Amnesty Report Oman 24. April 2024

Oman 2023

Amnesty-Logo: Kerze umschlossen von Stacheldraht.

Berichtszeitraum: 1. Januar 2023 bis 31. Dezember 2023

Die Behörden leiteten 2023 weiterhin strafrechtliche Maßnahmen gegen Personen ein, die ihre Rechte auf freie Meinungsäußerung oder auf Religions- und Glaubensfreiheit wahrnahmen. Regierungskritiker*innen wurden häufig vorgeladen und inhaftiert. Die Behörden unternahmen keine konkreten Schritte, um Frauen und Mädchen vor geschlechtsspezifischer Gewalt zu schützen und um geschlechtsspezifische Diskriminierung zu beenden. Ein neues Arbeitsgesetz verbesserte die Arbeitnehmer*innenrechte etwas, doch der Schutz für Arbeitsmigrant*innen blieb gering. 

Hintergrund

Am 21. März 2023 trat Oman der Arabischen Charta der Menschenrechte bei. 

Recht auf freie Meinungsäußerung

Die Behörden gingen auch 2023 scharf gegen Personen vor, die sich kritisch über das Vorgehen und die Politik der Regierung äußerten und z. B. Korruption anprangerten oder ihr Untätigkeit in Bezug auf die steigenden Lebenshaltungskosten vorwarfen. 

Am 9. August 2023 luden die Sicherheitskräfte den Geschäftsmann Hani al-Sarhani und sieben Tage später den Geistlichen Masoud al-Maqbali zum Verhör vor, weil die Männer im Internet Kritik an staatlicher Korruption geübt hatten. Masoud al-Maqbali wurde am 24. August freigelassen; Hani al-Sarhani musste vor Gericht erscheinen. Ein Gericht in der Hauptstadt Maskat verurteilte ihn auf der Grundlage des Gesetzes über die Bekämpfung von IT-Straftaten zu einer zweijährigen Haftstrafe. Er kam nach Zahlung einer Geldstrafe von 600 Omanischen Rial (etwa 1.450 Euro) gegen Kaution frei und legte Rechtsmittel gegen das Urteil ein. 

Am 30. September 2023 lud der Inlandsgeheimdienst den Aktivisten Talal al-Salmani vor und nahm ihn anschließend ohne Anklage fest. Er hatte zuvor in einem Video die Regierung aufgefordert, für einen höheren Lebensstandard zu sorgen und u. a. die Stromversorgung zu verbessern. Ende 2023 war sein Verbleib noch immer unbekannt.

Oman unternahm nichts, um jene Paragrafen des Strafgesetzbuchs abzuändern, die die Rechte auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit verletzen. Dazu zählten insbesondere Paragraf 269, der Handlungen unter Strafe stellt, die die Behörden als islamfeindlich oder die islamischen Werte verunglimpfend betrachten, sowie Paragraf 115, der die Verbreitung und Veröffentlichung von Materialien unter Strafe stellt, die "das Ansehen des Staates untergraben" oder das Vertrauen in die Wirtschaft schwächen könnten. 

Recht auf Religions- und Glaubensfreiheit

Am 21. August 2023 berichteten omanische Menschenrechtsgruppen, dass ein Fall gegen vier Personen neu vor einem Berufungsgericht verhandelt wurde. Das Verfahren war als "Ghaith Spaces" bekannt – dies ist der Name einer Plattform auf X (vormals Twitter), die intellektuellen Diskussionen gewidmet ist. Die vier Angeklagten waren im Jahr 2021 aufgrund ihrer Teilnahme an Online-Diskussionen über Gedankenfreiheit, Religion und Atheismus festgenommen und beschuldigt worden, das Internet und die Informationstechnologie zu nutzen, um Material bereitzustellen, das "die religiösen Werte und die öffentliche Ordnung beeinträchtigen könnte". Im Juni 2022 hatte ein erstinstanzliches Gericht Maryam al-Nuaimi zu drei Jahren Gefängnis und Ali al-Ghafri zu fünf Jahren Haft verurteilt. Ghaith al-Shibli war freigesprochen und das Verfahren gegen Abdullah Hassan zur Überprüfung an das Sondergericht übergeben worden. Maryam al-Nuaimi wurde am 20. April 2023 im Rahmen einer Amnestie freigelassen. Ali al-Ghafri blieb weiter im Gefängnis.

Rechte von Frauen und Mädchen

Vertreter*innen der Zivilgesellschaft kritisierten, dass die Praxis der weiblichen Genitalverstümmelung fortbestand, obwohl sie 2019 unter Strafe gestellt worden war. Als der UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes sich 2023 mit entsprechenden Bedenken an die Behörden wandte, erklärten diese lediglich, dass eine Datenbank zu diesem Thema eingerichtet worden sei.

Zivilgesellschaftliche Organisationen forderten erneut die Verabschiedung von Gesetzen, um häusliche Gewalt unter Strafe zu stellen und den Überlebenden wirksamen Zugang zu Schutzmaßnahmen und zur Justiz zu ermöglichen.

Oman unternahm keine Anstrengungen, um die anhaltende Diskriminierung von Frauen zu beenden, obwohl zivilgesellschaftliche Stimmen verstärkt gleiche Rechte für Frauen forderten, u. a. in Bezug auf Heirat, Scheidung, Erbschaftsangelegenheiten, Staatszugehörigkeit und Sorgerechtsfragen. Auch wurde gefordert, Einschränkungen bei der Freizügigkeit und der Art der für Frauen erlaubten Arbeit abzuschaffen. Schwangerschaftsabbrüche blieben weiterhin strafbar.

Rechte von Arbeitsmigrant*innen

Am 25. Juli 2023 trat ein neues Arbeitsgesetz für Arbeitskräfte der Privatwirtschaft in Kraft, bei denen es sich zu 80 Prozent um Arbeitsmigrant*innen handelte. Mit dem Gesetz wurden positive Änderungen eingeführt, darunter die Senkung der wöchentlichen Höchstarbeitszeit von 45 auf 40 Stunden, eine Erhöhung der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und die Möglichkeit für Arbeitskräfte, den Arbeitsplatz zu wechseln, wenn zwei Monate hintereinander kein Lohn ausbezahlt wurde. Allerdings bot das neue Gesetz keinen Schutz vor Diskriminierung, Schikane oder sexueller Belästigung am Arbeitsplatz. Auch waren Hausangestellte nach wie vor nicht gesetzlich geschützt. Für sie galt weiterhin ein Ministerialerlass aus dem Jahr 2004, der weit hinter den Garantien zurückbleibt, die das neue Arbeitsgesetz den anderen Arbeitnehmer*innen bietet. 

Recht auf eine gesunde Umwelt

Im Mai 2023 startete das Ministerium für Verkehr, Kommunikation und Informationstechnologie ein Programm zur Verringerung der Kohlenstoffemissionen in diesen Sektoren. Dies geschah im Rahmen der ersten Phase der nationalen Strategie zur Bekämpfung des Klimawandels, die für 2030, 2040 und 2050 Etappenziele zum Erreichen der Kohlenstoffneutralität vorsieht. Oman nutzte und produzierte jedoch weiterhin fossile Brennstoffe und verpflichtete sich nicht zu einem Ausstieg. So wurde beispielsweise eine neue Raffinerie zur Dieselherstellung eröffnet, die im September 2023 ihre erste Lieferung exportierte.

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