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Im Dilemma: Warum wir Twitter & Co. nutzen, obwohl wir gegen ihre Überwachung kämpfen
Reichweite generieren, um auf Menschenrechtsverletzungen aufmerksam zu machen: Der Twitter-Account von Amnesty International.
© Amnesty International
Amnesty International setzt sich seit vielen Jahren gegen Menschenrechtsverletzungen durch Internet-Plattformen wie Twitter oder Meta’s Facebook und Instagram ein. Doch wir brauchen sie für unsere Menschenrechtsarbeit.
Von Clara Sölch, Lisa Groß und Lena Rohrbach
Unsere Forderungen zur Einhaltung der Menschenrechte richten sich nicht nur an Staaten und Regierungen. Amnesty hat auch Unternehmen kritisch im Blick. Dazu gehören auch Menschenrechtsverletzungen seitens Social-Media-Plattformen.
2018 veröffentlichte Amnesty International eine Studie über Hassrede und Gewaltandrohungen auf Twitter. Die Studie dokumentiert, wie die Hetze auf Twitter das Recht von Frauen einschränkt, sich frei, gleich und ohne Angst zu äußern. Wir nehmen Twitter und andere Plattformen in die Verantwortung, Hass und Hetze entschieden entgegenzutreten.
Die Plattformen müssen außerdem analysieren, wie ihre Algorithmen Hass, Hetze und Desinformation oftmals sogar noch befeuern. In unserem Bericht "The Social Atrocity" zeigen wir, dass Facebook wesentlich zur ethnischen Säuberung und gewaltsamen Vertreibung von mehr als 700.000 Rohingya in Myanmar beigetragen hat. Amnesty International fordert weiterhin Entschädigungen.
Unser Bericht "Surveillance Giants" dokumentiert, wie das Geschäftsmodell der Plattformen das Menschenrecht auf Privatsphäre verletzt: Plattformen wie Google und Meta sammeln die Daten ihrer Nutzer*innen und zwar in einem nie dagewesenen Ausmaß. Auf Basis dieser Daten, ihren Interessen und Aktivitäten, wird ihnen dann Werbung angezeigt. Amnesty fordert strenge Regulierungen. Wir setzen uns für eine digitale Infrastruktur ein, die Selbstbestimmung, Privatsphäre und Autonomie der Menschen respektiert und schützt.
Warum also Twitter, Facebook, YouTube & Co?
Social-Media-Plattformen der "Big Tech" Unternehmen bergen Gefahren für die Menschenrechte, aber eben auch großes Potenzial für die Menschenrechtsarbeit. Dieses Potenzial liegt in der riesigen Anzahl der Nutzer*innen: 2020 geht ein schreckliches Video von tödlicher Polizeigewalt in den USA viral – Tausende Black-Lives-Matter-Proteste folgen weltweit. Seit 2017 berichten Frauen auf der ganzen Welt unter dem Hashtag #MeToo über sexualisierte Gewalt und können so endlich das Ausmaß dieser Gewalt aufzeigen. 2011 verabreden sich Menschen im Mittleren und Nahen Osten zu spontanen riesigen Protesten und fordern Freiheit und Gleichheit und ein Ende der Unterdrückung und Gewalt.
Menschenrechtsaktivist*innen auf der ganzen Welt werden ihrem Beispiel in den nächsten Jahren folgen – bis hin zu Schüler*innen, die für Klimaschutz protestieren. Aktuell beobachten wir, wie Menschen sich weltweit via Twitter und Instagram mit den Protestierenden im Iran solidarisieren – an den restriktiven staatlichen Medien vorbei. Die Demonstrant*innen sind auf die Plattformen angewiesen: Die Videos, die ihre brutale Unterdrückung zeigen, haben dort eine größere Reichweite.
In dieser Hinsicht kann die Nutzung der Social-Media-Plattformen emanzipatorisch sein und Menschen Gehör verschaffen. Die großen Plattformen haben dabei einen entscheidenden Vorteil gegenüber Alternativen wie etwa Mastodon: Deutlich mehr User*innen, die ihre Stimmen durch Likes, Shares und Kommentare verstärken können.
