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In Haft verprügelt
Huang Qi, Gründer der Webseite "64 Tianwang" (Archivbild)
© 64Tianwang.com
Huang Qi, Gründer der in der Provinz Sichuan registrierten Webseite "64 Tianwang" (64tianwang.com), teilte seinem Anwalt mit, dass er mit dem Wissen einer Gefängniswache von anderen Häftlingen verprügelt worden sei. Zudem wurde ihm der Kauf von Grundversorgungsmitteln wie Lebensmittel und Toilettenpapier verweigert. Da er unter gesundheitlichen Problemen leidet, fürchtet Amnesty International um seine Sicherheit und seine Gesundheit.
Appell an
Director Qiao Yuejun
Mianyang City Detention Centre
Jianmenlu, Peicheng Qu, Mianyang Shi
Sichuansheng 621000
VOLKSREPUBLIK CHINA
Sende eine Kopie an
Minister für Öffentliche Sicherheit
Zhao Kezhi Buzhang
Gonganbu
14 Dong Chang’an Jie
Dongcheng Qu, Beijingshi 100741
VOLKSREPUBLIK CHINA
E-Mail: gabzfwz@mps.gov.cn
Botschaft der Volksrepublik China
S. E. Herrn Mingde Shi
Märkisches Ufer 54
10179 Berlin
Fax: 030-27 58 82 21
E-Mail: presse.botschaftchina@gmail.com
Amnesty fordert:
- Bitte sorgen Sie dafür, dass Huang Qi sofort und bedingungslos freigelassen wird, es sei denn, es liegen ausreichende glaubwürdige und zulässige Beweise vor, nach denen er eine international anerkannte Straftat begangen hat, und er erhält einen Prozess, der internationalen Standards für faire Gerichtsverfahren entspricht.
- Bitte schützen Sie Huang Qi während seiner Haft vor Folter und anderen Misshandlungen. Stellen Sie außerdem sicher, dass ihm sofort regelmäßiger Zugang zu seiner Familie gewährt wird.
- Sorgen Sie bitte dafür, dass Huang Qi umgehend regelmäßigen uneingeschränkten Zugang zu angemessener medizinischer Versorgung auf Anfrage oder nach Bedarf erhält.
Sachlage
Wie Huang Qi seinem Anwalt am 3. November 2017 mitteilte, wurde er zwischen dem 24. und dem 26. Oktober mit Wissen mindestens einer Gefängniswache von Mithäftlingen im Gefängnis der Stadt Mianyang in Sichuan verprügelt. Beim ersten seit drei Monaten erlaubten Treffen mit seinem Rechtsbeistand zeigte Huang Qi ihm eine große Prellung am linken Bein.
Außerdem erzählte Huang Qi seinem Anwalt, dass ihm im Gegensatz zu anderen Häftlingen nicht gestattet wurde, nährstoffreichere Lebensmittel oder andere Güter für den täglichen Bedarf wie Zahnpasta, Zahnbürste und Toilettenpapier zu kaufen, obwohl seine Mutter und Freund_innen Geld für solche Zwecke in seinem Namen hinterlegt hatten.
Darüber hinaus berichtete Huang Qi, dass Beamt_innen ihm mit 12 bis 15 Jahren Gefängnis gedroht hätten, sollte er sich nicht der "Preisgabe von Staatsgeheimnissen" schuldig bekennen. Zwar konnte der Anwalt Huang Qi helfen, eine Beschwerde wegen Misshandlungen einzureichen, doch wurde ihm bisher keine Akteneinsicht zu der Huang Qi vorgeworfenen Straftat gewährt. Die Staatsanwaltschaft sichert dem Anwalt bereits seit September zu, Zugang zu den Akten zu erhalten.
Nach der Festnahme von Huang Qi am 28. November 2016 wurde seine Familie erst am 16. Dezember über seine offizielle Inhaftierung wegen der "Preisgabe von Staatsgeheimnissen" informiert. Beim ersten Treffen mit seinem Anwalt am 28. Juli 2017 erzählte er diesem, dass er misshandelt und gezwungen worden sei, stundenlang zu stehen. Er wurde seinen Angaben zufolge wiederholt von insgesamt 36 Polizist_innen befragt und auch beleidigt.
