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Mosambik 2021
Berichtszeitraum: 01. Januar 2021 bis 31. Dezember 2021
Eine bewaffnete Gruppe, die in der Provinz Cabo Delgado unter dem Namen al-Shabaab operiert, sowie Sicherheitskräfte und private Militärunternehmen begingen nach wie vor Kriegsverbrechen und andere schwere Menschenrechtsverstöße. Die Fehler der staatlichen Stellen im Umgang mit der humanitären Krise in Cabo Delgado führten zu einer ernsten Gefährdung der Rechte auf Nahrung, Wasser, Bildung, Wohnraum und Gesundheit. Auch im Jahr 2021 wurde nichts unternommen, um die Gewalt gegen Frauen und Mädchen einzudämmen. Werdende Mütter wurden in Geburtsstationen staatlicher Krankenhäuser unmenschlich behandelt und geschlagen, beschimpft und gedemütigt. Die Behörden unterdrückten zivilgesellschaftliche Aktivitäten mittels Einschüchterung, Schikane und Drohungen gegen zivilgesellschaftlich engagierte Personen und Journalist_innen.
Hintergrund
Der bewaffnete Konflikt in der Provinz Cabo Delgado war auch im Jahr 2021 ein ernstes Problem, und Präsident Nyusi geriet wegen seines schlechten Konfliktmanagements in die Kritik. Unter dem zunehmenden Druck der Entwicklungsgemeinschaft des Südlichen Afrika (SADC) gab er der Forderung nach der Entsendung ausländischer Truppen in die Region nach. Ende 2021 kämpften dort Einheiten aus Mosambik und Ruanda sowie SADC-Truppen gegen Aufständische.
Der Prozess um die "versteckten Schulden" deckte – wenn auch in begrenztem Umfang – das Korruptionssystem auf, das Mosambik in die Wirtschaftskrise gestürzt und der Unbeliebtheit der Regierungspartei FRELIMO zusätzlichen Auftrieb gegeben hat.
Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht
Die Zivilbevölkerung geriet im Konflikt in der Provinz Cabo Delgado, seit dessen Ausbruch mehr als 3.000 Menschen ums Leben gekommen waren, zwischen drei bewaffnete Konfliktparteien. Mitglieder einer bewaffneten Rebellengruppe, die in der Provinz als al-Shabaab bekannt ist, töteten Zivilpersonen auf äußerst grausame Weise, plünderten Privateigentum, brannten Häuser nieder und entführten Frauen und Kinder. Soweit bekannt, besteht zwischen dieser Gruppierung und al-Shabaab in Somalia kein Zusammenhang. Die mosambikanischen Sicherheitskräfte drangsalierten, erpressten und folterten die Menschen, die sie eigentlich schützen sollten. Zudem waren sie für Fälle von Verschwindenlassen und außergerichtlichen Tötungen verantwortlich. Die Dyck Advisory Group, ein privates Militärunternehmen, das von der Regierung als schnelle Eingreiftruppe angeheuert worden war, schoss von Hubschraubern aus mit Maschinengewehren und warf wahllos Sprengstoff ab, häufig ohne zwischen zivilen und militärischen Zielen zu unterscheiden. Die Zahl der Todesopfer stieg im Jahresverlauf weiter an.
Rechte von Binnenvertriebenen
Fast eine Million Menschen, vor allem Frauen, Kinder und ältere Menschen, wurden vertrieben und fanden bei Familien und Freund_innen oder in relativ sicheren Lagern im Süden der Provinz Cabo Delgado Zuflucht. Ihr Zugang zu Nahrung, Wasser, Bildungs- und Gesundheitsangeboten sowie angemessenen Unterkünften war unzureichend. Die Nahrungsmittelknappheit betraf vor allem Frauen und Kinder und gefährdete deren Gesundheit. Mitarbeiter der für die Verteilung der Nahrungsmittelhilfe zuständigen staatlichen Stellen verlangten von vertriebenen Frauen sexuelle Handlungen als Gegenleistung für Registrierung, Dokumente und Nahrungsmittelhilfe. Die Vertriebenen zogen an Orte mit unzureichender Wasserversorgung und mangelnden sanitären Einrichtungen, wo sie in überfüllten Unterkünften ohne Privatsphäre oder ausreichende Belüftung lebten, wodurch ihre Gesundheit gefährdet war. In diesen Siedlungen gab es nur wenige Gesundheits- und Bildungseinrichtungen; sehr viele Kinder gingen nicht zur Schule.
Gewalt gegen Frauen und Mädchen
Gewalt gegen Frauen und Mädchen war nach wie vor allgegenwärtig, und die Verantwortlichen wurden nur selten zur Rechenschaft gezogen. Obwohl sexualisierte Gewalt bereits vor dem Ausbruch der Pandemie stark verbreitet war, verzeichneten Menschenrechtsverteidigerinnen und -organisationen vor Ort einen deutlichen Anstieg der Gewalt während der restriktiven Coronamaßnahmen.
