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Saudi-Arabien 2017
- HINTERGRUND
- BEWAFFNETER KONFLIKT IM JEMEN
- RECHTE AUF FREIE MEINUNGSÄUSSERUNG, VEREINIGUNGS- UND VERSAMMLUNGSFREIHEIT
- MENSCHENRECHTSVERTEIDIGER
- ANTITERRORMASSNAHMEN UND SICHERHEIT
- WILLKÜRLICHE FESTNAHMEN UND INHAFTIERUNGEN
- FOLTER UND ANDERE MISSHANDLUNGEN
- GRAUSAME, UNMENSCHLICHE UND ERNIEDRIGENDE STRAFEN
- DISKRIMINIERUNG – SCHIITISCHE MINDERHEIT
- RECHTE VON FRAUEN UND MÄDCHEN
- RECHTE VON ARBEITSMIGRANTEN
- TODESSTRAFE
Die Behörden schränkten die Rechte auf freie Meinungsäußerung, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit 2016 weiterhin empfindlich ein. Regierungskritiker, Menschenrechtsverteidiger und Aktivisten, die sich für die Rechte von Minderheiten einsetzten, wurden aufgrund vage formulierter Anklagen festgenommen und inhaftiert.
Folter und andere Misshandlungen von Gefangenen waren nach wie vor an der Tagesordnung, insbesondere bei Verhören. Gerichte ließen noch immer "Geständnisse" als Beweismittel zu, die unter Folter erpresst worden waren, und verurteilten Angeklagte in unfairen Prozessen. Frauen wurden durch Gesetze und im Alltag diskriminiert und waren nicht ausreichend gegen sexualisierte Gewalt und andere Gewalttaten geschützt. Die Behörden nahmen weiterhin Migranten fest, die keinen regulären Aufenthaltsstatus hatten, inhaftierten sie und schoben sie in ihre Heimatländer ab. Gerichte verhängten viele Todesurteile, auch für Straftaten, die keine Gewaltverbrechen darstellten, und gegen Personen, die zum Tatzeitpunkt minderjährig waren. Es gab zahlreiche Hinrichtungen. Die von Saudi-Arabien geführte internationale Militärallianz verübte im Jemen schwere Verstöße gegen das Völkerrecht, darunter auch Kriegsverbrechen.
HINTERGRUND
Saudi-Arabien sah sich 2016 zunehmend mit wirtschaftlichen Problemen konfrontiert. Gründe waren neben dem weltweiten Ölpreisverfall auch die Kosten, die das fortdauernde militärische Eingreifen in den bewaffneten Konflikt im Jemen verursachte. Die Regierung kürzte deshalb sowohl Sozialleistungen als auch Ausgaben für Bauprojekte, was zur Entlassung Tausender von Arbeitsmigranten führte, von denen die meisten aus Südasien stammten. Im April 2016 stellte die Regierung den Plan "Vision 2030" vor. Er sah vor, die Wirtschaft zu diversifizieren und die starke Abhängigkeit des Landes von Einnahmen aus dem Erdölexport zu reduzieren. Im September 2016 kündigte das Kabinett an, Ministergehälter und Bonuszahlungen für Staatsbedienstete zu kürzen.
Die Beziehungen zwischen Saudi-Arabien und dem Iran verschlechterten sich 2016 zunehmend. Dies wurde dadurch verschärft, dass beide Länder in Konflikten in der Region die jeweils gegnerische Partei unterstützten. Nachdem die Regierung Saudi-Arabiens am 2. Januar 2016 die Hinrichtung des bekannten schiitischen Geistlichen Scheich Nimr Baqir al-Nimr und weiterer Personen angeordnet hatte, stürmten Demonstrierende die saudi-arabische Botschaft in der iranischen Hauptstadt Teheran und setzten das Gebäude in Brand. Saudi-Arabien brach daraufhin die diplomatischen Beziehungen zum Iran ab und verwies iranische Diplomaten des Landes. Die Regierung in Teheran verbot Iranern, an der jährlichen Pilgerreise (Hadsch) nach Mekka in Saudi-Arabien teilzunehmen.
