Menschenrechtler in Lebensgefahr

Huang Qi

Huang Qi, Gründer der Webseite "64 Tianwang" (Archivbild)

Huang Qi, Gründer der in der Provinz Sichuan registrierten Webseite "64 Tianwang" ist ernsthaft krank und hat im Gefängnis offenbar keinen Zugang zu angemessener medizinischer Versorgung. Er befindet sich seit November 2016 in Haft und hat von mehreren Fällen von Folter und anderen Formen der Misshandlung durch Polizeibeamte und Prügel von anderen Gefangenen berichtet.

Appell an

Qiao Yuejun



Mianyang City Detention Centre



Jianmenlu, Peichengqu



Mianyang Shi, Sichuan Sheng 621000

VOLKSREPUBLIK CHINA

Sende eine Kopie an

Minister für Öffentliche Sicherheit

Zhao Kezhi Buzhang


Gonganbu

14 Dongchanganjie

Dongchengqu, Beijing Shi 100741

VOLKSREPUBLIK CHINA

Tel: (0086) 10 66262114 (Nur Chinesisch)

Botschaft der Volksrepublik China

S. E. Herrn Mingde Shi


Märkisches Ufer 54

10179 Berlin

Fax: 030-27 58 82 21

E-Mail: de@mofcom.gov.cn

Amnesty fordert:

  • Bitte gewähren Sie Huang Qi umgehend regelmäßigen und uneingeschränkten Zugang zu angemessener medizinischer Versorgung, die er auf Anfrage oder nach Bedarf erhält.
  • Bitte sorgen Sie dafür, dass Huang Qi sofort und bedingungslos freigelassen wird, es sei denn, es liegen ausreichende glaubwürdige und zulässige Beweise vor, nach denen er eine international anerkannte Straftat begangen hat, und er erhält einen Prozess, der internationalen Standards für faire Gerichtsverfahren entspricht.
  • Bitte schützen Sie Huang Qi während seiner Haft vor Folter und anderen Misshandlungen. Ordnen Sie außerdem eine sofortige und unparteiische Untersuchung an, die eine medizinische Untersuchung seiner Folter- und Misshandlungsvorwürfe beinhaltet. Stellen Sie sicher, dass Huang Qi umgehend regelmäßiger Zugang zu seiner Familie gewährt wird.

Sachlage

Huang Qi’s Gesundheitszustand hat sich seit seiner Festnahme verschlechtert. Bei seiner Familie besteht deshalb die Sorge, dass er möglicherweise im Gefängnis stirbt, weil er keinen Zugang zu einer angemessenen medizinischen Einrichtung hat. Nachdem ihn sein Rechtsbeistand eine Woche zuvor besucht hatte, schrieb die 85 Jahre alte Mutter von Huang Qi am 17. April folgenden Satz auf der Online-Plattform WeChat: "Huang Qis Körper ist geschwollen, seine Beine sind besonders stark geschwollen." Außerdem teilte sie mit, dass sein Kreatinin-Wert hoch sei, was Anzeichen einer eingeschränkten Nierenfunktion ist und die Gefahr eines Nierenversagens anzeigt.

Nach der Festnahme von Huang Qi am 28. November 2016 wurde seine Familie erst am 16. Dezember über seine offizielle Inhaftierung wegen der "Preisgabe von Staatsgeheimnissen" informiert. Beim ersten Treffen mit seinem Rechtsbeistand nach einem halben Jahr, am 28. Juli 2017 erzählte er diesem, dass er misshandelt und gezwungen worden sei, stundenlang zu stehen. Er wurde seinen Angaben zufolge von insgesamt 36 Polizist_innen wiederholt befragt und auch beleidigt.

Wie Huang Qi seinem Rechtsbeistand am 3. November 2017 mitteilte, wurde er zwischen dem 24. und dem 26. Oktober mit Wissen von mindestens einem Gefängnismitarbeiter im Gefängnis der Stadt Mianyang in Sichuan von Mithäftlingen verprügelt.

