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Der Dokumentarfilm "Silence Radio" dokumentiert die gefährliche Arbeit der mexikanischen Journalistin Carmen Aristegui.
© jip-film
Die Regisseurin Juliana Fanjul hat mit "Silence Radio" einen grandiosen Film über die mexikanische Radiomoderatorin Carmen Aristegui gedreht.
Von Jürgen Kiontke
Die Demonstration ist laut, bunt und wütend. Javier Valdez, der Journalist, dem der Protest gewidmet ist, war bekannt für seine Recherchen zum Drogenkrieg in Mexiko. Nun aber haben Auftragskiller ihn ermordet, weil er Verbindungen zwischen Politik und Bandenwesen auf der Spur war.
Es ist das Jahr 2017, und Nachrichten wie diese sind in Mexiko keine Seltenheit. Die Wahrheit herauszufinden, kann das Leben kosten. Investigative Journalisten und missliebige Politiker, Staats- und Rechtsanwälte zu töten, ist an der Tagesordnung.
Unter welchen Bedingungen da noch gearbeitet werden kann, ist auch das Thema von Juliana Fanjuls mitreißendem Dokumentarfilm "Silence Radio" über die engagierte Reporterin Carmen Aristegui, die in Funk und Fernsehen immer wieder auf die Verflechtungen von Politik und Verbrechen aufmerksam gemacht hat. Täglich hörten mehr als 18 Millionen Menschen ihre Sendungen im Radio. Auch sie berichtete über Javier Valdez.
Filmtrailer "Silence Radio":
Fanjul begleitet Aristegui bei ihrer Arbeit, bis die Journalistin Opfer eines politischen Skandals wird. Weil sie über Absprachen von Präsident Enrique Peña Nieto mit chinesischen Unternehmern über den Bau einer Bahnstrecke berichtet, kündigt ihr der Sender. Sie hatte berichtet, China habe Nieto für den Zuschlag eines Bauauftrages eine Villa spendiert. Aber Aristegui ist eine Berühmtheit: Mehr als 200.000 Menschen demonstrieren und unterschreiben eine Petition, in der ihre Rückkehr zum Sender gefordert wird. Das Unternehmen reagiert darauf zwar nicht, aber die engagierte Journalistin lässt sich nicht beirren und berichtet im Internet weiter.
Als ihr Laptop mit wichtigen Recherche-Ergebnissen und Kontakten gestohlen wird, beginnt Carmen Aristegui sich bedroht zu fühlen. "Wir machen dich fertig", lautet die Botschaft der Diebe. Und sie haben keine Scheu, sich in die Öffentlichkeit zu begeben. Eines Tages erscheint in ihrer Timeline der Tweet "Ich twittere am Computer von Carmen". Die Drohungen sind ernst zu nehmen.
Angst ist bei mexikanischen Medienschaffenden kein unbegründetes Gefühl. Sie wissen, was passieren kann. Seit dem Jahr 2000 wurden 104 Journalisten ermordet; 25 weitere gelten laut Amnesty International als "verschwunden". Mexiko gleiche einer Verbotszone für Medienmitarbeiter, die den Mut hätten, über Themen wie organisierte Kriminalität und Komplizenschaft der Machthaber zu berichten, sagt Erika Guevara-Rosas von Amnesty International. Reporter ohne Grenzen spricht von einem Krieg gegen die Medienschaffenden – nirgendwo sonst würden so viele gezielt ermordet wie in Mexiko, und so gut wie nie finde eine vollständige Aufklärung statt. Landet ein Fall vor Gericht, müssen sich die Zeugen mehr fürchten als die Täter. Nur selten kommt es zu Verurteilungen.
Livestream zum Filmgespräch "Silence Radio" (15. April, 20:30 Uhr):
Juliana Fanjul fängt die Stimmung dieses Kampfes in ihrer Dokumentation gut ein, schildert aus der Perspektive der Betroffenen und bezieht so Position. Ihr Film ist gut montiert und schnell geschnitten. Sie arbeitet mit drastischem Material, etwa aus Überwachungskameras: So ist zu sehen, wie ein Attentäter während einer Wahlkampfveranstaltung die Pistole zieht und einen oppositionellen Politiker erschießt.
Der Film liefert Bilder von den gefährlichen Auseinandersetzungen mit einem autoritären und korrupten politischen System, das durch Drohungen und Einschüchterungen von Drogenkartellen ausgehöhlt ist. Aber er zeigt auch Menschen, die sich mit außergewöhnlichem Mut der Aufgabe stellen, einen Raum für die Pressefreiheit zu schaffen, um die Öffentlichkeit zu erreichen und die Missstände deutlich zu machen.
"Silence Radio". CH/MEX 2019. Regie: Juliana Fanjul, Filmstart am 15. April 2021 über Kino on Demand.
Das Online-Filmgespräch mit der Regisseurin Juliana Fanjul und der Journalistin Carmen Aristegui findet am 15. April, 20.30 Uhr statt und kann über YouTube verfolgt werden.
Jürgen Kiontke ist freier Autor, Journalist und Filmkritiker. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung von Amnesty International oder der Redaktion wieder.