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Kambodscha 2023

© Amnesty International
Berichtszeitraum: 1. Januar 2023 bis 31. Dezember 2023
Menschenhandel war noch immer weit verbreitet. Davon betroffene Arbeitsmigrant*innen, die aus Zwangslagern befreit wurden, mussten unter schlechten Bedingungen in Hafteinrichtungen für Asylsuchende ausharren. Tausende Familien mussten im Rahmen groß angelegter Zwangsräumungen in der UNESCO-Weltkulturerbestätte Angkor ihre Häuser verlassen. Die Behörden entzogen einem der letzten unabhängigen Nachrichtenkanäle die Lizenz und untersagten der einzigen aussichtsreichen Oppositionspartei die Teilnahme an den Parlamentswahlen, wodurch die Rechte auf Meinungs- und Vereinigungsfreiheit weiter eingeschränkt wurden. Ein führender Oppositionspolitiker erhielt nach einem unfairen Verfahren eine lange Haftstrafe. Auch Arbeitsrechtsaktivist*innen wurden in unfairen Gerichtsverfahren verurteilt. In den Wäldern des Landes kam es weiterhin zu massivem illegalem Holzeinschlag und Bergbau, wodurch die Menschenrechte indigener Gemeinschaften verletzt wurden.
Hintergrund
Die Regierung setzte auch 2023 die im Jahr 2017 begonnene Unterdrückung zivilgesellschaftlicher Organisationen und der politischen Opposition fort. Die regierende Kambodschanische Volkspartei gewann am 23. Juli 2023 die Parlamentswahlen, nachdem die einzige wirkliche Oppositionspartei, die Candlelight Party, von den Wahlen ausgeschlossen worden war. Im August bestätigte die Nationalversammlung Hun Manet als Premierminister, der somit seinen Vater, Hun Sen, im Amt ablöste.
Menschenhandel
Trotz des harten Durchgreifens der Regierung stellte der Menschenhandel noch immer ein großes Problem dar. Glaubwürdigen Berichten zufolge wurden Arbeitsmigrant*innen weiterhin unter falschen Versprechungen angeworben und zum Zweck der Zwangsarbeit in bewachten Lagern festgehalten. Kriminelle Banden zwangen sie, Internetbetrügereien zu verüben und Online-Glücksspielseiten zu betreiben. Zudem wurden Berichten zufolge entsprechende Lager in der Stadt Sihanoukville, die zuvor geschlossen worden waren, wieder in Betrieb genommen. Dies ließ Zweifel an der Wirksamkeit der Arbeitsgruppe aufkommen, die das Justizministerium 2022 eingerichtet hatte, um in Fällen von Menschenhandel, bei dem ausländische Arbeitskräfte nach Kambodscha gebracht werden, die Ermittlungen und die Strafverfolgung zu koordinieren.
Den Betroffenen wurden die Ausweispapiere weggenommen, und sie mussten sich unter Androhung von Gewalt an illegalen Machenschaften beteiligen, die während der Coronapandemie aufgekommen waren. Im Laufe des Jahres 2023 befreiten die kambodschanischen Behörden mehr als 100 Menschen, die Opfer des Menschenhandels geworden waren, aus illegalen Lagern und brachten sie in Hafteinrichtungen für Asylsuchende unter. Die betroffenen Personen, die während ihrer Zeit in den Zwangslagern zum Teil Vergewaltigung und andere Gewalttaten erfahren hatten, verbrachten oft mehrere Monate in überfüllten staatlichen Hafteinrichtungen. Dort mussten sie für ihr Essen und Wasser bezahlen und hatten keinen Zugang zu rechtlichem Beistand.
