DEINE SPENDE KANN LEBEN RETTEN!
Mit Amnesty kannst du dort helfen, wo es am dringendsten nötig ist.
DEINE SPENDE WIRKT!
Bolivien 2023
Protest für die Freilassung des Gouverneurs Luis Fernando Camacho und anderer politischer Gefangener in der bolivianischen Stadt Santa Cruz am 25. Januar 2023
© AFP via Getty Images
- Recht auf ein faires Gerichtsverfahren und Rechte von Inhaftierten
- Menschenrechtsverteidiger*innen
- Recht auf Wahrheit, Gerechtigkeit und Wiedergutmachung
- Rechte indigener Gemeinschaften
- Rechte auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit
- Recht auf eine gesunde Umwelt
- Veröffentlichungen von Amnesty International
Berichtszeitraum: 1. Januar 2023 bis 31. Dezember 2023
Die mangelnde Unabhängigkeit der Justiz gab nach wie vor Anlass zur Sorge. Die Behörden ergriffen keine Maßnahmen zum Schutz von Menschenrechtsverteidiger*innen. Von Menschenrechtsverletzungen Betroffene mussten weiter auf eine Wiedergutmachung warten. Indigene Gemeinschaften hatten unter den Folgen ungeregelter Bergbauaktivitäten zu leiden, und Sicherheitskräfte griffen bei Protesten Journalist*innen an. Es wurden keine angemessenen Maßnahmen gegen starke Waldbrände ergriffen.
Recht auf ein faires Gerichtsverfahren und Rechte von Inhaftierten
Eine Delegation der Interamerikanischen Menschenrechtskommission besuchte Bolivien im März 2023 und äußerte sich besorgt über die mangelnde Unabhängigkeit der Justiz. Im August 2023 forderte die Kommission von den Behörden Informationen über den Zustand von César Apaza. Der ehemalige Sprecher eines Verbands von Kokaproduzent*innen befand sich seit September 2022 in Untersuchungshaft, nachdem Ordnungskräfte zuvor Proteste des Verbands gewaltsam unterbunden hatten. Im September trat César Apaza in den Hungerstreik, um das unfaire gerichtliche Verfahren gegen ihn sowie seine Misshandlung durch die Gefängnisbehörden anzuprangern.
Menschenrechtsverteidiger*innen
Die Behörden ergriffen 2023 keine Maßnahmen zum Schutz von Menschenrechtsverteidiger*innen. Lokalen Organisationen zufolge waren Personen, die sich für den Schutz der Umwelt einsetzten, nach wie vor am stärksten gefährdet.
Am 2. Juni 2023 stürmten und besetzten Dutzende Personen, die offenbar aus dem Umfeld der Regierungspartei stammten, die Büros der NGO Asamblea Permanente de Derechos Humanos de Bolivia (APDHB) in La Paz. Nach der Razzia begann die 84-jährige Menschenrechtlerin und Präsidentin der APDHB, Amparo Carvajal, vor den Büroräumen der Organisation eine Mahnwache abzuhalten, die 52 Tage dauerte. Die Behörden ergriffen während der Mahnwache keine Maßnahmen, um die Sicherheit und Gesundheit von Amparo Carvajal und ihren Kolleg*innen zu gewährleisten. Durch Vermittlung des spanischen Konsuls in Bolivien kam es zu einer Räumung der Gruppen, die das Büro besetzt hielten, und damit zu einem Ende der Mahnwache. Die APDHB hatte ihren normalen Betrieb zum Ende des Jahres noch nicht wieder aufgenommen.
Recht auf Wahrheit, Gerechtigkeit und Wiedergutmachung
Im Oktober 2023 veröffentlichte die Interamerikanische Menschenrechtskommission ihren ersten Bericht über die Umsetzung der Empfehlungen, die von ihrer Interdisziplinären Gruppe unabhängiger Sachverständiger für Bolivien als Reaktion auf die politische Krise des Landes von 2019 ausgesprochen worden waren. Während der Krise waren mindestens 37 Personen ums Leben gekommen und Hunderte weitere von Sicherheitskräften verletzt worden. Die Kommission erkannte zwar an, dass es einige Fortschritte bei der Unterstützung von Betroffenen gegeben hatte, wies jedoch darauf hin, dass die fortlaufenden Untersuchungen schwerer Menschenrechtsverletzungen nur wenig vorangekommen waren und bisher noch kein umfassendes Wiedergutmachungsprogramm implementiert worden war.
Rechte indigener Gemeinschaften
Die Regierung kündigte die Umsetzung eines nationalen Plans zum Schutz indigener Bevölkerungsgruppen vor den Folgen der ungeregelten Entsorgung von Quecksilber aus Goldminen an. In der Ankündigung äußerte sich die Regierung jedoch nicht dazu, wie der Plan im Einzelnen umgesetzt werden sollte. In der Zwischenzeit genehmigten die Behörden auch weiterhin neue Goldabbauprojekte und erhöhten so die Gefahr von Quecksilbervergiftungen für Gemeinschaften im ganzen Land.
Rechte auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit
Im Januar 2023 meldete das Büro der Ombudsperson mehrere Fälle von unverhältnismäßiger Gewaltanwendung durch die Polizei bei einer Reihe von Protesten, die durch die Festnahme von Luis Fernando Camacho, dem Gouverneur von Santa Cruz, ausgelöst worden waren. Im Zusammenhang mit den Protesten dokumentierten zivilgesellschaftliche Organisationen Angriffe auf 75 Journalist*innen.
Recht auf eine gesunde Umwelt
Zwar war Bolivien Verpflichtungen zum Erhalt des Waldbestandes eingegangen, doch Menschenrechtsverteidiger*innen kritisierten 2023, dass die Behörden nichts unternommen hätten, um Gesetze abzuschaffen, auf deren Grundlage seit Jahren die Entwaldung durch die Agrar- und Rohstoffindustrie vorangetrieben wurde. Als Bolivien Ende des Jahres von starken Waldbränden heimgesucht wurde, die durch den Klimawandel noch ausgeprägter waren als zuvor, prangerten Menschenrechtler*innen an, dass nicht genug getan worden sei, um die Waldbrände zu verhindern.