Am 4. Juli 2016 verübten Selbstmordattentäter offenbar koordinierte Anschläge auf Medina, eine der heiligsten Stätten des Islam, auf das US-Konsulat in Dschidda sowie auf eine schiitische Moschee in al-Qatif. Dabei wurden vier Menschen getötet.
Im September 2016 verabschiedete der US-Kongress ein Gesetz, das Angehörigen von Opfern der Terroranschläge vom 11. September 2001 erlaubt, die Regierung Saudi-Arabiens wegen Unterstützung von Terrorismus auf Schadenersatz zu verklagen (Justice Against Sponsors of Terrorism Act). Präsident Barack Obama hatte ein Veto gegen das Gesetz eingelegt, war jedoch vom Kongress überstimmt worden.
Im Oktober 2016 forderte der UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes die Regierung auf, die Hinrichtung von zum Tode verurteilten Gefangenen, die zum Zeitpunkt ihrer mutmaßlichen Tat noch keine 18 Jahre alt waren, sofort zu stoppen, alle nach unfairen Gerichtsverfahren zum Tode verurteilten Minderjährigen sofort freizulassen und die Urteile weiterer Gefangener in Haftstrafen umzuwandeln. Außerdem forderte der Ausschuss, ein Gesetz einzuführen, das unmissverständlich untersagt, die Todesstrafe gegen Personen zu verhängen, die zum Zeitpunkt ihrer mutmaßlichen Tat unter 18 Jahre alt waren.
BEWAFFNETER KONFLIKT IM JEMEN
Die von Saudi-Arabien geführte Militärallianz, die die international anerkannte Regierung des Jemen unterstützte, bombardierte während des gesamten Jahres 2016 Gebiete im Jemen, die unter der Kontrolle der bewaffneten Gruppe der Huthi und deren Verbündeter standen oder umkämpft waren. Dabei wurden Tausende Zivilpersonen getötet oder verletzt. Einige dieser Angriffe waren wahllos, unverhältnismäßig oder gezielt gegen Zivilpersonen und zivile Objekte wie Krankenhäuser, Schulen, Märkte und Moscheen gerichtet. Einige Angriffe der Militärallianz kamen Kriegsverbrechen gleich. Die Militärallianz setzte Waffen aus den USA und Großbritannien ein, darunter auch Streubomben, die unterschiedslos wirken und deren Anwendung verboten ist.
Diese Bomben, die eine Vielzahl von kleineren Bomben auf einem großen Gebiet verteilen, explodieren beim Aufprall häufig nicht vollständig und stellen eine ständige Bedrohung für die Zivilbevölkerung dar. Im Dezember 2016 teilte die Militärallianz mit, sie habe im Jahr 2015 Streubomben aus britischer Produktion verwendet, werde dies aber in Zukunft nicht mehr tun. Obwohl die Militärallianz im Jemen schwere Verstöße gegen das Völkerrecht verübte, wurde sie von den Regierungen der USA und Großbritanniens hinsichtlich Waffenlieferungen, Ausbildung, Geheimdienstinformationen und Logistik weiterhin unterstützt.
Im Juni 2016 strich der UN-Generalsekretär Saudi-Arabien von der jährlich veröffentlichten Liste, die Staaten und bewaffnete Gruppen verzeichnet, die die Rechte von Kindern in bewaffneten Konflikten verletzen. Zuvor hatte Saudi-Arabien damit gedroht, wichtige UN-Programme nicht mehr finanziell zu unterstützen.
Bewaffnete Kräfte der Huthi und deren Verbündete feuerten vom Jemen aus mehrfach wahllos Geschosse auf die dichtbesiedelten Regionen Nadschran und Dschasan im Süden Saudi-Arabiens. Dabei wurden Zivilpersonen getötet oder verletzt und zivile Einrichtungen beschädigt.
RECHTE AUF FREIE MEINUNGSÄUSSERUNG, VEREINIGUNGS- UND VERSAMMLUNGSFREIHEIT
Die Regierung schränkte das Recht auf freie Meinungsäußerung 2016 weiterhin drastisch ein und duldete keine abweichenden Meinungen. Regierungskritiker, Schriftsteller und Personen, die sich im Internet äußerten, politische Aktivisten und Frauenrechtlerinnen, Angehörige der schiitischen Minderheit und Menschenrechtsverteidiger wurden schikaniert, festgenommen und strafrechtlich verfolgt. Einige von ihnen mussten Gefängnisstrafen verbüßen, nachdem sie von Gerichten aufgrund vage formulierter Anklagen verurteilt worden waren.
