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Endlich Hochzeit
Jasmin und Lorena gehören zu den ersten LGBTI+-Paaren in der Schweiz, die offiziell geheiratet haben. Seit Juli 2022 ist das möglich.
Von Natalie Wenger
Die Hochzeit war nur noch eine Formsache. Ihre Liebe haben Jasmin und Lorena bereits 2020 mit einer großen Party gefeiert – noch bevor das Schweizer Stimmvolk eine Änderung des Zivilgesetzbuchs annahm, das die gleichgeschlechtliche Ehe landesweit legalisierte. Die Eintragung als Paar feierten sie damals mit einer traditionellen Zeremonie: Weiße Kleider, üppige Dekoration, emotionale Reden und viel Tanz. "Wir wollten zeigen: Wir können das mit dem Heiraten genauso gut wie Hetero-Paare", sagt Lorena.
Kennengelernt haben sich Jasmin und Lorena an der Pädagogischen Hochschule Zürich, wo beide eine Ausbildung zur Lehrerin absolvierten. Anfangs hatten sie nur wenig miteinander zu tun, doch dann kam das Schicksal ins Spiel: In einem Modul, das sie gemeinsam besuchten, mussten sie einen Tanz einstudieren. Jasmin war begeistert von Lorenas tänzerischem Talent und bat sie um Nachhilfe. "Ich konnte überhaupt nicht tanzen."
Stereotype auflösen
Die Proben wurden bald ausgeweitet, sie tanzten gemeinsam in Clubs. Erste feine Funken flogen. Lorena fühlte sich zu Jasmin hingezogen. "Sie ist schön, sportlich, intelligent. Dabei interessierte ich mich damals noch gar nicht für Frauen", sagt sie. Jasmin erwiderte ihre Gefühle jedoch – noch – nicht. Trotzdem blieben sie befreundet. Jasmin half Lorena bei den ersten Schritten in die Regenbogenwelt, beantwortete all ihre Fragen.
Als Lorena ein Jahr später für einen Sprachaufenthalt in Bologna weilte und Jasmin den Sommer auf einer Ranch in den USA verbrachte, blieben sie über Online-Netzwerke in Kontakt. Immer öfter fühlte sich Jasmin zu Lorena hingezogen. Sie realisierte, dass sie gern die Frau an Lorenas Seite wäre. Am 22. Dezember 2012 wurden Jasmin und Lorena ein Paar.
Lorena merkte, wie heteronormative Vorstellungen in ihre Beziehung zu Jasmin einflossen. Doch sie wehrte sich gegen Stereotypisierungen – auch gegen die in ihrem eigenen Kopf.
Zehn Jahre später ist ihre Beziehung stärker denn je. Am 4. August gaben sie sich offiziell das Ja-Wort. Für die beiden war dies ein Triumph: Sie haben sich aktiv für die Kampagne "Ehe für alle" und für queere Gleichberechtigung eingesetzt, sind auf die Straße gegangen und haben mit ihrer Umgebung und mit ihren Schüler*innen über Formen der Liebe diskutiert. "Vor dem Volksentscheid fühlte ich mich wie eine Bürgerin zweiter Klasse", sagt Jasmin. "Der Entscheid zeigte uns, dass wir so akzeptiert werden, wie wir sind."
Seit vergangenem Jahr sind Jasmin und Lorena auch stolze Eltern – dies war mit ein Grund für die Heirat: "Unser Sohn kann nun sagen, seine Eltern seien verheiratet, ohne dass er dazu mehr erklären muss", sagt Jasmin. Der Kinderwunsch war erst mit der Zeit gekommen. "Ich dachte immer, ich werde keine Kinder haben", sagt Jasmin. Lorena dagegen wünschte sich stets eine Familie. "Allerdings kam in meiner Vorstellung nie eine Frau als Partnerin vor." Ihr Sohn wurde mithilfe eines Samenspenders gezeugt.
Jasmin blieb nach der Geburt sieben Monate zu Hause. Das Kind stellte das Leben des Paars auf den Kopf. Geholfen hat ihnen in dieser Zeit eine stete offene Kommunikation. Jasmin ist sich sicher, dass ihnen oft sogar entgegenkommt, dass ihr Sohn zwei Mütter hat. "Denn wir denken beide mit", sagt sie. Sie entschieden, offen mit ihrem Sohn über alles zu sprechen. Sie wünschen sich, dass es irgendwann kein Thema mehr sein wird, dass er zwei Mütter hat. Dass sie nicht ständig gemustert oder gar beschimpft werden. "Er soll einfach ein glücklicher Junge sein dürfen, mit zwei Eltern, die ihn lieben", sagt Jasmin.
Natalie Wenger ist Redakteurin und Pressereferentin bei Amnesty International in der Schweiz.