Amnesty Report Australien 24. April 2024

Australien 2023

Viele rudernde Menschen in Kajaks

Klimaaktivist*innen blockieren den Zugang zum Kohlehafen im australischen Newcastle am 26. November 2023 

Berichtszeitraum: 1. Januar 2023 bis 31. Dezember 2023

Diskriminierung von Aborigines und Bewohner*innen der Torres-Strait-Inseln war auch 2023 an der Tagesordnung. Nach wie vor wurden in Australien Kinder ab einem Alter von nur zehn Jahren inhaftiert. Tausende Flüchtlinge konnten einen dauerhaften Aufenthaltsstatus beantragen, und die Praxis der unbefristeten Inhaftierung von Asylsuchenden wurde für rechtswidrig erklärt. Neue Gesetze sahen Einschränkungen des Rechts auf friedlichen Protest vor. Es wurden neue Projekte zum Abbau fossiler Brennstoffe bewilligt.

Hintergrund

Im Februar 2023 sagte der UN-Unterausschuss zur Verhütung von Folter Pläne für die Wiederaufnahme der turnusmäßigen Besuche in Australien ab, die 2022 ausgesetzt worden waren, weil es nicht gelungen war, eine Garantie für den uneingeschränkten Zugang zu allen Haftanstalten im Land zu erhalten.

Rechte indigener Gemeinschaften

Am 14. Oktober 2023 stimmten die Australier*innen in einem Referendum gegen eine Verfassungsänderung zur Einrichtung der Interessenvertretung Aboriginal and Torres Strait Islander Voice. Das Gremium hätte die Befugnis erhalten, indigene Bevölkerungsgruppen in Angelegenheiten, die sie betreffen, direkt gegenüber dem Parlament zu vertreten.

Berichten zufolge starben 20 Aborigines und Bewohner*innen der Torres-Strait-Inseln in Gewahrsam.

Die Zahl inhaftierter Kinder aus indigenen Bevölkerungsgruppen sank, sie machten jedoch noch immer mehr als 50 Prozent aller inhaftierten Minderjährigen aus. Trotz Zielvorgaben für eine Verringerung der Inhaftierungsraten von erwachsenen Aborigines und Bewohner*innen der Torres-Strait-Inseln um mindestens 15 Prozent bis 2031 nahmen diese 2023 zu.

Kinderrechte

Nach wie vor wurden in Australien Kinder ab einem Alter von nur zehn Jahren inhaftiert. Im Dezember 2023 kündigte die Regierung von Tasmanien an, das Strafmündigkeitsalter von 10 auf 14 Jahre anheben zu wollen, allerdings erst ab 2029. Im Northern Territory und im Australian Capital Territory wurde das Strafmündigkeitsalter auf zwölf Jahre erhöht. Dies entsprach jedoch noch immer nicht internationalen Standards, die ein Mindestalter von 14 Jahren empfehlen.

Die Regierung des Bundesstaats Queensland setzte sich über die Schutzbestimmungen des australischen Menschenrechtsgesetzes hinweg, indem sie ein Gesetz verabschiedete, das den Verstoß gegen die Kautionsbedingungen bei Kindern zu einem Straftatbestand macht und die Inhaftierung von Kindern in Polizeieinrichtungen für Erwachsene erlaubt. 

Nach einer offiziellen Überprüfung der Haftanstalt Banksia Hill im Bundesstaat Western Australia wurde berichtet, dass "alle Aspekte" der Jugendstrafanstalt mangelhaft und die Gesundheit und Sicherheit der Häftlinge gefährdet seien. Aus Banksia Hill verlegte minderjährige Jungen wurden auch weiterhin im Casuarina-Hochsicherheitsgefängnis für Erwachsene festgehalten. Am 19. Oktober 2023 starb ein dort inhaftierter 16-jähriger Aborigine nach einem Suizidversuch. 

Rechte von Flüchtlingen und Migrant*innen

Im Februar 2023 gab der Einwanderungsminister bekannt, dass vor 2013 auf dem Seeweg eingereiste Personen, die im Besitz eines vorübergehenden Schutzvisums sind, einen dauerhaften Aufenthaltsstatus beantragen können. Dies traf auf etwa 19.000 Personen zu. 

Im Juli 2023 entschied der australische Bundesgerichtshof, dass die Regierung das Recht habe, Asylsuchende in "alternativen Hafteinrichtungen" festzuhalten, dass es dieser Praxis jedoch an Menschlichkeit mangele. Vorausgegangen war ein Verfahren, in dem der iranisch-kurdische Flüchtling Mostafa "Moz" Azimitabar gegen seine 14-monatige Inhaftierung in Hotels geklagt hatte. 

Im November 2023 erklärte ein Hohes Gericht die unbefristete Inhaftierung von Asylsuchenden in Fällen, in denen keine realistische Aussicht besteht, die Häftlinge aus Australien abzuschieben, für rechts- und verfassungswidrig. Dieses wegweisende Urteil führte dazu, dass mindestens 148 Personen freigelassen wurden. Die Regierung erließ sofort ein Notstandsgesetz, das Ausgangssperren und das Tragen von Peilsendern für die Freigelassenen vorschrieb. Im Dezember wurde ein weiteres Gesetz verabschiedet, unter dem die Regierung die Freigelassenen erneut inhaftieren konnte, falls die Gefahr bestand, dass sie schwere Straftaten begehen könnten. Sieben der Freigelassenen wurden daraufhin wieder festgenommen.

Die australische Regierung hielt an der Praxis fest, Boote mit Asylsuchenden nicht anlegen zu lassen und die Asylanträge derjenigen, die ohne gültiges Visum ins Land kamen, in Einrichtungen vor der Küste bearbeiten zu lassen. Im September 2023 schickten Grenzschützer*innen zum ersten Mal seit neun Jahren wieder elf Asylsuchende hierzu in Einrichtungen auf Nauru.

Recht auf Versammlungsfreiheit

Am 18. Mai 2023 verabschiedete der Bundesstaat South Australia ein Gesetz, das eine dreimonatige Gefängnisstrafe oder eine Geldstrafe von 50.000 australischen Dollar (rund 30.500 Euro) für die "absichtliche oder rücksichtslose" Blockierung eines öffentlichen Ortes vorsieht. In mehreren Bundesstaaten wurden 2023 Antiprotestgesetze gegen friedlich demonstrierende Klimaaktivist*innen sowie gegen Personen eingesetzt, die für die Rechte von Palästinenser*innen demonstrierten. 

Recht auf eine gesunde Umwelt

Die Regierung stärkte den Schutzmechanismus zur Einschränkung der Emissionen durch die größten industriellen CO2-Verursacher in Australien. Im November 2023 wurde ein Abkommen mit Tuvalu unterzeichnet, das Migrationsmöglichkeiten für die vom Klimawandel bedrohten Menschen und finanzielle Unterstützung für die Klimaanpassungsmaßnahmen von Tuvalu vorsieht. Die Regierung genehmigte jedoch auch weiterhin neue Projekte für fossile Brennstoffe.

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