Im März 2016 verurteilte das Sonderstrafgericht für terroristische Straftaten in der Hauptstadt Riad den Journalisten Alaa Brinji zu fünf Jahren Gefängnis und einer Geldstrafe, weil er Kommentare auf Twitter veröffentlicht hatte. Außerdem darf er nach Verbüßung seiner Haftstrafe acht Jahre lang nicht ins Ausland reisen.
Ebenfalls im März 2016 verurteilte das Sonderstrafgericht den Schriftsteller und islamischen Gelehrten Mohanna Abdulaziz al-Hubail in Abwesenheit zu einer sechsjährigen Haftstrafe und einem anschließenden sechsjährigen Reiseverbot. Er war für schuldig befunden worden, "den Staat und seine Herrscher beleidigt" und "zu Demonstrationen aufgerufen und daran teilgenommen" zu haben. Außerdem wurde er dafür bestraft, dass er sich mit inhaftierten Mitgliedern der saudi-arabischen Organisation für bürgerliche und politische Rechte (Saudi Civil and Political Rights Association – ACPRA) solidarisch gezeigt hatte, die als gewaltlose politische Gefangene gelten. Das Sonderstrafgericht ordnete die Schließung seines Twitter-Accounts an.
Die Regierung hielt 2016 das Verbot politischer Parteien, Gewerkschaften und unabhängiger Menschenrechtsorganisationen aufrecht. Personen, die nichtgenehmigte Organisationen ins Leben riefen oder ihnen beitraten, wurden festgenommen, strafrechtlich verfolgt und inhaftiert.
Öffentliche Versammlungen und friedliche Demonstrationen waren gemäß einem Erlass des Innenministeriums aus dem Jahr 2011 grundsätzlich untersagt. Personen, die sich dem Verbot widersetzten, mussten mit Festnahmen und Gefängnisstrafen rechnen. Arbeitsniederlegungen waren 2016 äußerst selten, im September traten jedoch ausländische und saudi-arabische Mitarbeiter einer Privatklinik in al-Khobar in den Streik, um dagegen zu protestieren, dass sie monatelang nicht bezahlt worden waren.
MENSCHENRECHTSVERTEIDIGER
Menschenrechtsverteidiger sahen sich 2016 unverändert Festnahmen, Inhaftierung und strafrechtlicher Verfolgung ausgesetzt. Dabei kamen Antiterrorgesetze und andere Gesetze zur Anwendung, die jegliche friedlich vorgebrachte Kritik im Keim erstickten. Die erhobenen Anklagen waren vage formuliert und äußerst weit gefasst. Zu den Menschenrechtsverteidigern, die inhaftiert wurden, vor Gericht standen oder Gefängnisstrafen verbüßten, zählten auch mehrere Mitglieder der unabhängigen Menschenrechtsorganisation ACPRA, die 2009 gegründet und 2013 von den Behörden verboten worden war.
Im Mai 2016 verurteilte das Sonderstrafgericht Abdulaziz al-Shubaily, ein Gründungsmitglied der ACPRA, zu einer achtjährigen Haftstrafe. Nach Verbüßung seiner Freiheitsstrafe darf er acht Jahre lang nicht ins Ausland reisen und keine sozialen Medien nutzen. Das Gericht befand, er habe gegen das Gesetz zur Internetkriminalität verstoßen und hochrangige Richter diffamiert und beleidigt. Zu den weiteren Anklagepunkten zählten u. a. "Kommunikation mit ausländischen Organisationen" und die Weitergabe von Informationen über Menschenrechtsverletzungen an Amnesty International.
Im Oktober 2016 wurde Mohammad al-Otaibi und Abdullah al-Attawi, den beiden Gründungsmitgliedern der Menschenrechtsorganisation Union for Human Rights, vor dem Sonderstrafgericht der Prozess gemacht. Man legte den beiden Männern zahlreiche Anklagepunkte zur Last, die sich auf ihre Menschenrechtsarbeit bezogen, darunter "Beteiligung an der Gründung und Bekanntmachung einer Organisation vor Erhalt einer entsprechenden Genehmigung" und "Spaltung der nationalen Einheit, Verbreitung von Chaos und Aufhetzen der öffentlichen Meinung".
