Aktuell Russische Föderation 16. September 2022

Russland: Immer härtere Haftbedingungen für Alexej Nawalny

Menschen mit Plakaten, eines zeigt das Porträt von Alexej Nawalny

Amnesty-Mahnwache vor dem Kanzleramt in Berlin für die Freilassung des in Russland inhaftierten Kreml-Kritikers Alexej Nawalny (21. April 2021)

Die jüngsten Berichte und Fotos über die Haftbedingungen von Alexej Nawalny sind beunruhigend. Der bekannte russische politische Aktivist verbüßt nach konstruierten Anklagen wegen Betrugs eine neunjährige Gefängnisstrafe. Marie Struthers, Direktorin für Osteuropa and Zentralasien bei Amnesty International, sagt dazu:

"Wir haben beunruhigende Informationen über die immer schlechtere Behandlung von Alexej Nawalny in der Strafkolonie mit verschärfter Anstaltsordnung erhalten, in der er derzeit eingesperrt ist. Dazu gehören harte Strafen für angebliche Vergehen und wiederholte Versuche, ihn von den anderen Gefangenen fernzuhalten, die Berichten zufolge nicht mit ihm sprechen oder ihn auch nur ansehen dürfen. Unter grober Verletzung seiner Rechte und der russischen Gesetze werden Alexej Nawalny keine vertraulichen Treffen mit seinem Anwalt gestattet. Seine Gesundheit und psychische Verfassung stehen auf dem Spiel, und dies kommt einer grausamen, unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung gleich.

Die russischen Strafvollzugsbehörden versuchen mit den von ihnen seit Jahren verfeinerten Methoden, Alexej Nawalny zu brechen, indem sie ihn erniedrigen, demütigen und ihm das Leben in der Strafkolonie zur Hölle machen. Wir fordern die sofortige und bedingungslose Freilassung des gewaltlosen politischen Gefangenen Alexej Nawalny und die strafrechtliche Verfolgung aller, die für seine rechtswidrige Inhaftierung und Misshandlung verantwortlich sind."

 

Amnesty-Video über Alexej Nawalny:

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Hintergrund

Alexej Nawalny wurde am 14. Juni von der Strafkolonie IK-5 in Pokrow in die ebenfalls in der Region Wladimir liegende Kolonie IK-6 in Melechowo verlegt. Die neue Strafkolonie hat strengere Sicherheitsvorschriften und Alexej Nawalny wird dort nach Angaben seiner Anwält*innen einer härteren Behandlung durch die Gefängnisverwaltung und die Wärter*innen ausgesetzt.

Seit dem 15. August hat die Gefängnisverwaltung Alexej Nawalny viermal in eine Strafzelle (auf Russisch shtrafnoy izolyator oder SHIZO) verlegt, wobei sie entweder Verstöße gegen die Gefängnisregeln, wie zum Beispiel einen offenen Knopf an seinem Gefängnishemd, anführte oder überhaupt keine Erklärungen abgab. In einer Strafzelle erhält Alexej Nawalny weder Familienbesuche noch Pakete oder Briefe. Der gewaltlose politische Gefangene wurde laut Berichten zudem als "böswilliger Verletzer" der Regeln der Strafkolonie bezeichnet und ist unter "strenge Haftbedingungen" gestellt worden. Das bedeutet unter anderem, dass seine Angehörigen ihn nur vier statt sechs Mal im Jahr besuchen können.

Zusätzlich zu den Disziplinarmaßnahmen teilte die Gefängnisverwaltung Alexej Nawalny mit, ihm sei das Recht auf vertrauliche Kommunikation mit seinen Anwält*innen entzogen worden. Alexej Nawalny muss nun mit seinem Anwalt durch einen undurchsichtigen Plastikvorhang kommunizieren, der es ihnen unmöglich macht, Dokumente auszutauschen oder zu prüfen.

Seine Kommunikation mit anderen Gefangenen soll stark eingeschränkt worden sein: Es soll ihnen verboten sein, mit ihm zu sprechen oder ihn auch nur anzusehen. Laut Berichten seiner Kolleg*innen und eines*r russischen Menschenrechtsaktivisten*in wird ein Alarm ausgelöst, wenn Alexej Nawalny im Gefängnis von einem Ort zum anderen gebracht wird und die Gefangenen müssen sich von ihm abwenden und sich von den Fenstern entfernen, in deren Nähe er vorbeigeht.

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