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Nigeria 2016
- Hintergrund
- Bewaffneter Konflikt
- Exzessive Gewaltanwendung
- Gewalt zwischen ethnischen und religiösen Gruppen
- Justizwesen
- Folter und andere Misshandlungen
- Todesstrafe
- Recht auf Wohnen
- Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgeschlechtlichen und Intersexuellen
- Frauenrechte
- Recht auf freie Meinungsäußerung
- Unternehmensverantwortung
- Amnesty International: Berichte
Der anhaltende Konflikt zwischen dem nigerianischen Militär und der bewaffneten Gruppe Boko Haram führte bis Ende 2015 zu Tausenden Toten unter der Zivilbevölkerung und zu mehr als 2 Mio. Binnenvertriebenen. Folter und andere Misshandlungen durch Polizei und Sicherheitskräfte waren weiterhin an der Tagesordnung. Tausende Menschen waren vom Abriss informeller Siedlungen und rechtswidrigen Zwangsräumungen betroffen. Gerichte verhängten weiterhin die Todesstrafe, es wurden jedoch keine Hinrichtungen gemeldet.
Hintergrund
Bei den Parlamentswahlen am 28./29. März 2015 wurden der Präsident sowie die Mitglieder des Senats und des Repräsentantenhauses gewählt. Am 11. April 2015 fanden die Gouverneurs- und Regionalwahlen in den Bundesstaaten statt. Die Präsidentschaftswahlen gewann der Kandidat der Oppositionspartei All Progressives Congress (APC), Muhammadu Buhari. Das neue Kabinett wurde am 11. November 2015 vereidigt.
Im Juli 2015 tauschte Präsident Buhari die vom ehemaligen Präsidenten Goodluck Jonathan eingesetzte Armeeführung aus. Zu den in den Ruhestand versetzten hochrangigen Militärs zählten auch zwei, deren mögliche Verantwortung für völkerrechtliche Verbrechen von den Behörden nicht untersucht worden war.
Im Süden und Südosten Nigerias gab es Demonstrationen, bei denen ein unabhängiger Staat Biafra gefordert wurde. Am 14. Oktober 2015 wurde der Anführer der Unabhängigkeitsbewegung Indigenous People of Biafra (IPOB) und Direktor von Radio Biafra, Nnamdi Kanu, inhaftiert und wegen krimineller Verschwörung, Zugehörigkeit zu einer illegalen Organisation und Einschüchterung angeklagt. Am 17. Dezember 2015 ordnete das Obere Bundesgericht in der Hauptstadt Abuja seine bedingungslose Freilassung aus dem Gewahrsam des Inlandsgeheimdienstes (Department of State Services) an. Nnamdi Kanu kam jedoch nicht frei, sondern wurde am 18. Dezember wegen Hochverrats angeklagt. Ende 2015 befand er sich immer noch in Haft.
Der Bericht eines vom Präsidenten eingerichteten Ermittlungsausschusses zur Waffen- und Ausrüstungsbeschaffung im Sicherheitssektor enthüllte im November 2015 u.a. fiktive Vertragsabschlüsse in Höhe von umgerechnet mehreren Milliarden Euro. Der Präsident ordnete die Festnahme aller im Bericht genannten Verdächtigen an. Darunter befand sich auch Sambo Dasuki, der von 2012 bis 2015 Nationaler Sicherheitsberater gewesen war. Ende 2015 war er noch inhaftiert.
Bewaffneter Konflikt
Boko Haram Nach wie vor beging die bewaffnete Gruppe Boko Haram im Nordosten Nigerias Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die Tausenden Zivilpersonen das Leben kosteten. Im Januar 2015 konnte die Gruppe durch die Einnahme der Städte Baga und Monguno im Bundesstaat Borno das unter ihrer Kontrolle stehende Gebiet vergrößern. Kämpfer von Boko Haram töteten gezielt Zivilpersonen, vor allem Männer im kampffähigen Alter, nahmen andere fest und zerstörten Gebäude. Bei der Eroberung Bagas, dem bislang vermutlich verheerendsten Angriff, wurden Hunderte Zivilpersonen getötet. Satellitenbilder zeigten, dass mehr als 3700 Gebäude beschädigt oder zerstört wurden.
