Amnesty Report Taiwan 24. April 2024

Taiwan 2023

Demonstrierende mit erhobenen Händen und Fahnen, dahinter ein Haus.

LGBTI-Protest in der taiwanesischen Hauptstadt Taipeh (Archivaufnahme 2019)

Berichtszeitraum: 1. Januar 2023 bis 31. Dezember 2023

Eine Änderung des Einwanderungsgesetzes brachte für Asylsuchende keinen gesetzlichen Schutz vor Zurückweisung (Refoulement) mit sich. Im Zuge von Rechtsreformen erhielten indigene Gemeinschaften besseren Schutz. Die meisten Beschränkungen für Ehen zwischen gleichgeschlechtlichen Partner*innen mit unterschiedlicher Staatsangehörigkeit wurden aufgehoben. Durch Gesetzesreformen bekamen die Behörden mehr Befugnisse, um die nicht einvernehmliche Verbreitung von sexuellen Inhalten im Internet zu verhindern. Die Regierung legte sich nicht auf eine Frist für den Ausstieg aus der Nutzung fossiler Brennstoffe fest. 

Rechte von Flüchtlingen und Migrant*innen

Im Mai 2023 verabschiedete das Parlament eine Änderung des Einwanderungsgesetzes, mit der bestimmten ausländischen Arbeitnehmer*innen möglicherweise bessere Rechte auf Arbeit, Bildung und Familienzusammenführung eingeräumt werden. Allerdings gab es immer noch kein Asylsystem, und die Regierung ignorierte Empfehlungen von zivilgesellschaftlichen Gruppen, den Schutz von Asylsuchenden vor Zurückweisung in Länder, in denen ihnen schwere Menschenrechtsverletzungen drohen würden, gesetzlich zu verankern. Die Geldstrafen für Arbeitsmigrant*innen, die von ihren Arbeitgeber*innen weglaufen, wurden erhöht.

Rechte indigener Gemeinschaften

Im Mai 2023 nahm das Parlament eine Änderung des Bergbaugesetzes an, wonach Bergbauunternehmen die freie, vorherige und informierte Zustimmung der indigenen Bevölkerungsgruppen einholen müssen, bevor sie auf oder in der Nähe von deren Land Bergbau betreiben. Ebenfalls im Mai verabschiedete das Parlament das seit Langem erwartete Gesetz über die Gesundheit indigener Gemeinschaften. Mit dem Gesetz wurden die Mittel für die Gesundheitsversorgung für Indigene aufgestockt. Zudem verpflichtete es die Regierung, die indigenen Gemeinschaften bei der Ausarbeitung von Maßnahmen, die ihre Gesundheit betreffen, zu konsultieren.

Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Trans- und Intergeschlechtlichen (LGBTI+)

Im Januar 2023 kündigte die Regierung an, dass fortan allen transnationalen gleichgeschlechtlichen Paaren das Recht eingeräumt werden soll, in Taiwan zu heiraten, mit Ausnahme von Paaren, bei denen ein*e Partner*in aus Taiwan und der*die andere aus der Volksrepublik China stammt. Zuvor konnten gleichgeschlechtliche Paare, bei denen der*die ausländische Partner*in aus einem Land stammte, in dem gleichgeschlechtliche Partnerschaften nicht legal waren, nicht in Taiwan heiraten.

Eine im Mai 2023 vom Parlament angenommene Änderung des Gesetzes über die gleichgeschlechtliche Ehe erlaubte es gleichgeschlechtlichen verheirateten Paaren, Kinder zu adoptieren, die mit keiner*m der Ehepartner*innen verwandt sind, womit ein früheres Hindernis beseitigt wurde, das das Adoptionsrecht auf Kinder beschränkt hatte, die mit einer*m Ehepartner*in verwandt sind.

Sexualisierte und geschlechtsspezifische Gewalt

Im Juli 2023 stärkte das Parlament den Rechtsschutz für Überlebende sexualisierter und geschlechtsspezifischer Gewalt durch eine Änderung der entsprechenden Gesetzgebung. Dadurch erhielten die Polizei und andere Regierungsbehörden die Befugnis, von Internetplattformen, Dienstleistern und Anwendungsanbietern zu verlangen, den Zugang zu nicht einvernehmlich verbreiteten Bildern und Videos mit eindeutig sexuellen Inhalten zu sperren oder diese zu entfernen, um Personen zu schützen, deren intime Inhalte ohne ihre Zustimmung verbreitet werden. Zudem wurden Gesetzesänderungen angenommen, die es den Betroffenen ermöglichen, bei den zuständigen Behörden Beschwerde einzureichen, und die die lokalen Behörden verpflichten, psychische Gesundheitsdienste zur Verfügung zu stellen. Es wurde jedoch keine auf dem Einwilligungsprinzip basierende Definition von Vergewaltigung in die Gesetzesänderungen aufgenommen, wie sie gemäß internationalen Menschenrechtsnormen gefordert wird.

Recht auf eine gesunde Umwelt

Die Regierung verabschiedete mehrere Maßnahmen zur Eindämmung des Klimawandels, darunter das im Januar 2023 in Kraft getretene Klimaschutzgesetz, mit dem die Regierung dazu verpflichtet wird, die Treibhausgasemissionen bis 2050 um 50 Prozent gegenüber 2005 zu senken. 

Im April 2023 stellte die Regierung ihren Zwölf-Punkte-Plan vor, mit dem Netto-Null-Emissionen bis 2050 erreicht werden sollen. Vorgesehen sind eine Modernisierung der Industrie, die Anwendung von Technologien zur Kohlenstoffabscheidung und -speicherung sowie die Entkarbonisierung der Energieerzeugung. Die Regierung legte jedoch keinen Zeitplan für die Erfüllung ihrer Verpflichtung zum Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen fest.

Das staatliche Unternehmen CPC Corporation setzte seine Aktivitäten zur Ölexploration und -förderung im Ausland fort, u. a. in Australien, wo es eine Beteiligung an dem Ölfeld Dorado und vier weiteren Ölfeldern vor der Westküste des Landes erwarb.

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