Großbritannien: Julian Assange darf keine Berufung gegen Auslieferung an die USA einlegen

"Freiheit für Julian Assange": Eine Frau demonstriert in London gegen die Auslieferung des Wikileaks-Gründers von Großbritannien an die USA (10. Dezember 2021).
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Für Julian Assange und die britische Justiz ist das Urteil einschwerer Rückschlag: Der britische Oberste Gerichtshof urteilte am Montag, dass der Wikileaks-Gründer keine Berufung gegen seine Auslieferung an die USA einlegen darf. Amnesty fordert die britischen Behörden dazu auf, Assange sofort freizulassen. Bei einer Auslieferung drohen ihm schwere Menschenrechtsverletzungen und eine Verurteilung bis zu 175 Jahre Haft.
Im Dezember 2021 hatte der Londoner High Court grünes Licht für eine Auslieferung von Julian Assange in die USA gegeben, woraufhin dessen Rechtsbeistände Rechtsmittel eingelegt haben. Nun lehnte der Obersten Gerichtshof diese Rechtsmittel ab. Dazu sagte Julia Hall, stellvertretende Direktorin für Recherchen zu europäischen Staaten bei Amnesty International:
"Die heutige Entscheidung ist ein schwerer Schlag für Julian Assange und für die Justiz. Der Oberste Gerichtshof hat die Gelegenheit verpasst, zu klären, ob Großbritannien die höchst problematischen diplomatischen Zusicherungen der USA gegen Folter akzeptieren konnte. Solche Zusicherungen sind von Natur aus unzuverlässig und bergen die Gefahr, dass die Betroffenen nach einer Auslieferung oder Überstellung schwer misshandelt werden.
Verlängerte Einzelhaft ist die Lebensrealität vieler Menschen in US-Hochsicherheitsgefängnissen. Nach dem Völkerrecht kann sie Folter oder anderer Misshandlung gleichkommen. Das Verbot von Folter und anderen Misshandlungen ist jedoch absolut, und leere Versprechungen einer fairen Behandlung, wie sie die USA im Fall Julian Assange gemacht haben, drohen dieses internationale Verbot zu untergraben.
Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs, Julian Assange die Einlegung von Rechtsmitteln zu verweigern, ist auch mit Blick auf die Pressefreiheit eine schlechte Nachricht, da sie den von den USA eingeschlagenen Weg der Verfolgung von Medienschaffenden wegen Spionage nicht in Frage stellt. Die Forderung, dass Staaten wie Großbritannien Personen ausliefern, weil sie geheime Informationen veröffentlichen, die im öffentlichen Interesse liegen, stellt einen gefährlichen Präzedenzfall dar und muss zurückgewiesen werden. Die USA sollten die Anklagen gegen Julian Assange sofort fallen lassen."
Hintergrund
Im Dezember 2021 entschied der High Court in London, dass Julian Assange ausgeliefert werden kann. Grundlage dieser Entscheidung waren angebliche Zusagen seitens der USA, dass er im Gefängnis geschützt werden sollte. Die USA hatten schriftlich versichert, dass Julian Assange nicht in einem Hochsicherheitsgefängnis untergebracht oder besonderen Haftbedingungen (Special Administrative Measures, SAMs) unterworfen werden würde. Zu solchen Maßnahmen gehört auch die verlängerte Einzelhaft, die nach dem Völkerrecht als Folter oder andere Misshandlung gelten kann. Außerdem versicherten sie, dass er angemessen medizinisch versorgt werden würde. Doch die Versicherungen enthalten einen Vorbehalt: Sollte Julian Assange in Zukunft irgendetwas tun, das doch erfordern würde, ihn den SAMs zu unterwerfen oder in ein Hochsicherheitsgefängnis zu verlegen, behielten sich die USA das Recht vor, dies auch zu tun.