Tausende Zivilpersonen mussten unter der Gewaltherrschaft von Boko Haram leben, sowohl in den eroberten Städten als auch in Lagern, in die sie nach Entführungen gebracht worden waren. Zahlreiche Frauen und Mädchen wurden vergewaltigt und zwangsverheiratet.
Im Februar 2015 gelang es der nigerianischen Armee, unterstützt von Streitkräften der Nachbarländer Kamerun, Tschad und Niger, Boko Haram aus größeren Städten im Nordosten des Landes zu vertreiben. Boko Haram tötete allerdings weiterhin Zivilpersonen durch Bombenanschläge und durch Überfälle auf kleinere Städte und Dörfer.
Die Bombenanschläge richteten sich gegen Marktplätze, Verkehrsknotenpunkte, religiöse Stätten, Bars und Restaurants in den Städten des Nordostens sowie in Abuja, Jos, Kano und Zaria. Dabei setzte Boko Haram häufig junge Frauen und Mädchen als Selbstmordattentäterinnen ein.
Das Militär gab an, es habe mehr als 1400 Personen, in der Mehrzahl Frauen und Kinder, aus Gebieten unter der Kontrolle von Boko Haram befreit. Das Schicksal von 219 Schülerinnen, die am 14. April 2014 in Chibok im Bundesstaat Borno entführt worden waren, blieb weiterhin unbekannt.
Sicherheitskräfte Die nigerianische Armee beging bei ihrem Kampf gegen Boko Haram zwischen 2011 und 2015 Kriegsverbrechen und mögliche Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Präsident Buhari versprach, Hinweisen auf mehrere Kriegsverbrechen des Militärs im Zeitraum Juni bis Dezember 2015 nachzugehen. Es wurden jedoch keine weiteren Maßnahmen ergriffen, um unabhängige und unparteiische Untersuchungen einzuleiten. Im November 2015 nannte die Chefanklägerin des Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag in einem Bericht zu ihren Vorermittlungen bezüglich Nigeria acht mögliche Fälle von Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen, davon betrafen sechs Boko Haram und zwei die Sicherheitskräfte.
Es gab weiterhin außergerichtliche Hinrichtungen mutmaßlicher Boko-Haram-Mitglieder durch die Armee.
Das Militär nahm Personen sowohl in ihren Häusern fest als auch in der Öffentlichkeit bei sogenannten Überprüfungsaktionen, bei denen sich Einwohner in einer Reihe aufstellen mussten und von Informanten begutachtet wurden, die mögliche Boko-Haram-Mitglieder identifizieren sollten. Weitere Personen wurden willkürlich festgenommen bei dem Versuch, vor Angriffen durch Boko Haram oder aus Gebieten unter Kontrolle der bewaffneten Gruppe zu fliehen. In vielen Fällen erfolgte die Inhaftierung ohne begründeten Verdacht und ohne angemessene Ermittlungen.
Verdächtige in Militärgewahrsam hatten weder Kontakt zu ihren Familien und Rechtsbeiständen noch erhielten sie ein Gerichtsverfahren. Meistens handelte es sich um junge Männer, aber auch Frauen, Kinder und ältere Männer wurden inhaftiert.
Muhammad Mari Abba, ein Arzt und Berater der Weltgesundheitsorganisation, den man 2012 im Bundesstaat Yobe festgenommen hatte, war bis Ende 2015 noch nicht angeklagt worden und befand sich weiterhin ohne Kontakt zur Außenwelt in Haft.
Der Geschäftsmann Alhaji Bukar Yaganami, der 2013 in Maiduguri im Bundesstaat Borno festgenommen worden war, befand sich Ende 2015 noch in Militärhaft, obwohl ein Gericht im Juli 2014 seine Freilassung gegen Kaution angeordnet hatte.
In einigen Militärgefängnissen schienen sich die Haftbedingungen zu bessern. Häftlinge erhielten drei Mahlzeiten am Tag, Zugang zu Waschmöglichkeiten und medizinischer Versorgung. Nach wie vor starben jedoch Tatverdächtige in der Haft. Folter und andere Misshandlungen waren an der Tagesordnung und führten zu Todesfällen. Außerdem waren Verdächtige weiterhin ohne Kontakt zur Außenwelt inhaftiert.
