Lange Haftstrafe für Menschenrechtler

Huang Qi

Huang Qi, Gründer der Webseite "64 Tianwang" (Archivbild)

Huang Qi, Gründer und Verantwortlicher der Website "64 Tianwang", wurde am 29. Juli zu zwölf Jahren Haft verurteilt. Offenbar ist die Höhe seiner Strafe als Warnung an andere Aktivist_innen gedacht, die Menschenrechtsverletzungen dokumentieren. Huang Qi leidet nach wie vor unter schweren gesundheitlichen Problemen. Ohne Zugang zu einem Rechtsbeistand seiner Wahl oder seiner Familie drohen ihm Folter oder anderweitige Misshandlungen.

Appell an

Xi Jinping

Zhongnanhai, Xichangan’jie

Xichengqu,

Beijing Shi 100017

CHINA

 

Sende eine Kopie an

Botschaft der Volksrepublik China

S. E. Herrn Ken Wu

Märkisches Ufer 54

10179 Berlin


Fax: 030-27 58 82 21


E-Mail: presse.botschaftchina@gmail.com

Amnesty fordert:

  • Bitte sorgen Sie dafür, dass Huang Qi sofort und bedingungslos freigelassen wird, es sei denn, es liegen ausreichende glaubwürdige und zulässige Beweise vor, nach denen er eine international anerkannte Straftat begangen hat, und er erhält einen Prozess, der internationalen Standards für faire Gerichtsverfahren entspricht.
  • Stellen Sie dringend sicher, dass Huang Qi in der Haft regelmäßigen und uneingeschränkten Zugang zu seiner Familie und einem Rechtsbeistand seiner Wahl erhält und dass er nicht gefoltert oder anderweitig misshandelt wird.
  • Gewähren Sie ihm bitte umgehend den regelmäßigen und uneingeschränkten Zugang zu der von ihm benötigten medizinischen Versorgung. 

Sachlage

Huang Qi, Gründer und Verantwortlicher der in Sichuan ansässigen Website "64 Tianwang", wurde am 29. Juli 2019 vom Mittleren Gericht der Stadt Mianyang wegen der "Preisgabe von Staatsgeheimnissen und "Weitergabe von Staatsgeheimnissen an eine ausländische Organisation" zu zwölf Jahren Haft verurteilt. Die 86-jährige Mutter von Huang Qi, Pu Wenqing, wird nicht nur streng überwacht, sondern konnte ihn bisher noch immer nicht sehen und wurde nicht einmal über die Verurteilung informiert.

Huang Qi befand sich bereits seit über zwei Jahren in Haft, als er am 14. Januar in einem geheimen Verfahren vor Gericht gestellt wurde. Er war am 28. November 2016 offiziell festgenommen worden. Derzeit ist unklar, ob Huang Qi gegen seine Verurteilung und das Strafmaß Rechtsmittel eingelegt hat. Anlass zur Sorge gibt jedoch die Tatsache, dass er keinen Zugang zu einem Rechtsbeistand seiner Wahl oder seiner Familie hat, da dies sein Risiko für Folter und andere Misshandlungen während der Haft erhöht.

Darüber hinaus leidet Huang Qi an einer chronischen Nierenerkrankung, an Hydrozephalus sowie an weiteren Herz- und Lungenerkrankungen. Es besteht die Befürchtung, dass er aufgrund seines schlechten Gesundheitszustands und der mangelhaften medizinischen Versorgung in Gewahrsam sterben könnte.

Hintergrundinformation

Hintergrund

"64 Tianwang" (www.64tianwang.com) wurde 1998 von Huang Qi und seiner Frau Zeng Li gegründet. Die Website ist eine der wenigen mit Sitz auf dem chinesischen Festland, die über Protestaktionen von Petitionsstellenden in China berichten und diese dokumentieren. Die meisten derjenigen, die für die Seite über die Proteste und Festnahmen von Petitionsstellenden schreiben, waren früher selbst Petitionsstellende.

Berichten zufolge wurde Huang Qi während seiner Haft mehrfach misshandelt. Am 23. Oktober 2018 gab er gegenüber seinem Rechtsbeistand an, dass Ärzt_innen und Angestellte der Hafteinrichtung Untersuchungsergebnisse zu seinem Bluthochdruck gefälscht und Berichte zu seinem Gesundheitszustand beschönigt haben. Am 28. Juli 2017 hatte Huang Qi seinem Rechtsbeistand bereits erzählt, dass er seit seiner Inhaftierung Ende 2016 misshandelt und gezwungen worden sei, stundenlang zu stehen. Wie Huang Qi seinem Rechtsbeistand am 3. November 2017 mitteilte, wurde er zwischen dem 24. und dem 26. Oktober mit Wissen von mindestens einem Gefängnismitarbeiter im Gefängnis der Stadt Mianyang in der Provinz Sichuan von Mithäftlingen verprügelt.

Auch in den Vorjahren sind Huang Qi und weitere Mitwirkende der Website "64 Tianwang" von den chinesischen Behörden wiederholt festgenommen und drangsaliert worden. Huang Qi war zweimal inhaftiert. Er wurde zum ersten Mal im Juni 2000 festgenommen, dem 11. Jahrestag des Massakers auf dem Tiananmenplatz. Im Mai 2003 erfolgten ein Schuldspruch wegen "Anstiftung zur Untergrabung der Staatsmacht" und eine Verurteilung zu fünf Jahren Haft. Er wurde erneut zu drei Jahren Haft verurteilt, als sich herausstellte, dass er an der Aufdeckung des Bauskandals im Zusammenhang mit dem Erdbeben von 2008 in Wenchuan in der Provinz Sichuan beteiligt war.

Laut "64 Tianwang" sind die Bürgerjournalist_innen der Website seit dem Amtsantritt von Präsident Xi Jinping im Jahr 2012 über 100 Mal verhört und mindestens 30 von ihnen gefangen oder offiziell in Haft genommen worden. Zehn Journalist_innen von "64 Tianwang" befinden sich gegenwärtig in Haft, darunter Wang Jing, Zhang Jixin, Li Min, Sun Enwei, Li Chunhua, Wei Wenyuan, Xiao Jianfan, Li Zhaoxiu, Chen Mingyan und Wang Shurong.

Auch die Rechtsbeistände von Huang Qi sind zum Ziel von Vergeltungsmaßnahmen durch die chinesischen Behörden geworden. Im Februar 2018 setzte das Justizministerium der Provinz Guangdong den in Guangzhou niedergelassenen Rechtsbeistand Sui Muqing darüber in Kenntnis, dass man ihm die Lizenz entzogen hatte. Der Rechtsbeistand, der Huang Qi zuvor vertreten hatte, ist der Ansicht, dass dies mit seiner Vertretung von Menschenrechtsverteidiger_innen zusammenhängt. Einem weiteren Rechtsbeistand von Huang Qi, Liu Zhengqing, wurde im Januar 2019 ebenfalls die Anwaltslizenz entzogen.