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Deutschland: Kehrtwende beim EU-Lieferkettengesetz ist skandalös
Für ein wirksames EU-Lieferkettengesetz: Petitionsübergabe an Bundeskanzler Olaf Scholz am 6. Dezember 2022 in Berlin.
© Initiative Lieferkettengesetz
Die Bundesregierung hat beschlossen, sich bei der Abstimmung zum EU-Lieferkettengesetz im EU-Rat diesen Freitag zu enthalten, wie Bundesarbeitsminister Hubertus Heil heute mitteilte. Dies kommt einer Nein-Stimme Deutschlands bei der entscheidenden Abstimmung gleich.
Julia Duchrow, Generalsekretärin von Amnesty International in Deutschland, sagt: "Im Koalitionsvertrag hat sich die Bundesregierung darauf geeinigt, ein EU-Lieferkettengesetz auf der Grundlage von internationalen Standards zu unterstützen. Doch die Bundesregierung hat die Entwürfe in laufenden Verhandlungen wiederholt abgeschwächt. Jetzt droht durch Deutschlands Enthaltung das über Jahre hinweg verhandelte Gesetz endgültig zu platzen. Amnesty International appelliert an die Bundesregierung ihre Entscheidung zu revidieren. Das EU-Lieferkettengesetz ist ein wichtiger Schritt in Richtung Schutz von Menschenrechten, Klima und Umwelt: Die EU-Mitgliedsstaaten sollten dem Gesetz zustimmen.
Ein einheitliches EU-Lieferkettengesetz würde helfen, Menschenrechte auf der ganzen Welt zu stärken und sicherzustellen, dass mit Menschenrechtsverletzungen keine Profite gemacht werden. Dass Deutschland durch seine Enthaltung das EU-Lieferkettengesetz auf den letzten Metern torpediert, ist skandalös. Die Leidtragenden dieser weitreichenden Entscheidung sind die Betroffenen: Menschen, die unter ausbeuterischen Bedingungen arbeiten, die wegen illegaler Zwangsräumungen ihr zu Hause verlieren oder durch Umweltverschmutzung krank werden."
Hintergrund
Das EU-Parlament, der Rat und die Kommission hatten sich im Dezember 2023 auf einen Kompromisstext geeinigt, der am 9. Februar durch die Mitgliedsstaaten im Rat bestätigt werden soll. Dieses Vorgehen gilt als Formsache – wenn weitere Staaten jedoch Deutschlands Beispiel einer Enthaltung folgen, droht das Gesetz durch eine fehlende Mehrheit im Rat zu scheitern.
Amnesty International dokumentiert seit über 20 Jahren Menschenrechtsverletzungen auf der ganzen Welt, die im Zusammenhang mit wirtschaftlichen Tätigkeiten begangen werden: Sie reichen von katastrophalen Ölverschmutzungen im Nigerdelta und Zwangsarbeit auf Palmölplantagen in Indonesien bis zum erschreckenden Missbrauch von Spionagesoftware, um Menschenrechtler*innen weltweit ins Visier zu nehmen, zu schikanieren und einzuschüchtern. Das EU-Lieferkettengesetz bietet die historische Chance, Unternehmen in der Europäischen Union zur Achtung der Menschenrechte, der Umwelt und des Klimas zu verpflichten und Betroffenen einen Anspruch auf Entschädigung zu sichern.