DEINE SPENDE KANN LEBEN RETTEN!
Mit Amnesty kannst du dort helfen, wo es am dringendsten nötig ist.
DEINE SPENDE WIRKT!
Gambia 2021
Hintergrund
In Gambia fanden im Dezember 2021 Präsidentschaftswahlen statt, die der Amtsinhaber Adama Barrow gewann. Der im Dezember veröffentlichte Bericht der Kommission für Wahrheit, Versöhnung und Wiedergutmachung empfahl, den ehemaligen Präsidenten Yahya Jammeh wegen Straftaten während seiner Amtszeit strafrechtlich zu verfolgen.
Willkürliche Festnahmen und Inhaftierungen
Am 15. März 2021 brachen in der Ortschaft Sanyang gewaltsame Proteste aus, nachdem ein senegalesischer Staatsangehöriger einen gambischen Anwohner getötet hatte. Die Polizei nahm im Laufe der folgenden sieben Tage mindestens 50 Personen fest. Die meisten von ihnen kamen ohne Anklage frei. 22 der Festgenommenen wurden wegen Straftaten wie Brandstiftung, Zerstörung von Gebäuden durch Randalieren, rechtswidrige Versammlung und Verabredung zu einer Straftat angeklagt. Ende des Jahres bestanden noch Anklagen gegen 19 Personen; 14 von ihnen waren wegen Verabredung zu einem geringfügigen Vergehen, rechtswidriger Versammlung und Randalierens angeklagt, die restlichen fünf wegen Mitführens von Waffen in der Öffentlichkeit, Ladeneinbruchs, Diebstahls, Brandstiftung, Sachbeschädigung, Verabredung zur Brandstiftung, rechtswidriger Versammlung und Randalierens.
Im Mai 2021 ließ der Generalstaatsanwalt die Anklage gegen die Anführer_innen der Protestbewegung Three Years Jotna (Drei Jahre sind genug) fallen, die von der Polizei im Jahr 2020 gewaltsam unterdrückt worden war. Mit dem Protest war Präsident Adama Barrow aufgefordert worden, sein Versprechen einzulösen, nach drei Jahren als Staats- und Regierungschef vom Amt zurückzutreten.
Recht auf Versammlungsfreiheit
Auch 2021 blieb Paragraf 5 des Gesetzes über die öffentliche Ordnung in Kraft, der vorschreibt, dass zur Durchführung von Versammlungen eine behördliche Genehmigung erforderlich ist. Er wurde häufig dazu benutzt, Proteste durch Verweigerung einer Genehmigung zu verhindern. So verweigerte der Generalinspektor der Polizei im Juni der Organisation Gambia For Five Years and Peace Building die Erlaubnis für einen Protest gegen die Entscheidung der Wahlkommission, der Bürgermeisterin der Hauptstadt Banjul zu gestatten, Bescheinigungen zum Zweck der Wähler_innenregistrierung auszustellen.
Rechte auf Meinungsfreiheit und Information
Im Juli 2021 verabschiedete das Parlament das Gesetz über den Zugang zu Informationen, das am 25. August vom Präsidenten unterzeichnet wurde. Das Gesetz, das das Ergebnis einer Zusammenarbeit zwischen der Zivilgesellschaft und der Regierung ist, ermöglicht der Öffentlichkeit und Journalist_innen, Zugang zu den Informationen öffentlicher Institutionen zu erhalten.
Zum Jahresende waren Gesetzentwürfe zur Abänderung von Bestimmungen des Strafgesetzbuchs und des Informations- und Kommunikationsgesetzes, die das Recht auf freie Meinungsäußerung einschränkten, noch immer nicht verabschiedet worden. Infolgedessen galt Aufwiegelung gegen den Präsidenten und die Justizverwaltung nach wie vor als Straftat, die harte Sanktionen einschließlich Freiheitsstrafen nach sich ziehen konnte.
Die Ermittlungsbehörden und die Aufsichtsbehörde für die Versorgungswirtschaft waren weiterhin befugt, Kommunikation zu Überwachungszwecken ohne wirksame gerichtliche Kontrolle abzuhören.
