Amnesty Journal Deutschland 26. Juli 2017

Dranbleiben

Geballte Faust eingehüllt von gelbem Farb-Puder

Für Betroffene von Verbrechen ist die Aufklärung der Geschehnisse ein wichtiger Schritt für die Aufarbeitung von traumatischen Erlebnissen. Die folgenden drei Beispiele zeigen wie damit umgegangen werden kann.

Hilfe für Opfer von Colonia Dignidad

Die Verbrechen der Colonia Dignidad in Chile sollen nun auch in Deutschland aufgearbeitet und die Oper stärker unterstützt werden. Das beschloss der Bundestag in Berlin Ende Juni. In dem vom deutschen Arzt Paul Schäfer geführten Lager war es jahrzehntelang zu schweren Menschenrechtsverletzungen gekommen, der Bundesnachrichtendienst sprach von "KZ-ähnlichen Methoden". Die Abgeordneten forderten die Bundesregierung auf, "nach dem Bekenntnis zu moralischer Mitverantwortung den Worten nun Taten folgen zu lassen". In Zusammenarbeit mit Chile solle die Aufarbeitung der Verbrechen in dem 1961 gegründeten Lager verstärkt sowie die strafrechtlichen Ermittlungen in Deutschland und in Chile vorangetrieben werden. Dazu solle die Bundesregierung bis Mitte 2018 ein Konzept für Hilfsleistungen vorlegen. 

Das Regime von Augusto Pinochet nutzte das 350 Kilometer südlich von  Santiago de Chile gelegene Sektengelände von 1974 bis 1990 als Folterlager, in dem bis zu 100 Oppositionelle ermordet wurden. Der deutsche Arzt Hartmut Hopp, der zur Führungsriege der Colonia Dignidad gezählt hatte, floh 2011 nach Krefeld, wo er bis heute in Freiheit lebt. 2016 forderte die hiesige Staatsanwaltschaft, das gegen ihn in Chile wegen Beihilfe zu Kindesmissbrauch verhängte Urteil von fünf Jahren Haft zu vollstrecken.

Keine Mehrheit im Bundestag erhielt ein Antrag von mehr als 90 Abgeordneten von Grünen und Linkspartei, die deutschen Diplomaten, Verwaltungs- sowie Justizbeamten "Pflichtverstöße, Versäumnisse und mangelnde Gewissenhaftigkeit" vorwarfen. Zudem seien die von der Bundesregierung bis 2013 geleisteten Hilfsmaßnahmen "nicht immer ausreichend oder bedarfsgerecht" gewesen. 

"Das ist juristisches Neuland", 08-09/2016

Duterte droht Kritikern mit Kriegsrecht

Der philippinische Präsident Rodrigo Duterte hat im Juli Kritikern des Kriegsrechts im Süden des Landes mit Haft gedroht. Der umstrittene Staatschef hatte dieses im Mai über die südliche Region Mindanao verhängt, weil dort bewaffnete Dschihadisten gegen Regierungseinheiten kämpfen. Seit Dutertes Amts­antritt im Juli 2016 ist es auf den Philippinen zu zahlreichen Menschenrechtsverletzungen seitens seiner Regierung gekommen. Tausende Menschen wurden im Auftrag der Polizei ermordet; eine Wiedereinführung der Todesstrafe für Drogendelikte ist geplant. 

Bereits als Bürgermeister der südphilippinischen Stadt Davao hatte Duterte Menschenrechtler gegen sich aufgebracht, weil er Todesschwadrone eingesetzt haben soll. James Gomes, Amnesty-Experte für Südostasien und den Pazifikraum, warf Duterte im Juli vor, "Rechtsstaatlichkeit zu untergraben" und den "Ruf eines Führers erlangt zu haben, der für den Tod Tausender seiner eigenen Bürger verantwortlich ist".

"Man kann nicht alle töten", 01/2017

UN verstärken Syrien-Ermittlungen

Die französische Richterin Catherine Marchi-Uhel ist im Juli von UN-Generalsekretär António Guterres zur Leiterin eines Teams der Vereinten Nationen in Genf ernannt worden, das Kriegsverbrechen und andere schwere Verstöße gegen internationales Recht von Regierungseinheiten, Oppositionsgruppen und Dschihadistenmilizen in Syrien zur Anklage bringen soll. Der internationale, unparteiische und unabhängige Mechanismus war im vergangenen Dezember von der UN-Generalversammlung als Reaktion auf die anhaltende Obstruktionspolitik Moskaus in Syrien eingerichtet worden. Im UN-Sicherheitsrat hat Russland seit  2011 achtmal sein Veto gegen Resolutionen eingelegt, die ein Ende der Straflosigkeit gegen Verantwortliche für Kriegsverbrechen, humanitären Zugang zu belagerten Städten oder eine Verurteilung des Vorgehens von staatlichen Sicherheitskräften verlangten. 

Catherine Marchi-Uhel hat in den ­vergangenen Jahren unter anderem als Richterin am Internationalen Jugoslawien-Tribunal in Den Haag, im Kosovo und an einem Sondergericht in Kambodscha gearbeitet. Ihr Team soll 50 Mitarbeiter umfassen; der Finanzierungsbedarf liegt im ersten Jahr bei rund 13 Millionen US-Dollar – bislang liegen Zusagen lediglich für sechs Millionen vor. 

"Im Visier der Ermittler", 06-07/2017

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