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Offener Brief an Kanzler Scholz: Bundesregierung muss UN-Palästinenserhilfswerk wieder finanzieren!
Eine Hilfsorganisation verteilt Essen an hungernde Menschen in der palästinensischen Stadt Rafah im Gazastreifen am 9. Februar 2024.
© IMAGO / Xinhua
Inmitten der beispiellosen humanitären Katastrophe im Gazastreifen haben eine Reihe von Staaten, darunter die Bundesrepublik, die Finanzierung des Palästinenserhilfswerks der Vereinten Nationen (UNRWA) eingestellt. Dabei nimmt UNRWA gerade jetzt eine unverzichtbare und lebensrettende Rolle bei der Bereitstellung von Hilfe, Nahrungsmitteln und Unterkünften für über 2,2 Millionen Palästinenser*innen ein. Amnesty International fordert die deutsche Bundesregierung in einem offenen Brief auf, dem Beispiel der Europäischen Kommission, Schwedens und Kanadas zu folgen und die Finanzierung der UNRWA umgehend wieder aufzunehmen.
1,7 Millionen Palästinenser*innen im Gazastreifen sind Binnenvertriebene, fast eine Million von ihnen haben in überfüllten, von UNRWA betriebenen Schulen und Unterkünften Schutz gesucht. Mindestens 31.184 Palästinenser*innen wurden seit dem 7. Oktober 2023 in Gaza getötet, über 72.889 verletzt. Etwa 10.000 Menschen werden unter den Trümmern vermisst. 2,2 Millionen Menschen sind von einer künstlich herbeigeführten Hungersnot betroffen und haben keinen ausreichenden Zugang zu Nahrungsmitteln, sauberem Wasser und medizinischer Versorgung. Mindestens 21 Kinder sind bereits an Unterernährung und Dehydrierung gestorben.
Anlass für das Aussetzen der Finanzierung sind die von der israelischen Regierung erhobenen Vorwürfe, dass 12 der 13.000 Mitarbeiter*innen des UN-Hilfswerks in Gaza in die grausamen Angriffe vom 7. Oktober 2023 verwickelt waren. Dies sind schwerwiegende Vorwürfe, die unabhängig und transparent untersucht werden müssen. Die UNRWA hat zehn beschuldigte Mitarbeiter sofort entlassen, die übrigen zwei Mitarbeiter sind tot. Das UN-Büro für interne Aufsicht (OIOS) hat umgehend eine Untersuchung der Vorwürfe eingeleitet, ebenso wie der UN-Generalsekretär. Die Europäische Kommission hat jüngst eine Vereinbarung über ein unabhängiges Audit mit UNRWA geschlossen.
Diejenigen, die nachweislich für Verbrechen im Sinne des Völkerrechts verantwortlich sind, müssen in Verfahren, die internationalen Rechtsstandards entsprechen, zur Rechenschaft gezogen werden. Gleichzeitig dürfen die grausamen Kriegsverbrechen vom 7. Oktober 2023 nicht die kollektive Bestrafung von über 2,2 Millionen Palästinenser*innen im Gazastreifen rechtfertigen, die auf die kontinuierliche und lebensrettende Arbeit der UNRWA angewiesen sind.
Amnesty International verurteilt in aller Deutlichkeit die brutalen Angriffe der Hamas und anderer bewaffneter Gruppen vom 7. Oktober 2023, bei denen nach Angaben der israelischen Behörden mindestens 1.139 Menschen getötet und mehr als 240 Menschen, überwiegend Zivilist*innen, darunter 33 Kinder, als Geiseln genommen wurden. Die massenhaften, vorsätzlichen Tötungen von Zivilist*innen, die Entführungen und Geiselnahmen sowie der wahllose Raketenbeschuss auf Israel sind Kriegsverbrechen, die durch nichts zu rechtfertigen sind.
Amnesty International beobachtet die einseitige Positionierung der Bundesregierung im aktuellen Konflikt mit großer Sorge und appelliert in aller Dringlichkeit, sich für geltendes Internationales Recht und die Menschenrechte gleichermaßen gegenüber allen Konfliktparteien einzusetzen.