Einige wenige Tatverdächtige kamen 2015 frei. Das Militär kündigte an, 310 Inhaftierte im Juli und September nach Abschluss der Ermittlungen freizulassen. Viele von ihnen waren mehr als ein Jahr lang inhaftiert. Einige erhielten bei ihrer Freilassung 10000 Naira (etwa 46 Euro) oder Kleidung, andere gingen leer aus.
Am 21. Dezember 2015 sprach das Oberste Bundesgericht in Abuja fünf Polizisten frei, denen vorgeworfen worden war, 2009 den Anführer von Boko Haram, Mohammed Yusuf, ermordet zu haben.
Binnenvertriebene Die Internationale Organisation für Migration schätzte die Zahl der Binnenvertriebenen im Norden Nigerias im September 2015 auf mehr als 2,1 Mio. Menschen. 92% von ihnen waren in Ortschaften aufgenommen worden, die übrigen lebten in Lagern. Die Lager in Maiduguri waren überfüllt, und es mangelte dort an Nahrungsmitteln und sanitären Anlagen. Die Regierung rief einen Untersuchungsausschuss ins Leben, um Vorwürfen nachzugehen, wonach Binnenvertriebene unter Beteiligung von Sicherheits- und Lagerpersonal Opfer von Menschenhandel und sexuellem Missbrauch geworden seien. Die Ergebnisse der Untersuchung waren Ende 2015 noch nicht veröffentlicht.
Exzessive Gewaltanwendung
Am 12. und 13. Dezember 2015 tötete die Armee in Zaria im Bundesstaat Kaduna mehr als 100 Mitglieder der schiitischen Gruppe Islamische Bewegung von Nigeria (Islamic Movement in Nigeria). Ihr Anführer, Scheich Ibraheem Zakzaky, wurde in seinem Haus festgenommen und befand sich Ende 2015 immer noch in Haft ohne Kontakt zur Außenwelt. Hunderte weitere Personen wurden ebenfalls inhaftiert.
Am 17. Dezember 2015 eröffnete das Militär in Onitsha im Bundesstaat Anambra das Feuer auf Anhänger der Unabhängigkeitsbewegung IPOB und tötete dabei fünf Menschen. Sie waren auf die Straße gegangen, um zu feiern, dass ein Gericht die Freilassung ihres Anführers Nnamdi Kanu angeordnet hatte.
Gewalt zwischen ethnischen und religiösen Gruppen
Bei gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen ethnischen Gruppen gab es weiterhin Todesopfer. In den Verwaltungsbezirken Riyom und Barkin Ladi im Bundesstaat Plateau kam es zu Zusammenstößen wegen angeblichen Viehdiebstahls und Landstreitigkeiten. Diejenigen, die für die Gewalt verantwortlich waren, wurden nur selten strafrechtlich verfolgt.
Justizwesen
Im Mai 2015 trat das Gesetz zur Strafjustizverwaltung in Kraft. Es enthielt neue Bestimmungen, die das Strafjustizwesen verbesserten. Die wichtigsten Neuerungen betrafen Entschädigungen für Opfer von Verbrechen, Strafen ohne Freiheitsentzug und die elektronische Aufzeichnung von Verfahren.
Die Gefängnisse waren jedoch nach wie vor überbelegt, und Gerichtsprozesse zogen sich in die Länge. Häufige Streiks von Gerichtsbediensteten und anderen Justizangestellten wegen Lohnforderungen hatten die Schließung von Gerichten zur Folge, was zu Verzögerungen bei Prozessen und gerichtlichen Haftprüfungen führte.
Folter und andere Misshandlungen
Folter durch die nigerianische Polizei und das Militär war 2015 weiterhin an der Tagesordnung. Zur gängigen Praxis zählten auch außergerichtliche Hinrichtungen, Erpressung sowie willkürliche und übermäßig lange Inhaftierungen.
Im Juli 2015 kündigte die Polizei eine Überprüfung der Dienstanweisungen an. Dies betraf auch die Anweisung 237, die es Polizisten erlaubt, auf Tatverdächtige und Festgenommene zu schießen, die sich dem Zugriff entziehen wollen oder flüchten, unabhängig davon, ob sie eine lebensgefährliche Bedrohung darstellen. Der Generalinspekteur der Polizei gab außerdem bekannt, Opfer von Menschenrechtsverletzungen durch die Polizei hätten in den vergangenen drei Jahren Entschädigungen in Höhe von fast 1 Mrd. Naira (rund 4,6 Mio. Euro) erhalten.