Rechtswidrige Zwangsräumungen
Die Behörden führten 2023 die im Vorjahr begonnenen massenhaften Zwangsräumungen in der UNESCO-Weltkulturerbestätte Angkor fort, zu der auch der Tempel Angkor Wat gehört. Berichten zufolge betrafen die Räumungen 10.000 Familien. Obwohl zahlreiche von ihnen bereits seit mehreren Generationen in der Tempelanlage lebten, gab die Regierung an, die Siedlungen seien rechtswidrig und die betroffenen Familien würden im Rahmen eines "Programms zur freiwilligen Umsiedlung" wegziehen. Es fand jedoch keine wirkliche Konsultation statt, und zahlreiche Personen wurden vor oder nach der Zwangsräumung bedroht und eingeschüchtert. Vertriebene Familien, die ihre Lebensgrundlage und ihre Häuser verloren, erhielten keine angemessene Entschädigung, weshalb viele gezwungen waren, Schulden aufzunehmen. In Peak Sneng und Run Ta Ek, wohin die Familien umgesiedelt wurden, fehlte es an angemessenen Unterkünften, Trinkwasser und sanitären Anlagen.
Der zu dieser Zeit amtierende Premierminister Hun Sen gab an, dass das Umsiedlungsprogramm erforderlich sei, damit Angkor den Status als Weltkulturerbe nicht verliere. Amnesty International informierte die UNESCO im März und September 2023 darüber, dass Zwangsräumungen mit Verweis auf die UN-Organisation gerechtfertigt wurden. Dennoch hatte die UNESCO bis zum Ende des Jahres weder das Vorgehen der kambodschanischen Regierung öffentlich verurteilt noch eine Untersuchung der Vorwürfe eingeleitet.
Recht auf freie Meinungsäußerung
Im Februar 2023 entzogen die Behörden dem Radiosender Voice of Democracy (VOD), einem der wenigen verbliebenen unabhängigen Medienkanäle, die Lizenz. Als Begründung für diese Maßnahme wurde angeführt, Premierminister Hun Sen sei in einem Bericht des Senders beleidigt worden. In dem Beitrag ging es um die Genehmigung von Finanzhilfen für die Türkei durch den Sohn des Premierministers, Hun Manet, der seinerzeit der stellvertretende Oberbefehlshaber der kambodschanischen Armee war. Es wird jedoch vermutet, dass der tatsächliche Grund die Veröffentlichung einer Reihe von Untersuchungsberichten durch VOD war, in denen es um den Menschenhandel und um Verbindungen von Regierungsangehörigen zu Lagern ging, von denen aus Internetbetrügereien verübt wurden.
Recht auf Vereinigungsfreiheit
Das Strafjustizsystem wurde weiterhin missbraucht, um gegen Mitglieder und Unterstützer*innen von Oppositionsparteien vorzugehen und sie zu drangsalieren. Im März 2023 verurteilte das Stadtgericht von Phnom Penh den Vorsitzenden der Oppositionspartei CNRP ("Nationale Rettungspartei Kambodschas") Kem Sokha zu 27 Jahren Haft. Er hatte sich seit 2020 aufgrund einer konstruierten Anklage wegen Hochverrats vor Gericht verantworten müssen.
In den Wochen vor den Parlamentswahlen kam es zu zahlreichen tätlichen Angriffen gegen Oppositionelle, nachdem Hun Sen öffentlich zu Gewalt gegen diese aufgerufen hatte. Unter anderem wurden Mitglieder der Candlelight Party von Unbekannten mit Schlagstöcken aus Metall angegriffen. Im Mai 2023 schloss der Nationale Wahlausschuss die Partei aus politisch motivierten Gründen von der Teilnahme an den Wahlen aus.
Am 23. Juni 2023, einen Monat vor den Parlamentswahlen, nahm die Nationalversammlung einstimmig Änderungen des Wahlrechts an, die weithin als ein Werkzeug zur Verhinderung politischer Opposition und zur Einschüchterung der Öffentlichkeit angesehen wurden. Gemäß den Änderungen erhielt u. a. der Nationale Wahlausschuss die Befugnis, Geldstrafen in Höhe von bis zu 20 Mio. Kambodschanischen Riel (etwa 4.400 Euro) gegen Personen zu verhängen, die andere dazu ermunterten, sich nicht zur Wahl registrieren zu lassen bzw. keine Stimme abzugeben. Dies war ganz offensichtlich gegen Aufrufe zum Wahlboykott gerichtet.
