Pressemitteilung Aktuell Deutschland 17. Januar 2022

Deutschland: Unternehmen wünschen sich von EU konsequentes Eingreifen gegen personalisierte Werbung

Das Bild zeigt einen Screenshot der Facebook-Einstellungen für Privatsphäre

Von Facebook eingesetzte Tracking-basierte Werbung verletzt das Recht auf Privatsphäre.

Kleine und mittlere Unternehmen in Deutschland sind der Meinung, dass Tracking-basierte Werbung von Facebook und Google die Menschenrechte untergräbt. Das ist das Ergebnis einer Umfrage, die Amnesty International zusammen mit Global Witness in Auftrag gegeben hat. Die Menschenrechtsorganisation fordert vom EU-Parlament, bei der Abstimmung zum Digital-Services-Act am Mittwoch für weitreichende Einschränkungen dieser Praktiken zu stimmen. 

Am Mittwoch stimmt das EU-Parlament über das Digitale-Dienste-Gesetz ab, das digitale Angebote menschenrechtskonformer regeln und Plattformkonzerne wie Google und Facebook verbindlich an Gesetze weisen soll. Amnesty International hat in Hinblick auf die Abstimmung eine Umfrage unter kleinen und mittleren Unternehmen in Auftrag gegeben. Das Ergebnis: 75 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass Tracking-basierte Werbung die Privatsphäre sowie weitere Menschenrechte untergräbt und verletzt. Sie wünschen sich menschenrechtskonforme Alternativen zu dem gegenwärtigen Tracking von persönlichen Profilen für die Onlinewerbung.

Die Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov bei mehr als 600 Personen in Deutschland und Frankreich ergab, dass 79 Prozent der Befragten der Meinung sind, dass große Online-Plattformen – wie Facebook und Google – bei der Nutzung personenbezogener Daten für Werbezwecke stärker reguliert werden sollten. 

69 Prozent der befragten Geschäftsinhaber_innen gaben an, dass ihnen die Nutzung von Facebook- und Google-Werbung unangenehm ist, sie aber aufgrund von deren Vormachtstellung in der Branche keine andere Wahl sehen, als diese in Anspruch zu nehmen.

In der Umfrage zeigten sich die befragten Geschäftsinhaber_innen überzeugt davon, dass sich ihre Kund_innen nicht wohl dabei fühlen, wenn sie gezielte Online-Werbung erhalten auf Grund ihrer ethnischen Zugehörigkeit (62 Prozent), ihrer sexuellen Orientierung (66 Prozent), ihrer Gesundheit (67 Prozent), ihrer religiösen oder politischen Ansichten (65 Prozent) oder anhand persönlicher Ereignisse in ihrem Leben (62 Prozent).

Amnesty-Video über Tracking-basierte Werbung:

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Markus N. Beeko, Generalsekretär von Amnesty International in Deutschland, sagt: "Das Recht auf Privatsphäre, auf freie Meinungsäußerung und auf Nichtdiskriminierung wird sehr grundsätzlich und weitgehend von personalisierter Überwachungswerbung bedroht und eingeschränkt. Große Tech-Firmen haben auf dieser Regelverletzung ein mächtiges, lukratives Geschäftsmodell aufgebaut, welches in immer mehr Lebensbereiche von uns allen dringt. Dabei wird von den profitierenden Konzernen suggeriert, diese insgesamt übergriffigen Praktiken und Techniken seien legitim und auch für kleine und mittlere Unternehmen wirtschaftlich unerlässlich. Die Umfrage zeigt, dass vielen Unternehmen aber die große Problematik von personalisierter Überwachungswerbung durchaus bewusst ist, sie diese prinzipiell ablehnen und eine strengere Regulierung der Plattformen begrüßen würden. Dafür müssen sich die Europaabgeordneten einsetzen."

Am Mittwoch stimmt das EU-Parlament über den sogenannten Digital-Services-Act ab. Beeko sagt: "Die Plenarabstimmung ist eine wichtige Gelegenheit für die Europaabgeordneten, sich für die Zukunft der Menschenrechte in Europa einzusetzen. Mit ihrem politischen Gewicht müssen sie Werbepraktiken in die Schranken weisen, die auf personalisierter Überwachung und dem Erstellen von Millionen von persönlichen Profilen beruhen. Der aktuelle Entwurf sieht lediglich ein Verbot von Überwachungswerbung an Minderjährige vor – dies reicht nicht, um endlich die vielfältigen, alltäglichen und systematischen Verletzungen zu beenden – sei es die Verletzung der Informationsfreiheit, des Diskriminierungsverbotes oder der Privatsphäre von Millionen von Menschen in Europa. So soll es erlaubt bleiben, Profile zu erstellen und Werbeschaltungen zu Nutzer_innen zu buchen, für die zuvor Daten über ihre sexuelle Orientierung, Religionszugehörigkeit oder Familienstand gesammelt wurden. Die Abgeordneten müssen für die weiterreichende Einschränkung dieser Praktiken stimmen. Alle Menschen in Europa haben ein Recht auf die Nutzung des Internets, ohne dafür ihre persönlichsten Daten und Gewohnheiten offen legen zu müssen."

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