Amnesty Journal Iran 30. September 2022

Hinter den roten Linien

Eine Frau mit Kopftuch sitzt in einem Auto, und blickt durch die Seitenscheibe, auf der Regentropfen abperlen.

"Doch das Böse gibt es nicht": Darya (Baran Rasoulof) reist aus Hamburg zu ihrem Onkel in den Iran. Was wird sie dort erwarten?

Auf dem Human Rights Film Festival Berlin präsentiert Amnesty International 2022 eine eigene Filmreihe. Gezeigt werden der Berlinale-Gewinner "Doch das Böse gibt es nicht" und weitere Werke. Die Reihe steht im Zeichen des 8. Weltkongresses gegen die Todesstrafe, der im November in Berlin stattfindet.

Von Jürgen Kiontke

"Würdest du jemanden für drei Tage Urlaub aufhängen?" Diese absurde Frage stellt sich für den jungen iranischen Soldaten Javad, der zum Dienst am Galgen abkommandiert wird. Freie Tage wären schön – er könnte dann seiner Freundin endlich einen Heiratsantrag machen …

"Doch das Böse gibt es nicht" heißt der Film von Mohammad Rasoulof, der schwierige und drastische Situationen der Menschen im Iran aufgreift. Der Regisseur selbst wurde im Juli 2022 inhaftiert, nachdem er mit mehr als 70 Kolleg*innen aus der Filmbranche gegen Polizeigewalt protestiert hatte.

Sein Meisterwerk, das 2020 den Goldenen Bären der Berlinale gewann, kommt nun in die Berliner Kinos zurück – als Teil einer Filmreihe, die Amnesty International und der Verband Ensemble contre la peine du mort (ECPM) auf dem Human Rights Film Festival präsentieren – im Vorfeld des 8. Weltkongresses gegen die Todesstrafe in Berlin.

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Gezeigt wird auch "Execution" des US-Amerikaners Steven Scaffidi: Zwei junge Regisseure drehen einen Film über das Leben im Gefängnis, der zur Dokumentation der letzten Lebensstunden eines zum Tode Verurteilten wird. "The Swallows of Kabul" ist als Vorführung für Schulklassen geplant. Auch dieser Film ist brandaktuell, handelt er doch vom Leben in der afghanischen Hauptstadt seit der Machtübernahme durch die Taliban. Im Zentrum steht Atiq, ein Gefängniswärter, der die Menschen im Todestrakt bewacht.

Kurzfilmabend von Amnesty

Am 22. Oktober präsentiert Amnesty International einen Kurzfilmabend mit Beiträgen aus Frankreich ("Mort à l’écran"), Somalia ("Will My Parents Come to See Me?") und den USA ("Last Day of Freedom", "Clean Up"). Bei allen Filmvorführungen sind Amnesty-Expert*innen anwesend, zum Screening von "Execution" wird Regisseur Steven Scaffidi zugeschaltet.

Im November, nach dem Festival, folgt mit "The State of Texas vs. Melissa" von Sabrina Van Tassel im Rahmen des Weltkongresses eine weitere besondere Filmvorführung zum Thema Todesstrafe (Babylon Kino, Berlin, 16. November 2022, 19 Uhr). Melissa Lucio sitzt seit 14 Jahren in der Todeszelle, weil sie ihre Tochter getötet haben soll. Ob das stimmt, ist fraglich. Viele Umstände fanden im Prozess keine Berücksichtigung, mittlerweile haben sich sogar Geschworene von ihrer Entscheidung distanziert. Das Urteil ist derzeit ausgesetzt, doch erregt der Fall weiterhin internationales Aufsehen.

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Die Todesstrafe ist die Überschreitung einer roten Linie: Zu viele Zufälle können leicht zu einem Urteil führen, das nicht revidiert werden kann. Diese und andere unzulässige Grenzverletzungen bilden den roten Faden des Human Rights Film Festivals, dessen Motto in diesem Jahr "Beyond Red Lines" lautet. Festivalleiterin Anna Ramskogler-Witt will in Zeiten vielfältiger Konflikte ein Zeichen für Menschenrechte, Frieden und Klimaschutz setzen. Durch den Krieg in der Ukraine habe der Titel noch eine weitere Dimension bekommen, erklärt sie: "Wie reagieren wir als internationale Gemeinschaft, wenn rote Linien überschritten werden? Welche Folgen hat das für unsere Gesellschaft? Menschen kämpfen sehr dafür, dass sie nicht übertreten werden."

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Die insgesamt 40 Filme werden in acht Berliner Kinos präsentiert, eine Auswahl ist als Stream auch bundesweit verfügbar. Den Auftakt bildet der Film "Ithaka" über den Kampf der Familie des Whistleblowers Julian Assange um seine Freilassung. Neben den Schwerpunkten Todesstrafe und Krieg in der Ukraine geht es auch um Themen wie Dekolonisierung, Frauenrechte und Klimaaktivismus. Begleitet wird das Festival vom Human Rights Forum, das Workshops und Konferenzen umfasst.

Jürgen Kiontke ist freier Autor, Journalist und Filmkritiker. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung von Amnesty International wieder.

Human Rights Film Festival Berlin, 13.-23. Oktober 2022.

8. Weltkongress gegen die Todesstrafe, Berlin, 15.-18. November.

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