Arbeitnehmer*innenrechte
Mitglieder der Gewerkschaft Labor Rights Supported Union of Khmer Employees of NagaWorld (LRSU) wurden auch 2023 zum Ziel juristischer Schikane. Gleiches galt für andere Arbeitsrechtsaktivist*innen, die sich den Forderungen der LRSU nach höheren Löhnen und der Wiedereinstellung von Beschäftigten, die Ende 2021 bei Massenentlassungen ihre Arbeitsplätze im NagaWorld-Casino in Phnom Penh verloren hatten, anschlossen. Am 25. Mai 2023 befand ein Gericht in Phnom Penh neun ehemalige und aktive Mitglieder der LRSU der "Anstiftung zu einem Verbrechen bzw. zur Störung der öffentlichen Sicherheit" gemäß Paragraf 494 und 495 des Strafgesetzbuchs für schuldig. Die Vorsitzende der LRSU, Chhim Sithar, wurde zu einer zweijährigen Haftstrafe verurteilt. Die anderen acht Verurteilten erhielten Haftstrafen zwischen einem Jahr und 18 Monaten.
Rechte indigener Gemeinschaften
Im Juli 2023 verabschiedete die Nationalversammlung ein neues Gesetz über Umweltschutz und Rohstoffe. Anders als vorherige Gesetzestexte zu Umwelt- und Landrechten wurde darin der Begriff "indigene Gemeinschaften" durch "lokale Gemeinschaften" ersetzt. Dies ließ befürchten, dass das neue Gesetz die Wahrung und den Schutz der Rechte indigener Bevölkerungsgruppen untergaben könnte.
Im Regenwald Prey Lang, in dem die indigene Gemeinschaft der Kuy lebt, wurden weiterhin illegal Bäume abgeholzt und neue Bergbauprojekte umgesetzt. Auf Fotos wurde festgehalten, dass Personen, die an der illegalen Abholzung beteiligt waren, selbstgemachte Schusswaffen bei sich trugen. Mitglieder des Netzwerks Prey Lang Community Network (PLCN) berichteten Amnesty International von mehreren Vorfällen, bei denen Holzfäller*innen zur Einschüchterung Schüsse in ihre Richtung abgegeben hatten. Auch Anfang 2023 kam es zu einem solchen Vorfall. Es gab weiterhin Bedenken, dass vorgeschlagene Änderungen des Forstgesetzes die Tierwelt bedrohen und Spannungen zwischen indigenen Gemeinschaften, Umweltschützer*innen und Holzfäller*innen verstärken würden. Die erstmals 2022 in Umlauf gebrachten Änderungsvorschläge sahen eine Erlaubnis für die Jagd in geschützten Wäldern vor.
Veröffentlichungen von Amnesty International
- Cambodia: Shuttering 'Voice of Democracy’ outlet is attempt to slam door on independent media, 13 February
- Cambodia: Opposition leader Kem Sokha sentenced to 27 years on fabricated treason charge, 3 March
- Cambodia: Casino union leader Chhim Sithar and strikers convicted, 25 May
- Cambodia: Election takes place under cloud of human rights crisis, 21 July
- Cambodia: World Heritage Committee must not ignore 'mass forced evictions’ around Angkor Wat, 10 September
- Cambodia: New Violations, New Government, Same Old Harms, Amnesty International: Submission to the 46th Session of the UPR Working Group, 29 April–10 May 2024, 20 October
- Cambodia: Mass evictions at UNESCO World Heritage site Angkor violate international law, 14 November