Zahlreiche weitere Aktivisten und Menschenrechtsverteidiger verbüßten 2016 weiterhin lange Gefängnisstrafen, nachdem sie aufgrund ähnlicher Vorwürfe verurteilt worden waren, nur weil sie sich mit friedlichen Mitteln für die Menschenrechte eingesetzt hatten.
Im Januar 2016 nahmen Sicherheitskräfte kurzzeitig die Menschenrechtsverteidigerin Samar Badawi in Gewahrsam. Die Festnahme stand in Zusammenhang mit ihrem Einsatz für die Freilassung ihres Ex-Ehemanns, des inhaftierten Menschenrechtsanwalts Waleed Abu al-Khair.
ANTITERRORMASSNAHMEN UND SICHERHEIT
Nach Angaben der Regierung inhaftierten Sicherheitskräfte Hunderte Personen, die im Verdacht standen, terroristische Straftaten begangen zu haben, darunter auch mutmaßliche Unterstützer und Mitglieder der bewaffneten Gruppen Islamischer Staat (IS) und Al-Qaida. Nähere Angaben wurden nicht gemacht. Einige der Häftlinge befanden sich im "Rehabilitationszentrum" Mohammed bin Naif Counselling and Care Centre, das versucht, speziell "Terroristen" (darunter ehemalige Guantánamo-Häftlinge) und "Andersdenkende" wieder in die Gesellschaft zu integrieren.
Die US-Behörden überstellten im April 2016 neun jemenitische Staatsangehörige aus dem Gefangenenlager Guantánamo Bay auf Kuba nach Saudi-Arabien.
Menschenrechtsverteidiger und Regierungskritiker wurden weiterhin mit "Terroristen" gleichgestellt. Der Menschenrechtsverteidiger und Mitbegründer der ACPRA, Mohammed al-Bajadi, wurde nach Verbüßung einer vierjährigen Haftstrafte aus dem al-Hair-Gefängnis in Riad entlassen. Anschließend hielt man ihn jedoch für vier weitere Monate im Mohammed bin Naif Counselling and Care Centre fest, wo er jede Woche an religiösen und psychologischen "Beratungsgesprächen" teilnehmen musste.
Im Februar 2016 begann vor dem Sonderstrafgericht der Prozess gegen 32 Personen, unter ihnen 30 Angehörige der schiitischen Minderheit. Die Anklage lautete auf Spionage für den Iran, Weitergabe von geheimen militärischen Informationen an den Iran sowie Unterstützung von Protestaktionen in al-Qatif (Östliche Provinz), wo Schiiten die Bevölkerungsmehrheit stellen. Die Staatsanwaltschaft beantragte für 25 der Angeklagten die Todesstrafe. Im Dezember 2016 verurteilte das Gericht 15 der Angeklagten nach einem unfairen Verfahren zum Tode, 15 erhielten Freiheitsstrafen zwischen sechs Monaten und 25 Jahren, zwei wurden freigesprochen. Der Rechtsanwalt, der die meisten der 32 Angeklagten vertrat, berichtete, seine Mandanten seien zu "Geständnissen" gezwungen worden. Sie waren nach ihrer Festnahme ohne Kontakt zur Außenwelt inhaftiert und hatten drei Monate lang weder Zugang zu ihren Familien noch zu ihren Rechtsbeiständen. Einige mussten lange Zeit in Einzelhaft verbringen.
Im November 2016 wurden 13 Frauen im Zusammenhang mit Protesten in Buraida vor das Sonderstrafgericht gestellt.
WILLKÜRLICHE FESTNAHMEN UND INHAFTIERUNGEN
Im April 2016 erließ der Ministerrat eine neue Verordnung, die die Befugnisse der saudi-arabischen Religionspolizei, auch bekannt als "Komitee zur Verbreitung der Tugend und zur Verhütung des Lasters", einschränkt. Die Verordnung untersagt der Religionspolizei, Personen festzunehmen sowie Verdächtige zu verfolgen und sie aufzufordern, sich auszuweisen.
