Pressemitteilung Aktuell Russische Föderation 27. Mai 2021

Russland: Amnesty solidarisch mit "unerwünschten" deutschen Organisationen

Eine Menschenmenge mit Plakaten, darüber gelbe und rote Luftballons

"Liebesgrüße nach Russland": Solidaritätsaktion der deutschen Amnesty-Sektion in Berlin mit der russischen Zivilgesellschaft (Archivbild)

Amnesty International kritisiert scharf die Entscheidung der russischen Generalstaatsanwaltschaft, den Deutsch-Russischen Austausch, das Zentrum für liberale Moderne und das Forum russischsprachiger Europäer auf die Liste "unerwünschter ausländischer Organisationen" zu setzen und fordert zusammen mit weiteren zivilgesellschaftlichen Gruppen die sofortige Rücknahme des faktischen Verbots.

Zur Einstufung dreier deutscher Nichtregierungsorganisationen als "unerwünschte ausländische Organisationen" durch die russische Generalstaatsanwaltschaft erklärt Markus N. Beeko, Generalsekretär von Amnesty International in Deutschland:

"Die Entscheidung der russischen Generalstaatsanwaltschaft, den Deutsch-Russischen Austausch, das Zentrum für liberale Moderne und das Forum russischsprachiger Europäer auf die Liste 'unerwünschter ausländischer Organisationen' zu setzen, stellt wie schon die frühere Listung der Wahlbeobachtungsplattform EPDE einen Angriff auf den internationalen zivilgesellschaftlichen Dialog dar. Es geht der russischen Staatsführung offenbar um die Zerstörung von Austausch, den er nicht selbst kontrolliert."

"Vertreterinnen und Vertreter zwei der drei betroffenen Organisationen wirken seit vielen Jahren im Petersburger Dialog mit. Ihr Verbot entzieht der Idee des Petersburger Dialogs – den Austausch der Zivilgesellschaften beider Länder zu fördern – die Grundlage."

"Amnesty International fordert die unverzügliche Rücknahme des Verbots der genannten Organisationen in Russland. Wir werden die Zusammenarbeit mit dem Deutsch-Russischen Austausch, dem Zentrum für Liberale Moderne und dem Forum russischsprachiger Europäer fortsetzen."

"Die rasche Wortmeldung von Bundesaußenminister Heiko Maas zur Entscheidung der russischen Generalstaatsanwaltschaft ist zu begrüßen. Die Bundesregierung ist aufgefordert, der Verletzung der Verpflichtungen, die Russland auch durch seinen Beitritt zum Europarat eingegangen ist, entschieden entgegenzutreten und sich an die Seite derjenigen zu stellen, die sich in Russland für Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte engagieren", sagt Beeko.

Hintergrund

 

Die russische Generalstaatsanwaltschaft hat am Mittwoch drei deutsche Organisationen zu "unerwünschten ausländischen Organisationen" erklärt. Betroffen sind das Zentrum für die Liberale Moderne, der Deutsch-Russische Austausch und das Forum Russischsprachiger Europäer.

Im Mai 2015 wurde in Russland das Gesetz über "unerwünschte ausländische Organisationen" verabschiedet. Die Entscheidung, welche Organisationen unerwünscht sind, fällt die Generalstaatsanwaltschaft Russlands mit Zustimmung des Außenministeriums der Russischen Föderation. Mit der Registrierung durch das Justizministerium der Russischen Föderation ist de facto ein Betätigungsverbot verbunden. Aktivitäten der Organisation in Russland sowie die Zusammenarbeit mit dieser durch russische Organisationen stehen unter Strafe. Die Bestimmung sieht eine Freiheitsstrafe von bis zu sechs Jahren vor.

Am 18. Februar diesen Jahres war mit Anastasia Shevchenko erstmals eine Person auf Grundlage des Gesetzes über "ausländische unerwünschte Organisationen" (Art. 284.1 des russischen Strafgesetzbuchs) zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden. Das Gesetz war von der Venedig-Kommission des Europarates unter anderem wegen seiner vagen Eingriffsvoraussetzungen kritisiert worden.

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