Aktuell Erfolg Vereinigte Staaten von Amerika 24. Januar 2025

USA: Leonard Peltier wird nach knapp 50 Jahren aus dem Gefängnis entlassen

Das Foto zeigt Leonard Peltier in seiner Zelle sitzen neben einer Staffelei mit Leinwand, auf der er einen Büffelschädel gemalt hat. Er blickt leicht lächelnd in die Kamera und reckt die linke Faust hoch.

Ungebrochen: Der indigene Aktivist Leonard Peltier beim Malen in seiner Zelle im Hochsicherheitsgefängnis Coleman im US-Bundesstaat Florida im Januar 1993.

Er wurde für viele Menschen zur Symbolfigur für die Ungerechtigkeit des US-amerikanischen Justizsystems und für den Kampf der Indigenen für ihre Rechte: Seit 1977 Jahre war der indigene Aktivist Leonard Peltier inhaftiert für eine Tat, die er stets bestritten hatte. Nun hat der ehemalige US-Präsident Joe Biden in einer seiner letzten Amtshandlungen die Haftstrafe von Peltier in Hausarrest umgewandelt. Amnesty International hatte sich jahrzehntelang mit Appellschreiben und Protestaktionen für seine Freilassung eingesetzt.

Weltweit haben Unterstützer*innen dafür gekämpft, dass Leonard Peltier freikommt. Nun steht seiner Freilassung nach knapp 50 Jahren Haft nichts mehr im Wege: Der ehemalige US-Präsident Joe Biden hat Peltiers Haftstrafe vor dem Ende seiner Amtszeit am 20. Januar 2025 in Hausarrest umgewandelt. Medienberichten zufolge darf Peltier am 18. Februar 2025 das Bundesgefängnis Coleman in Florida verlassen.

"Präsident Biden hat zu Recht die lebenslange Haftstrafe des indigenen Aktivisten Leonard Peltier umgewandelt, da es ernsthafte menschenrechtliche Bedenken hinsichtlich der Fairness seines Verfahrens gab", sagte Paul O'Brien, Direktor von Amnesty International in den USA.  

Ein lachender Mann mit der Hand am Mund

War seit 1977 in den USA inhaftiert: der indigene Aktivist Leonard Peltier (Archivaufnahme).

Leonard Peltier – eine Ikone im Kampf für die Rechte der Indigenen in den USA 

Peltier ist ein heute 80-jähriger indigener Aktivist, der 1977 in den USA wegen Mordes an zwei FBI-Agenten zu zweimal lebenslänglicher Haft verurteilt wurde. Er ist Angehöriger der indigenen Anishinabe-Lakota und war ein Mitglied des American Indian Movement (AIM). Die Initiative setzte sich für die Rechte der nordamerikanischen indigenen Bevölkerung ein.

Am 26. Juni 1975 kam es im Pine-Ridge-Reservat in South Dakota zu Zusammenstößen zwischen dem FBI und Mitgliedern des AIM – dabei wurden zwei FBI-Agenten erschossen. Peltier hat von Anfang an seine Unschuld beteuert.

Das Foto zeigt einen Demonstrationszug nordamerikanischer Indigener, die teilweise tradiotionelle Kleidung tragen. Einige halten ein großes Banner hoch mit dem Konterfei von Leonard Peltier und der Forderung "Free Leonard Peltier".

Demonstration in der US-Hauptstadt Washington für die Freilassung des inhaftierten indigenen Aktivisten Leonard Peltier am 15. Juni 1982

Unfaires Gerichtsverfahren: Eine unter Druck gesetzte Zeugin und zurückgehaltene Beweise

Amnesty International sandte Beobachter*innen zu dem Prozess und hat in den vergangenen Jahrzehnten schwerwiegende Kritikpunkte an dem Gerichtsverfahren dokumentiert, das zur Verurteilung von Leonard Peltier führte.

Eine wichtige mutmaßliche Augenzeugin, die zunächst aussagte, gesehen zu haben, wie Leonard Peltier die beiden Männer tötete, zog später ihre Aussage zurück. Sie gab an, vom FBI unter Druck gesetzt worden zu sein. Es stellte sich heraus, dass sie zum Tatzeitpunkt gar nicht in Pine Ridge gewesen war. Außerdem wurden wichtige Beweise zurückgehalten: Erst 1980 erhielten die Rechtsbeistände von Leonard Peltier Einsicht in Dokumente mit ballistischem Beweismaterial. Dabei handelte es sich um ein entlastendes ballistisches Gutachten, das nachwies, dass die tödlichen Kugeln nicht aus Peltiers Waffe stammten. Das Gutachten lag schon während des Verfahrens vor, doch es wurde unter Verschluss gehalten.

Das Foto zeigt zwei Frauen und zwei Männer vor einer Wand mit mehreren Amnesty-Logos. Sie halten lächelnd Zettel in die Kamera, auf denen steht: "Save Leonard Peltier".

Amnesty-Mitglieder fordern auf der Jahresversammlung der US-Sektion von Amnesty International in San Diego die Freilassung des indigenen Aktivisten Leonard Peltier (März 2023).

Auch der ehemalige Staatsanwalt forderte die Freilassung 

Neben Amnesty International haben auch zahlreiche andere Organisationen, indigene Gemeinschaften, Mitglieder des US-Kongresses, ehemalige FBI-Agenten und Friedensnobelpreisträger seine Freilassung gefordert. Selbst der ehemalige Staatsanwalt James Reynolds, dessen Büro Peltiers Strafverfolgung bearbeitete, sprach sich für eine Begnadigung aus. Reynolds schrieb 2021: "Meiner Meinung nach würde eine weitere Inhaftierung von Mister Peltier nach allem, was wir jetzt wissen, nur dazu dienen, die zerrütteten Beziehungen zwischen den Native Americans und der Regierung fortzusetzen."

Das Foto zeigt ein Zelt vor dem Zaun vor dem Weißen Haus. Um das Zelt sind Banner und Fahnen angebracht, unter anderem mit der Forderung, Leonard Peltier freizulassen.

Protestcamp vor dem Weißen Haus in der US-Hauptstadt Washington für die Freilassung von Leonard Peltier (15. Oktober 2023)

Amnesty International hatte Präsident Biden aufgefordert, Peltier vollständig zu begnadigen und freizulassen. "Niemand sollte nach einem Prozess inhaftiert werden, bei dem Zweifel an der Fairness bestehen, und es dient nicht der Gerechtigkeit, ihn weiterhin inhaftiert zu lassen", so Maja Liebing, Amerikas-Referentin von Amnesty International in Deutschland. "Aus Gründen der Menschlichkeit und der Menschenrechte hätte Präsident Biden für die Freilassung von Leonard Peltier sorgen müssen. Denn dies hätte nicht nur Leonard Peltier ermöglicht, seine letzten Jahre zu Hause bei seiner Familie und in seiner Gemeinde verbringen zu können. Sondern es hätte auch dazu beigetragen, die zerrütteten Beziehungen zwischen den Indigenen in den USA und der US-Regierung zu verbessern."

Jahrzehntelanger Einsatz zahlt sich aus

Peltier ist inzwischen schwer krank und leidet unter anderem an Diabetes, Bluthochdruck und einer degenerativen Gelenkerkrankung. Er hatte einen Schlaganfall und ist auf einem Auge blind. Er musste in Haft viel erleiden. Sein Fall zeigt allerdings, dass sich der Einsatz für Gerechtigkeit lohnt – auch wenn es Jahrzehnte dauert.

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