Aktuell Erfolg 22. November 2024

Israel/Palästina: Internationaler Strafgerichtshof erlässt Haftbefehle gegen Netanjahu, Gallant und Deif

Collage mit den drei Porträtbildern von Benjamin Netanyahu, Yoav Gallant und Mohammed Deif.

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, der ehemalige israelische Verteidgungsminister Yoav Gallant und der Hamas-Führer Mohammed Deif (Archivaufnahmen).

Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) hat am 21. November 2024 Haftbefehle gegen den israelischen Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, den ehemaligen Verteidigungsminister Yoav Gallant und den Hamas-Führer Mohammed Diab Ibrahim Al-Masri Deif (Mohammed Deif) erlassen. Den Beschuldigten wird vorgeworfen, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen zu haben. Amnesty International fordert alle Mitgliedstaaten des IStGH auf, die ausgestellten Haftbefehle zu achten.

Agnès Callamard, die internationale Generalsekretärin von Amnesty International, kommentierte die Entscheidung des Internationalen Strafgerichtshofs wie folgt:

"Die Mühlen der internationalen Justiz haben endlich diejenigen eingeholt, die mutmaßlich für Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Palästina und Israel verantwortlich sind. Die heutigen Haftbefehle sind ein historischer Durchbruch für die Gerechtigkeit. Sie müssen der Anfang vom Ende der allgegenwärtigen Straflosigkeit sein, die im Zentrum der Menschenrechtskrise in Israel und im besetzten palästinensischen Gebiet steht.

Ministerpräsident Netanjahu ist nun offiziell ein gesuchter Mann. Nach seiner Anklage sowie der Anklage von Yoav Gallant und Mohammed al-Masri, allgemein bekannt als Mohammed Deif, dürfen die Mitgliedsstaaten des IStGH und die gesamte internationale Gemeinschaft nicht ruhen, bis diese Personen vor den unabhängigen und unparteiischen Richter*innen des IStGH stehen. Es darf keinen 'sicheren Hafen’ für Personen geben, die mutmaßlich Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen haben.

Mit diesen Haftbefehlen bringt der IStGH den unzähligen Opfern endlich auch eine echte Hoffnung auf Gerechtigkeit und stellt das Vertrauen in den universellen Wert internationaler Rechtsinstrumente und der Justiz wieder her. Wir fordern nun alle IStGH-Mitgliedstaaten und Nicht-Vertragsstaaten, einschließlich der USA und anderer Verbündeter Israels, auf, ihre Achtung vor der Entscheidung des Gerichts und den universellen Grundsätzen des Völkerrechts zu zeigen, indem sie die vom IStGH gesuchten Personen verhaften und ausliefern.

Hohe Beamte für ihre zahlreichen Verbrechen zur Rechenschaft zu ziehen, ist ein entscheidender Schritt zur Beendigung der anhaltenden Rechtsverletzungen in Israel und dem besetzten palästinensischen Gebiet. Dies könnte dazu beitragen, die fortgesetzte Enteignung und Unterdrückung der Palästinenser*innen unter Israels rechtswidriger Besatzung und Apartheid zu bekämpfen. 

Die Haftbefehle des IStGH gegen Netanjahu und Gallant enthalten eindeutige Anklagen wegen Kriegsverbrechen, die 'schwere Verstöße’ gegen die Genfer Konventionen darstellen. Jeder Staat der Welt ist verpflichtet, unabhängig von der Nationalität des Täters oder des Opfers, diejenigen vor Gericht zu stellen, denen solche 'schweren Verstöße’ zur Last gelegt werden."

Amnesty International erwartet auch von der deutschen Bundesregierung ein klares Bekenntnis zum IStGH unter anderem indem die gesuchten Personen verhaftet werden, wenn sie sich in Deutschland aufhalten.

Das Bild zeigt ein Mann und zwei Kinder, die vor einem zerstörten Gebäude sitzen.

Ein Mann und zwei Kinder sitzen in der palästinensischen Stadt Rafah im Gazastreifen vor den Überresten von Gebäuden, die bei israelischen Angriffen zerstört wurden (12. Oktober 2023).

