Aktuell Erfolg Afghanistan 14. Dezember 2012

Historische Gerichtsentscheidung im Fall El-Masri

Khaled El-Masri wurde von den mazedonischen Behörden unrechtmäßig inhaftiert und an die CIA übergeben

Khaled El-Masri wurde von den mazedonischen Behörden unrechtmäßig inhaftiert und an die CIA übergeben

14. Dezember 2012 – Die Gerichtsentscheidung vom 13. Dezember 2012 zur Entführung des deutschen Staatsbürgers Khaled El-Masri durch die CIA ist ein historischer Moment: Zum ersten Mal wird ein europäischer Staat für seine Beteiligung am geheimen Überstellungsprogramm der USA zur Rechenschaft gezogen. Das Urteil ist ein Meilenstein im Kampf gegen die Straflosigkeit, sagten Amnesty International und die Internationale Juristenkommission (ICJ).

Einstimmig erklärte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die frühere jugoslawische Republik Mazedonien dafür verantwortlich, dass der deutsche Staatsbürger Khaled El-Masri widerrechtlich festgenommen, gewaltsam verschleppt, gefoltert, misshandelt und schließlich nach Afghanistan überstellt wurde, wo er weiteren schweren Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt war.

Darüber hinaus befand das Gericht, dass Mazedonien seiner Verpflichtung, eine effektive Untersuchung durchzuführen, nicht nachgekommen ist.

"Dieses Urteil ist ein wichtiger Schritt zur Übernahme von Verantwortung europäischer Staaten, die sich in den Jahren nach dem 11. September 2001 bei Überstellungen und Folter von Terrorverdächtigen zu Komplizen der USA machten", sagte Maria Scharlau, Amnesty-Expertin für Terrorismusbekämpfung und Menschenrechte.

"Mazedonien ist nicht das einzige Land. Viele andere europäische Regierungen arbeiteten heimlich mit den USA im Rahmen des Überstellungsprogramms zusammen. Dabei wurden Menschen entführt, in andere Länder überstellt, in geheimer Haft gehalten und gefoltert. Das Urteil ist ein wichtiges Signal, doch es muss noch viel mehr getan werden, damit europäische Staaten ihre Mitverantwortung aufarbeiten."

"Das Gerichtsurteil ist historisch. Es erkennt an, dass es im Rahmen des CIA-Systems der Überstellungen und geheimen Inhaftierungen zu Folter und Verschwindenlassen gekommen ist. Es betont, dass sowohl die Opfer als auch die Öffentlichkeit das Recht haben, die Wahrheit über diese schweren Verstöße zu erfahren. Es bestätigt, dass Europa keine Zone der Straflosigkeit sein kann, sondern ein Ort der Entschädigung und Rechenschaftspflicht sein muss, wo internationale Menschenrechte nicht umgangen, sondern geschützt werden", sagte Wilder Tayler, Generalsekretär der ICJ.

"Andere europäische Regierungen wie Polen, Litauen und Rumänien, gegen die ebenfalls Prozesse vor dem Gerichtshof anliegen, sollten das Urteil des europäischen Gerichtshofs zur Kenntnis nehmen. Sie sollten Maßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass die Wahrheit ans Licht kommt, dass sorgfältige, effektive, unabhängige und unparteiische Untersuchungen durchgeführt und die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden."

Das Urteil des Gerichtshofs wirft auch ein Licht auf die fehlende Bereitschaft der USA, Verantwortung zu übernehmen oder Wiedergutmachung zu leisten. Die US-amerikanischen Gerichtshöfe wiesen die Klage von Khaled El-Masri gegen die CIA zurück, indem sie sich auf den "Schutz von Staatsgeheimnissen" beriefen, der das Individualinteresse an Aufklärung überwiege.

Am 31. Dezember 2003 hatten die mazedonischen Behörden den Deutsch-Libanesen El-Masri verhaftet, nachdem er aus Serbien nach Mazedonien eingereist war.

Sie verschleppten ihn, hielten ihn in Isolationshaft, misshandelten und verhörten ihn mehrmals, bis sie ihn am 23. Januar 2004 an CIA-Agenten übergaben. Noch unter den Augen der mazedonischen Sicherheitskräfte verprügelten die CIA-Agenten El-Masri, zogen ihn nackt aus und vergewaltigten ihn. Dann brachte die CIA El-Masri in eine geheime Haftanstalt in Afghanistan.

Dort wurde er unrechtmäßig und heimlich ohne Anklage oder richterliche Überprüfung festgehalten. Er hatte keinerlei Zugang zu einem Rechtsanwalt. Sein Aufenthaltsort wurde nicht bestätigt und er wurde in Isolationshaft gehalten. Khaled El-Masri wurde länger als vier Monate an einem geheimen Ort festgehalten und erlitt in Afghanistan Folter und Misshandlungen.

Am 28. Mai 2004 setzte die CIA El-Masri in ein Flugzeug, das ihn nach Albanien flog, wo er freigelassen wurde. Niemals konnten ihm tatsächliche Verbindungen zu Terrornetzwerken nachgewiesen werden.

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