Aktuell Erfolg Iran 24. November 2022

Proteste im Iran: UN lassen Gewalt gegen Demonstrierende untersuchen

Das Bild zeigt eine Frau mit einem großem Plakat

Amnesty-Kundgebung vor dem Bundestag in Berlin in Solidarität mit den Protestierenden im Iran (23. November 2022)

Es ist der lang erwartete Wendepunkt im Kampf gegen die systematische Straflosigkeit im Iran: Der UN-Menschenrechtsrat hat am 24. November eine Resolution zur Einrichtung einer Untersuchungskommission verabschiedet. Sie soll die Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit den am 16. September 2022 ausgebrochenen Protesten im Iran untersuchen, insbesondere im Hinblick auf Frauen und Minderjährige. Dass der UN-Menschenrechtsrat sich überhaupt mit dem Thema befasste, ist auf internationalen Druck zurückzuführen, zu dem auch Amnesty International beigetragen hatte: In den vergangenen Wochen hatten weltweit mehr als eine Million Menschen aus 218 Staaten und Gebieten Amnesty-Petitionen unterschrieben und sich der Forderung nach unabhängigen Untersuchungen angeschlossen.

Agnès Callamard, internationale Generalsekretärin von Amnesty International, kommentierte die Entscheidung des UN-Menschenrechtsrates mit folgenden Worten:

"Dieser wichtige und längst überfällige Schritt zeigt, dass die Rufe der Menschen im Iran nach Gerechtigkeit endlich gehört wurden. Wir hoffen, dass die Einrichtung dieser Untersuchungskommission einen grundlegenden Wandel in der Herangehensweise der internationalen Gemeinschaft an die systematischen Straflosigkeit markiert, die seit langem Verbrechen gegen das Völkerrecht und andere schwere Menschenrechtsverletzungen im Iran begünstigt. Die Resolution stärkt nicht nur die internationale Beobachtung der dramatischen Lage im Iran, sondern löst auch ein Verfahren aus, bei dem wichtige Beweise für künftige Strafverfolgungen gesammelt, gebündelt und gesichert werden.
Amnesty International setzt sich seit Jahren für die Einrichtung eines unabhängigen Untersuchungs- und Rechenschaftsmechanismus im Iran ein. Auch wenn die Untersuchungskommission schon viel früher hätte kommen müssen, ist die heutige Abstimmung eine klare Botschaft an die iranischen Behörden, dass sie nicht länger völkerrechtliche Verbrechen begehen können, ohne Konsequenzen befürchten zu müssen.
Die Staaten müssen nun dafür sorgen, dass das Mandat unverzüglich umgesetzt und mit ausreichenden Mitteln ausgestattet wird, und die iranischen Behörden auffordern, uneingeschränkt mit der Kommission zusammenzuarbeiten und ihr ungehinderten Zugang zum Land zu gewähren. Die heutige Abstimmung muss auch ein Warnsignal für die iranischen Behörden sein, die brutale Niederschlagung der Proteste sofort zu beenden."

Amnesty fordert die iranischen Behörden auf, den Einsatz des Militärs gegen Demonstrierende - inbesondere in den kurdischen Gebieten des Irans - unverzüglich zu stoppen.

Tweet von Amnesty-Referentin Katja Müller-Fahlbusch:

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Hintergrund

Während die Resolution in Genf verhandelt wurde, wiesen die iranischen Behörden die Erkenntnisse der UN-Expert*innen und Menschenrechtsorganisationen weiterhin zurück. Zwischenzeitlich setzten sie im eigenen Land die weit verbreitete Anwendung von rechtswidriger tödlicher Gewalt fort und forderten die Todesstrafe für Demonstrierende.

Die Untersuchungskommission hat den Auftrag, "Beweise für derartige Menschenrechtsverletzungen zu sammeln und zu analysieren sowie Beweise mit Blick auf etwaige Strafverfolgungsverfahren dauerhaft zu sichern."

Die tödliche Repression der Regierung der Islamischen Republik Iran gegen den andauernden Aufstand der Bevölkerung, der nach Zhina Mahsa Aminis Tod in Gewahrsam am 16. September 2022 ausbrach, ist der jüngste Versuch der iranischen Behörden gewaltsam gegen Menschen vorzugehen, die seit Dezember 2017 bis Januar 2018 ihren legitimen Protest gegen die Misstände zum Ausdruck bringe.

Amnesty International hat immer wieder Verbrechen nach dem Völkerrecht und andere schwere Menschenrechtsverletzungen dokumentiert, die von den iranischen Behörden im Zusammenhang mit den Protesten begangen wurden. Dazu gehören die Anwendung tödlicher Gewalt, massenhafte willkürliche Festnahmen und Inhaftierungen, Fälle von Verschwindenlassen, Folter und andere Misshandlungen und die Verurteilung von Personen zu langen Haftstrafen oder zum Tode nach grob unfairen Gerichtsverfahren. Die Behörden der Islamischen Republik Iran haben wiederholte Forderungen der internationalen Gemeinschaft nach strafrechtlichen Ermittlungsverfahren solcher Verbrechen ignoriert. Stattdessen haben sie versucht, Beweise für ihre Verbrechen zu vernichten und gleichzeitig die Angehörigen der Überlebenden und Todesopfer zu verfolgen, die Wahrheit, Gerechtigkeit und Entschädigung fordern.

Eine Menschenmenge, ein Frau schwenkt ein Tuch, in der Ferne steigt Rauch auf.

Demonstrierende im Iran fordern Gerechtigkeit im Fall der getöteten Jina Mahsa Amini (30. September 2022).

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