Huang Qi leidet an einer chronischen Nierenerkrankung, an Hydrozephalus und darüber hinaus an weiteren Herz- und Lungenerkrankungen. Weil es keine Bestätigung darüber gibt, dass der 53-jährige Menschenrechtsverteidiger im Gefängnis ensprechend medizinisch versorgt wird, besteht große Sorge um seine Gesundheit.

Hintergrundinformation

Hintergrund

"64 Tianwang" (www.64tianwang.com) wurde 1998 von Huang Qi und seiner Frau Zeng Li gegründet. Die Webseite ist eine der wenigen mit Sitz auf dem chinesischen Festland, die über Protestaktionen von Petitionsstellenden in China berichten und diese dokumentieren. Die meisten derjenigen, die für die Seite über die Proteste und Festnahmen von Petitionsstellenden schreiben, waren früher selbst welche. Die Organisation Reporter ohne Grenzen gab am 7. November 2016 bekannt, dass "64 Tianwang" die Auszeichnung "Medium des Jahres" erhalten hat. Gemeinsam mit der Webseite wurden das inhaftierte Bloggerpaar Lu Yuyu und Li Tingting und der syrische Reporter Hadi Abdullah ausgezeichnet.

Dies war bereits die dritte Festnahme von Huang Qi im Jahr 2016. Nach Protesten während des G-20-Gipfels vom 22. bis 24. Juli 2016 in Chengdu, bei denen Menschen gegen Vertreibungen demonstrierten, war Huang Qi zum ersten Mal gezwungen worden, "zu verreisen". Dies ist eine gängige Praxis der Sicherheitspolizei (guabao), um an politisch brisanten Jahrestagen oder bei Veranstaltungen Aktivist_innen und Petitionsstellende aus ihren Städten wegzubringen. Das zweite Mal wurde er am 24. Oktober 2016 in Gewahrsam genommen. Während der 6. Plenartagung des 18. Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas, die vom 24. bis 27. Oktober 2016 in Peking stattfand, wurde er von Angehörigen der Staatssicherheitspolizei verhört. Huang Qi kam am folgenden Tag wieder frei.

Auch in den Vorjahren sind Huang Qi und weitere Aktive der Webseite "64 Tianwang" von den chinesischen Behörden wiederholt festgenommen und drangsaliert worden. Huang Qi war zweimal inhaftiert. Er wurde zum ersten Mal im Juni 2000 festgenommen, dem 11. Jahrestag des Massakers auf dem Tiananmenplatz. Im Mai 2003 erfolgten ein Schuldspruch wegen "Anstiftung zur Untergrabung der Staatsmacht" und eine Verurteilung zu fünf Jahren Haft. Er wurde erneut festgenommen und zu drei Jahren Haft verurteilt, nachdem er an der Aufdeckung des Bauskandals im Zusammenhang mit dem Erdbeben von 2008 in Wenchuan in der Provinz Sichuan beteiligt war.

Laut der Website "64 Tianwang" sind ihre Bürgerjournalist_innen seit dem Amtsantritt von Präsident Xi Jinping im Jahr 2012 über 100 Mal verhört und mindestens 30 von ihnen gefangen oder offiziell in Haft genommen worden. Zehn Journalist_innen von "64 Tianwang" befinden sich gegenwärtig in Haft, darunter Wang Jing, Zhang Jixin, Li Min, Sun Enwei, Li Chunhua, Wei Wenyuan, Xiao Jianfan, Li Zhaoxiu, Chen Mingyan und Wang Shurong.

Das "Verschwinden" von Huang Qi stand im Zusammenhang mit anderen Fällen des Verschwindenlassens und Festnahmen in China. So ist der Menschenrechtsanwalt Jiang Tianyong seit dem 21. November 2016 "verschwunden". Er wurde in Haft ohne Kontakt zur Außenwelt genommen und am 22. August 2017 wegen "Anstiftung zum Umsturz der Staatsmacht" vor Gericht gestellt. Ein weiterer Betroffener ist Liu Feiyue aus der Provinz Hubei, der Gründer der Website "Civil Rights and Livelihood Watch". Er befindet sich seit dem 18. November 2016 unter dem Vorwurf der "Untergrabung der Staatsmacht" in Haft.