Recht auf Wahrheit, Gerechtigkeit und Wiedergutmachung
Die Kommission für Wahrheit, Versöhnung und Wiedergutmachung, die im Oktober 2018 eingesetzt worden war, um mutmaßliche Menschenrechtsverletzungen während der 22-jährigen Amtszeit des ehemaligen Präsidenten Yahya Jammeh zu untersuchen, hielt ihre letzte öffentliche Sitzung am 28. Mai 2021 ab. Die Kommission legte der Regierung am 25. November ihren Abschlussbericht vor, der am 24. Dezember vom Justizministerium veröffentlicht wurde.
Wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte
In einigen Küstenregionen, u. a. in den Ortschaften Gunjur und Sanyang, klagte die lokale Bevölkerung über die ökologischen und wirtschaftlichen Auswirkungen von Fischmehlfabriken.
Die Aktivitäten von Fischmehlfabriken führten zur Überfischung. Zudem war die Regierung aufgrund begrenzter Seeüberwachungskapazitäten nicht in der Lage, den illegalen Fischfang durch ausländische Boote zu kontrollieren. Die daraus resultierende Fischknappheit führte zu einem Anstieg der Fischpreise. Im Juni veröffentlichte Greenpeace einen Bericht über die Auswirkungen der Fischmehl- und Fischölindustrie in der Region. Am stärksten betroffen waren Frauen, die geräucherten Fisch verkauften, traditionelle Fischer und Menschen, die für ihre Proteinversorgung auf Fisch angewiesen waren. Der Bericht kam zu dem Schluss, dass durch die Praktiken der Fischmehl- und Fischölindustrie die Ernährungssicherheit in der Region gefährdet war.
Diskriminierung
Frauenrechte
Die Gewalt gegen Frauen hielt 2021 an. Im Juli erklärte die Ministerin für Frauen, Kinder und Soziales, dass das Netzwerk gegen geschlechtsspezifische Gewalt in den letzten zwölf Monaten 251 Fälle geschlechtsspezifischer Gewalt registriert habe, 240 davon gegen Frauen.
Frauen waren in öffentlichen Ämtern weiterhin unterrepräsentiert. Angaben von UN Women zufolge waren im Februar 2021 nur 8,6 Prozent der Parlamentssitze von Frauen besetzt.
Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Trans- und Intergeschlechtlichen (LGBTI+)
LGBTI+ wurden weiterhin durch repressive Gesetze bedroht, die ihre Rechte nicht gewährleisteten. Paragraf 144 des Strafgesetzbuchs sieht eine 14-jährige Gefängnisstrafe für jede Person vor, die "Geschlechtsverkehr entgegen der natürlichen Ordnung hat [...] oder zulässt, dass eine Person entgegen der natürlichen Ordnung Geschlechtsverkehr mit ihm oder ihr hat." Paragraf 147 bestraft eine "grob unzüchtige Handlung" zwischen zwei Personen desselben Geschlechts mit fünf Jahren Gefängnis. Der in Paragraf 144A enthaltene Straftatbestand der "schweren Homosexualität" für "Serientäter_innen" und HIV-Infizierte zieht eine lebenslange Haftstrafe nach sich.
Folter und andere Misshandlungen
Ende 2021 hatte die Nationalversammlung noch nicht über den Entwurf für ein Antifoltergesetz beraten, daher gab es kein nationales Gesetz, das Folter definiert und als strafbare Handlung eingestuft hätte.
Todesstrafe
Trotz der Einführung eines offiziellen Hinrichtungsmoratoriums und des Beitritts zum zweiten Fakultativprotokoll zum Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte, das auf die Abschaffung der Todesstrafe abzielt, verhängten die Gerichte in Gambia weiterhin Todesurteile.
Am 14. Juli 2021 befand das Hohe Gericht in Banjul Yankuba Touray, ehemaliges Mitglied der Junta und Verbündeter des ehemaligen Präsidenten Yahya Jammeh, des Mordes am ehemaligen Finanzminister Ousman Koro Ceesay für schuldig. Er wurde zum Tod durch Erhängen verurteilt. Zwei weitere Männer wurden im Juli bzw. Oktober wegen Mordes zum Tode verurteilt.