Die Behörden nahmen 2016 weiterhin zahlreiche Personen willkürlich fest und hielten Inhaftierte über lange Zeiträume hinweg in Gewahrsam, ohne dass man sie anklagte oder vor ein zuständiges Gericht stellte, obwohl dies nach saudi-arabischem Strafverfahrensrecht innerhalb von sechs Monaten zu erfolgen hat. Während der Verhöre hatten die Gefangenen häufig keinen Kontakt zur Außenwelt und keinen Zugang zu einem Rechtsbeistand, was gegen die internationalen Standards für faire Gerichtsverfahren verstößt und das Risiko erhöht, dass sie gefoltert oder anderweitig misshandelt werden.
Im September 2016 nahmen Sicherheitsbehörden den Menschenrechtsaktivisten Salim al-Maliki willkürlich fest, nachdem er auf Twitter ein Video veröffentlicht hatte, das Grenzschützer zeigte, die in der Region Dschasan an der Grenze zum Jemen Angehörige ethnischer Gruppen vertrieben, die dort lebten. In den ersten sechs Wochen nach seiner Festnahme war Salim al-Maliki ohne Kontakt zur Außenwelt inhaftiert. Ende 2016 befand er sich noch immer in Haft.
FOLTER UND ANDERE MISSHANDLUNGEN
Angehörige der Sicherheitskräfte folterten oder misshandelten 2016 weiterhin Gefangene und gingen für ihre Taten straffrei aus. Sie erpressten auf diese Weise insbesondere "Geständnisse", die später vor Gericht als Beweismittel gegen die Angeklagten verwendet wurden. Gerichte fällten ihre Urteile häufig auf Grundlage zweifelhafter "Geständnisse", die Inhaftierte während der Untersuchungshaft abgelegt haben sollen.
GRAUSAME, UNMENSCHLICHE UND ERNIEDRIGENDE STRAFEN
2016 wurden nach wie vor Körperstrafen verhängt und vollstreckt, die gegen das Verbot von Folter und anderer Misshandlung verstießen, vor allem Stock- oder Peitschenhiebe. Im Februar 2016 verurteilte das Allgemeine Gericht in Abha den palästinensischen Dichter und Künstler Ashraf Fayadh zu 800 Stockhieben und acht Jahren Gefängnis. Es wandelte damit die Todesstrafe wegen Abfalls vom Glauben (Apostasie) um, zu der Ashraf Fayadh 2015 im Zusammenhang mit einem Gedichtband verurteilt worden war.
DISKRIMINIERUNG – SCHIITISCHE MINDERHEIT
Die Diskriminierung von Angehörigen der schiitischen Minderheit in Saudi-Arabien setzte sich 2016 unvermindert fort. Schiiten hatten nur begrenzten Zugang zu staatlichen Leistungen und Arbeitsplätzen im öffentlichen Dienst. Ihr Recht auf Religionsfreiheit blieb stark eingeschränkt. Schiitische Aktivisten mussten damit rechnen, festgenommen, inhaftiert und in unfairen Gerichtsverfahren vor dem Sonderstrafgericht zu Gefängnisstrafen oder in einigen Fällen sogar zum Tode verurteilt zu werden.
Im Juni 2016 verurteilte das Sonderstrafgericht 14 Angehörige der schiitischen Minderheit zum Tode, nachdem man sie u. a. für schuldig befunden hatte, auf Sicherheitskräfte geschossen, Chaos ausgelöst und an Demonstrationen und Ausschreitungen teilgenommen zu haben. Neun weitere Angeklagte erhielten Gefängnisstrafen, eine Person wurde freigesprochen.
RECHTE VON FRAUEN UND MÄDCHEN
Frauen und Mädchen litten weiterhin unter Diskriminierung sowohl aufgrund von Gesetzen als auch im täglichen Leben. Außerdem waren sie nur unzureichend gegen sexualisierte Gewalt und andere gewaltsame Übergriffe geschützt. Frauen hatten gegenüber Männern nach wie vor einen untergeordneten gesetzlichen Status. Dies betraf insbesondere Familienangelegenheiten wie Heirat, Scheidung, das Sorgerecht für die Kinder und Erbschaftsangelegenheiten. Frauen durften ohne Erlaubnis ihres männlichen Vormunds weder ein Studium beginnen, noch eine bezahlte Arbeit annehmen oder ins Ausland reisen. Außerdem war es ihnen immer noch verboten, Auto zu fahren.