Was macht Amnesty International?
Als deutsche Sektion von Amnesty International nutzen wir die Social-Media-Plattformen Twitter, Instagram und Facebook (Meta) und YouTube (Google). Die Veröffentlichung von Menschenrechtsverletzungen ist Kern unserer Arbeit – und die Plattformen erlauben uns, eine weitaus größere Reichweite für sie zu generieren. Dabei nutzen wir auch die Möglichkeiten des Marketings via Meta und Google, um mehr Menschen zu erreichen, die sich für unsere Belange stark machen.
Als globale Organisation interagieren wir regelmäßig mit transnationalen Menschenrechtsbewegungen in und außerhalb Deutschlands, die sich auf den großen Social-Media-Plattformen bewegen, austauschen und dort mobilisieren. Auch Politiker*innen, die wir mit unseren Forderungen erreichen möchten, sind insbesondere dort aktiv. Dies gilt außerdem für Unternehmen, die wir mit Forderungen zu Menschenrechten etwa in ihren Lieferketten oder Exporten auch dort konfrontieren möchten. Denn User*innen sehen unsere Forderungen und können sie ebenso an die Verantwortlichen von Menschenrechtsverletzungen richten.
Über Themen rund um Technologie und das Menschenrecht auf Privatsphäre wird auch auf alternativen Plattformen – wie beispielsweise Mastodon – viel diskutiert. Andere menschenrechtliche Diskurse findet wiederum fast ausschließlich auf den konventionellen Plattformen statt. Als Menschenrechtsorganisation möchten wir diesen Diskursen nicht fernbleiben, sondern mit unseren fundierten Recherchen gegen Desinformation vorgehen, Hass und Hetze entgegentreten und die Stimmen von verfolgten Menschenrechtler*innen und zu Unrecht Inhaftierten verstärken. Die iranische Diaspora tauscht sich beispielsweise viel auf Twitter und Instagram aus und dort finden auch unsere Petitionen und Appellbriefe eine große Verbreitung. Diese Plattformen nicht zu nutzen, würde die Reichweite und Effektivität unserer Menschenrechtsarbeit massiv einschränken. Gleichzeitig sind wir uns der Tatsache bewusst, dass wir mit unserer Präsenz die Bedeutung dieser Plattformen stärken.
Wir überlegen daher kontinuierlich, wie wir bestmöglich unsere Menschenrechtsarbeit leisten und trotzdem Privatsphäre schützen können. Auf unserer Website bekommt ihr Social-Media-Inhalte nur dann angezeigt, wenn ihr dem explizit zustimmt. Sämtliche Plug-Ins und Widgets werden auf www.amnesty.de inaktiv gesetzt und verarbeiten Daten der Besucher*innen erst dann, wenn ihr die konkrete Funktionalität aktiviert. Diese Einstellungen können jederzeit über den Footerlink "Datenschutz verwalten" aufgerufen werden. Auf unserer Website finden sich aktuelle Informationen zu unserem gesamten Arbeitsbereich: Es ist uns wichtig, dass niemand gezwungen ist, "Big Tech" zu nutzen, um unserer Arbeit zu folgen.
Insbesondere aber setzen wir uns durch Forderungen an die Politik intensiv dafür ein, dass das Geschäftsmodell mit Überwachungswerbung verboten wird und Plattformen so reguliert werden, dass ihre Algorithmen und Geschäftsmodelle Hass, Hetze und Desinformation nicht begünstigen, sondern im Gegenteil bekämpfen. Das Internet und insbesondere Social-Media-Plattformen sind ein wichtiger Ort für Meinungsfreiheit und das Recht auf Protest. Diese Orte gilt es zu schützen.
Nicht zuletzt ist es uns wichtig, offen über das Dilemma zu sprechen, das uns und viele andere zivilgesellschaftliche Organisationen betrifft – etwa mit diesem Text. Wir befinden uns in einem ständigen Austausch dazu und freuen uns auch über dein Feedback!