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Aktivist und Anwalt: sehr schlechte Haftbedingungen
© Amnesty International
Der Menschenrechtsanwalt Mohamed el-Baqer und der Aktivist Alaa Abdel Fattah sind seit 20 Monaten ohne Verfahren willkürlich in Haft. Mithilfe konstruierter Anklagen im Zusammenhang mit Terrorismus werden sie unter unmenschlichen Bedingungen in einem Hochsicherheitsgefängnis festgehalten und sind dort diskriminierender Behandlung und Strafmaßnahmen ausgesetzt.
Appell an
Staatsanwalt
Hamada al-Sawi
Office of the Public Prosecutor
Madinat al-Rehab, Cairo
ÄGYPTEN
Fax: (00 202) 2577 4716
Twitter: @EgyptJustice
Sende eine Kopie an
BOTSCHAFT DER ARABISCHEN REPUBLIK ÄGYPTEN
S.E. Herrn Khaled Mohamed Galaleldin Abdelhamid
Stauffenbergstraße 6-7
10785 Berlin
Fax: 030-477 1049
E-Mail: embassy@egyptian-embassy.de
Amnesty fordert:
- Ich fordere Sie höflich auf, Alaa Abdel Fattah und Mohamed el-Baqer umgehend und bedingungslos freizulassen und alle Anklagen gegen die beiden Männer fallenzulassen, da sie nur wegen der friedlichen Ausübung ihrer Menschenrechte inhaftiert sind.
- Stellen Sie bitte sicher, dass Alaa Abdel Fattah und Mohamed el-Baqer bis zu ihrer Freilassung Zugang zu angemessener medizinischer Versorgung, darunter auch die Covid-19-Impfung, erhalten.
- Sorgen Sie bitte auch dafür, dass ihre Haftbedingungen internationalen Standards entsprechen. Dazu gehört, dass sie reguläre Betten und Zeit zum Sporttreiben im Gefängnishof erhalten und vor Folter und anderen Misshandlungen geschützt werden.
Sachlage
Der Anwalt Mohamed el-Baqer und der Aktivist Alaa Abdel Fattah befinden sich wegen unbegründeter Terrorvorwürfe seit dem 1. Oktober 2019 in willkürlicher Untersuchungshaft, nur weil sie friedlich ihre Menschenrechte wahrgenommen haben. Sie werden im Hochsicherheitsgefängnis Tora 2 in Kairo festgehalten. Vom 1. Oktober 2019 bis zum 9. Mai 2021 mussten sich Mohamed el-Baqer, Alaa Abdel Fattah und zwei weitere Gefangene eine kleine, schlecht belüftete Zelle von 3,5 x 5 Meter Durchmesser teilen. Die Gefängnisbehörden verweigern ihnen Bett und Matratze. Sie müssen auf rauen Decken auf dem Boden schlafen. Anders als andere Gefangene dürfen Mohamed el-Baqer und Alaa Abdel Fattah weder Sport im Gefängnishof treiben noch die Gefängnisbibliothek nutzen oder Bücher und Zeitungen auf eigene Kosten im Gefängnis erhalten. Auch angemessene Kleidung, ein Radio, eine Uhr, Zugang zu warmem Wasser und jedwede persönliche Gegenstände, wie z.B. Familienfotos, werden ihnen verweigert. Am 11. Mai 2021 berichtete Mohamed el-Baqer seiner Frau bei einem Besuch, dass er in eine andere Zelle mit ähnlichen Bedingungen verlegt worden sei. Er erzählte ihr, dass er aufgrund der schlechten Haftbedingungen und begrenzten Bewegungsmöglichkeiten inzwischen Schmerzen in Muskeln und Gelenken habe.