Zahlreiche Polizeieinheiten, darunter die Spezialeinheit für Raub (Special Anti-Robbery Squad – SARS) sowie die Kriminalpolizei (Criminal Investigation Department – CID) unterhielten "Folterkammern", in denen sie Verdächtige verhörten. Nachdem im ganzen Land in der Öffentlichkeit Kritik an mutmaßlichen Verstößen von Polizisten laut geworden war, kündigte der Generalinspekteur der Polizei im November 2015 an, man werde eine Beschwerdeabteilung einrichten und die SARS reformieren.
Das Antifoltergesetz, das den Einsatz von Folter verbieten und unter Strafe stellen soll, wurde im Juni 2015 vom Parlament verabschiedet. Es war zum Jahresende noch nicht in Kraft getreten.
Todesstrafe
In Nigeria wurden 2015 weiterhin Menschen zum Tode verurteilt. Soweit bekannt, fanden jedoch keine Hinrichtungen statt.
Im Januar und März 2015 verurteilten Militärgerichte 66 Soldaten wegen Meuterei und anderen Anklagepunkten zum Tode. Die Todesurteile wurden im Dezember 2015 in zehnjährige Haftstrafen umgewandelt.
Am 28. Mai 2015 wurde Moses Akatugba begnadigt, nachdem er zehn Jahre in der Todeszelle verbracht hatte.
Am 25. Juni 2015 verurteilte ein Scharia-Gericht in Kano den islamischen Gelehrten Abdulaziz Dauda (auch bekannt unter dem Namen Abdul Inyass) und acht seiner Anhänger wegen Gotteslästerung zum Tode.
Im September 2015 unterzeichnete der Gouverneur des Bundesstaates Cross River ein Gesetz, das bei Entführungen zwingend die Todesstrafe vorschreibt.
Recht auf Wohnen
2015 waren erneut unzählige Menschen von rechtswidrigen Zwangsräumungen betroffen.
Die neuen Regierungen der Bundesstaaten Lagos und Kaduna sorgten durch massenhafte Zwangsräumungen dafür, dass Tausende Menschen obdachlos wurden und weiteren Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt waren. Die Betroffenen wurden weder vorab konsultiert, noch bekamen sie eine Entschädigung oder alternative Unterkünfte.
Im August 2015 erhielten Hunderte Bewohner des Viertels Bayan Alhudahuda in Zaria eine schriftliche Anordnung, ihre Häuser innerhalb von 28 Tagen abzureißen. Andernfalls würden die Behörden den Abriss vornehmen und ihnen die Kosten dafür in Rechnung stellen. 92 Häuser mit jeweils zehn bis 40 Bewohnern wurden abgerissen. Zwei Wochen später mussten die betroffenen Bewohner noch immer in Klassenzimmern einer benachbarten Schule, in Moscheen und auf Marktplätzen nächtigen.
Im September 2015 wurden etwa 10200 Bewohner der Siedlung Badia-East in Lagos aus ihren Häusern vertrieben. Sie waren weniger als 24 Stunden zuvor darüber informiert worden, dass dem traditionellen Herrscher des Gebiets (Ojora) das Recht erteilt worden war, dieses in Besitz zu nehmen. Viele der Bewohner schliefen drei Wochen später immer noch in den Trümmern und blieben obdachlos.
Im Juli 2015 erhielten zehn Bewohner des Viertels Bundu Ama in Port Harcourt 6,5 Mio. Naira (rund 30000 Euro) als Teil einer Entschädigungszahlung von insgesamt 11 Mio. Naira (etwa 50000 Euro), zu der Nigeria vom Gerichtshof der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (Economic Community of West African States) verurteilt worden war. Hintergrund war ein Zwischenfall im Jahr 2009, bei dem Sicherheitskräfte rechtswidrig auf Bewohner geschossen hatten, die friedlich gegen den geplanten Abriss ihrer Häuser protestiert hatten.
Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgeschlechtlichen und Intersexuellen
Die Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgeschlechtlichen und Intersexuellen waren weiterhin stark beschnitten. Nach Angaben von Menschenrechtsverteidigern war eine deutliche Zunahme von Festnahmen und Fällen von Erpressung durch die Polizei zu verzeichnen.
