Pressemitteilung Aktuell Vereinigte Staaten von Amerika 03. August 2020

Amnesty-Bericht belegt Polizeigewalt gegen Black-Lives-Matter-Bewegung

Sicherheitskräfte mit Helm, Schlagstöcken und Schutzausrüstung bilden vor einem gepanzerten Fahrzeug eine Linie. Oben aus der Fahrzeugluke schaut ein Soldat mit einem Sturmgewehr. Im Hintergrund steigt Rauch auf. Drei Demonstranten stehen vor den Polizisten und filmen sie mit ihren Handys.

Schwer bewaffnete Sicherheitskräfte bei einer Black-Lives-Matter-Demonstration in Minneapolis im US-Bundesstaat Minnesota

Amnesty International dokumentiert unverhältnismäßige und oft exzessive Gewalt bei Protesten wegen rassistischer Polizeigewalt gegen vor allem Schwarze Menschen in 40 US-Bundesstaaten und Washington, D.C. Das Vorgehen ist ein Beleg für den institutionellen Rassismus in den USA, gegen den die Menschen auf die Straße gehen.

Die Polizei in den USA hat im Mai und Juni vielfache und schwere Menschenrechtsverletzungen gegen Protestierende der Black-Lives-Matter-Bewegung, Rettungspersonal, Medienschaffende sowie Rechtsbeobachterinnen und Rechtsbeobachter verübt. Dies belegt der Amnesty-Bericht "The World is Watching: Mass Violations by US Police of Black Lives Matter Protesters’ Rights".

Sicherheitskräfte setzten wiederholt körperliche Gewalt, chemische Reizstoffe wie Tränengas und Pfefferspray sowie Geschosse gegen friedliche Protestierende ein. Auch bei der Festnahme und Inhaftierung von Protestierenden wurden Menschenrechte verletzt. Der Einsatz von Tränengas ist während der COVID-19-Pandemie besonders unverantwortlich, da sich die Masken mit Tränengas vollsaugen und abgenommen werden müssen. Dies erhöht das Infektionsrisiko.

Eine der Hauptaufgaben des Staates ist es, das Leben und die körperliche Unversehrtheit zu schützen. Der Polizei als Vertreterin des Staates kommt dabei eine ganz besondere Verantwortung zu. Sie muss den Demonstrierenden ermöglichen, ihr Menschenrecht auf friedvollen Protest auszuüben, anstatt mit unverhältnismäßiger Gewalt gegen sie vorzugehen.

Katharina
Masoud
Expertin für die Region Amerikas bei Amnesty International in Deutschland

"Die erschreckenden Schicksale der Betroffenen, die erblindet sind, brutal geschlagen wurden und andere schwerwiegende Verletzungen davongetragen haben, zeugen von dem gewalttätigen Vorgehen der US-Polizei gegen die Demonstrierenden. Die unverhältnismäßige und oft exzessive Gewaltanwendung gegen die Protestierenden in den USA zeigt in aller Deutlichkeit die zumeist straflos bleibende brutale Polizeigewalt und den institutionellen Rassismus, gegen die die Menschen auf die Straße gegangen sind", sagt Katharina Masoud, Expertin für die Region Amerikas bei Amnesty International in Deutschland.

Der aktuelle Bericht beinhaltet zahlreiche Erfahrungsberichte von Betroffenen. Mit über 50 von ihnen hat Amnesty International Interviews geführt und knüpft damit an die eigene Arbeit an einer interaktiven Karte zu Gewalt gegen Protestierende an, die nach der Tötung von George am 25. Mai 2020 auf die Straße gingen.

