Aktuell Demokratische Republik Kongo 28. Mai 2025

Demokratische Republik Kongo: M23-Kämpfer foltern und töten Zivilist*innen

Ein uniformierter und mit einem Sturmgewehr bewaffneter Mann steht vor einem Maschendrahtzaun, hinter dem sich viele Menschen drängen.

Kämpfer der bewaffneten Gruppe M23 bewachen in der kongolesischen Stadt Goma eine Kundgebung, zu der die Gruppe aufgerufen hatte (6. Februar 2025).

+++ TRIGGERWARNUNG: Dieser Text enthält explizite Beschreibungen von Folter und Gewalt. +++

Zivilpersonen werden willkürlich verhaftet, gefoltert und als Geiseln festgehalten, um Lösegeld zu erpressen. Diese und andere schwere Menschenrechtsverletzungen der Miliz M23 im Osten der Demokratischen Republik Kongo hat Amnesty im Rahmen einer neuen Untersuchung dokumentiert. Dafür sprach Amnesty mit 18 ehemaligen Gefangenen. Amnesty fordert, dass die M23 alle willkürlich inhaftierten Zivilpersonen, einschließlich derjenigen, die gewaltsam verschwunden sind, sofort freilässt. 

"Die M23-Kämpfer holten einen Hammer heraus und schlugen ihm auf die Rippen. Er starb auf der Stelle. Dann wandten sie sich einer weiteren Person zu. Er sagte, er sei ein ehemaliges Mitglied der Republikanischen Garde gewesen. Sie schlugen ihn mit dem Hammer, aber er starb nicht sofort. Am Morgen war er tot." Mit diesen erschütternden Worten beschreibt ein ehemaliger Häftling, was er in einem der Gefangenenlager der M23 im Ostkongo mit eigenen Augen gesehen hat. Seine Aussage ist eine von 18 Zeugenberichten, die Amnesty International zwischen Februar und April 2025 von ehemaligen Gefangenen sammeln konnte.  

Eine neue Untersuchung von Amnesty International enthüllt schwere Menschenrechtsverletzungen der von Ruanda unterstützten M23 gegenüber Zivilpersonen. Die bewaffnete Gruppierung hält derzeit die Städte Goma und Bukavu im Osten der Demokratischen Republik Kongo (DRK) besetzt. Die dokumentierten Gräueltaten verstoßen gegen das humanitäre Völkerrecht und könnten als Kriegsverbrechen eingestuft werden. 

"Seit der Übernahme der Macht in Goma hat die M23 ein Klima der Angst geschaffen, indem sie die Bevölkerung brutal unterdrückt. Die M23 hat Krankenhäuser überfallen und Patient*innen verschleppt", sagt Franziska Ulm-Düsterhöft, Fachreferentin für Afrika bei Amnesty in Deutschland. "Personen, die sich kritisch über die ruandische Regierung geäußert haben, aber auch Soldat*innen und Zivilist*innen werden unter unwürdigsten Bedingungen gefangen gehalten, gefoltert und getötet." Amnesty International fordert von der M23, diese Praxis sofort zu beenden. Die ruandische Regierung muss die Unterstützung der M23 sofort einstellen. 

 Zu den von Amnesty dokumentierten Verbrechen der M23 gehören unter anderem:  

  • Tötung von Gefangenen durch Erschießungen und Schläge mit Hämmern
  •  Systematische Folter durch Schläge mit Stöcken, Kabeln, Brettern und Gewehrkolben
  • Erzwungenes Verschwindenlassen von Häftlingen
  •  Erpressung von Lösegeld von Familien der Gefangenen
  • Unmenschliche Haftbedingungen (Überfüllung, Nahrungsmangel, fehlende Hygiene)
  • Willkürliche Verhaftungen von Zivilisten
  • Isolationshaft und die Verweigerung des Kontakts zu Anwälten und Familien 
Viele weiße Zelte im Hintergrund, im Vordergrund zwei Frauen.

