Aktuell Russische Föderation 22. November 2021

Russland: Amnesty-Erklärung zur drohenden Auflösung von Memorial

Amnesty-Logo: Kerze umschlossen von Stacheldraht

Amnesty International in Deutschland protestiert gegen das Vorgehen der russischen Justizbehörden, die die gerichtliche Auflösung der "Internationalen Gesellschaft Memorial" und des "Menschenrechtszentrums Memorial" beantragt haben.

Mit dem Auflösungsantrag gegen die angesehene und international vielfach ausgezeichnete "Internationale Gesellschaft Memorial" ist eine neue Stufe der Repressionen gegen die unabhängige Zivilgesellschaft in Russland erreicht. Die russischen Behörden zielen damit auf die Mission von Memorial, die Erinnerung an die Opfer von Menschenrechtsverletzungen zu Zeiten der Sowjetunion zu bewahren. Sie glauben offenbar, die vergangenen Verbrechen des Staates gegen das eigene Volk für immer aus den Geschichtsbüchern löschen zu können.

Die Generalstaatsanwaltschaft stützt ihren Antrag unter anderem darauf, dass Memorial gegen die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte und die Konvention über die Rechte des Kindes verstoßen habe, indem es seine Publikationen nicht hinreichend mit dem stigmatisierenden Etikett 'ausländischer Agent' gekennzeichnet habe. Dieser Vorwurf ist schon deshalb unbegründet, weil Memorial als Nichtregierungsorganisation nicht gegen internationale Verträge verstoßen kann, die Staaten Verpflichtungen auferlegen. Anstatt Menschenrechtsorganisation zu kriminalisieren, sollte die Staatsanwaltschaft – und die russischen Behörden im Allgemeinen – über die Einhaltung der Menschenrechte wachen, zu denen der russische Staat durch internationale Abkommen verpflichtet ist.

Tweet von Markus N. Beeko, Generalsekretär bei Amnesty International in Deutschland:

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Auch das Vorgehen gegen das "Menschenrechtszentrum Memorial" ist nicht hinnehmbar. Der Vorwurf, die Menschenrechtsorganisation leiste "Terrorismus" und "Extremismus" Vorschub, kann angesichts ihres jahrzehntelangen unerschrockenen Einsatzes gegen Menschenrechtsverletzungen insbesondere im Nordkaukasus nur als zynisch bezeichnet werden. Immer wieder sind Angehörige der Organisation in Zusammenhang mit ihrer Arbeit bedroht, misshandelt oder entführt worden. Die Mitarbeiterin Natalja Estemirowa hat ihren Einsatz für die Menschenrechte mit ihrem Leben bezahlt. Jetzt droht den Verantwortlichen der Organisation wegen ihrer Arbeit auch noch die strafrechtliche Verfolgung.

Die russischen Behörden müssen die Repressalien gegen Memorial unverzüglich beenden und die russische Gesetzgebung mit internationalen Menschenrechtsnormen und -standards in Einklang bringen, unter anderem durch die Aufhebung des Gesetzes über "ausländische Agenten". Die gegen Memorial gerichteten Anträge müssen zurückgewiesen werden.

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