Aktuell Vereinigte Staaten von Amerika 22. September 2022

USA: Rassismus führt zu Folter und anderen Misshandlungen von haitianischen Asylsuchenden

Das Bild zeigt eine Illustration, die Gesichter zweier Menschen rechts, links zu sehen eine Karte der USA, sowie Flugzeuge

Haitianer*innen, die in den USA Asyl ersuchen, sind zahlreichen Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt.

Haitianische Asylsuchende werden von Angehörigen US-amerikanischer Behörden willkürlich inhaftiert, diskriminiert und erniedrigt, was rassistisch begründeter Folter gleichkommt. Dies belegt ein neuer Bericht von Amnesty International.

Der nun veröffentlichte englischsprachige Amnesty-Bericht "They Did Not Treat Us Like People’: Race and Migration-Related Torture and Other Ill-Treatment of Haitians Seeking Safety in the USA" dokumentiert die Fälle von 24 haitianischen Asylsuchenden, die zwischen September 2021 und Januar 2022 abgeschoben wurden. Während ihrer Inhaftierung in US-Hafteinrichtungen erlitten sie zahlreiche Menschenrechtsverletzungen.

Die massenhaften Abschiebungen von Haitianer*innen, die gemäß der Richtlinie "Title 42" durchgeführt werden, sind das jüngste Kapitel einer weit zurückreichenden Geschichte von Inhaftierungen, Ausgrenzungen und Versuchen, Haitianer*innen davon abzuhalten, in den USA Schutz zu suchen. All dies entspringt einer institutionellen Diskriminierung von Schwarzen Menschen. 

"Vor einem Jahr verurteilte Bidens Regierung das beschämende Vorgehen berittener Grenzschutzbeamt*innen, die haitianische Asylsuchende in Del Rio im Bundesstaat Texas gewaltsam auseinandergetrieben hatten. Dennoch schränken die US-Behörden das Recht dieser Menschen, internationalen Schutz an der Grenze zwischen Mexiko und den USA zu suchen, weiterhin ein", so Erika Guevara-Rosas, Direktorin der Region Amerikas bei Amnesty International. 

"Zudem fühlt man sich sehr an die Grausamkeit der Sklaverei erinnert, wenn man sieht, wie Schwarze Haitianer*innen auf Abschiebeflügen mit Handschellen und Fußfesseln fixiert werden. Dies bedeutet für die Betroffenen zusätzliche Schmerzen und psychisches Leid und kommt gemäß internationalen Menschenrechtsabkommen Folter gleich. Unsere Recherchen haben umfangreiche Beweise für institutionellen Rassismus innerhalb des US-Einwanderungssystem hervorgebracht, wie er auch von haitianischen Asylsuchenden beschrieben wird, die für den vorliegenden Bericht befragt wurden." 

Der Bericht zeigt, dass aufeinanderfolgende US-Regierungen versucht haben, Haitianer*innen den Zugang zum Asylsystem in den Vereinigten Staaten zu verwehren. Dazu nutzen sie seit den 1970er-Jahren verschiedene Richtlinien, die darauf abzielen, Menschen aus Haiti abzufangen, zu inhaftieren und abzuschieben. Jüngstes Beispiel dafür ist die unter der Vorgängerregierung erlassene Richtlinie "Title 42".

Tweet von Amnesty in den USA:

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Alle 24 Personen, die Amnesty International für diesen Bericht auf Haiti befragt hat, sind allem Anschein nach unter dieser Richtline zwischen September 2021 und Januar 2022 abgeschoben worden. In keinem dieser Fälle wurde vor dem Rücktransport nach Haiti eine individuelle Überprüfung durch Mitarbeiter*innen der Einwanderungsbehörde durchgeführt. Die für den Bericht befragten Personen gaben an, dass Angehörige der US-Behörden sogar Babys, die erst neun bzw. 14 Tage alt waren, inhaftiert haben. In mehren Fällen sollen Eltern und Babys dabei getrennt worden sein. Beides stellt einen Verstoß gegen das Völkerrecht dar.

Den für diesen Bericht befragten Personen widerfuhren in den US-Hafteinrichtungen zahlreiche Menschenrechtsverletzungen, wie ein unzureichender Zugang zu Nahrung, Gesundheitsleistungen, Informationen, Dolmetscher*innen und Rechtsbeiständen. Dies hatte kumulative Auswirkungen auf die Betroffenen, da sie bereits auf dem Weg an die Grenze der USA Opfer zahlreicher Menschenrechtsverletzungen geworden waren, darunter auch Rassismus gegen Schwarze Personen.

Darüber hinaus berichteten alle 24 Befragten, dass sie während des Flugs zurück nach Haiti Handschellen und Fußfesseln tragen mussten. Durch diese Behandlung fühlten sie sich an Sklaverei erinnert und mit Kriminellen gleichgestellt, was ihnen schwerwiegendes psychisches Leid verursachte. Amnesty International ist nach Betrachtung der zusammengetragenen Aussagen der Ansicht, dass diese Behandlung, aufgrund der ethnischen Herkunft und des Migrationsstatus der Betroffenen, Folter gleichkommt. Dies stellt einen Verstoß gegen das Völkerrecht dar, welches ein absolutes Verbot von Folter und anderen Misshandlungen enthält und die Staaten dazu verpflichtet, Menschen vor jeglicher Art von Folter zu schützen.

 

Weit zurück reichende Diskriminierung gegen Schwarze Personen

Die Betrachtung der Geschichte der Versklavung von Personen afrikanischer Abstammung und derzeit bestehender Formen von institutionellem Rassismus gegen Schwarze Menschen sind ein grundlegender Teil der von Amnesty für den Bericht durchgeführten Recherche. Wie in dem Bericht enthaltende Beweise zeigen, sind Misshandlungen von Haitianer*innen weitverbreitet und in der Vergangenheit zu verschiedenen Zeiten und an verschiedenen Orten immer wieder vorgekommen. Dies deutet auf eine innerhalb des Einwanderungssystems seit langem bestehende und institutionelle Diskriminierung aus rassistischen Gründen hin, die darauf abzielt, Haitianer*innen zu bestrafen und sie davon abzuhalten, in den USA Asyl zu beantragen.

Amnesty International fordert alle Staaten dazu auf, gegen institutionelle Diskriminierung aus rassistischen Gründen vorzugehen und anzuerkennen, dass Strukturen und Vorgehensweisen, die aus Zeiten der Kolonialisierung und der Sklaverei stammen, von Rassismus durchzogen sind. Die US-Behörden müssen Maßnahmen zur Reformierung aller Institutionen, Rechtsvorschriften, Richtlinien und Verfahrensweisem ergreifen, mit denen schädliche rassistische und in der Nationalität gründende Stereotypen bestärkt werden. Die Richtlinie "Title 42" ist hierfür ein eindeutiges Beispiel. Mit ihr werden nicht nur rechtswidrig Gesetze umgangen, die Menschen davor schützen, in ein Land abgeschoben zu werden, in dem ihnen Gefahr droht. Sie untermauert zudem schädliche und rassistische Stereotypen, die widerrum Menschenrechtsverletzungen zur Folge haben.

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