Flüchtlingscamp in Nähe von Goma im Osten der Demokratischen Republik Kongo (17. April 2024)

Hintergrund zum Konflikt  

Maßgeblicher Grund für die Gewalt im Osten der Demokratischen Republik Kongo (DRK) ist der Völkermord im Nachbarland Ruanda 1994, bei dem bis zu einer Million Menschen ermordet wurden, vor allem Tutsi. Weit über 100 bewaffnete Gruppen sind derzeit in DRK aktiv. Zu den wichtigsten gehören dabei die M23 und die bewaffnete Gruppierung "Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas" (FDLR). Die M23 gibt vor, Tutsi im Kongo vor weiteren Übergriffen zu schützen. Eine weitere Rolle in dem Konflikt spielt außerdem der Zugang zu wertvollen Mineralien wie Coltan. Die Leidtragenden der Auseinandersetzungen sind bis heute Zivilist*innen, die zwischen die Fronten geraten. Hunderttausende wurden so zur Flucht gezwungen. 

Folter und unmenschliche Haftbedingungen  

Wie die aktuelle Amnesty-Untersuchung zeigt, schrecken die Kämpfer der M23 dabei auch nicht vor Erpressung, Folter und willkürlichen Tötungen zurück. Zeugen berichteten Amnesty gegenüber außerdem von menschenverachtenden Umständen in Haft. Gefangene wurden in überfüllten Zellen festgehalten, ohne ausreichende Nahrung, Wasser, sanitäre Einrichtungen oder medizinische Versorgung. Ein Häftling beschrieb die Situation: "Es war unglaublich heiß... Die Leute tranken gegenseitig ihren Urin. An Regentagen konnte man Regenwasser trinken." 

Außerdem verlangte M23 oft hohe Lösegelder von Familien, um die Freilassung ihrer Angehörigen zu sichern. Acht Häftlinge gaben an, dass ihre Familienmitglieder Lösegelder an M23 zahlten, um sie freizubekommen. Die Beträge reichten dabei von einigen hundert bis über 2.000 US-Dollar. Amnesty International dokumentierte auch mehrere Fälle von Verschwindenlassen. Die Angehörigen suchten in Hafteinrichtungen in Goma und Bukavu nach ihren Verwandten, doch M23-Kämpfer verweigerten ihnen oft den Zugang oder leugneten, dass sich diese dort befanden.  

"Deutschland und die EU müssen den Druck auf die ruandische Regierung deutlich erhöhen", sagt Franziska Ulm-Düsterhöft. "Die EU muss sicherstellen, dass Ruanda und die M23 von der Vereinbarung über Konfliktmineralien nicht finanziell profitieren – von Mineralien, die illegal in der Demokratischen Republik Kongo gewonnen wurden und zu Menschenrechtsverletzungen führen. Außerdem muss die EU ihre Militärhilfe für Ruanda endlich auf den Prüfstand stellen." 

FAQ - Die wichtigsten Fragen und Antworten

Was ist die M23? 

Die M23 ("Mouvement du 23 Mars") ist eine Miliz im Osten der Demokratischen Republik Kongo, die von Ruanda unterstützt wird. Sie wurde nach einem Friedensabkommen vom 23. März benannt. Die Gruppe besteht hauptsächlich aus Tutsi und gibt vor, kongolesische Tutsi vor Übergriffen zu schützen.  

Welche Gebiete kontrolliert die M23 aktuell? 

Die M23 kontrolliert seit Januar/Februar 2025 die beiden größten Städte im Ostkongo: Goma und Bukavu. Damit haben sie die Kontrolle über große Teile der rohstoffreichen Provinzen im Land. 

Was sind die Hauptvorwürfe gegen die M23? 

Amnesty International dokumentiert schwere Menschenrechtsverletzungen wie willkürliche Tötungen, Folter, erzwungenes Verschwindenlassen und unmenschliche Haftbedingungen. Die M23 fordert Lösegeld für die Freilassung von Gefangenen und hält Menschen als Geiseln. 

Wie ist die humanitäre Lage im Ostkongo? 

Die Lage ist katastrophal. Millionen Menschen sind binnenvertrieben, Hunderttausende wurden durch die jüngsten Kämpfe vertrieben. Flüchtlingslager wurden zerstört, und viele Menschen leben ohne ausreichende humanitäre Hilfe. 

Was fordert Amnesty International? 

Amnesty fordert die sofortige Freilassung aller willkürlich inhaftierten Zivilisten, menschliche Behandlung der Häftlinge, Zugang zu Anwälten und Familien sowie Zugang für unabhängige Überwachungsgremien zu allen Hafteinrichtungen. Zudem soll internationaler Druck auf Ruanda ausgeübt werden, die Unterstützung für M23 einzustellen. 

Die vollständige Untersuchung von Amnesty International wurde auf Englisch auf amnesty.org veröffentlicht. 

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