Die Familien von Mohamed el-Baqer und Alaa Abdel Fattah haben offizielle Beschwerde wegen deren Behandlung im Gefängnis eingereicht. Dazu gehört auch, dass sie nicht für eine Corona-Impfung vorgesehen sind, obwohl Sorge darüber besteht, dass Gefangene in sehr beengten und unhygienischen Bedingungen untergebracht sind und ohne persönliche Schutzausrüstung aus den Gefängnissen in die Gerichte gebracht werden. Am 10. Mai 2021 reichte die unabhängige Menschenrechtsorganisation Ägyptische Initiative für persönliche Rechte (Egyptian Initiative for Personal Rights - EIPR) vor dem Staatsrat - einem Verwaltungsgericht, das für Beschwerden über die Vorgehensweise oder Inaktivität von Behörden zuständig ist – Klage gegen das Gesundheitsministerium und das Innenministerium ein, das die Aufsicht über die ägyptischen Gefängnisse hat, da diese die Gefängnisinsass_innen nicht in den nationalen Impfplan aufgenommen haben. Die Organisation fordert die Behörden auf, den Gefangenen die Möglichkeit zur Impfregistrierung zu geben und sie dann entweder zu ausgewählten medizinischen Einrichtungen zu fahren oder im Gefängnis passende Impfmöglichkeiten bereitzustellen. Der Vater von Alaa Abdel Fattah hat seinerseits eine ähnliche Klage eingereicht. Am 18. Mai 2021 kündigten die Behörden die Impfung von 5.000 älteren und chronisch kranken Gefangenen sowie 1.400 im medizinischen oder in anderen Bereichen tätigem Gefängnispersonal an. Weitere Einzelheiten wurden nicht bekanntgegeben.
Hintergrundinformation
Mohamed el-Baqer und Alaa Abdel Fattah sind seit dem 29. September 2019 im Zusammenhang mit einem anderen Fall (Nr. 1356/2019) inhaftiert. Auch bei diesem Fall wurden haltlose Anschuldigungen wie "Mitgliedschaft in einer terroristischen Organisation", "Finanzieren einer terroristischen Organisation", "Verbreitung von Falschmeldungen zur Untergrabung der Staatssicherheit" und "Nutzung der Sozialen Medien zur Verübung eines Veröffentlichungsdeliktes" gegen sie erhoben. Ihre Inhaftierung steht im Kontext der größten Festnahmewelle seit dem Amtsantritt von Präsident Abdel Fattah al-Sisi im Jahr 2014.
Alaa Abdel Fattah kam am 29. März 2019 auf Bewährung frei, nachdem er wegen der Teilnahme an einem friedlichen Protest eine ungerechte fünfjährige Haftstrafe verbüßt hatte. Seine Bewährungsauflagen sahen vor, dass er über einen Zeitraum von fünf Jahren jede Nacht zwölf Stunden auf einer Polizeiwache verbringen muss. Am 29. September 2019 kehrte Alaa Abdel Fattah nicht von der Polizeiwache des Kairoer Stadtbezirks Dokki zurück, auf der er die Nacht verbringen sollte. Die Polizei sagte seiner Mutter, dass der Aktivist von Angehörigen des Geheimdiensts NSA zur Staatsanwaltschaft der Staatssicherheit gebracht worden sei. Mohamed el-Baqer betrat später an diesem Tag das SSSP-Gebäude, um den Aktivisten als Anwalt zu vertreten. Laut Angaben von Familienangehörigen und Freund_innen war der Verbleib von Alaa Abdel Fattah und Mohamed el-Baqer bis zum 1. Oktober 2019 unbekannt, als sie zum ersten Mal seit ihrer Festnahme im Hochsicherheitsgefängnis Tora 2 wieder auftauchten.
Alaa Abdel Fattah ist ein bekannter politischer Aktivist und Regierungskritiker, der in den letzten Jahren mehrmals festgenommen wurde, unter anderem wegen seines Engagements bei den Protesten von 2011. Mohamed el-Baqer ist Menschenrechtsanwalt und Direktor des Adalah Center for Rights and Freedoms, das er 2014 gegründet hatte. Die Organisation beschäftigt sich mit Strafjustiz, dem Recht auf Bildung und den Rechten von Schüler_innen und Studierenden.