Hintergrund 

Am 21. November 2024 veröffentlichte die Vorverfahrenskammer I des IStGH einstimmig zwei Entscheidungen. Darin wies die Anfechtungen des Staates Israel ("Israel") gemäss Artikel 18 und 19 des Römischen Statuts (das "Statut") zurück und erließ Haftbefehle gegen Benjamin Netanjahu und Yoav Gallant. Die Haftbefehle wurden unter anderem erlassen wegen: 

  • Anklagen wie Kriegsverbrechen durch Aushungern als Mittel der Kriegsführung und vorsätzliche Anstiftung zu einem Angriff auf die Zivilbevölkerung
  • Verbrechen gegen die Menschlichkeit durch Mord, Verfolgung und andere unmenschliche Handlungen.
Das Bild zeigt viele Menschen, die mit Schüsseln anstehen, um Essen zu erhalten

Essenausgabe an hungernde Menschen in der palästinensischen Stadt Rafah am 14. März 2024

Die Vorverfahrenskammer I des IStGH erließ auch einen Haftbefehl gegen den Hamas-Führer Mohammed Diab Ibrahim Al-Masri (Deif) wegen Anklagen seit dem 7. Oktober 2023. Dazu zählen:

  • Verbrechen gegen die Menschlichkeit wie Mord, Folter, Vergewaltigung und andere Formen sexualisierter Gewalt 
  • Kriegsverbrechen wie Mord, vorsätzliche Angriffe auf Zivilist*innen, Geiselnahme, Vergewaltigung und andere Formen sexualisierter Gewalt, grausame Behandlung und Verstöße gegen die persönliche Würde.

Das Forto zeigt ein Foto auf einem Schild auf dem Boden einer ausgebrannten Wohnung stehend.

Schild mit Foto von Adina Moshe in einem zerstörten Gebäude im Kibbitz Nir Oz. Adina Moshe wurde am 7. Oktober 2023 in den Gazastreifen verschleppt und fast 50 Tage lang von der Hamas gefangen gehalten.

Die Haftbefehle gegen Netanjahu und Gallant betreffen Verbrechen, die zwischen dem 8. Oktober 2023 und dem 20. Mai 2024 begangen wurden, dem Tag, an dem die Staatsanwaltschaft die Anträge auf Haftbefehle stellte. Nach der Bestätigung des Todes von Yahya Sinwar und Ismail Haniyeh genehmigte die Kammer die Rücknahme der Anträge auf Ausstellung von Haftbefehlen gegen sie. In Bezug auf Mohammed Deif hat die Kammer festgestellt, dass sie derzeit nicht in der Lage sei, festzustellen, ob Deif getötet wurde oder noch am Leben ist.

Das Bild zeigt ein zerstörtes und abgebranntes Haus

Dieses Haus im israelischen Kibbuz Be'eri wurde beim Angriff der Hamas am 7. Oktober 2023 völlig niedergebrannt.

Am 20. Mai 2024 reichte der Ankläger des IStGH bei der Vorverfahrenskammer Anträge auf Ausstellung von Haftbefehlen ein, die folgende Personen betrafen: Yahya Sinwar, Mohammed Diab Ibrahim Al-Masri (Deif) und Ismail Haniyeh. Die Haftbefehle wurden erlassen wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die mutmaßlich  ab dem 7. Oktober 2023 auf dem Gebiet Israels und des Staates Palästina (im Gazastreifen) begangen wurden. Im Falle von Benjamin Netanjahu und Yoav Gallant geht es um Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die sie mutmaßlich ab dem 8. Oktober 2023 auf dem Gebiet des Staates Palästina (im Gazastreifen) begangen haben.

Das Bild zeigt zerstörte Häuser und Wohnungen

Durch israelische Luftangriffe zerstörte Gebäude in der palästinensischen Stadt Chan Yunis im Gazastreifen (25. November 2023)

Am 3. März 2021 hatte der Ankläger des IStGH die Einleitung einer Untersuchung der Situation im Staat Palästina angekündigt. Dies folgte auf die Entscheidung der Vorverfahrenskammer I des IStGH vom 5. Februar 2021, dass der Gerichtshof seine strafrechtliche Zuständigkeit in dieser Situation ausüben kann und dass sich der territoriale Geltungsbereich dieser Zuständigkeit auf Gaza und das Westjordanland, einschliesslich Ostjerusalem, erstreckt.

Aktivist mit einem Protestschild

Kundgebung von Amnesty und weiteren Organisationen für einen gerechten Frieden in Palästina und in Israel am 18. Oktober in Berlin

Amnesty-Posting auf Instagram:

Instagram freischalten

Wir respektieren deine Privatsphäre und stellen deshalb ohne dein Einverständnis keine Verbindung zu Instagram her. Hier kannst du deine Einstellungen verwalten, um eine Verbindung zu den Social-Media-Kanälen herzustellen.
Datenschutzeinstellungen verwalten

Weitere Artikel