Da nicht klar ist, ob er medizinisch betreut wird, besteht Sorge um seine Gesundheit. Huang Qi leidet an einer Nierenerkrankung, Hydrozephalus und darüber hinaus an Herz- und Lungenerkrankungen.
Hintergrundinformation
"64 Tianwang" (www.64tianwang.com) wurde 1998 von Huang Qi und seiner Frau Zeng Li gegründet. Die Webseite ist eine der wenigen mit Sitz auf dem chinesischen Festland, die über Protestaktionen von Petitionsstellenden in China berichten und diese dokumentieren. Die meisten derjenigen, die für die Seite über die Proteste und Festnahmen von Petitionsstellenden schreiben, waren früher selbst welche. Die Organisation Reporter ohne Grenzen gab am 7. November 2016 bekannt, dass "64 Tianwang" die Auszeichnung "Medium des Jahres" erhalten hat. Gemeinsam mit der Webseite wurden das inhaftierte Bloggerpaar Lu Yuyu und Li Tingting und der syrische Reporter Hadi Abdullah ausgezeichnet.
Dies war bereits die dritte Festnahme von Huang Qi im Jahr 2016. Nach Protesten während des G-20-Gipfels vom 22. bis 24. Juli 2016 in Chengdu, bei denen Menschen gegen Vertreibungen demonstrierten, war Huang Qi zum ersten Mal gezwungen worden, "zu verreisen". Dies ist eine gängige Praxis der Sicherheitspolizei (guabao), um an politisch brisanten Jahrestagen oder bei Veranstaltungen Aktivist_innen und Petitionsstellende aus ihren Städten herauszubringen. Das zweite Mal wurde er am 24. Oktober 2016 in Gewahrsam genommen. Während der 6. Plenartagung des 18. Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas, die vom 24. bis 27. Oktober 2016 in Peking stattfand, wurde er von Angehörigen der Staatssicherheitspolizei verhört. Huang Qi kam am folgenden Tag wieder frei.
Auch in den Vorjahren sind Huang Qi und weitere auf der Webseite "64 Tianwang" Aktive von den chinesischen Behörden wiederholt festgenommen und drangsaliert worden. Huang Qi wurde zum ersten Mal im Juni 2000 festgenommen, dem 11. Jahrestag des Massakers auf dem Tiananmenplatz. Im Mai 2003 erfolgten ein Schuldspruch wegen "Anstiftung zu subversiven Handlungen gegen die Staatsmacht" und eine Verurteilung zu fünf Jahren Haft. Er wurde erneut festgenommen und zu drei Jahren Haft verurteilt, nachdem er an der Aufdeckung des Bauskandals im Zusammenhang mit dem Erdbeben von 2008 in Wenchuan in der Provinz Sichuan beteiligt war.
Bei den Journalist_innen, die sich bei "64 Tianwang" engagieren, handelt es sich vor allem um Menschen, die Petitionen bei den Behörden eingereicht haben und zu Bürgerjournalist_innen geworden sind. Viele von ihnen sind seit dem Amtsantritt von Präsident Xi Jinping im Jahr 2012 über 100 Mal verhört oder vorübergehend in Haft genommen worden. Mindestens 30 von ihnen wurden zu Haftstrafen verurteilt oder in Untersuchungshaft genommen. Zehn Journalist_innen von "64 Tianwang" befinden sich gegenwärtig in Haft, darunter Wang Jing, Zhang Jixin, Li Min, Sun Enwei, Li Chunhua, Wei Wenyuan, Xiao Jianfan, Li Zhaoxiu, Chen Mingyan und Wang Shurong.
Das "Verschwinden" von Huang Qi stand im Zusammenhang mit anderen Fällen des Verschwindenlassens und Festnahmen in China. So ist der Menschenrechtsanwalt Jiang Tianyong seit dem 21. November 2016 "verschwunden". Er wurde in Haft ohne Kontakt zur Außenwelt genommen und am 22. August 2017 wegen "Anstiftung zu subversiven Handlungen gegen die Staatsgewalt" vor Gericht gestellt. Ein weiterer Betroffener ist Liu Feiyue aus der Provinz Hubei, der Gründer der Webseite "Civil Rights and Livelihood Watch". Er befindet sich seit dem 18. November 2016 unter dem Vorwurf der "Subversion" in Haft (s. UA-274/2016, http://www.amnesty.de/urgent-action/ua-274-2016/webseitengruender-haft).