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Der Fluch begehrter Rohstoffe

Kobalt und Kupfer statt Menschenrechte: Mine in der Nähe von Kolwezi, Demokratische Republik Kongo
© Arlette Bashizi /The Washington Post / Getty Images
In vielen Ländern des globalen Südens müssen Menschen weichen, weil internationale Konzerne dort Bergbau betreiben oder Plantagen anlegen wollen.
Von Annette Jensen
Die Stadt Kolwezi im Süden der Demokratischen Republik Kongo wurde 1938 von der belgischen Kolonialmacht für den Bergbau errichtet. Es gibt dort bedeutende Kobalt- und Kupfervorkommen – Ressourcen, die heute begehrt sind für den Bau von Batterien und E-Autos. Neben den Häuserreihen klaffen riesige Tagebaukrater, betrieben von internationalen Konzernen und Finanzinvestor*innen. Immer wieder werden die Abbaugebiete erweitert und Anwohner*innen vertrieben, wie ein Amnesty-Bericht aus dem Jahr 2023 dokumentiert.
Im Stadtteil Cité Gécamines westlich des Zentrums markierten im Jahr 2012 Mitarbeiter*innen der Stadtverwaltung Häuser mit roten Kreuzen. Nachfragen der Bewohnerschaft blieben unbeantwortet. "Wartet ab", war das Einzige, was sie zu hören bekamen. 2014 wurde die Mehrheit des staatlichen Unternehmens Commus an die chinesische Firma Zijin Mining verkauft und eine stillgelegte Mine für die Wiederinbetriebnahme vorbereitet. An einem Morgen erhielten die Anwohner*innen einer Straße mit 56 Häusern die Aufforderung, noch am selben Tag zu einem Treffen mit der Bergbaufirma und der Stadtverwaltung zu erscheinen. Nach mehreren Stunden Wartezeit wurden sie aufgefordert, der Entfernung ihrer Häuser sofort zuzustimmen. Die Entschädigungssummen reichten nicht, um sich anderswo auf gleichem Niveau wieder anzusiedeln.
Soldaten zerstören gesamte Siedlung
Noch viel schlechter erging es Menschen, die in informellen Siedlungen wie Mukumbi nördlich von Kolwezi lebten. Die benachbarte Kohle- und Kobalt-Mine war 2015 an den Konzern Chemaf verkauft worden, der seinen Hauptsitz in Dubai hat. Ehemalige Bewohner*innen berichten, dass Militärangehörige und Unternehmensvertreter ihnen eines Tages mitteilten, es sei Zeit zu gehen. Ein Jahr später zerstörten Soldaten binnen eines Tages die gesamte Siedlung. Wer sich wehrte oder seinen Besitz retten wollte, wurde geschlagen. Eine Dreijährige erlitt lebensgefährliche Verletzungen, als die Hütte ihrer Familie angezündet wurde; ihre Gesundheit ist für immer ruiniert.
Satellitenbilder belegen, dass dort, wo früher einige hundert Gebäude gestanden hatten, nichts übrigblieb. Chemaf bestritt, für die Vertreibung verantwortlich zu sein, war auf Druck der Regierung aber bereit, 1,5 Millionen Dollar Entschädigung zu zahlen. Manche Betroffene wurden mit 300 Dollar abgespeist.
Auch in anderen Ländern des globalen Südens werden Menschen gezwungen, ihre Häuser zu verlassen, weil darunter oder daneben begehrte Rohstoffe lagern. Die Kohlemine El Cerrejón im Norden Kolumbiens gehört dem multinationalen Unternehmen Glencore mit Sitz in der Schweiz. Das riesige schwarze Loch in der Erde, das alle hier "das Monster" nennen, wächst seit 1984 ständig und ist mittlerweile größer als die Fläche Hamburgs. Auch deutsche Energieunternehmen wie STEAG und EnBW befeuern einem Bundestagsbericht zufolge Kraftwerke mit Kohle aus dieser Mine. Seit Ausbruch des Ukraine-Kriegs ist der Absatz kolumbianischer Kohle sprunghaft angestiegen.