Im Juni 2021 wurde bekannt, dass die Wärter_innen des Frauengefängnisses Ndlavela in der Provinz Maputo über Jahre hinweg ein ausgeklügeltes System für den sexuellen Missbrauch und die Ausbeutung von Gefangenen entwickelt hatten.
Im März 2021 erschlug ein Mann in Beira in der Provinz Sofala seine Frau brutal mit einer Eisenstange. Als Grund gab er an, sie habe mit einem Nachbarn Bier getrunken. Im April prügelte ein Mann in Balama in der Provinz Cabo Delgado seine Frau zu Tode, weil er sie verdächtigte, eine Affäre gehabt zu haben. In der Provinz Nampula fesselte ein Mann im Juli 2021 seine Frau, übergoss sie mit Benzin und zündete sie an, weil er sie der Untreue verdächtigte. Im September missbrauchte ein Schulhausmeister eine 16-Jährige, die auf dem Weg zur Schule war, nachdem er ihr zuvor körperliche Gewalt angedroht hatte. In all diesen Fällen befanden sich die Täter in Polizeigewahrsam. Im August 2021 wurde der Personalleiter einer Grundschule im Bezirk Murrupula in der Provinz Nampula dabei erwischt, wie er eine 14-jährige Schülerin mit Autismus sexuell missbrauchte. Als die Polizei den Fall abwies, wandte sich die Familie des Mädchens an die Bezirksstaatsanwältin, die den Fall der Kriminalpolizei übergab.
Sexuelle und reproduktive Rechte
Zahlreiche Frauen berichteten lokalen Frauenrechtsorganisationen, dass sie in einigen staatlichen Geburtsstationen körperlicher Gewalt sowie Beleidigungen und Demütigungen durch Krankenschwestern und Hebammen ausgesetzt waren. Schwangere fürchteten sich davor, ihre Babys in staatlichen Krankenhäusern und Kliniken zur Welt zu bringen, weil sie dort bei der Entbindung Gewalt erlebten. Die Übergriffe fanden häufig nachts statt, wenn kein Aufsichtspersonal anwesend war. Zahlreiche Frauen, die in Geburtsstationen entbunden hatten, gaben an, dass von ihnen erwartet wurde, Hebammen und Krankenschwestern Bestechungsgelder zu zahlen, um mit Respekt und Würde behandelt zu werden. Taten sie dies nicht, wurden sie, wenn die Fruchtblase platzte und die Geburt ihres Kindes kurz bevorstand, vernachlässigt, sodass sie gezwungen waren, in diesen Momenten der Angst und körperlichen Schmerzen über die Zahlung von Bestechungsgeldern zu verhandeln. Trotz wiederholter Appelle von Frauenrechtsgruppen unternahmen die mosambikanischen Behörden keine erkennbaren Versuche, etwas gegen das Problem zu unternehmen, die Täterinnen vor Gericht zu stellen oder die Betroffenen zu entschädigen.
Rechte auf Meinungs-, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit
Die Behörden schränkten die Aktivitäten der Zivilgesellschaft ein. Die Polizei hinderte Aktivist_innen bei verschiedenen Anlässen an der Ausübung ihrer Bürgerrechte, einschließlich des Rechts auf friedliche Versammlung.
Im Mai 2021 löste die Polizei eine Protestveranstaltung von Studierenden auf, die friedlich gegen ein neues Gesetz demonstrierten, das Parlamentsangestellten Zusatzleistungen gewährte, die die Studierenden für überzogen hielten. Im Juni 2021 hinderten Polizeikräfte Aktivist_innen des Zentrums für Demokratie und Entwicklung (Centro Para Democracia e Desenvolvimento) daran, dem Verwaltungsgericht eine Liste mit Anliegen vorzulegen. Die Aktivist_innen protestierten gegen den Bau von städtischen Mautstellen auf der Ringstraße von Maputo. Im September 2021 verprügelten Polizisten in der Provinz Nampula sechs Journalisten und nahmen sie willkürlich fest, weil sie über einen friedlichen Protest gegen die verspätete Auszahlung von Coronahilfen durch die Regierung berichtet hatten. Im Oktober 2021 hinderte die Polizei einige Ärzt_innen an einem friedlichen Protest aus Solidarität mit einem anderen Arzt, der zu einer Gruppe entführter Personen gehörte. Der Bürgermeister von Maputo gab an, er habe die Veranstaltung nicht genehmigt, dabei schreibt die Verfassung Mosambiks lediglich vor, dass die Organisator_innen von Versammlungen die Behörden vier Tage vorher informieren, nicht jedoch, dass sie diese um Erlaubnis bitten müssen.