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Möglichst viele Pushbacks vor Gericht bringen
Afghanische Migrant*innen in einer verlassenen Fabrik an der kroatischen Grenze (Archivbild 2019)
© Marko Djurica / Reuters
Seit Jahren schiebt die kroatische Polizei Flüchtende nach Serbien oder Bosnien-Herzegowina zurück, obwohl solche Pushbacks nach europäischem Recht nicht erlaubt sind. Der serbische Menschenrechtsanwalt Nikola Kovačević dokumentiert diese Fälle.
Interview: Sead Husic
Wie ist die aktuelle Situation an der Grenze?
Die Situation ist unverändert: Den Menschen, die in die Europäische Union wollen, wird jegliche rechtliche Möglichkeit verwehrt, Asyl zu beantragen. Die kroatische Polizei schiebt sie gewaltsam über die grüne Grenze nach Serbien ab. Sprich, sie führt Pushbacks durch und bricht damit europäisches Recht.
Haben Sie Pushbacks beobachtet?
Ich habe drei Monate in der Grenzregion verbracht. Ich könnte sie zum Beispiel nach Šid im Norden Serbiens bringen. Dort sieht man täglich Menschen, die Opfer der illegalen Pushback-Methoden wurden. Das ist dort Alltag.
Wird dabei Gewalt eingesetzt?
Es kommt darauf an, ob es sich um größere Gruppen handelt, die versuchen über die Grenze zu gelangen, oder um Einzelpersonen. Meist geht die kroatische Grenzpolizei gegen Menschen in größeren Gruppen gewalttätiger vor als gegen einzelne Personen. Zur üblichen Praxis gehört es, Einzelpersonen, die in die EU wollen, festzunehmen und einzusperren, bis man acht bis zehn Menschen beisammen hat. Diese Gruppe wird dann in einem Gefangenentransporter zu einer alten Landstraße gefahren, die nach Serbien führt, nahe des Grenzflusses Bosut. Dort schickt die Polizei sie zurück. Manchmal sieht man die verprügelten Menschen diese Straße entlanggehen.
Wie viele Menschen betrifft das?
Das UN-Hochkommissariat für Flüchtlinge hat bis Dezember 2020 offiziell rund 11.000 Menschen gezählt, die illegal nach Serbien verbracht wurden.
Was passiert nach der Abschiebung mit den Geflüchteten?
Die Menschen gehen in die fünf überfüllten Auffanglager in der serbischen Grenzregion und versuchen, sich wieder ins "Game" zu begeben. "Game" nennt man den Versuch, in die EU zu gelangen.
Sie berichten schon seit Jahren über die illegalen Pushbacks. Haben Sie irgendeine Reaktion erhalten?
Ich berichte seit 2015 für die Organisation European Council for Refugees and Exiles, zudem schreibe ich Berichte für das Antifolterkomitee des Europarats und den UN-Ausschuss gegen Folter. Die Stellungnahmen dieser Gremien sind eindeutig und verurteilen das Vorgehen der kroatischen, rumänischen und ungarischen Grenzbehörden.
Hat das Folgen?
Nein, im Grunde ist alles beim Alten geblieben. Deshalb versuche ich jetzt, die Fälle stärker auf das Feld des Rechts zu holen. Mit Unterstützung des Belgrader Büros der Rosa-Luxemburg-Stiftung habe ich eine juristische Broschüre geschrieben, die dabei helfen soll, Menschenrechtsverstöße an den EU-Grenzen rechtlich korrekt zu dokumentieren. Und sie erklärt, wie man solche Fälle vor Gericht bringen kann. Denn wenn die Fälle vor Gericht landen, können sich die politisch Verantwortlichen nicht länger davor drücken. Sie können zwar Berichte bestreiten, Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte jedoch nicht.
Zur Person: Der serbische Menschenrechtsanwalt Nikola Kovačević kämpft seit 2015 gegen die illegalen Pushbacks der Europäischen Union an der kroatisch-serbischen Grenze. Zuletzt hat er für die Rosa-Luxemburg-Stiftung eine Broschüre veröffentlicht, die polizeiliche Übergriffe gegen Flüchtlinge an der kroatisch-serbischen Grenze dokumentiert.
Sead Husić ist freier Journalist und Fotograf. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung von Amnesty International wieder.