Die Koalition zum Schutz sexueller Rechte (Coalition for the Defense of Sexual Rights), ein Verbund aus NGOs, die sich für die Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgeschlechtlichen und Intersexuellen in Nigeria einsetzen, berichtete von 200 Fällen aus ganz Nigeria, bei denen Personen, die für homosexuell, transgeschlechtlich oder intersexuell gehalten wurden, von einer aufgebrachten Menge geschlagen und der Polizei übergeben worden waren.
Frauenrechte
Im Mai 2015 unterzeichnete der damalige Präsident Jonathan ein Gesetz gegen Gewalt (Violence Against Persons (Prohibition) Act), das weibliche Genitalverstümmelung und "die Ausübung schädlicher traditioneller Praktiken gegen Witwen" unter Strafe stellt. In Bezug auf die Definition von Vergewaltigung erfüllt das Gesetz jedoch nicht die internationalen Standards, da es nicht alle Formen von Nötigung abdeckt. Auch ein explizites Verbot von Vergewaltigung in der Ehe ist nicht enthalten.
Recht auf freie Meinungsäußerung
Im Mai 2015 trat das Gesetz gegen Internetkriminalität (Cyber Crime Act) in Kraft. Es legt in Paragraph 38 fest, dass Internetanbieter alle Kommunikations- und sonstigen Daten ihrer Kunden zwei Jahre lang speichern und den Strafverfolgungsbehörden auf Anfrage auch ohne gerichtliche Anordnung zur Verfügung stellen müssen. Dies bedeutet einen Verstoß gegen das Recht auf Privatsphäre und das Recht auf freie Meinungsäußerung.
Im März 2015 nahm die Armee in Maiduguri zwei Journalisten des Fernsehsenders Al Jazeera fest, die über den Konflikt im Nordosten Nigerias berichteten. Sie wurden nach 13 Tagen freigelassen.
Unternehmensverantwortung
Zwanzig Jahre nach der Hinrichtung des Umweltaktivisten Ken Saro-Wiwa und acht weiterer Personen verursachte die Ölverschmutzung im Nigerdelta noch immer verheerende Umweltschäden und zerstörte die Lebensgrundlage und Gesundheit der Menschen in der Region. Über das gesamte Jahr 2015 hinweg traten Hunderte von neuen Öllecks auf. Umweltschäden, die frühere Lecks zum Teil bereits vor Jahrzehnten verursacht hatten, wurden von den Erdölgesellschaften nicht beseitigt.
Die Regierung zog die im Nigerdelta tätigen Erdölgesellschaften weiterhin nicht zur Verantwortung und übte nicht die nötige Kontrolle aus, um sicherzustellen, dass die Unternehmen Lecks verhinderten oder bei entsprechenden Vorfällen schnell und angemessen reagierten. Die Unternehmen reagierten häufig erst spät auf Öllecks, und ihre Säuberungsmaßnahmen waren unzureichend.
Die Unternehmen führten weiterhin einen Großteil der Lecks auf Sabotage und Diebstahl zurück. Diese Behauptung stützte sich auf ein äußerst mangelhaftes Untersuchungsverfahren für Öllecks, bei dem die Erdölgesellschaften und nicht die Aufsichtsbehörde (National Oil Spill Detection and Response Agency – NOSDRA) die Federführung innehatten.
NOSDRA veröffentlichte Einzelheiten sowie ein Verzeichnis der untersuchten Öllecks im Internet, machte jedoch keine Angaben zu Gegen- und Säuberungsmaßnahmen.
Im August 2015 kündigte Präsident Buhari an, seine Regierung werde die ölverseuchte Region Ogoniland gemäß den Empfehlungen des UN-Umweltprogramms (UNEP) säubern und die Schäden beseitigen.
Bewohner der Gemeinde Bodo erhielten vom Erdölkonzern Shell 55 Mio. britische Pfund (rund 71 Mio. Euro). Sie hatten in Großbritannien einen Prozess gegen das Unternehmen geführt, der 2014 mit einer außergerichtlichen Einigung endete. Bis Ende 2015 hatte Shell die enormen Umweltschäden, die zwei riesige Öllecks 2008 in Bodo verursacht hatten, jedoch noch nicht beseitigt.