkannten Handlung schließen lassen.

Fortsetzung (Auf Englisch)
On 1 August 2023, as Verisheh Moradi was travelling by car into Sanandaj, she was violently arrested by agents from Ministry of Intelligence. In an open letter written from Evin prison, dated early August 2024, Verisheh Moradi described how agents shot at the car she was in, shattering the windows and subsequently physically assaulting her during arrest. In this same letter, she wrote that on 9 April 2024 she was indicted for offences that included "membership in opposition groups" and "armed rebellion against the state" (baghi). She further highlighted in the letter that the Iranian authorities have "equated [her] struggle against terrorist forces like Da’esh [Islamic State (IS) armed group] with a struggle against the Islamic Republic of Iran"; she has subsequently denied taking up arms in Iran. In 2014, while in north-east Syria, she was injured during the armed conflict in Kobani, a Kurdish-majority town now under the de-facto control of the Autonomous Administration of north-east Syria, between the IS armed group and Kurdish armed groups and others. 

While held in prolonged solitary confinement in section 209 of Evin prison, which is under the control of the Ministry of Intelligence, Verisheh Moradi wrote in her August 2024 open letter that she suffered from headaches, nosebleeds, and severe neck and back pains. On 14 May 2024, Verisheh Moradi was transferred from the women’s ward of Evin prison to section 209 for renewed interrogations and returned back to the women’s ward the next day on 15 May 2024. Since early May 2024, officials have also denied Verisheh Moradi visits with her family in reprisal for her activism, including in relation to the presidential elections in Iran. In early September 2024, the authorities opened a second case against Verisheh Moradi in connection to a protest she and several others, including arbitrarily detained human rights defender Narges Mohammadi, held in early August 2024 in the women’s ward of Evin prison against the Iranian authorities’ intensified use of the death penalty and the secret arbitrary execution of Reza Rasaei in connection to the September-December 2022 "Woman Life Freedom" uprising. In late October 2024, she was sentenced to a six-month prison sentence for "disobedience against government officials" in relation to this protest. Since her detention, Verisheh Moradi has carried out peaceful protests in prison, including a hunger strike she began on 10 October 2024, World Day Against the Death Penalty, to protest against the authorities’ use of the death penalty. Following urgent interventions by activists calling on her to end her hunger strike due to her poor health, Verisheh Moradi ended her hunger strike on 29 October 2024. She remained in poor health with intestinal problems, and shortly after her hunger strike was transferred out of prison for medical care and returned back to prison the next day. Her intestinal problems worsened and she developed intestinal bleeding. In mid-November 2024, her family arranged for her to obtain medical care outside prison but her transfer was blocked by prison and intelligence officials, according the Kurdistan Human Rights Network, a human rights organization. In October 2024, authorities also denied her ongoing access to the adequate health care she needs for her neck and back pain, including physiotherapy.