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"Ungarische Menschenrechtsverteidiger werden weiterhin kämpfen"
Amnesty-Aktion zum Internationalen Tag der Menschenrechte mit Markus N. Beeko, Generalsekretär der deutschen Amnesty-Sektion, und Júlia Iván, Direktorin der ungarischen Amnesty-Sektion, am 09. Dezember 2017 auf dem Bebelplatz in Berlin
© Hans-Christian Plambeck
Amnesty International hat am 9. Dezember auf dem Bebelplatz in Berlin mit einer Aktion auf die zunehmend schwierige Lage von Menschenrechtsverteidigern aufmerksam gemacht. An der Aktion nahm u.a. auch die ungarische Amnesty-Direktorin Júlia Iván teil. Lies hier ihr Statement:
Liebe Freunde, liebe Pressevertreter,
ich möchte Sie alle als Freunde begrüßen. Obwohl ich nur kurz hier in Berlin bin, fühlt es sich für mich an, als würde ich frische Luft atmen, wenn ich nicht in Ungarn bin. Ich bin die Leiterin der ungarischen Amnesty-Sektion in Budapest. Ich möchte heute deutlich machen, wie repressive Regierungen unsere gemeinsamen europäischen und universellen Werte gefährden, besonders den Respekt vor Menschenrechten – und das geschieht nicht weit von hier, wenn man den Blick in Richtung Südosten richtet.
Ich komme aus Ungarn; die meisten von Ihnen kennen dieses Land. Es war einer der Vorreiter in der Viségrad-Gruppe, nachdem das kommunistische Regime gefallen war. In den Neunzigern war Ungarn ein Meister der Veränderung, der Anpassung an die westlichen Werte. Und jetzt? Jetzt sind wir Meister der Propaganda und "Fake News" in der Europäischen Union. Ungarn hat sich zu einem Land entwickelt, dessen skrupellose und unmenschliche Regierung die Rechte von Minderheiten, Migranten, Angehörigen der LGBTI-Gemeinschaft, Frauen und Menschenrechtsverteidigern missachtet.
Wir erleben hier eine Hass-Propaganda ohnegleichen gegenüber allen zivilgesellschaftlichen Organisationen, die sich kritisch über die Regierung äußern. Wir werden gebrandmarkt und stigmatisiert, als "ausländische Agenten" bezeichnet oder als Spione, Staatsfeinde und Verräter. Die ungarische Amnesty-Sektion, das ungarische Helsinki-Komitee, Transparency International und Krétakör, ein Verein, der Gesellschaftsfragen unter anderem durch Kulturprogramme aufarbeitet, wurden allesamt immer wieder auf diese Weise diffamiert. Meiner Meinung nach ist das nicht die Behandlung, die mutigen Menschen und ihren Vereinigungen gerecht wird. Wir geben armen Menschen Essen, Obdachlosen eine Unterkunft und setzen uns für die Rechte von geflüchteten Menschen ein. Die Amnesty-Kampagne zur Unterstützung von Menschenrechtsverteidigern (Brave Campaign) kommt genau zur rechten Zeit für Ungarn, und wir hoffen sehr, dass uns andere europäische Länder ihre Solidarität bekunden werden und uns helfen, diesen Alptraum zu beenden, in dem Menschenrechte nichts mehr wert sind.
Amnesty International ist die weltweit größte Menschenrechtsbewegung. Und deshalb haben wir uns auch entschieden, das neue NGO-Gesetz abzulehnen, das NGOs zwingt, sich als "zivile Organisationen, die Mittel aus dem Ausland erhalten", zu registrieren. Wir wählen den Weg des zivilen Ungehorsams, denn wir glauben, dass dieses Gesetz unangebracht ist und Schaden anrichtet. Es dient einzig den Propaganda-Zwecken der Regierung, um uns als Agenten von George Soros darzustellen. Das sind wir nicht. Wir arbeiten transparent, egal, was die ungarische Regierung behauptet. Sie stellt uns als Bedrohung für die öffentliche Sicherheit dar. Noch nie zuvor haben die Geheimdienste zu Friedenszeiten NGOs so offen ins Visier genommen.
Basierend auf diesem Gesetz sollen wir uns als "Organisationen, die finanzielle Mittel aus dem Ausland erhalten", registrieren. Außerdem muss diese Bezeichnung auf all unseren Veröffentlichungen ausgewiesen werden und wir sollen der Regierung Namen und Wohnorte unserer ausländischen Spender preisgeben. Dieses Gesetz steht in direktem Konflikt mit den fundamentalen Freiheitsgrundsätzen, an die wir in Europa glauben und für die wir kämpfen – wie etwa der Schutz persönlicher Daten. Am Donnerstag, den 7. Dezember 2017, entschied die Europäische Kommission, wegen des NGO-Gesetzes ein Gerichtsverfahren gegen Ungarn einzuleiten.
Leider ist das Beispiel Ungarn Teil eines globalen Trends. Es macht Angst, zu sehen, wie die Europäische Union und andere Staaten so machtlos gegen populistische Regierungen sind. Diese schwere Krise lehrt uns eines ganz deutlich: Freiheit muss ein innerer Wert sein. Um sie zu erlangen, muss sie Kernprinzip und dringlichster Wunsch sein. Freiheit und Respekt werden nie "von außen beigebracht" werden können. Dennoch können uns einige Dinge sehr dabei helfen: gute Vorbilder, inspirierende Zusammenarbeit und das Gefühl von Zusammengehörigkeit, Solidarität und Liebe. Ungarische Menschenrechtsverteidiger werden weiterhin kämpfen. Zusammen sind wir stark!
Weitere Informationen zum Internationalen Tag der Menschenrechte 2017 gibt es hier