Der von der Regierung vorgestellte Plan "Vision 2030", der die Wirtschaft reformieren soll, sieht vor, den Anteil von Frauen an der saudi-arabischen Erwerbsbevölkerung von jetzt 22% auf 30% zu erhöhen. Außerdem ist vorgesehen, in die produktiven Fähigkeiten von Frauen zu "investieren", um "ihre Zukunft zu stärken und zur Entwicklung unserer Gesellschaft und Wirtschaft beizutragen". Bis Ende 2016 waren dem Vernehmen nach noch keine Gesetzesreformen oder andere Maßnahmen eingeleitet worden, um diese Ziele zu erreichen. Der Justizminister ordnete jedoch im Mai an, dass alle Frauen eine Kopie ihrer Heiratsurkunde erhalten sollen, die bei Rechtsstreitigkeiten zwischen Ehepaaren vorgelegt werden muss. Der Schura-Rat diskutierte über einen Gesetzentwurf, der im Falle einer Umsetzung Frauen erlauben würde, ohne Zustimmung eines männlichen Vormunds einen Pass zu beantragen.
Im August 2016 führte die Kampagne "Saudi-arabische Frauen fordern das Ende des Vormundschaftssystems" dazu, dass sich Zehntausende Frauen auf Twitter gegen dieses System aussprachen. Nach Angaben von Aktivistinnen unterzeichneten etwa 14000 saudi-arabische Frauen eine Online-Petition, die König Salman aufforderte, das System abzuschaffen.
Am 11. Dezember 2016 wurde Malak al-Shehri festgenommen und verhört, nachdem sie in den sozialen Medien ein Foto von sich veröffentlicht hatte, das sie in Kleid und Jacke zeigte – ohne Abaya (ein bodenlanges verhüllendes Gewand). Sie wurde am 16. Dezember freigelassen, es war jedoch unklar, ob sie strafrechtlich verfolgt werden würde.
RECHTE VON ARBEITSMIGRANTEN
Die Regierung ging auch 2016 weiterhin unvermindert hart gegen Migranten ohne regulären Aufenthaltsstatus vor. Hunderttausende ausländische Arbeitnehmer wurden festgenommen, inhaftiert und abgeschoben.
Nachdem die Regierung 2016 Aufträge für Baufirmen und andere Unternehmen aus Spargründen gestrichen hatte, wurden Zehntausende Arbeitsmigranten entlassen, ohne ihre seit Monaten ausstehenden Löhne zu erhalten. Arbeitsmigranten aus Indien, Pakistan, den Philippinen und anderen Ländern waren sich selbst überlassen, ohne Lebensmittel, Wasser oder Ausreisevisa. Einige von ihnen blockierten aus Protest Straßen.
TODESSTRAFE
Die Gerichte verhängten 2016 erneut Todesurteile für eine Reihe von Straftaten, darunter auch Drogendelikte und andere Straftaten, die nicht zu den "schwersten Verbrechen" zählen und damit unterhalb der Schwelle liegen, die internationale Menschenrechtsnormen für die Verhängung eines Todesurteils festlegen. Die Gerichtsverfahren, nach denen die Todesurteile gefällt wurden, waren häufig unfair.
Obwohl Angeklagte aussagten, sie seien gefoltert oder anderweitig genötigt worden, "Geständnisse" abzulegen, gingen die Gerichte diesen Vorwürfen nicht nach.
Am 2. Januar 2016 wurden an zwölf Orten landesweit 47 Hinrichtungen vollstreckt; Berichten zufolge wurden 43 der Verurteilten enthauptet und vier erschossen.
Zu den zum Tode verurteilten Gefangenen zählten auch Personen, die zum Tatzeitpunkt minderjährig waren, wie z. B. vier Schiiten, die verurteilt worden waren, weil sie sich 2012 an Protesten beteiligt hatten, als sie noch keine 18 Jahre alt waren.