Tweet von Amnesty International USA:

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"Eine der Hauptaufgaben des Staates ist es, das Leben und die körperliche Unversehrtheit zu schützen. Der Polizei als Vertreterin des Staates kommt dabei eine ganz besondere Verantwortung zu. Sie muss den Demonstrierenden ermöglichen, ihr Menschenrecht auf friedvollen Protest auszuüben, anstatt mit unverhältnismäßiger Gewalt gegen sie vorzugehen. Der Einsatz von Bundestruppen wie zuletzt in Portland kann keine Lösung sein. Der Ansatz der Polizeiarbeit bei Protesten in den USA muss sich grundlegend ändern – sowohl auf lokaler als auch auf Bundesebene", fordert Masoud.

Das Justizministerium und die Generalstaatsanwältinnen und Generalstaatsanwälte aller US-Bundesstaaten müssen die Vorwürfe über Menschenrechtsverletzungen – auch den rechtswidrigen Einsatz von Gewalt – durch Polizisten und Polizistinnen bei öffentlichen Versammlungen umgehend wirksam und unparteiisch untersuchen. Alle Verantwortlichen, auch hochrangige Beamte und Beamtinnen, sind in Straf- oder Disziplinarverfahren zur Rechenschaft zu ziehen. Die Betroffenen müssen umfassend entschädigt werden.

 

Mehrere Personen mit Schildern demonstrieren, darauf zu lesen "Black lives Matter" und "No Justice no Peace"

 

Hintergrund

Vom 26. Mai bis 5. Juni 2020 dokumentierte Amnesty International in 13 Städten landesweit mindestens sechs Vorfälle, bei denen Sicherheitskräfte Schlagstöcke einsetzten, und 13 Fälle, in denen Schaumstoff- oder Gummigeschosse abgefeuert wurden. Darüber hinaus deckte Amnesty in zahlreichen Fällen den unnötigen Einsatz von Tränengas und Pfefferspray als Mittel erster Wahl auf, um große Gruppen friedlicher Protestierender aufzulösen: 89 Fälle gezielten Einsatzes von Tränengas in den Städten von 34 Bundesstaaten, und 21 Fälle rechtswidrigen Einsatzes von Pfefferspray in 15 Bundesstaaten und in Washington, D.C. Derart unverhältnismäßig wurde auch gegen Rettungspersonal, Rechtsbeobachterinnen und Rechtsbeobachter sowie Medienschaffende vorgegangen.

Amnesty fordert den US-amerikanischen Kongress auf, das eingebrachte Gesetz zum Schutz von Protestierenden (Protect our Protestors Act of 2020 [HR 7315]) zu verabschieden. Die Organisation appelliert zudem an alle Strafverfolgungsbehörden, ihre Richtlinien und Praktiken für die Polizeiarbeit bei Protestveranstaltungen zu überarbeiten, um sie mit internationalen Menschenrechtsstandards in Einklang zu bringen. Hierzu zählen unter anderem der Verhaltenskodex der Vereinten Nationen für Beamtinnen und Beamte mit Polizeibefugnissen und die Grundprinzipien der Vereinten Nationen für die Anwendung von Gewalt und den Gebrauch von Schusswaffen.

Frau mit Plakat bei einer Demonstration, darauf das Porträt von George Floyd, hinter ihr eine Frau mit US-Flagge

 

Pro Jahr werden in den USA mehr als 1.000 Menschen von der Polizei getötet. Da die Regierung keine Daten dazu erhebt, ist die genaue Zahl unbekannt. Aus Statistiken geht hervor, dass unverhältnismäßig viele Schwarze Menschen von der Polizei getötet werden.

Schwarze Menschen machen 13,2 Prozent der US-Bevölkerung aus, während 24,2 Prozent der von der Polizei durch Schusswaffen getöteten Menschen Schwarz sind. Tödliche Gewalt gegen Schwarze Menschen und People of Colour in den USA hängt mit der rassistischen Diskriminierung dieser Menschen durch Sicherheitskräfte zusammen. Dies drückt sich u. a. in unbegründeten Personenkontrollen, unverhältnismäßiger Gewaltanwendung und Racial Profiling aus. Dies verstößt gegen internationale Menschenrechtsnormen, die jegliche Form von Diskriminierung verbieten.

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