Regenbogen über Hannover

Öffentliche Aktion für die Rechte von LGBTI am 3. Juni 2017 in Hannover im Rahmen der Amnesty-Jahresversammlung 2017.
© Amnesty International, Foto: Sarah Eick
Bei der Jahresversammlung von Amnesty in Hannover ging es dieses Jahr um LGBTI-Rechte – mit besonderer Betonung auf dem "I".
Von Hannah El-Hitami. Die Autorin ist Volontärin des Amnesty Journals.
Als Lucie Veith 2009 zum ersten Mal mit Amnesty in Kontakt tritt, ist sie "stinksauer". Stinksauer, weil Amnesty keine Position zu Menschenrechtsverletzungen an intergeschlechtlichen Menschen vertrittt.
Heute, acht Jahre später, steht Lucie bei der Eröffnung der Amnesty-Jahresversammlung 2017 am Pfingstwochenende in Hannover auf dem Podium, umgeben von Hunderten Amnesty-Mitgliedern aus Deutschland und Gästen aus Burundi, Nepal, Ungarn und anderen Ländern, die ihrem Bericht über die Erfahrungen intergeschlechtlicher Menschen lauschen.
Stinksauer ist Lucie nach wie vor. Aber nicht mehr auf Amnesty. Sie ist sauer, weil 2017 in Deutschland noch immer Kinder "zurechtgeschnitten" werden, weil sie nicht in die Kategorien männlich oder weiblich passen; dass auch ihr ohne gesundheitliche Gründe ein Teil ihres Körpers geraubt wurde. Lucies Vortrag ist Teil des Schwerpunktthemas der Jahresversammlung, dem obersten Beschlussgremium der deutschen Amnesty-Sektion: Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgender und intergeschlechtlichen Menschen (LGBTI) – mit besonderer Betonung des "I".
Seit 2010 steht das Thema Intergeschlechtlichkeit auf der Amnesty-Agenda, dieses Jahr erschien der erste Bericht dazu. Auch dank der Jahresversammlung, bei der die Mitglieder die Arbeit ihrer Organisation demokratisch mitbestimmen können.
"Ich hatte mir in den Kopf gesetzt, das Thema Intersex zu Amnesty zu bringen", erzählt Ben Reichel von der Queeramnesty-Gruppe Hamburg im öffentlichen Plenum am Pfingstwochenende. "Wir sind 2010 völlig ahnungslos auf die Amnesty-Jahresversammlung gefahren und haben unser Anliegen vorgebracht. Ihr habt uns damals vertraut und für unseren Antrag gestimmt. Ich bin wirklich froh, dass ich für eine Organisation wirken kann, bei der das höchste Entscheidungsgremium diese Jahresversammlung ist."
Auf der Jahresversammlung wurde zum Beispiel beschlossen, dass die Bundesregierung effektive und legale Zugangswege für Asylsuchende schaffen und nicht mit Ländern wie Ägypten und Libyen kooperieren soll, um diese Wege zu versperren. Auch bekräftigte die Jahresversammlung die Forderung nach einem Abschiebestopp nach Afghanistan.
Der Samstagnachmittag stand ganz unter dem Motto "Liebe ist kein Verbrechen". Um das der Öffentlichkeit zu demonstrieren, fanden sich die Aktivistinnen und Aktivisten auf dem Opernplatz zusammen und bildeten mithilfe von bunten Schildern eine riesige Regenbogenfahne. Im Anschluss rollte der Amnesty-Bus auf der Parade des "Christopher Street Day" durch Hannover.
Am Sonntag stellte sich die erste Amnesty-Jugendvertretung auf dem Markt der Möglichkeiten und im Plenum vor: "Mit der Jugendvertretung haben jetzt alle jungen Mitglieder bei Amnesty einen Ansprechpartner und ein Gremium, das für ihre Interessen eintritt und sie innerhalb des Vereins und auch nach außen vertritt, unabhängig von ihrer Gruppenzugehörigkeit", so Marie Wienroeder, Sprecherin der Jugendvertretung.
Weitere Informationen zur Amnesty-Jahresversammlung 2017 findest du hier