Indigene in Kolumbien vom Aussterben bedroht
Bereits 25 indigene Gemeinschaften wurden für El Cerrejón umgesiedelt. Am Anfang versprach man ihnen den Wiederaufbau ihrer Siedlungen an anderer Stelle mit schöneren Häusern und gut bezahlten Arbeitsplätzen – ein nicht gehaltenes Versprechen. Neben ihrem angestammten Land, auf dem sie Lebensmittel anbauten und Tiere hielten, verloren sie auch spirituelle Orte, Plätze zum Sammeln medizinischer Pflanzen und die Gräber ihrer Vorfahren. In der ganzen Region nehmen Atemwegserkrankungen deutlich zu, und die Wasserversorgung wird immer schlechter, seit ein Fluss umgeleitet wurde. Einem Bericht des Online-Magazins Klimareporter zufolge sind 300.000 Menschen betroffen. Die Gegend zählt zu den ärmsten in Kolumbien, von den hohen Profiten bleibt vor Ort so gut wie nichts hängen.
Wer sich wehrt, lebt gefährlich. Paramilitärische Gruppen unterstützen Konzerne, wenn Menschen sich weigern, ihr Land zu verlassen. Einschüchterungen und Gewalt gehören in Kolumbien zum Alltag. Der Umweltaktivist Juan Pablo Gutiérrez, auf den zwei Mordanschläge verübt wurden und für den Amnesty 2014 eine Eilaktion startete, wohnt seit sechs Jahren in Paris. Das kolumbianische Verfassungsgericht hat bestätigt, dass die Yukpa, denen er angehört, unmittelbar vom Aussterben bedroht sind. Gutiérrez forderte auf der Glencore-Hauptversammlung im Jahr 2023, der Konzern solle die Mine schließen und Wiedergutmachung zahlen. Die spröde Reaktion des Managements: Man respektiere die Rechte der Indigenen. Auf der Homepage von El Cerrejón sieht man strahlende Minenarbeiter und einen glücklichen Jungen in einem Fußballtrikot. Auch wird behauptet, das Unternehmen höre sich die Sorgen und Bedürfnisse der benachbarten Gemeinschaften an und versuche, "gemeinsam mit ihnen Maßnahmen zu entwickeln, die weiterhin zur Verbesserung ihrer Lebensqualität beitragen".
In Liberia ist 2018 infolge zivilgesellschaftlichen Engagements ein Landrechtsgesetz verabschiedet worden, das die Gewohnheitsrechte der traditionellen Bewohner*innen stärkt. Etwa 85 Prozent der Menschen in dem westafrikanischen Land leben laut Welthungerhilfe von kleinbäuerlichem Ackerbau, haben aber nur selten einen Eigentumstitel. Weil der Staat in den Jahren zuvor viele Konzessionen an internationale Palmöl- und Kautschukfirmen vergeben hat, haben viele Kleinbauern und -bäuerinnen ihre Existenzgrundlage verloren. Sie sehen sich gezwungen, auf den Plantagen zu arbeiten oder wegzuziehen.
Seit Kurzem droht angestammten Gemeinschaften nun eine neue Gefahr. Die in Dubai ansässige Firma Blue Carbon hat in fünf afrikanischen Ländern Konzessionen für riesige Waldgebiete erworben, um sie für den internationalen CO2-Kompensationshandel zu nutzen, berichten die Organisationen Welthungerhilfe und Regeneration International. Mit den Zertifikaten können Länder oder Unternehmen, die Klimaschutzvorgaben nicht einhalten, ihre Emissionen ausgleichen. In Liberia sind etwa zehn Prozent der Landfläche betroffen. Was dort geschehen soll und was das für die Betroffenen bedeutet, ist völlig unklar. Blue Carbon hat keinerlei Kompetenz im Bereich Waldschutz, und in Liberia gibt es keine gesetzlichen Rahmenbedingungen für CO2-Kompensation.
Erfolg in Ecuador
In Tansania wurden unter dem offiziellen Label "Umweltschutz" bereits mehrere Massai-Gemeinschaften vertrieben. In diesem Fall stehen Tourismusunternehmen dahinter. Sie bieten beispielsweise arabischen Eliten Trophäenjagd an, wie ein im August 2024 veröffentlichter Amnesty-Bericht beschreibt.
Dagegen scheint der Volksentscheid in Ecuador zum Schutz des Yasuni-Nationalparks wirklich etwas zu ändern. Jahrelang hatten Umweltschützer*innen dafür gekämpft, dass das Erdöl dort im Boden bleibt. Schließlich ordnete das Verfassungsgericht ein Referendum an. Bei der landesweiten Abstimmung im August 2023 votierten fast 60 Prozent für den Schutz des Nationalparks. Die staatliche Ölgesellschaft Petroecuador schließt dort nun tatsächlich ihre Bohrlöcher und zieht ihre Maschinen ab.
Annette Jensen ist Autorin und Journalistin. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung von Amnesty International wieder.